
Die Idee ist genial, aber das Geld fehlt? Ein Fall für Crowdfunding (Schwarmfinanzierung). Viele Menschen steuern Geld bei, damit die genialen Pläne verwirklicht werden können. Die Initiatoren stellen ihr Projekt im Internet vor. Sie nennen die Summe, die sie brauchen, und den Zeitraum, in dem Unterstützer ihnen Geld zusagen können. Wird das Mindestziel nicht erreicht, bekommen die Unterstützer ihr Geld zurück. test.de gibt einen Überblick über vier Crowdfunding-Modelle.
Das Internet macht’s möglich
Den Durchbruch verdankt Crowdfunding dem Internet, denn damit ist es einfacher als früher, viele Leute anzusprechen und zu überzeugen. Selbst wenn alle Geldgeber nur Minibeträge aufbringen, kommen stattliche Summen zusammen. Die Initiatoren (Starter) stellen ihr Projekt im Internet vor. Sie nennen die Summe, die sie brauchen, und den Zeitraum, in dem Unterstützer (Supporter) ihnen Geld zusagen können. Während dieser Zeit ist in der Regel zu sehen, wie viele mitmachen und wie viel Geld schon zusammengekommen ist. Wird das Mindestziel nicht erreicht, bekommen die Unterstützer ihr Geld zurück.
Für Idealisten und Renditejäger
Crowdfunding ist ein weites Feld: Zum Teil unterstützen die Geldgeber einen guten Zweck und erhalten keine oder eine eher ideelle Gegenleistung. Zum Teil wollen sie Renditen erwirtschaften. Sie vergeben Darlehen oder steigen bei Projekten ein. Einnahmen müssen die Geldgeber versteuern. Spenden für gemeinnützige Zwecke können sie absetzen. Die dargestellten Steuerfolgen gelten für Privatleute, für Unternehmen sind sie zum Teil anders.
Geld verleihen und Zinsen bekommen

Dem Luxus-Resort Weissenhaus an der Ostsee mit Schloss und Badehäuschen leihen Anleger mehr als 4 Millionen Euro.
- Was gemeint ist. Geldgeber leihen einem Projekt oder Unternehmen Geld (Crowdlending). Den Kreditbetrag wollen sie mit Zinsen zurückhaben.
- Wer so Geld bekommen hat. Dem 5-Sterne- Resort Weissenhaus Grand Village an der Ostsee haben mehr als 900 Investoren mehr als 4 Millionen Euro über die Internetplattform Companisto.com geliehen. Sie erwarten 4 Prozent Mindestzins. Manche Internetplattformen haben sich auf Themen oder Branchen spezialisiert. Bei Bettervest.de sind es zum Beispiel Projekte für mehr Energieeffizienz.
- Was es bringen kann. Einige Kreditnehmer versprechen Zinsen, die höher als bei vielen anderen Geldanlageangeboten sind, und beteiligen die Kapitalgeber am Erfolg ihrer Projekte. Andere werben mit Transparenz: Die Darlehensgeber erfahren genau, wohin ihr Geld fließt.
- Was schiefgehen kann. Es handelt sich in der Regel um Nachrangdarlehen, die besonders riskant sind. Oft dürfen die Kreditnehmer im Krisenfall Zahlungen aussetzen, um eine Insolvenz zu vermeiden. Kommt es doch zu einem Insolvenzverfahren, werden erst die Forderungen aller vorrangigen Gläubiger erfüllt. Für die nachrangigen Gläubiger ist in den meisten Fällen nichts mehr übrig. Ist die Verzinsung an den wirtschaftlichen Erfolg geknüpft und läuft es nicht gut, bekommen die Gläubiger keine oder geringere Zinsen als erhofft. Vor Laufzeitende ist es schwer bis unmöglich, an das eigene Geld heranzukommen.
- Was der Staat an Steuern will. Die Einnahmen zählen als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Es fallen 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und zudem gegebenenfalls Kirchensteuer an.
Bei einem Projekt einsteigen

Ein Baumhaus in Berlin hat Urbanara ausgestattet. Das Handelshaus für hochwertige Wohntextilien hat über Crowdfunding Aktien angeboten.
- Was gemeint ist. Die Geldgeber beteiligen sich am Projekt. Zeichnen sie Aktien oder Genossenschaftsanteile, werden sie zu Mitunternehmern. Sie tragen Gewinne und Verluste mit. Andere Formen wie Genussrechte und stille Beteiligungen gewähren Geldgebern zwar keine Mitbestimmungsrechte, knüpfen Zinsen, Ausschüttungen oder die Rückzahlung aber trotzdem an den Erfolg der Projekte. Zum Teil müssen die Geldgeber auch hier Verluste mittragen. Die Grenzen zum Crowdfunding in Form einer Kreditvergabe sind fließend. Über die Plattform Seedmatch.de etwa schließen die Unterstützer „partiarische Darlehen“ ab, bei denen die fest vereinbarten Zinsen und die gewinnabhängigen Zinsen eher gering sind. Dafür locken hohe Bonuszinsen. Sie fließen zum Beispiel, wenn die Gründer eines Projekts Investoren finden, die ihnen einen Großteil der Anteile abkaufen.
- Wer so Geld bekommen hat. Über die Plattform Bergfuerst.de bot die Urbanara Home AG Aktien an, die nicht an einer Börse notiert sind. Das Unternehmen, das hochwertige Bettwäsche, Lampen und Ähnliches vertreibt, bekam dadurch 3 Millionen Euro. Über Startnext.de warb die Genossenschaft Fairnopoly eG um weitere Genossen, die mindestens 50 Euro einlegen sollten. Fairnopoly betreibt einen Onlinemarktplatz. [Update 04.11.2014] Der Anbieter hat inzwischen seinen Namen in Fairmondo umgeändert. [Update Ende]
- Was es bringen kann. Aktionäre der ersten Stunde von Microsoft, Google und Facebook haben mit geringem Einsatz ein Vermögen gemacht. Viele Anleger träumen davon, dass ihnen ein solcher Coup gelingt. Über Crowdfunding haben sie die Chance, sich an vielversprechenden Unternehmen zu beteiligen. Damit erfüllen sie auch gesellschaftlich eine wichtige Aufgabe. Sie geben jungen, innovativen Unternehmen mit ihrem Kapital finanzielle Starthilfe.
- Was schiefgehen kann. Investments in junge Unternehmen werden nicht umsonst Risikokapital genannt. Viele Gesellschaften scheitern, obwohl die Macher professionell und engagiert ans Werk gehen. Selbst renommierten Risikokapitalgebern gelingt es nicht, nur erfolgreiche Unternehmen herauszupicken. Es ist mühselig, Unterlagen wie Investmentverträge, Jahresabschlüsse und Wertpapierverkaufsprospekte zu studieren und die richtigen Schlüsse für die eigene Anlage daraus zu ziehen. Außerdem müssen sich die Geldgeber für Jahre binden. Wollen sie vorzeitig verkaufen, steht in den Sternen, ob und zu welchem Kurs das möglich ist.
- Was der Staat an Steuern will. Auf Dividenden, Zinsen, Ausschüttungen, aber auch Gewinne aus dem Verkauf von Aktien, Genussrechten, Genossenschaftsanteilen und Ähnlichem fallen 25 Prozent Abgeltungsteuer an. Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer kommen dazu. Veräußerungsgewinne gelten nicht mehr als Kapitaleinkünfte, wenn ein Anleger mehr als 1 Prozent der Anteile hält. Die Steuerberaterin Susanne Girrbach von der Kanzlei Kollmorgen & Girrbach in Berlin erklärt: „Sie zählen dann als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zu 40 Prozent bleiben sie steuerfrei. 60 Prozent sind mit dem individuellen Steuersatz anzusetzen.“
Einen guten Zweck unterstützen

Zwei Kenianer bauen Obst und Gemüse an. Spenden für das Gartenbauprojekt sammelt der Verein Nyota e. V.
- Was gemeint ist. Organisationen und Privatpersonen sammeln Spenden für Projekte. Wie bei anderen Crowdfunding-Formen nennen sie die benötigte Summe und wie viel schon zusammengekommen ist.
- Wer so Geld bekommen hat. Über Betterplace.org hofft zum Beispiel das Deutsche Medikamentenhilfswerk Action Medeor Geld für Ausrüstungen zu sammeln, mit denen sich Mediziner in Afrika vor Ebola schützen können. Über Socialfunders.org unterstützten Geldgeber unter anderem die handwerkliche Ausbildung Jugendlicher in Kamerun. Auf Kiezhelden.com stellt sich die Initiative „Laut gegen Nazis“ vor.
- Was es bringen kann. Eine Gegenleistung bekommen die Spender nicht. Ihnen bleibt aber das gute Gefühl, etwas Gutes zu tun und einem Projekt ins Leben zu verhelfen, das sonst vielleicht nie hätte verwirklicht werden können.
- Was schiefgehen kann. Das Projekt kommt nicht in die Gänge, der gute Zweck wird nicht erzielt – oder das Geld erreicht diejenigen gar nicht, denen es zugutekommen sollte. Schwarze Schafe unter Spendenorganisationen sorgen ab und an für Skandale, so etwas kann auch bei Crowdfunding-Projekten passieren.
- Was der Staat an Steuern will. Gar nichts. Bekommen steuerbegünstigte Spendenorganisationen das Geld, berücksichtigt das Finanzamt die Spende als Sonderausgabe. Ab 200 Euro ist eine Zuwendungsbestätigung als Beleg nötig. Bei Beträgen bis 200 Euro reicht in der Regel der Zahlungsbeleg. Es kann sein, dass noch eine Bescheinigung über den steuerbegünstigten Zweck, die Befreiung von der Körperschaftsteuer und die Einzahlung angefordert wird. Zuwendungen an Privatleute oder Organisationen, die nicht als gemeinnützig anerkannt sind, können nicht abgesetzt werden. Die Plattformen weisen darauf hin, ob Spenden steuerlich absetzbar sind oder nicht. Im Zweifel sollten Spendenwillige nachfragen.
Etwas Besonderes bekommen

Über Kickstarter.com kurbelten Unterstützer die Produktion sich selbst reinigender Aquarien der Firma Back to the Roots an.
- Was gemeint ist. Die Empfänger des Geldes versprechen weder Zinsen noch eine Rückzahlung des Kapitals. Sie bieten ihren Unterstützern oft aber etwas anderes, was manchmal mit Geld gar nicht oder schwer zu bezahlen ist. Das kann eher symbolischer oder ideeller Natur sein, aber auch ein neuartiges Produkt, das in der Form noch gar nicht auf dem Markt ist.
- Wer so Geld bekommen hat. Auf Kickstarter.com war ein System zu haben, das ein Aquarium mit einem Beet kombiniert. Fische und Pflanzen versorgten sich gegenseitig mit Nährstoffen. Eine Einladung zu ihrer Startparty boten die Gründer des digitalen Wissenschaftsmagazins Substanz über Startnext.de. Bei der auf Sportprojekte aller Art spezialisierten Plattform Fairplaid.org durften Unterstützer unter Gutscheinen von Unternehmen wählen, wenn sie einem Jungen einen Sport-Rollstuhl mitfinanzierten.
- Was es bringen kann. Zugang zu Dingen, die sonst nicht so einfach zu haben sind. Das reicht vom persönlichen Dankeschön eines unterstützten Sportlers bis zur Nennung des Namens im Abspann eines Films, der Einladung zur Eröffnungsparty oder Produkten, die Unterstützer vor Markteinführung bekommen.
- Was schiefgehen kann. Das Übliche: Das Projekt findet nach mehr oder weniger fulminantem Start kein gutes Ende, etwa weil der geplante Film nie fertig gedreht wird oder die Produktentwicklung scheitert.
- Was der Staat an Steuern will. Nichts. Dafür können die Geldgeber auch nichts absetzen, selbst wenn sie aus ihrer Sicht mit dem Kapital vor allem eine sinnvolle Sache unterstützen und nichts von materiellem Wert bekommen.
Vertrag mit Gegenleistung
Steuerberaterin Girrbach erläutert: „Bekommen Privatleute eine Gegenleistung für ihr Geld, schließen sie rechtlich einen Vertrag mit Gegenleistung ab.“ Das gelte unabhängig von deren Wert. Es spielt keine Rolle, ob sie die Herstellung eines hochwertigen Produkts vorfinanzieren oder eine ideelle Gegenleistung bekommen, wie einen Gang über den roten Teppich bei der Filmpremiere. Nur die Geldempfänger müssen mögliche Steuerfolgen beachten. Die Käufer brauchen sich darum nicht zu kümmern.
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.... wäre eine lange Liste/Tabelle mit solchen Plattformen.
Mit Angaben wie:
Lokal/ Deutschland/ Weltweit
Schwerpunkt der Projektthemen
Anzahl laufender - (nicht-) erfolgreicher Projekte und Summen
usw...
Ja ich weiß:
Bei diesem Schlagwort "Crowdfounding" ist alles im Fluß.
(und der Fluß fließt schnell.)
Vielen Dank für den Hinweis! Wir haben den Link korrigiert und einen Update-Satz in den Text eingefügt. (aci)
Der link im Artikel geht nicht mehr - einfach nach Fairnopoly oder Fairmondo googlen oder folgenden Link benutzten:
https://www.fairmondo.de/