
Dachgeschosswohnungen sind beliebt. Und Dachgeschosse mit Ausbaugenehmigung gibt es oft günstig zu kaufen. Doch der Ausbau ist fehlerträchtig, und das kann den Eigentümer teuer zu stehen kommen. Die Haftung ist streng. Auch viele Jahre nach Abschluss der Arbeiten kann Schadenersatz fällig werden. test.de erklärt die Risiken.
Undichte Dachterrasse
Wenig Glück hatte eine Frau, die 1997 ein nicht ausgebautes Dachgeschoss in einem Berliner Altbau kaufte: Ein Bekannter baute den Dachstuhl zu einer Wohnung mit zwei Dachterrassen aus. Einige Jahre später zog sie um und verkaufte die Wohnung wieder. 2007 erschienen nach starken Regenfällen Wasserflecken an der Decke der Wohnung unter dem Dachgeschoss. Die Eigentümergemeinschaft vermutet, dass die Dachterrassen undicht waren. Sie schaltete die Kanzlei Wanderer und Partner Rechtsanwälte ein. Rechtsanwältin Samira Fazlić leitete beim Amtsgericht Neukölln ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Das Gericht beauftragte einen Sachverständigen, die Dachterassen zu untersuchen. Sein Ergebnis: Der Handwerker hatte entgegen den anerkannten Regeln der Technik unter anderem nur eine Dichtschicht in den Estrich eingebaut und dabei auch noch das falsche Material verwendet.
Streit um Verjährung
Doch die Ex-Eigentümerin des Dachgeschosses weigerte sich, die Kosten für die Sanierung zu übernehmen. Ihr Anwalt verwies auf die Teilungserklärung. „Die Eigentümergemeinschaft hat für einen Zeitraum von 5 Jahren ab Fertigstellung von Ausbaumaßnahmen Anspruch, von allen Nachteilen, die aus der Bautätigkeit herrühren, freigestellt zu werden“, hieß es dort. Da die fünf Jahre längst abgelaufen seien, müsse seine Mandantin keinen Schadenersatz zahlen, argumentierte er. Muss sie doch, urteilte das Amtsgericht Neukölln. Von Gesetzes wegen müsse sich die damalige Eigentümerin jeden Fehler des Handwerkers zurechnen lassen, begründete Richterin Petrick-Pflüger ihr Urteil. Die Begrenzung der Haftung in der Teilungserklärung auf fünf Jahre gelte nicht für die gesetzliche Haftung der Wohnungseigentümerin auf Schadenersatz. Und die normale, gesetzliche Verjährung hat überhaupt erst begonnen, als die Wohnungseigentümergemeinschaft vom Schaden und den Baufehlern erfuhr, las die entsetzte Ex-Eigentümerin der Dachgeschoss-Wohnung in der Urteilsbegründung.
Bestätigung in der Berufung
Unterdessen hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft die Dachterrassen reparieren lassen. Auf insgesamt fast 20 000 Euro summierten sich die Rechnungen von Bauingenieur, Handwerkern und Gerüstbauern. Die vom Amtsgericht verurteilte Frau legte Berufung ein. Doch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Berlin Sabine Kuhla bestätigte in der mündlichen Verhandlung die Rechtsauffassung des Amtsgerichts. An Schadenersatz führe kein Weg vorbei. Da aus ihrer Sicht allerdings ein Posten in der Rechnung für die Reparaturarbeiten zweifelhaft sei, empfahl sie einen Vergleich. Schließlich einigten sich die Eigentümergemeinschaft und ihr früheres Mitglied: Die Frau zahlt 16 000 Euro Schadenersatz an die Eigentümergemeinschaft. Hinzu kommen für sie noch insgesamt rund 15 000 Euro Gerichtskosten sowie Rechtsanwalts- und Gutachterhonorare.
Amtsgericht Neukölln, Urteil vom 09.01.2012
Aktenzeichen: 70 C 126/11.WEG
Strenge Haftung
Wichtig für Menschen, die überlegen, ein Dachgeschoss zu kaufen und es auszubauen: Die Haftungsregelung ist streng. Sie müssen für jeden Fehler bei den Bauarbeiten geradestehen. Gerade beim nachträglichen Bau von Dachterrassen oder Balkonen sind Baumängel häufig. test.de gibt Tipps, wie Sie sich vor unkalkulierbaren Risiken schützen.