Max Schrems ist Vorsitzender der Datenschutzorganisation Noyb (none of your business) aus Wien. Er kritisiert, dass Google, Facebook und Co ihre Nutzer zwingen, ihren Datenschutzerklärungen zuzustimmen.
Warum haben Sie Noyb gegründet?
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sieht vor, dass ein gemeinnütziger Verein Privatpersonen vertreten kann. Diese Aufgabe übernehmen wir in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung, denn Privatpersonen können sich meist nicht mit komplexen rechtlichen Fragen auseinandersetzen oder gegen große Konzerne wie Facebook und Co klagen.
Wie ist Ihre Einschätzung zur DSGVO?
Es gibt leider sehr große Mängel bei der Genauigkeit und Verständlichkeit. Viele schwammige Formulierungen sorgen für Unsicherheit. Positiv sind die hohen Strafen, die die DSGVO vorsieht. Das macht Datenschutz durchsetzbar.
Worum geht es bei den „Zwangszustimmungen“, gegen die Sie vorgehen?
Nutzer von Facebook, WhatsApp, Google und Instagram sind gezwungen, den Datenschutzbestimmungen zuzustimmen, sonst können sie diese Dienste nicht nutzen. Das läuft nach dem Motto „Notice and Choice“, de facto aber „Friss oder stirb“. Laut DSGVO ist das nicht zulässig. Jeder muss die Möglichkeit haben, nein zu sagen, ohne daraus einen Nachteil zu haben. Das heißt, Facebook und andere dürfen eine Dienstleistung nicht abhängig davon machen, dass sie eine Zustimmung des Nutzers bekommen.
Es gibt Unternehmen, die ein Kontaktformular anbieten, das nur nutzbar ist, wenn den Datenschutzbestimmungen zugestimmt wird. Ist das okay?
Bei einem Kontaktformular zählt allein der Akt, dass ich dieses Formular nutze. Da ist es nicht notwendig, vom Nutzer eine Zustimmung einzuholen. Viele Unternehmen sind verunsichert und holen sich viel zu viele Zustimmungen ein. Letztlich kommt es darauf an, was in den Datenschutzbestimmungen steht. Es ist nicht zulässig, dass ein Unternehmen ein Kontaktformular nutzt, um weitere Daten abzugreifen, für die ein zusätzliches Okay zur Datenverarbeitung nötig ist, etwa weil die Daten fürs „Kundenmanagement“ genutzt werden sollen.
Wenn ich Auskunft über meine Daten bekomme, muss ich darauf vertrauen, dass das alles ist, was ein Unternehmen von mir hat. Oder kann ich kontrollieren, ob alles vollständig ist?
Nach meiner Erfahrung kann man davon ausgehen, dass man nicht alles bekommt. Das liegt daran, dass die Unternehmen die Daten nicht rausrücken wollen oder können. Ich habe in der Zeit vor der DSGVO rund hundert Auskunftsersuchen gestellt und nur vier oder fünf wurden vollständig beantwortet. Ob sich das durch das neue Gesetz ändert, muss sich zeigen.
Können sich Verbraucher an Sie wenden?
Sie können uns schreiben (info@noyb.eu); wir werden aber schwerlich jedem antworten können. Noyb interessiert sich vor allem für allgemein rechtlich relevante Fragen. Diese schauen wir an, um Musterfälle herauszupicken und durch diese etwas zu erreichen.
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