Daten­schutz beim Arzt

Persönlicher Besuch in der Arzt­praxis: Intimes mitgehört

9

Wir über­prüften den Daten­schutz in zehn Haus­arzt­praxen vor Ort. Eigens geschulte Testpatienten nutzten dazu einen regulären Termin bei ihrem Haus­arzt. Sie achteten genau auf die räumlichen Strukturen und Abläufe in der Praxis und dokumentierten die Beob­achtungen nach­träglich. Es ging darum, ob sensible Gesund­heits­daten der Tester oder anderer Patienten für unbe­rechtigte Dritte hörbar, lesbar oder anderweitig zugäng­lich waren.

In drei von zehn Praxen wurden sensible Themen öffent­lich erörtert

Der Empfang ging in drei Praxen ohne Tür in den Warte­bereich über. Wer dort sitzt, kann also alles erfahren, was an der Anmeldung mit und über Patienten gesprochen wird. In drei Praxen hörten die Tester sensible Infos mit und konnten die Betroffenen zuordnen – etwa beim Anstehen am Empfang. Einmal ging es um eine Schuppenflechte inklusive Behand­lung; einmal um eine Frau, die schnell einen Platz im Pfle­geheim brauchte. Im dritten Fall wurden Wartende nicht nur mit ihrem Namen aufgerufen, sondern auch mit dem konkreten medizi­nischen Anlass. Ein Beispiel: „Herr Müller, bitte zur Grippe­schutz­impfung.“ Das mag häufig in Praxen vorkommen, kann aber problematisch sein, wenn etwa Krankheiten genannt werden.

Abge­schirmte Sprech­zimmer

Aus den Behand­lungs­zimmern bekamen die Tester von außen nichts mit. Sie konnten auch keine Infos über andere Patienten auf Papier oder Computer­bild­schirmen sehen.

Risiko von Daten­lecks

Wenn Praxis­mit­arbeiter vor Dritten über Patienten reden, verletzen sie die Privatsphäre des Betroffenen, gerade bei intimen Beschwerden. Mithörende können Gesprächs­inhalte weitergeben und im schlimmsten Fall zum Dorf­gespräch machen – eine Aushöhlung der ärzt­lichen Schwei­gepflicht.

Tipp: Sagen Sie wenn nötig offen, dass Sie über Ihre medizi­nischen Belange nur im Behand­lungs­zimmer sprechen möchten – nicht draußen an der Anmeldung. Achten Sie schon bei der Praxis­wahl darauf, dass Empfang und Warte­bereich voneinander getrennt sind. Oft gibt es ein eigenes Warte­zimmer. Hinein- und Hinaus­gehende schließen die Tür hinter sich.

9

Mehr zum Thema

9 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

emmersonfitipaldi am 09.01.2019 um 17:19 Uhr
Schwachsinn

Diese ganze Sache ist Schwachsinn oder nicht richtig durchdacht. Vor der Regelung habe ich meine Blutwerte immer per EMail bekommen. Nun bekomme ich nichts mehr oder muss mir die Unterlagen vom Arzt holen. Dabei ist der EMail Verkehr vom Arzt zum Mail-Server und vom Mail-Server zu mir verschlüsselt. Also wer sollte dann in der Mitte sitzen.
Der Arzt sagte mir, die Übersendung per Fax ist aber erlaubt. So ein Schwachsinn. Diese Daten sind nicht verschlüsselt und benutzen seit VoIP den gleichen Weg wie meine EMails. Und mein Router im Haus sendet mir die Faxe als EMail auf meinen PC.

arly am 22.06.2016 um 09:18 Uhr

Kommentar vom Autor gelöscht.

Jhessler am 24.03.2016 um 22:50 Uhr
Warum den nur auf den Ärzten rumhacken ? ...

Ohne probleme kann man vieles auf Behörden fast alles.. mithören, im Arbeitsamt, die räume sind winzig , der schallschutz / Sichtschutz ..lächerlich...
Die zwischentüren sind überall auf. Problemlos hört man jedes gesprochene wort. Überall liegen Akten offen..

Profilbild Stiftung_Warentest am 21.03.2016 um 14:28 Uhr
Diskretion wahren gilt nicht nur für den Arzt ...

@Ger: Die Patientenakte enthält idealerweise Ihre gesamte Krankheitshistorie beim entsprechenden Arzt. Für den Versicherer könnten zwei Dinge interessant sein. Das wäre zum einen Ihr aktueller medizinischer Zustand, der die Versicherungsleistung begründet – bspw. eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt, weil Sie Ihren Beruf nicht mehr ausüben können – und zum anderen, ob Sie bei Abschluss dieser Versicherung alle Vorerkrankungen angegeben haben. Unter Umständen haben Sie etwas vergessen, das durch die Patientenakte nun sichtbar wird. Das könnte dazu führen, dass der Versicherer aufgrund unrichtiger Angaben bei Vertragsschluss die Leistung verweigert. Für diese Prüfung muss der Versicherer grundsätzlich die gesamte Akte einsehen können. Juristen gehen aber davon aus, dass nur der Zeitraum maßgeblich ist, der schon bei Abschluss des Vertrags durch die Fragen des Versicherers abgedeckt wurde. Angenommen Sie haben 2014 eine entsprechende Versicherung abgeschlossen und der Versicherer hat dabei nach Vorerkrankungen der letzten fünf Jahre gefragt, dann darf er Ihre Patientenakte ab 2009 einsehen. Am besten, Sie schauen dazu in Ihre Kopie des damals ausgefüllten Fragebogens vom Versicherer und in die Versicherungsbedingungen zum Vertrag.
Weitere Informationen zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung finden Sie in der FAQ: https://www.test.de/FAQ-Berufsunfaehigkeitsversicherung-Ihre-Fragen-unsere-Antworten-1560151-0/#question-19 (SL)

Gelöschter Nutzer am 18.03.2016 um 19:09 Uhr
@Ger

Sie allein bestimmen, in welchem Umfang sie ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Keine Versicherung kann sie dazu zwingen. Sie müssen dann aber auch die Konsequenzen tragen. Vor dem Abschluss eines Vertrages kann ein solches Verhalten dazu führen, dass die Versicherung mit ihnen keinen Vertrag mehr abschließt. Nach Abschluss kann es bis hin zur Leistungsverweigerung gehen, gegen die sie dann erst mühsam vor Gericht klagen müssen.