
Sie wissen, wer du bist. Anonym lässt sich schwer ein Partner finden. Das Dilemma: gleichzeitig offen und vorsichtig zu sein. © Getty Images / Phil Leo / Michael Denora
Sie kennen die Sehnsüchte und Geheimnisse ihrer Nutzer. Doch nur 5 der 44 geprüften Apps schützen Daten akzeptabel. Die meisten verraten zu viel.
Alle Testergebnisse für Datensicherheit von Dating Apps 03/2018
In seiner Freizeit nutzt Tom gern die Dating-App Grindr. Sie ist auf homosexuelle Männer ausgerichtet. Im Sommer möchte er in Ägypten Urlaub machen. Das könnte für ihn gefährlich werden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet, dass ägyptische Behörden Dating-Apps, etwa Grindr, nutzen, um Homosexuelle ausfindig zu machen und zu verhaften. Das Auswärtige Amt warnt, dass auch für Touristen ein solches Risiko besteht. Das Problem: Die App sendet schon beim ersten Start Toms Standortdaten. In schwulenfeindlichen Ländern kann das zur Bedrohung werden.
Unser Rat
Die Apps von Bildkontakte sind als einzige sowohl in der iOS- als auch in der Android-Version aus Datenschutzsicht akzeptabel. Beide Apps senden keine unnötigen Daten. Bei eDarling, Lovescout24 und Neu.de überzeugen nur die Android-Varianten. Allgemein gilt: Nutzer sollten sparsam mit ihren persönlichen Daten umgehen, weil sie öffentlich zugänglich sind. Viele Anbieter geben Infos an Dritte, etwa Werbefirmen, weiter.
Neugierig und indiskret
Dabei wollen die meisten Nutzer solcher Apps nur eines: neue Leute kennenlernen, sei es für schnellen Sex, zum Verlieben oder um Freundschaften zu schließen. Um den passenden Partner zu finden, vertrauen sie den Apps freiwillig viele persönliche Informationen an, etwa die sexuelle Orientierung, das Alter, den Wohnort. Nicht immer sind die Daten dort gut aufgehoben, wie der Check zeigt. Wir haben die Datenschutzbestimmungen der Anbieter von 44 Dating-Apps unter die Lupe genommen. Für die Betriebssysteme iOS und Android prüften wir das Datensendeverhalten der Apps, also ob die Programme mehr über den Anwender verraten als notwendig.
Aus Datenschutzsicht sind nur fünf Apps akzeptabel, darunter lediglich eine für iOS: Sie heißt Bildkontakte. Akzeptabel ist ebenfalls ihre Android-Version, das gilt auch für die von eDarling, Lovescout24 und Neu.de.
Die meisten Apps dagegen zeigen aus Datenschutzsicht erhebliche Schwächen. Darunter bekannte Namen wie ElitePartner, Parship oder Tinder. Sie verraten Daten, die für ihre Nutzung unnötig sind. Beispielsweise verschicken viele eindeutige Gerätedaten des Anwenders. Ein grundsätzliches Problem: Selbst wenn der Nutzer in der Datenschutzerklärung nachlesen will, wie der Anbieter seine persönlichen Informationen behandelt, findet er nur schwammige Hinweise. An wen die Daten gehen oder wo sie gelagert werden, erfährt er nicht genau.
Infos für die Werberiesen
Alles, was Dating-App-Anwender öffentlich auf ihr Profil stellen, kann von anderen Nutzern und vom App-Anbieter gesehen werden. Auch was sie in persönlichen Chats, vermeintlich unter vier Augen, austauschen, liegt auf den Servern der Anbieter. Das ist längst nicht so geheim, wie viele Nutzer glauben. Die französische Journalistin Judith Duportail etwa hat erstritten, dass der Betreiber der Tinder-App Auskunft darüber gibt, welche Daten er über sie gesammelt hat. Sie erhielt ein 800 Seiten umfassendes Dokument, in dem minutiös jeder Chat dokumentiert ist.
Viele Anbieter, darunter auch Tinder, behalten sich vor, diese Daten mit „Dritten“ zu teilen. Spätestens dann verliert der Nutzer die Kontrolle über seine Daten. Wer in welchem Umfang welche Infos erhält, bleibt nebulös. Die „Dritten“ sind große Werbefirmen, die gekoppelt mit einer Gerätekennung des Smartphones Nutzerprofile bilden können. Diese vermarkten sie für personalisierte Werbung. Im Test etwa schickte die iOS-App von Jaumo detaillierte Geräteinformationen an das große Werbenetzwerk Flurry, die Android-App von C-Date ebenso. Zu den „Dritten“ gehört auch Facebook. Das soziale Netzwerk verdient sein Geld ebenfalls mit den Daten seiner Nutzer. Jeder Informationskrümel vervollständigt das Bild. So senden viele Apps den Namen des Mobilfunkanbieters mit. Facebook erfährt so wieder etwas mehr über den Nutzer. Umso ärgerlicher: Bei Bumble oder Happn kann er sich nur mit einem Facebook-Konto anmelden.
Tinder sendet ins Ausland
In welchem Land seine Daten liegen, erfährt der Anwender häufig nicht. Etliche Apps behalten sich vor, die Nutzerdaten an Server in Länder mit geringerem Datenschutz zu senden. Tinder zum Beispiel spricht von „Servern in den USA und Ländern der ganzen Welt“. Der Anwender kann nicht einschätzen, ob seine Daten vor den Einblicken Außenstehender, etwa Ermittlungsbehörden, geschützt sind. Kürzlich fanden Sicherheitsforscher heraus, dass Tinder wegen einer Sicherheitslücke angreifbar ist. Cyber-Kriminelle könnten unter Umständen mitlesen, welche Profile dem Nutzer gefallen.
Wer für immer aus dem Netz verschwinden möchte, hat das Recht, seine Daten löschen zu lassen. Leicht ist das aber nicht. MeetMe etwa weist darauf hin, dass bei der Löschung „einige oder sämtliche Ihrer Daten unter Umständen auf unseren Servern verbleiben“. Ein Date für die Ewigkeit.
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Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung
Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung
Das Dilemma der meisten Onlinedienste und Apps ist, dass sie eine Menge Daten benötigen, um Ihre Angebot gut zu erbringen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Suchmaschinen und Partnervermittlungen wenig.
Das ist bei das ist bei Online-Diensten insofern problematisch, da ihre Daten viel leichter multipliziert und verteilt werden können. Insofern ist der Missbrauch mit persönlichen Daten viel schwerwiegender als das beispielsweise beim Anwalt der Fall ist.
Ich stimme ihnen zu. Nur sehe ich das Datensendeverhalten nicht als Problem. Um ein solches Angebot (egal ob App oder browserbasiert) sinnvoll nutzen zu können, muss ich unweigerlich persönliche Details von mir preisgeben. Ich möchte ja jemanden kennenlernen. Dazu muss ich etwas von mir preisgeben. Anders geht es nur offline.
Wenn ich bei diesen Diensten logischerweise eh mein Geschlecht, meine Interessen, Hobbys, Alter und auch Bilder von mir angeben bzw. hochladen muss, um die gewünschten Kontakte zu knüpfen, ist das Senden einer eindeutigen Geräte-ID und ähnliches nun wirklich das geringste Problem.
Deshalb finde ich den Test selbst relativ sinnfrei.
Das Datensendeverhalten von Apps ist schwieriger zu kontrollieren, als das von Seiten im Browser. Da hilft nämlich oft ein Werbeblocker. Bei vielen Apps muß man sich mit einem Online Konto anmelden, um sie nutzen zu können. Über die E-Mail-Adresse können dann Daten verknüpft werden. Was in den AGBs steht, ist ziemlich egal, weil man nicht kontrollieren kann, was wirklich passiert.