Daten­schutz im Check Viele Hintertüren bei Google, Netflix & Co

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Daten­schutz im Check - Viele Hintertüren bei Google, Netflix & Co

Unver­ständlich. Daten­schutz­erklärungen sind oft schwammig formuliert. © Thinkstock

Wer sich bei Amazon, Facebook und anderen Online-Unternehmen anmeldet, muss den Erklärungen zustimmen. Wir haben 16 Daten­schutz­erklärungen bekannter Internet­dienste im Hinblick auf Verständlich­keit und Aussagekraft geprüft. Dabei fanden wir wenig Aufklärendes, aber viele recht­liche Hintertüren.

Spotify räumt sich weit­gehende Rechte ein

Der Musik­dienst Spotify liefert gleich am Anfang eine Vorahnung: „Wir hoffen, Sie sitzen bequem und sind bereit, gute Musik zu hören. Es geht los ...“ Wer die Daten­schutz­bestimmungen aufmerk­sam weiterliest, sollte in der Tat gut sitzen. Das Unternehmen räumt sich mit oft unklaren Formulierungen weit­gehende Rechte im Umgang mit Kunden­daten ein. Es kann Daten des Nutzers auch an Dienst­leister in Ländern wie USA, Brasilien oder Singapur über­tragen, in denen „Sie weniger Rechte in Bezug auf Ihre personenbezogenen Daten haben“. Darüber hinaus erlaubt sich Spotify zu registrieren, ob der Nutzer still sitzt oder rennt.

So klug als wie zuvor

Das schwe­dische Unternehmen ist mit diesem Vorgehen nicht allein. Das zeigt der Check von 16 Daten­schutz­erklärungen großer Internetfirmen: von Amazon und Apple über Facebook und Google bis Zalando. Wir wollten wissen, wie aussagekräftig die Bestimmungen aus Verbrauchersicht sind. Klären sie umfassend darüber auf, was mit den Nutzer­daten passiert? Ist der Text verständlich geschrieben? Sind die Formulierungen eindeutig oder lassen sie sich unterschiedlich auslegen? Das Ergebnis: Die Dokumente sind zwar bis zu 45 Seiten lang, aus Verbrauchersicht wirk­lich aussagekräftig ist jedoch keins. Einige liefern wenigs­tens ein paar wichtige Informationen: GMX, Maxdome, Napster, Otto, Watchever und Zalando. Die meisten machen den Leser aber nicht schlauer, darunter die Texte von Welt­konzernen wie Apple und Google.

Nutzer­daten sind bares Geld wert

Daten und Nutzer­profile gelten als das Gold des Internets. Sie sind bares Geld wert. Verbraucher „bezahlen“ die oft kostenlosen Dienste mit ihren Daten. Mit Werbung lässt sich viel verdienen. Allein im letzten Quartal 2015 machte Google damit mehr als 19 Milliarden Dollar Umsatz. Der Google-Mutter­konzern Alphabet ist aktuell das wert­vollste Unternehmen der Welt.

Microsoft über­wacht Chat bei XBox

Was die Firmen mit den erhobenen, sehr persönlichen Daten wie Alter, Geschlecht, Name, Wohn­ort und Nutzungs­gewohn­heiten tun, versinkt für Kunden häufig im Nebel verschwurbelter juristischer Formulierungen. So formuliert zum Beispiel Microsoft häufig schwammig. Wer durch­hält und den Text bis zu Ende liest, findet dann doch Über­raschendes: Der Konzern erklärt, bei Onlinespielen über die Spiele­konsole XBox den Chat und die Gespräche der Spieler stich­proben­artig zu über­wachen. „Die Daten­samm­lung bei XBox greift unan­gemessen in Persönlich­keits­rechte ein“, notiert einer unserer Gutachter.

Diese Fragen sollte die Daten­schutz­erklärung beant­worten

Wie Hinweise zur Daten­ver­arbeitung aus Verbrauchersicht aussehen sollten, wurde auf dem Nationalen IT-Gipfel 2015 auf einer Druck­seite vorgestellt, zu finden auf der Website des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Um Kunden umfassend zu informieren, sollten die Hinweise mindestens diese Fragen beant­worten: Welche Daten erfasst der Anbieter? Wie werden sie erhoben? Wofür nutzt er sie? Welche Rechte hat der Kunde?

Welche Daten werden erfasst?

Welche und wie viele persönliche Daten der Anbieter erfasst, hängt von der Dienst­leistung ab. Er sollte so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich speichern. Versender wie Amazon oder Otto können Pakete nur ausliefern, wenn sie die Liefer­adresse kennen. Geschlecht oder Alter des Kunden sind irrelevant. Die Alters­angabe brauchen jedoch vor allem Video-Streaming-Dienste wie Maxdome, Netflix und Watchever, denn nicht alle Filme sind jugend­frei.

Maxdome vorbild­lich präzise

Welche Daten er erhebt, sollte der Anbieter präzise auflisten. Das macht Maxdome recht gut. In anderen Dokumenten stießen wir auf Floskeln wie „Folgendes sind Beispiele für personenbezogene Informationen, die wir erheben: Name, E-Mail, Anschrift ...“ Das lässt offen, was darüber hinaus noch gespeichert wird. Voll­ständig­keit ist aber wichtig. Schließ­lich werden die Daten analysiert und Profile gebildet. So teilt Microsoft zum Beispiel mit, dass die bei der Nutzung seiner Dienste anfallenden Daten verknüpft werden. Da kommt einiges zusammen: E-Mails, Telefonate, Such­anfragen. Wer würde schon einem Mitmenschen den Inhalt seiner Kommunikation anver­trauen? Mitmensch Microsoft weiß das alles, zum Beispiel durch Outlook (E-Mail), Skype (Internet-Telefonate), OneDrive (Foto-Cloud) und die Such­maschine Bing.

Wie werden die Daten erhoben?

Ein Unternehmen sollte dem Nutzer auch mitteilen, wie es die Daten erhebt. Einige Informationen erfassen die Anbieter bei der Registrierung der Kunden. Andere erheben sie mit tech­nischen Hilfs­mitteln auto­matisch. Solche Hilfs­mittel sind zum Beispiel der Gefällt-mir-Button von Facebook (Fach­sprache: Social Plug-Ins) oder verfolgende Werbung (Retargeting). Auch Smartphone-Apps über­mitteln Kunden­daten. Sie melden Hard- und Software­informationen wie zum Beispiel Geräte­nummern. Auf dem Computer sammeln Mini­programme namens Cookies permant Nutzungs­gewohn­heiten oder Such­anfragen des Surfers. Der Kunde kann dieser Form der Daten­samm­lung kaum entgehen. Ganz ohne Cookies sind viele Dienste so gut wie nicht mehr nutz­bar.

Ein Satz von 130 Wörtern Länge

Wir stießen auch auf weitere Daten­quellen. Eine ist der Austausch von Informationen, etwa über Zahlungs­probleme zwischen Tochterfirmen eines Dienstes. Ist beispiels­weise ein Otto-Kunde im Zahlungs­verzug, können Otto.de- Unternehmen wie der Baur Versand oder Sport­Scheck davon erfahren. Das kann dazu führen, dass der Kunde dann etwa bei Baur und Sport­Scheck nicht mehr auf Rechnung kaufen kann. Das Internetkauf­haus Amazon informiert in einem Satz von mehr als 130 Wörtern Länge, dass es unter anderem auch Informationen von mit Amazon verbundenen Unternehmen wie zum Beispiel Alexa Internet verarbeitet.

Wofür werden die Daten genutzt?

Die Unternehmen sollten nur Daten erheben, die sie brauchen. Doch sie haben oft weitergehende Interessen: viele Details über Kunden zu sammeln, um Werbung gezielter einsetzen oder Daten an Dritte verkaufen zu können. Der Musik­dienst Deezer zum Beispiel schreibt in seiner Daten­schutz­erklärung: „Wenn Sie sich damit einverstanden erklärt haben, können Sie ... Angebote von Deezers Part­nern erhalten und Ihre Daten können an Geschäfts­partner verkauft werden.“ Die Online­video­thek Watchever ist ungenauer: „Wir verwenden die von ihnen mitgeteilten Daten ... und auch im Übrigen ausschließ­lich soweit gesetzlich zulässig.“ Kunden tappen bei solch schwammigen Formulierungen im Dunkeln.

Welche Rechte hat der Kunde?

Selbst­bestimmung schließt ein, dass Firmen ihre Kunden auf Anfrage über die gespeicherten Daten informieren, die Angaben auf Wunsch berichtigen, ganz oder teil­weise löschen. Kunden dürfen die Nutzung ihrer Daten für Werbe­zwecke widerrufen. Ansprech­partner ist der Daten­schutz­beauftragte des Unter­nehmens. Amazon und Apple bieten nur ein Kontaktformular. Kunden müssen mitunter in Frank­reich (Deezer), Irland (Facebook) oder Luxemburg (Ebay) nach­fragen. Amazon empfiehlt: „Write to us in English.“

Frei­brief statt Schutz

Oft kehren die Texte die Über­schrift „Daten­schutz­bestimmungen“ fast ins Gegen­teil. Kunden werden nicht über den Schutz ihrer Daten informiert, sondern erteilen eher einen Frei­brief zum Verwerten ihrer persönlichen Daten. Einschränken können sie die Daten­preisgabe kaum. Kluge Nutzer streuen ihre Daten: Sie wählen für E-Mail, Internetrecherche oder soziale Netz­werke verschiedene Anbieter. Das gibt einzelnen Firmen weniger Wissen. Auch im Falle eines Daten­lecks ist es besser, wenn die Informationen über mehrere Dienste gestreut sind, als bei einem konzentriert zu sein. Kleiner Nachteil: Der Kunde muss mehrere dieser Hinweise lesen. Vielleicht enden die aber auch so höflich wie die von Spotify: „Wir danken für das Lesen unserer Daten­schutz­bestimmungen.“

Tipp: Lesen Sie zum Thema Daten­schutz auch unsere Meldung Neues Abkommen ersetzt „Safe Harbor“ – was ist geplant?

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Syrex am 08.12.2017 um 21:30 Uhr
Von einen Einkauf bei Otto kann ich nur abraten

Am Black Friday den 24.11.2017 bestellte ich bei Otto eine PS4 für 184,99 der Preis war dafür sehr okay ABERRRRR hätte ich gewusst was mich b ei dieser Bestellung erwartet hätte ich lieber 100 euro mehr woanders bezahlt als mir diesen STRESS an zu tun.
Am Montag den 27.11 wollte ich nach gucken ob meine PS4 schon im Versand ist und musste bedauerlicher Weise erfahren das mein Account gelöscht worden ist. Es hatte mich eine Woche lang jeden Tag 2h telefonieren mit denen gekostet in dieser Zeit wurde mir vorgeworfen ich hätte gewollt ,dass der Account gelöscht wird. Was aber schon rein vom logischen Denken total dämlich wäre da ich am Freitag das Geld bereits überwiesen hatte. Mir wurde in der gesamten Woche täglich versprochen das mich eine Person anruft die mir weiter helfen kann da es von denen auch nach mehrfach wiederholten weiterleiten und langer Wartezeit in der Warteschleife keiner helfen konnte. Dann endlich am Donnerstag nac

DerHerrSprach am 13.03.2016 um 08:42 Uhr
Beispiel Bose SoundTouch

Wer Bose SoundTouch nutzen will muss die App installieren. So werden wir Kunden verkauft : "Wir können alle Informationen, die wir erfassen, mit persönlichen und anderen Informationen kombinieren, die wir aus anderen Quellen erhalten, sowohl online als auch offline. Diese Informationen können zu Bose-Datenbanken (einschließlich Cloud-Datenbanken), die sich in den Vereinigten Staaten oder anderen Orten befinden, übertragen oder darin gespeichert werden, oder sie können an Bose-Tochtergesellschaften, autorisierte Händler und Wiederverkäufer von Bose-Produkten, vertrauenswürdige externe Dienstleister, die in unserem Namen handeln, oder Musik-Streaming-Dienste oder andere Inhaltsanbieter auf der ganzen Welt weitergegeben werden. "

hartmut.wilde am 24.02.2016 um 20:39 Uhr
@Remember_Carthage, Mocker und elmar_knipp:

In diesem Fall muss ich Remember_Carthage teilweise zustimmen:
Wenn jemand nur deshalb kurz nach Vertragsabschluss (egal, ob Kreditvertrag oder Abo) nicht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hat, weil er durch eine rechtswidrige Formulierung davon abgehalten wurde, ist es sicherlich völlig richtig, wenn er das nun nachholen kann.
Wer damals aber mit dem eigentlichen Vertrag völlig zufrieden war und niemals vorgehabt hätte, den Vertrag zu widerrufen und das jetzt nur tut, weil die Widerrufsklausel nicht richtig formuliert war und die Zinsen niedriger sind, handelt m.E. zumindest moralisch fragwürdig (Remember_Carthage nennt es "windig").
Wobei ich mir leider nicht sicher bin, ob die Banken "im umgekehrten Fall" die gleichen Moralvorstellungen gehabt hätten... Siehe Kündigung von Sparverträgen mit hoher Verzinsung...
@test: Vielen Dank für den Artikel zu den Datenschutzbestimmungen!

elmar_knipp am 24.02.2016 um 20:20 Uhr
@Remember_Carthage

Wenn Sie aufgrund von Unachtsamkeit oder Undurchschaubarkeit der Bedingungen in eine Abo-Falle getappt sind, dann sind Sie wahrscheinlich auch froh, rechtskonforme Widerrufsbelehrungen und -bedingungen vorzufinden, um das ungewollte Abo wieder loszuwerden. Im Übrigen: Banken und Kreditinstitute nutzen jede, aber wirklich jede sich bietende Möglichkeit aus, um an das Geld der Kunden zu kommen, und das durchaus auch unter teilweise sehr kreativer Auslegung rechtlicher Rahmenbedingungen. Verbraucher, die Rechtskonformität als Maßstab an das Handeln der Banken anlegen und die zur Verfügung stehenden rechtichen Möglichkeiten zur Wahrnehmung ihrer Interessen nutzen, als "windige Verbraucher" abzuqualifizieren, offenbart schon eine bemerkenswerte Einstellung. Im Gegensatz zu "Normal-Verbrauchern" verfügen Banken über Justitiare, die sehr genau wissen, was sie wie tun (müssen). Verbraucher müssen dagegen vorgelegte Texte "fressen", wenn sie ihr Ziel erreichen wollen. - Danke für den Artikel!

Gelöschter Nutzer am 24.02.2016 um 15:00 Uhr
@Mocker

Also für mich sind das windige Verbraucher. Sie haben mit einer Bank im gegenseitigen Einverständnis einen Vertrag zu bekannten Kosten und Zinsen abgeschlossen. Dann erfahren sie etliche Jahre später, dass die Widerrufsbelehrung angeblich im siebzehnten Komma nicht den unverständlichen Vorgaben des Gesetzgebers entsprach. OK. Weil mittlerweile die Zinsen sehr viel niedriger sind, wird von dieser Lücke also reichlich Gebrauch gemacht. Das ist rechtlich sicherlich einwandfrei. Es bleibt dennoch windig. Man stelle sich mal den umgekehrten Fall vor, wenn Banken so vorgegangen wären.