
Freiwillig und kostenlos – die Corona-Warn-App der Bundesregierung. © picture alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo
Wer ein nicht allzu altes Smartphone besitzt und bereit ist für ein technisches Experiment gegen die Ausbreitung des Coronavirus, kann sich jetzt die Corona-Warn-App der Bundesregierung herunterladen. Die App soll anzeigen, ob jemand in den vergangenen Tagen näheren Kontakt mit einem Coronavirus-Infizierten hatte. Alle Daten sollen anonym bleiben und dezentral gespeichert werden.
App spürt nachträglich Kontakte zu Infizierten auf
Die neue Corona-Warn-App der Bundesregierung soll helfen, Infektionsketten früh zu identifizieren und zu unterbrechen. Nutzer der App werden informiert, wenn sie in den letzten 14 Tagen in näheren Kontakt mit einer infizierten Person geraten sind. Diese Person könnte das Coronavirus schon übertragen haben, bevor sich erste Krankheitssymptome zeigten. Wer über die App von der Begegnung mit einem Infizierten erfährt, kann handeln: „Ärztliches Fachpersonal kontaktieren und das weitere Vorgehen abklären“, heißt es im Erklärtext in der heruntergeladenen App.
Zum Download der App für Android-Handys
Zum Download der App für Apple-Handys
Austausch von Zahlencodes über Bluetooth
Und so funktioniert das:
- Wenn sich Nutzer mit aktiver Corona-Warn-App begegnen, erkennen sich die Smartphones per Bluetooth und tauschen Zahlencodes aus, die zufällig im Takt von mehreren Minuten generiert und für maximal 14 Tage auf dem Gerät gespeichert werden. Neben den Zahlencodes werden auch der Zeitpunkt und die Dauer des Kontakts sowie die Signalstärke ausgetauscht. Diese Daten sind erforderlich, um das Infektionsrisiko zu berechnen. Damit dies gelingt, muss in der App die „Risiko-Ermittlung“ eingeschaltet werden.
- Wenn ein App-Nutzer nun positiv auf das Coronavirus getestet wird, erhält er vom Arzt oder vom Testlabor einen QR-Code. Den kann er in die App eingeben. Dieser Code wird dann an einen zentralen Server gesendet und von dort automatisch und in regelmäßigen Abständen auf die Geräte von anderen App-Nutzern heruntergeladen und mit den Kontakten der vergangenen 14 Tage abgeglichen.
- Im Nachgang erfährt ein Nutzer – anonym – über einen Abgleich ausschließlich auf dem Smartphone, wenn er unmittelbaren Kontakt zu einer infizierten Person hatte.
- Wer die App nicht mehr möchte, kann sie wieder löschen.
Was bei „erhöhtem Risiko“ zu tun ist
Wenn die App ein „erhöhtes Risiko“ anzeigt, bedeutet das, dass der Nutzer durch eine längere und nähere Begegnung mit einem Infizierten ein höheres Infektionsrisiko hat. Die App empfiehlt dann, den Hausarzt, den ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117 oder das Gesundheitsamt anzurufen. Diese Stellen entscheiden über weitere Maßnahmen wie Krankschreibung und häusliche Isolation.
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Die Nutzung der Corona-Warn-App ist freiwillig
Die Installation der App ist freiwillig. Jeder Bürger ab 16 Jahren kann sie nutzen. Anreize für Verwender der App soll es laut Bundesjustizministerium nicht geben. Ebenso wenig sollen diejenigen benachteiligt werden, die die App nicht nutzen – etwa durch Zugangsverbote zu Restaurants. Hinzu kommt, dass in Deutschland längst nicht jeder ein Handy besitzt, auf dem die Corona-Warn-App läuft.
Corona-App: Handy darf nicht zu alt sein
Die Corona-Warn-App lässt sich aus den offiziellen Stores von Google (Playstore) oder Apple (App Store) kostenlos herunterladen.
Wer ein Android-Gerät besitzt, benötigt mindestens die Android-Version 6.0 (Marshmallow).
Apple-Nutzer benötigen ein Gerät, auf dem iOS 13.5 installiert ist oder sich installieren lässt – also ein iPhone ab dem Modell iPhone 6s oder dem iPhone SE. Die Corona-Warn-App setzt voraus, dass das Smartphone über die Funktechnologie Bluetooth verfügt und Bluetooth bei Nutzung auch immer eingeschaltet ist (Sie finden auf test.de zahlreiche Tests von Smartphones).
Huawei hat angekündigt, die App auch ohne die eigentlich erforderlichen Google-Dienste auf seinen neuesten Android-Smartphones anzubieten.
Die Deutsche Telekom hat eine technische Hotline eingerichtet, die Nutzern bei der Installation und dem Eintrag eines positiven Testergebnisses in die App helfen. Sie erreichen Sie unter der Nummer 00 49/80 07 54 00 01.
So werden die Daten der Corona-App gespeichert
Die Daten der Nutzer werden nur dezentral auf dem Handy gespeichert. „Die Ermittlung des Infektionsrisikos findet ausschließlich lokal auf Ihrem Smartphone statt“, heißt in den Datenschutzinfos zur App. Das ermittelte Infektionsrisiko werde ebenfalls ausschließlich in der App gespeichert und an keine anderen Empfänger wie etwa dem Robert-Koch-Institut, Apple oder Google weiter gegeben. „Die Entscheidung für eine dezentrale Datenverarbeitung erhöht den Datenschutz und minimiert die Gefahr des Datenmissbrauchs“, erklärt der Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundesverbands Klaus Müller in einem Statement zur Warn-App.
Die Einschätzung des TÜV und des CCC
Der IT-Dienstleister TÜV Informationstechnik erklärt, dass die App die Anwender nicht ausspioniere. Das habe eine Prüfung ergeben, die man im Auftrag des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik unternommen habe. Unbefugte könnten keine Daten abgreifen. Die Entwickler hätten auch sichergestellt, dass niemand über die App Zugriff auf andere Daten bekomme. Auf der Open-Source-Plattform Github können Interessierte alle Quellcodes der App einsehen und sich etwa durch das Beheben von Fehlern am Projekt beteiligen.
Der Chaos Computer Club hat dem ZDF gegenüber den Entwicklungsprozess der App als vorbildlich bezeichnet.
Keine Rückschlüsse auf Person oder Standort
Das Robert-Koch-Institut (RKI) betont als Herausgeber der App, dass weder das RKI noch andere auf die Identität, den Gesundheitsstatus oder den Standort eines Nutzers schließen könnten. Die App verzichte auf jegliche Erfassung oder Analyse des Nutzungsverhaltens durch Tracking-Tools.
Auf Android-Handys braucht die App allerdings aus technischen Gründen dennoch eine Zugriffserlaubnis für die Standortermittlung, obwohl sie den Standort gar nicht ermittelt.
Bundesregierung: Corona-App ist gesetzeskonform
Nach Angaben der Bundesregierung stehe die Datenverarbeitung „voll und ganz im Einklang mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung und den Rechtsvorschriften zum Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation“.
Die Bundesregierung hält ein Gesetz, das sich eigens auf die Corona-Warn-App bezieht, für nicht notwendig. Oppositionspolitiker dagegen fordern so ein Gesetz, das unter anderem die Verwendung und Speicherung der von der App erzeugten Daten regelt sowie die Befristung auf die Corona-Krise und ein Zweckentfremdungsverbot.
Corona-App: Diese Fragen sind noch offen
Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) Klaus Müller verweist darauf, dass bei der Umsetzung noch einige Fragen zu klären seien: „Haben Betroffene bei positiven Kontaktmeldungen Anspruch auf einen Corona-Test? Wer übernimmt die Kosten dafür? An wen kann man sich wenden?“ Müller warnt auch davor, dass Politik und Gesellschaft aus den App-Daten keine voreiligen Schlüsse zur Bewertung von Ausgangsbeschränkungen, Hygienemaßnahmen oder individuellen Gesundheitszuständen ziehen sollten.
Auch wenige Nutzer würden schon etwas bringen
In einigen Ländern Asiens und Europas gibt es bereits Corona-Warn-Apps. Laut einer Berechnung von Forschern der Universität Oxford könnten Warn-Apps die Corona-Epidemie ausbremsen, wenn 60 Prozent der Bevölkerung sie verwenden und ihren Empfehlungen – etwa für Isolation – strikt folgen würden. Allerdings gehen die Wissenschaftler davon aus, dass auch geringere Nutzungsraten schon positive Auswirkungen hätten.
Auch nach Einschätzung der Bundesregierung wäre die App schon bei vergleichsweise wenig Nutzern sinnvoll. „Das ist nicht so, dass sie gar nichts bringt, wenn nur wenige mitmachen. Sondern jeder, der zusätzlich mitmacht, ist eine Hilfe, um Kontaktketten nachzuverfolgen“, sagte eine Regierungssprecherin. Die Hygienemaßnahmen – Abstand halten, Händewaschen und Alltagsmasken – bleiben die entscheidenden Maßnahmen, um eine Ausbreitung des Virus in Schach zu halten. Ob die App allen Sicherheitsanforderungen genügt, wird sich in Zukunft zeigen müssen.
Wer hinter der Corona-App steht
Die Corona-Warn-App der Bundesregierung haben die Unternehmen SAP und Telekom entwickelt. Die Fraunhofer-Gesellschaft und das Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit CISPA standen beratend zur Seite. Die Unternehmen Google und Apple stellen Bluetooth-Schnittstellen zur Verfügung. Für Fragen rund um Datenschutz und Datensicherheit wurden das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit einbezogen. Das Robert-Koch-Institut übernimmt die fachliche Beratung und ist als Herausgeber der App verantwortlich, die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit sorgfältig zu prüfen.
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Bluetooth und Standort ist durchaus ein Thema. Z.B. der Heise-Verlag verweist aber darauf, dass trotz der Bluetooth-Aktivierung keine Standortdaten erhoben werden: heise.de/news/Fragen-und-Antworten-zur-Corona-Warn-App-der-Bundesregierung-4784570.html
Bei neuren Android-Versionen kann die Standortberechtigung für jede App einzeln gesteuert werden. (Bu)
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Nachtrag 16:49h: Siehe unsere neue Meldung:
test.de/Corona-App-Standort-Zugriff-auf-Android-Handys-5624423-0/
(Bu)
"Also für die Corona-Warn-App den Standortzugriff in Android grundsätzlich aktivieren und für andere Apps ggf. deaktivieren. So mache ich das auf iOS auch. "
Nein auf iOS braucht man keinen Standort für Bluetoooth. Ich schalte GPS immer nur dann an wenn ich es auch brauche. Es gibt Apps denen ich Gelegentlich einen Zugriff gönne, aber nicht immer. Unter Android kann man den Zugriff nur Insgesammt Ein- oder Ausschalten. Da iOS für Bluetooth-Tracing keinen Standort braucht hat Google es vergeigt. Und (nicht nur) deshalb kommt die App nicht auf mein Smartphone.
Anscheinend ist das ein Feature, um den Datenschutz beim gleichzeitigen Einsatz von Bluetooth zu erhöhen. Bluetooth ist ja für den Zweck der App unbedingt notwendig. In der Datenschutzerklärung zur App steht "Die Standortermittlung Ihres Smartphones muss aktiviert sein, damit Ihr Gerät nach Bluetooth-Signalen anderer Smartphones sucht. Standortdaten werden dabei jedoch nichterhoben." (https://www.coronawarn.app/assets/documents/cwa-privacy-notice-de.pdf)
Also für die Corona-Warn-App den Standortzugriff in Android grundsätzlich aktivieren und für andere Apps ggf. deaktivieren. So mache ich das auf iOS auch. Navigations-Apps oder "Mein iPhone suchen" (bei Verlust) dürfen, Amazon bspw. aber nicht.
Leider hat Google es verpeilt. Für Bluetooth muss in vielen Fällen auch der Standort freigegeben werden, so auch hier. Wert die App nutzen will muss dauernd GPS anhaben. Alle Apps die Zugriff auf den Standort haben können dann munter darauf zugreifen. Ein Unding...
Zumindest in BW sehen Landesverordnungen Verbote für Personen vor, die in den letzten zwei Wochen Kontakt zu einer infizierten Person hatten (z.B. Betretungsverbote für bestimmte Einrichtungen oder Teilnahmeverbote für bestimmte Veranstaltungen).
Ist diese Bedingung bereits dann erfüllt, wenn die CoronaApp ein erhöhtes Risiko anzeigt?