
Ostsee-Resort Weissenhaus. 2014 liehen Anleger dem Luxusresort an der Ostsee 3,3 Millionen Euro für mindestens 4 Prozent Zinsen bis Ende 2019 – über die Plattform Companisto, die ansonsten eher Startups vorstellt. Das war damals die höchste Crowdfunding-Summe in Europa. Seither bilden Immobilien das stärkste Marktsegment.
Finanztest hat 22 Internetplattformen untersucht, die für Anlageprojekte werben. Fazit: Einsteiger können Risiken leicht übersehen.
Mit kleinen Beiträgen etwas ganz Neues ermöglichen und dabei noch die Chance auf attraktive Gewinne haben, das ist der Charme des Crowdfunding als Geldanlage. Begeisterung weckten zum Beispiel ein Kameraball für Rundum-Fotos, ein Luxusresort an der Ostsee, ein von datenhungrigen Weltkonzernen unabhängiger Computerserver.
Über Internetplattformen stellen sich Projekte und Unternehmen mit der gewünschten Summe vor. Während einer festgelegten Zeitspanne entscheiden Anleger, ob sie Geld zusagen. In der Regel verleihen sie es gegen Zinsen und akzeptieren, im Insolvenzfall erst nachrangig bedient zu werden. Sie sind erst dann an der Reihe, wenn alle vorrangigen Gläubiger befriedigt worden sind.
Wird die Zielsumme in der Fundingphase verfehlt, erhalten Anleger eingezahltes Geld zurück. Sonst bekommen die Unternehmen und Projekte die Mittel. Über die Plattformen sollen sie Anleger weiterhin regelmäßig über den Fortgang informieren.
Plattformen vermitteln nur
Die Historie ist noch recht kurz, die Zahl abgeschlossener Projekte überschaubar. In Deutschland legten die Schwarmfinanzierer 2011 los. Im Jahr 2016 liehen sich Anbieter nach Angaben des Internet-Informationsportals Crowdfunding.de knapp 64 Millionen Euro. Allein im ersten Halbjahr 2017 waren es schon knapp 73 Millionen Euro. Der Markt ist also noch klein, wächst aber stürmisch.
Finanztest hat alle Plattformen zu Konditionen, Auswahlkriterien und Erfolgen befragt, die bis Frühjahr 2017 innerhalb von rund 20 Monaten mindestens zwei Projekte vorgestellt haben. 22 Plattformen antworteten. Das Ergebnis ist ernüchternd. Viele teilten zwar mit, dass sie Projekte auswählen, aber nicht, wie sie dabei genau vorgehen. Das hilft Anlegern wenig, um das Risiko einzuschätzen. Die Kriterien, die ein Projekt oder Unternehmen für ein Funding erfüllen muss, lassen keinen Schluss über die Qualität zu.
Die Plattformen vermitteln nur zwischen Kapitalhungrigen und Interessenten. Sie beraten die potenziellen Geldgeber nicht bei der Frage, ob ein Projekt zu ihnen passt. Das müssen die Anleger selbst entscheiden – und das ist gar nicht so einfach.
Denn der Gesetzgeber gewährte dieser jungen Branche Erleichterungen, als er 2015 fast alle Geldanlageangebote strengeren Regeln unterwarf. Hier aber ist bei weniger als 2,5 Millionen Euro Volumen nur ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) Pflicht. Es beschreibt das Projekt mit Kosten und Risiken auf drei Seiten. Ein sehr viel umfangereicherer Verkaufsprospekt ist nicht nötig. Anlegern fehlt damit eine wichtige Informationsbasis.
Unser Rat
Eignung. Überlegen Sie gut, ob sich Crowdfunding für Sie eignet. Sie beteiligen sich an Unternehmen oder Projekten ohne Mitspracherechte, binden sich aber häufig für Jahre und tragen höhere Risiken als bei sicheren Geldanlagen.
Auswahl. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Plattformen gute Projekte auswählen. Setzen Sie sich selbst mit den Projekten auseinander. Machen Sie sich ein Bild der Erfolgsaussichten.
Streuen. Investieren Sie lieber kleine Summen in mehrere Projekte als die gesamte geplante Summe in ein einzelnes Projekt.
Risiko. Ein Totalverlust ist immer möglich. Investieren Sie nur so viel in Crowdfunding-Projekte, dass Sie ein Totalausfall aller Projekte nicht in Schwierigkeiten bringt.
Aufbereitung uneinheitlich
Unsere Untersuchung zeigt: Anbieter und Plattformen sind noch nicht hundertprozentig firm in der Anwendung der Regeln. So waren Vermögensanlagen-Informationsblätter oft nicht frei, sondern erst nach einer Registrierung zugänglich. Die Aufbereitung war uneinheitlich, etwa beim Ausweis der Umsatzsteuer bei den Kosten. Jahresabschlüsse waren nicht fristgerecht im elektronischen Bundesanzeiger hinterlegt.
Wir stellen die Crowdfunding-Segmente Immobilien, Start-ups und mittelständische Unternehmen sowie erneuerbare Energien mit den größten Plattformen vor und sagen, worauf Interessenten achten müssen.
Tipp: Weitere Crowdfunding-Formen wie spendenbasiertes Crowdfunding beschreiben wir in unserem Special Crowdfunding: Wer im Internet wofür Geld einsammelt, Finanztest 11/2014.