Der Immobilienmarkt boomt und auch Crowdanleger reißen sich geradezu um Immobilienprojekte. Sie bilden das mit Abstand größte Marktsegment. Die Plattformen stellen dabei Informationen über Projektentwickler, Lage, Finanzierungsstruktur und Sicherheiten zur Verfügung. Meist, aber nicht immer, stellen Interessenten Geld in Form von Nachrangdarlehen zur Verfügung.
Registrierte Anleger können online zeichnen und müssen im Anschluss direkt das Geld überweisen oder per Lastschrift einziehen lassen. Kommt das Funding doch nicht zustande, erhalten sie ihr Geld zurück.
Rendite bis zu 7 Prozent
In vielen Fällen sammeln Projektentwickler das Geld ein. Sie erstellen damit Neubauten, wie etwa 48 Eigentumswohnungen in den „Drosselgärten“ in Hamburg-Barmbek, sanieren alte Gebäude wie ein Mehrfamilienhaus am Riehlufer in Berlin-Charlottenburg aus dem Jahr 1900 oder bauen sie für eine neue Nutzung um und verkaufen oder vermieten sie.
Unsere Befragung zeigt: Bis zu 7 Prozent im Jahr wollen die Anbieter den Anleger zahlen (Testergebnisse Immobilien). Das ist im derzeitigen Niedrigzinsumfeld verlockend. Unseriös ist es aber, wenn Anbieter wie Bergfürst und Exporo auf der Startseite ihrer Internet-Angebote die in Aussicht gestellten Zinsen für Crowdfunding-Projekte mit deutlich schlechter verzinsten Festgeld- oder Tagesgeldkonten vergleichen. Denn so sicher wie Sparanlagen sind die Schwarmfinanzierungen keineswegs – auch wenn das Segment bislang mit guten Nachrichten glänzte. Kein einziger Ausfall für die Crowd bislang, stattdessen in einigen Fällen sogar höhere Renditen als erwartet.
Beispiel: Investoren hatten dem Entwickler WvM Immobilien aus Köln Ende 2016 über Exporo 850 000 Euro für den Bau von drei Wohnhäusern in Köln anvertraut. Schon nach sieben Monaten zahlte er das Geld zurück, acht Monate früher als geplant, samt den Zinsen, die für die gesamte 15-monatige Laufzeit angefallen wären. Aus den angestrebten 5 Prozent pro Jahr wurden so 11,6 Prozent effektiver Jahreszins, rechnete Exporo im Juni 2017 vor.
Dennoch kann einiges schiefgehen. Unerwartete Belastungen, Pfusch, ausbleibende Genehmigungen, ein Verkauf unter dem erhofften Preis und mehr. In der Summe sind die Risiken höher als beim Kauf und der Vermietung eines bestehenden Mietshauses oder Bürogebäudes.
Geld für Projektentwickler
Kein Wunder, dass Projektentwickler den Schwarmfinanzierern mehr bieten, als für Festgeld zu holen ist. Die Anleger müssen hohe Risiken tragen. Das liegt sowohl an den Projekten an sich als auch an der Rolle, die Anlegern bei der Finanzierung zugedacht ist.
Den Löwenanteil finanzieren in der Regel Banken. Ihre Kredite decken aber oft höchstens 80 Prozent der benötigten Summe ab. Den Rest müssen die Projektentwickler beisteuern. Wenn sie das nicht selbst mit eigenen Mitteln voll übernehmen konnten oder wollten, suchten sie sich auch früher schon Investoren, die ihnen Geld liehen und bereit waren, sich als Gläubiger im Rang hinter die Banken zu stellen.
Das tut nun die Crowd. Sie gibt sich darüber hinaus tendenziell mit niedrigeren Zinsen zufrieden, als es viele professionelle Investoren tun, die sonst als nachrangige Geldgeber infrage kommen. Das erklärt die Liebe der Projektentwickler zur Schwarmfinanzierung.
Crowd gerät schnell in Verlustzone
Wie schnell das nachrangige Investment in die Verlustzone rutschen kann, zeigt die folgende Rechnung für ein Beispiel mit geringem Kapitaleinsatz des Entwicklers: Für ein Projekt mit 10 Millionen Euro steuert die Bank acht Millionen Euro bei, der Projektentwickler eine halbe Million Euro und die Crowd die restlichen 1,5 Millionen Euro.
Im ersten Szenario gibt es nach dem Verkauf nach zwei Jahren 12 Millionen Euro zu verteilen. Bank und Crowd erhalten ihr Geld mit dem vereinbarten Zins zurück. Der Entwickler hat den Einsatz mehr als verdoppelt.
Im zweiten Szenario sind am Ende nur 9 Millionen Euro zu verteilen. Wieder bekommt die Bank ihren Kredit mit Zinsen zurück. Der Entwickler geht ganz leer aus und die Anleger verlieren etwa zwei Drittel ihres Einsatzes. Schon ein relativ kleines Minus beim Projekt radiert also viel Kapital aus. Wenn der derzeitige Immobilienboom endet, kann so etwas einigen Schwärmern blühen.
Selbst wenn Anbieter und Plattformen Sicherheiten gewähren, etwa über Grundbucheinträge, werden die Crowd-Anleger im Insolvenzfall erst nach Banken und erstrangigen Gläubigern bedient. Etwas mehr Sicherheit bietet ReaCapital. Die Plattform bietet als Zusatz eine erstrangige Grundschuld auf ein projektfremdes Gebäude, die unterschiedliche Projekte absichern soll.
Genaues Auswahlraster nicht bekannt
Die Plattformen sind nach eigenen Angaben sehr wählerisch: Sie teilten mit, nur etwa 5 Prozent der Projekte zuzulassen. Welches genaue Raster sie anlegen, verraten sie nicht.
Exporo und iFunded helfen immerhin dabei, das Risiko einzuschätzen. iFunded etwa schätzt Lage, Entwicklungsstand, Sicherheiten und Erfahrungen des Anbieters ein. Je mehr riskante Punkte zutreffen, desto höher ist das Risiko insgesamt. Allerdings ist ein Projektentwickler selbst Mitgesellschafter der Plattform. Interessenten sollten im Hinterkopf behalten, dass Plattformen Projekte aus der eigenen Gruppe vielleicht weniger streng prüfen, bevor sie sie zulassen.
Achten sollten Interessenten auch darauf, für welche konkrete Immobilie die Mittel verwendet werden sollen. Die Information sollten sie im Vermögensanlange-Informationsblatt finden.
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Kommentarliste
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@Ch_ristian: Im nächsten Heft wird kein Test zu den Crowdfunding-Plattformen veröffentlicht. Weiter in die Zukunft hinein, darf ich keine Infos zu geplanten Veröffentlichungen nach außen tragen. Ob und wenn ja, welche Infos aus diesem test weiterhin aktuell sind, wissen auch wir erst, wenn wir die Plattformen erneut einer Untersuchung unterzogen worden sind.
Der Artikel ist aus dem Jahr 2017. Ist es angedacht, diesen zu aktualisieren?
Oder sind alle Angaben, insbesondere bei den Testergebnissen, noch aktuell?
Der Hinweis, dass die Plattform Innovestment pleite sei, ist ja recht deutlich dargestellt, allerdings veraltet und damit irreführend. Der Presse ist zu entnehmen, dass die nach einer Neustrukturierung wieder am Markt sind, schon seit 2020 (Innovestment.eu).
Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Spam
Seit geraumer Zeit bietet das Unternehmen EXPORO immerwieder bei Projekten auch eine nachrangige Sicherheit an, bewirbt diese aber als tatsächliche Sicherheit für den Kunden. Augenwischerei, denn an erster Rangstelle im Grundbuich steht nahezu dnan immer eine das Projekt finanzierende Bank. Dies bedeutet im Falle eines Crahs des Unternehmens bekommen Anleger erst dann Geld, wenn die Bank alle Forderungen bedient bekommen hat. Ein jeder Leser/Anleger mag sich ausmalen, was dann die von EXPORO angebotene Sicherheit noch für einen Wert hat.
Ähnlich verhält es sich dann auch mit "persönlichen Bürgschaften" der Initiatoren. Was soll das? Marketing? Hierr muss mand och einmal genau wissen über welches Vermögen der Bürgschaftsgeber verfügt bzw- wie viele andere Bürgschaften er möglicherweise schon abgegeben hat. Wie will man dann bitte solch eine Bürgschaft von der Erfüllbarkeut her bewerten? Als Sicherheit sicherlich gar nicht.