
Grauer Cannabismarkt. Nach riesigen Schadenssummen, Tausenden geprellten Anlegerinnen und Anleger sowie Ermittlungen wurde nun eine Person verhaftet. © Adobe Stock / Jonatan
Finanztest warnte vor Juicyfields und der MFP My First Plant GmbH aus Österreich. Ermittlungen führten nun zu einer Festnahme in Österreich.
Festnahme und Durchsuchung
Bereits im vergangenen Jahr warnte Finanztest vor der österreichischen MFP My First Plant GmbH wegen dubioser Anlagen in Cannabisprodukte. Nun kam es Anfang August durch das Landeskriminalamt Kärnten zu Hausdurchsuchungen an fünf Standorten. Eine Person wurde festgenommen und befindet sich mittlerweile in Untersuchungshaft, wie Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) Finanztest bestätigte. Dass es sich bei der festgenommenen Person um den Geschäftsführer der MFP handelt, wie etwa die Kleine Zeitung in Österreich berichtet, wollte Täuble angesichts des Persönlichkeitsschutzes nicht mitteilen. Es werde gegen „vier natürliche Personen und einen Verband ermittelt“. Dabei geht es um den Verdacht des schweren Betrugs sowie Geldwäsche.
17 000 Betrugsopfer
Die Staatsanwaltschaft geht derzeit von einer weltweiten Schadenssumme von „zumindest 16 Millionen Euro und weltweit insgesamt 17 000 Opfern“ aus. Wie viele davon aus Deutschland stammen sei unklar.
Warnliste
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400 Millionen Euro bei Juicyfields
Auch im Fall des ebenfalls von Finanztest aufgedeckten Firmennetzwerks um die Cannabis-Plattform Juicyfields ermitteln die Österreicher. Hier führte die Wirtschaftsstaatsanwaltschaft im Juli eine Hausdurchsuchung durch, sichtete Konten und vernahm seit Beginn der Ermittlungen „über tausend“ Opfer. Es seien zudem Rechtshilfeersuchen in mehreren europäischen Ländern gestellt. Die mutmaßliche Schadenssumme belaufe sich auf „über 400 Millionen Euro“. Allein in Österreich werde von etwa 5 500 geschädigten Anlegerinnen und Anlegern bei einem Schadensbetrag von 19 Millionen Euro ausgegangen. Es werde gegen 15 Beschuldigte wegen des Verdachts des gewerbsmäßig schweren Betruges ermittelt.
Viele Opfer auch in Deutschland
Laut der in Deutschland zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Berlin geht das Berliner Landeskriminalamt derzeit von etwa 800 Geschädigten und einer Schadenshöhe von 8,8 Millionen Euro im Fall Juicyfields aus, wie Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner Finanztest mitteilte. Es seien über 2 500 Strafanzeigen und Übernahmeersuchen anderer Staatsanwaltschaften eingegangen. Es soll 50 000 E-Grower geben und die Ermittler kooperierten mit anderen Ländern wie Frankreich, Spanien, Polen, Zypern, Litauen, Lettland, Österreich und der Schweiz. Ein Zeitpunkt für eine Anklageerhebung sei noch nicht abschätzbar.
Beide Firmen auf der Warnliste
Angesichts eines Hypes um Cannabis versprachen sowohl Juicyfields als auch My First Plant mit dem Verkauf digitaler Anteile an Pflanzenernte über eine Internetplattform (Crowdgrowing) zweistellige Renditen; dabei zeigten die Marktführer an der Börse nur eine äußerst schwache Performance. Die Ermittler in Österreich vermuten, „dass die veranlagten Gelder zum überwiegenden Teil tatsächlich nie investiert wurden.“ Finanztest hatte beide Firmen 2022 auf die Warnliste Geldanlage gesetzt.
Hinweis zur Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest
Die Warnliste Geldanlage listet alle Unternehmen, Geldanlageangebote und Dienstleistungen der vergangenen zwei Jahre auf, die die Stiftung Warentest negativ bewertet hat. Sie lässt sich kostenlos im Format PDF herunterladen. Sie umfasst mehrere Seiten und wird in der Regel einmal im Monat aktualisiert. Wenn zwei Jahre vergangen sind, werden Einträge gelöscht, wenn in der Zwischenzeit nicht erneut negativ berichtet wurde. Einträge, die älter als zwei Jahre sind und ohne Folgeberichterstattung blieben, sind ab dann nicht mehr auf der aktuellen Warnliste zu finden.
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