
Nutzwert für lau – das versprechen sich Smartphone-Nutzer von Apps, den kleinen Zusatzprogrammen. Das Portemonnaie wird meist wirklich geschont, bezahlt wird aber doch: Mit der eigenen Privatsphäre. Etliche Apps geben – meist ungefragt – persönliche Daten ihrer Nutzer weiter.
Zu diesem Thema bietet test.de einen aktuelleren Test:Apps.
Kundschafter im Smartphone
Die Stiftung Warentest hat 63 Zusatzprogramme für Smartphones – sogenannte Apps – geprüft. Etliche bieten viel Nutzwert, wie etwa die App „Foodspotting“. Die App sammelt kulinarische Tipps von Freunden und erleichtert so die Suche nach leckerem Essen. Der Name ist Programm: Foodspotting heißt so viel wie „Essen auskundschaften“. Doch die App kundschaftet nicht nur das Essen aus. Sie sendet gleichzeitig auch alle auf dem Smartphone gespeicherten E-Mail-Adressen in die USA.
Veraltete Technik, unnötige Datenübertragung
9 Apps der Stichprobe, die wie Foodspotting intime Daten weitergeben, haben die Tester als „sehr kritisch“ bewertet. Hier häufen sich vier Unsitten:
- Unnötig. Apps verschicken Daten, die zum Betrieb nicht erforderlich sind.
- Ungefragt. Sie verschicken Daten heimlich, ohne vorab die Zustimmung des Nutzers einzuholen.
- Unverschlüsselt. Wer ein ungesichertes WLan-Netz statt der teuren Mobilfunkflatrate nutzt, lädt Neugierige zum Mitlesen ein. Fatal: Wer aus Faulheit stets dasselbe Passwort nutzt, gefährdet so die Sicherheit des Onlinebankings und des E-Mail-Postfachs.
- Nicht anonymisiert. Einige Zusatzprogramme senden echte Namen, reale Telefonnummern oder E-Mail-Adressen als Klartext und nicht als anonymisierte Zeichenkette.
Apps von sozialen Netzwerken zumeist „sehr kritisch“
Apps von sozialen Netzwerken holen sich auf dem Smartphone gespeicherte Kontaktdaten – meist ungefragt. Facebook und Co. gleichen die Adressbücher ihrer Mitglieder ab. Mit diesem Wissen erkennen die Netzwerke Freundeskreise und verbinden diese, indem sie Vorschläge machen („Personen, die du vielleicht kennst“). Das hilft, neue Kontakte zu knüpfen und alte zu pflegen. Doch keines der sozialen Netzwerke im Test anonymisiert ausreichend, auch nicht Facebook – obwohl die Facebook-App im Gegensatz zu den anderen bereits vieles richtig macht. Facebook ist das einzige geprüfte Netzwerk, das die Nutzer fragt, ob es die Kontaktdaten senden soll. Und die App überträgt die Daten verschlüsselt – also immerhin mit der Sicherheit eines Briefes und nicht offen lesbar wie eine Postkarte. Doch wem und was gemeldet wird, bleibt meist ungenannt. Speicher- und Löschfristen? Fehlanzeige leider auch hier.
Neue Möglichkeiten für die Werbebranche
Werbung finanziert viele Apps. Die Apps senden Daten und Datensammler verknüpfen diese Informationen zu einem Kundenprofil – dem heiligen Gral der Werbebranche. Das Smartphone bringt sie weiter als jede Technik zuvor. Von allen elektronischen Spielzeugen gibt es kein persönlicheres. Es weiß, mit wem wir Kontakt haben, mit welcher App wir was tun und häufig auch, wo wir uns gerade aufhalten. Das ermöglicht individuelle Werbung – auch ortsbezogen: Es präsentiert sich in der Werbung also nicht mehr irgendein Unternehmen, sondern zum Beispiel nur der nächstgelegene Pizzabäcker.
Datenschützer fordern Transparenz
Den Vorteil persönlich zugeschnittener Werbung sehen auch Datenschützer. Doch Dr. Alexander Dix, Berliner Beauftragter für Datenschutz, mahnt: „Sie fragen uns nicht, sie beobachten uns“. Datenschützer sind nicht gegen Apps, sondern für ein Umdenken. Apps sollten transparenter werden. Jeder Nutzer sollte wissen, welche Daten gesammelt, warum und wem gemeldet werden. Dann bliebe die Privatsphäre gewahrt. Bislang ist die Welt der Apps davon aber weit entfernt. Apps mit der Bewertung „sehr kritisch“ und „kritisch“ finden sich in allen Bereichen der App-Welt: So ist zum Beispiel auch die vielgenutze App „Whatsapp“ als unsichere Datenschleuder aufgefallen und selbst teure Apps wie das Navigationsprogramm „Navigon“ gehen nicht sorgsam genug mit den Nutzerdaten um.
[Update: 10.09.2012]: Erster Preis vom Markenverband
Für diesen Beitrag haben Simone Vintz und Peter Knaak bei der Vergabe des Verbraucherjournalistenpreises 2012 des Markenverbandes den ersten Preis gewonnen. [Ende Update]