Corona Rechts­fragen, Finanz­hilfen – das müssen Sie wissen

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Corona - Rechts­fragen, Finanz­hilfen – das müssen Sie wissen

Staatliche Hilfen. Unternehmen und Selbst­ständige konnten finanzielle Unterstüt­zung beantragen. © picture alliance / Sven Simon

Corona, Finanzen und Recht: Hier lesen Sie, welche Hilfen es für Privatleute und Unternehmer in Nöten noch gibt und was für gekaufte Tickets und laufende Verträge gilt.

Corona – Informationen der Stiftung Warentest

Corona – Reisen. Unser Special Corona – Reisen informiert über Rechte rund um abge­sagte, abge­brochene und geplante Reisen.

Corona – Impfen. Aktuelle Informationen zu den Impfungen und Impf­stoffen finden Sie im Special Impfungen gegen Corona, noch mehr zu Gesundheit und Corona im Special Corona – Verbreitung und Gesundheit.

Corona – Kurz­arbeitergeld. Mit unserem Kurzarbeitergeld-Rechner können Sie die Höhe Ihres Kurz­arbeitergeldes einfach und unkompliziert berechnen.

Corona – Aktienmärkte. Informationen zur Lage auf den Aktienmärkten finden Sie im Special Corona-Krise und Aktienmärkte.

Ausgefallene Veranstaltungen, laufende Verträge, Mitgliedschaften in Vereinen und Fitness­studios

Ich habe ein Ticket für eine Veranstaltung. Erhalte ich nach einer Absage mein Geld zurück?

Ist es einem Veranstalter aufgrund einer behördlichen Maßnahme unmöglich, ein Konzert, eine Messe, ein Festival oder eine andere Groß­ver­anstaltung durch­zuführen, sind auch Besucher nicht mehr verpflichtet, den Eintritts­preis zu bezahlen. Sie können die Erstattung des Ticket­preises und der Vorverkaufs­gebühren vom Veranstalter verlangen (Konzertabsage: Vorverkaufsgebühr einbehalten - was nun?).

Wichtig: Nicht zulässig ist, dass der Veranstalter anstelle einer Erstattung Kunden auf einen späteren Termin der ursprüng­lichen Veranstaltung verweist.

Die Regelung gilt nicht nur für einmalige Veranstaltungen, sondern auch für solche, die an mehreren Terminen statt­finden, wie Musik-, Sprach- oder Sport­kurse und Dauer­karten zum Beispiel für Heim­spiele von Sport­ver­einen.

Ich musste wegen Corona meine Hochzeits­feier absagen. Bekomme ich die Saalmiete zurück?

Nein. So urteilte zunächst das Land­gericht München I (Az. 29 O 8772/20). Obwohl die Feier wegen der Kontakt­beschränkungen nicht möglich war, musste ein Paar 7 363 Euro für ein angemietetes Schloss zahlen. Die Richter argumentierten, dass das Risiko bei den Mietern liege, wie und ob sie die angemieteten Räume nutzten. Es bestehe kein Recht, vom Vertrag zurück­zutreten.

Auch der Bundes­gerichts­hof hat in einem ähnlichen Fall so entschieden. Ein Paar konnte die angemieteten Räumlich­keiten wegen coronabe­dingten Veranstaltungs­verbot nicht zum gebuchten Termin nutzen. Der Vermieter bot allerdings mehrere Alternativ­termine an, von denen das Paar aber keinen annahm, sondern auf die Rück­zahlung der Miete bestand (Az. XII ZR 36/21). Zu Unrecht, wie der Bundes­gerichts­hof urteilte. Es sei dem Paar zumut­bar, einen alternativen Termin wahr­zunehmen. Außerdem hat der Bundes­gerichts­hof im Januar 2022 entschieden, dass eine behördliche Geschäfts­schließung wegen der Pandemie keinen Mangel der Mietsache darstelle. Somit bestünden weder ein Recht zum Rück­tritt, zur Minderung der Miete noch zur außer­ordentlichen Kündigung des Miet­vertrags (Az. XII ZR 8/21).

Muss ich für das Fitness­studio zahlen, obwohl es wegen Corona geschlossen ist?

Es liegt juristisch wohl ein Fall der recht­lichen Unmöglich­keit vor. Dem Fitness­studio ist es wegen der öffent­lich-recht­lichen Allgemein­verfügung nicht mehr möglich, die Studio­leistungen zu erbringen. Der Kunde verliert seinen Anspruch, das Studio nutzen zu können. Und das Studio verliert sein Recht, Bezahlung verlangen zu dürfen (Paragraf 326, Absatz 1, Bürgerliches Gesetz­buch). Das gilt im übrigen auch für das Yoga-Studio, die Musik- und Tanz­schule oder den Theaterclub.

Erstattung von Mitglieds­beiträgen. Hat ein Kunde schon für das ganze Jahr im Voraus gezahlt, kann er die Erstattung des Teil des Entgelts verlangen, der auf die Corona-Zeit entfällt (Paragraf 326, Absatz 4, Bürgerliches Gesetz­buch). Viele Studios bieten aber auch an, den Studio­vertrag um die Corona-Zeit zu verlängern. Für den Zeitraum der Verlängerung muss der Studio­gast dann nichts zahlen.

Verlängerung des Mitglieds­vertrags um die Dauer einer Schließung. Ob der Betreiber eines Fitness­studios Mitglieds­verträge um die Dauer einer aufgrund von Corona erfolgten behörd­lichen Schließung verlängern kann, darüber ist die Recht­sprechung noch uneinig. Das Amts­gericht Paderborn hat etwa entschieden, dass ein Vertrag durch den Betreiber um die Dauer einer coronabe­dingten Schließ­zeit verlängert werden kann. Im Januar 2020 hatte ein Mitglied eines Fitness­studios seinen Vertrag gekündigt, der regulär Ende Mai 2020 ausgelaufen wäre. Im März 2020 wurde jedoch das Studio wegen der Pandemie vorüber­gehend behördlich geschlossen. Daher forderte das Mitglied vom ­Studio­betreiber für den Zeitraum der ­Schließung seine gezahlten Beiträge ­zurück. Doch der Betreiber verweigerte die Rück­zahlung. Zu Recht, wie das Gericht urteilte. Die Leistungs­erbringung durch das Sport­studio sei durch die Schließung nicht unmöglich geworden, da das Mitglied nach der Wieder­eröff­nung das Studio nutzen konnte (Az. 57a C 245/20).

Anders lautet ein Urteil des Land­gerichts Würzburg. Dieses hat einem Betreiber von Fitness­studios untersagt, seinen Mitgliedern mitzuteilen, dass sich ihr Vertrag um die Zeit der coronabe­dingten Schließung verlängert. Damit entschied es über die Klage des Verbraucherzentrale Bundes­verbands (vzbv) gegen die VK Bodyfit GmbH, die entsprechende E-Mail-Anschreiben an ihre Kunden verschickt hat. Diese Anschreiben hält der vzbv für irreführend. Das Gericht gab dem Verband recht. Die zeit­weise Schließung eines Studios könne nicht zu einer Vertrags­anpassung in Form einer Vertrags­verlängerung führen. Beide Parteien seien vielmehr während der Schließ­zeit von ihrer Leistungs­pflicht befreit. Außerdem sei eine Vertrags­verlängerung nach Ansicht des Gerichts unbil­lig. Mitglieder, die zum Beispiel wegen eines Umzugs oder aus gesundheitlichen Gründen das Studio nicht mehr nutzen könnten, hätten über­haupt nichts von einer Vertrags­verlängerung. (Az. 11 O 684/21 UWG)

Mein Verein bot wegen Corona keine Aktivitäten an. Durfte ich den Mitglieds­beitrag zurück­halten oder mindern oder meine Mitgliedschaft außer­ordentlich kündigen?

An sich besteht in diesen Fällen weder ein Minderungs- noch ein Sonderkündigungs­recht. Der Mitglieds­beitrag ist dafür gedacht, das Fort­bestehen des Vereins zu sichern und damit er seine Aufgaben erfüllen kann. Er ist grund­sätzlich kein Entgelt für seine Leistungen. Mit meist knapp kalkulierten Mitglieds­beiträgen decken Vereine haupt­sächlich laufende Kosten.

Nach Auffassung der Rechts­experten der Stiftung Warentest berechtigen Absagen von sport­lichen Veranstaltungen, Kursen oder sons­tigen Vereins­angeboten infolge der Schließung aufgrund der Corona-Pandemie deswegen nicht zu Beitrags­erstattungs­ansprüchen.

Die Beitrags­verpflichtung eines Mitglieds besteht solange, wie seine Mitgliedschaft im Verein andauert, unabhängig von ausgefallenen Aktivitäten. Mitgliedern bleibt nur der Weg einer ordentlichen Kündigung der Mitgliedschaft zum nächst­möglichen Zeit­punkt.

Finanzielle Hilfen für Privatleute

Welche staatliche Unterstüt­zung bekommen wir, wenn unserer Familie finanzielle Engpässe drohen?

Verdienst­ausfall wegen Kinder­betreuung. Gesetzlich versicherte Berufs­tätige können bei der Krankenkasse Kinderkrankengeld beantragen, wenn sie coronabe­dingt Kinder betreuen müssen und nicht arbeiten können. Das gilt derzeit noch für 30 Tage pro Eltern­teil und Kind (unter 12), bei Allein­erziehenden sind es 60 Tage pro Kind. Das Kinder­krankengeld beträgt 90 Prozent des Netto­arbeits­entgelts – auch im Falle von Kurz­arbeit.

Kinder­zuschlag. Eltern, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, haben außerdem Anspruch auf den Kinderzuschlag von 205 Euro pro Kind und Monat. Wer wegen Teil­zeit- oder Kurz­arbeit weniger verdient, sollte diesen Anspruch prüfen. Der Kinder­zuschlag ist keine Neuheit, sondern eine zusätzliche Leistung für einkommens­schwache Familien, der Kinder­armut verringern und die Teilhabe am gesell­schaftlichen Leben fördern soll.

Viele Leistungen und Hilfen in der Coronakrise waren steuerfrei. Muss ich sie in der Steuererklärung trotzdem angeben?

Ja, Sie müssen diese Leistungen in Ihrer Steuererklärung für 2021 angeben. Und obwohl die Leistungen selbst steuerfrei waren, kann es sein, dass Ihre Steuerlast steigt. So unterliegen manche Zahlungen dem Progressions­vorbehalt und erhöhen die Versteuerung des Einkommens. Bei Selbst­ständigen etwa prüft das Finanz­amt, ob sie die Leistungen zu Recht erhalten haben. Wenn nicht, sind sie zurück­zuzahlen.

Tipp: Ob Selbst­ständige, Familien, Arbeitnehmer oder Rentner – die Regeln für die Besteuerung sind unterschiedlich. Unser Special Corona-Hilfen mit dem Finanzamt abrechnen hilft Ihnen heraus­zufinden, ob Sie sich auf Nach­zahlungen einstellen müssen.

Ich verlor wegen Corona meinen Studentenjob. Gibt es Hilfen für mich?

Viele Studierende, die infolge der Corona-Pandemie ihre Jobs verloren, hatten finanzielle Engpässe. Sie konnten bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein zins­loses Darlehen beantragen. Diese Möglich­keit bestand bis zum 30. September 2022.

Selbst­ständige und Corona

Welche Hilfs­programme für Unternehmen, Selbst­ständige und Freiberufler gibt es für die Zeit der Pandemie?

Bis Mitte 2022 gab es verschiedene Über­brückungs­hilfen für Unternehmen, Selbst­ständige und Freiberufler, um in der Pandemie Fixkosten wie Miete oder Leasingraten bezahlen zu können. Informationen zu Abrechnungen und Rück­zahlungen gib es auf dem Überbrückungshilfe-Portal der Bundesregierung.

Als freiberuflicher Künstler habe ich keine Aufträge und kann bald meine Beiträge an die Künst­lersozialkasse nicht mehr zahlen. Gibt es Unterstüt­zung?

Die Künst­lersozialkasse hatte den Versicherten angeboten, das geschätzte Jahres­einkommen anzu­passen. Musste die Einkommens­erwartung infolge der Corona-Krise gesenkt werden, wurde die Versicherungs­pflicht 2021 auch dann fortgesetzt, wenn Versicherte das Mindest­einkommen von 3 900 Euro pro Jahr nach aktueller Einschät­zung nicht erreichen. Diese Regelung wurde bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Dadurch verlieren Künstler, Musiker oder Journalisten ihren Versicherungs­schutz nicht, auch wenn sie durch die Einkommens­minderung die Voraus­setzungen für die Versicherungs­pflicht nicht mehr erfüllen. Außerdem ist es für Kulturschaffende leichter, sich anderweitig etwas dazu­zuver­dienen, ohne den Versicherten­status zu verlieren.

Ich habe als Solo-Selbst­ständiger/Klein­unternehmer Zuschüsse aus dem Sofort­programm bekommen. Muss ich diese versteuern?

Grund­sätzlich sind die Zuschüsse steuer­pflichtig. Sie werden zwar nicht bei etwaigen Steuer­voraus­zahlungen berück­sichtigt, können sich aber auf Ihre Steuererklärung auswirken. Hat Ihr Unternehmen oder haben Sie als Selbst­ständiger einen Gewinn erwirt­schaftet, müssen Sie auf den Zuschuss Ihren individuellen Steu­ersatz zahlen.

Achtung: Zu viel erhaltene Leistungen müssen Sie zurück­zahlen.

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dreamerkiwi am 06.02.2021 um 14:47 Uhr
Update zu Preiserhöhung nach verspäteter Lieferung

In meinem vorigen Kommentar hatte ich davon berichtet, dass DELL nach einer verspäteten Lieferung die nun höhere Mehrwehrsteuer Privatkunden einfach in Rechnung stellen zu können (Bruttopreis erhöhen).
Ich bin hartnäckige geblieben und habe noch drei weitere Supportanfragen gestellt. Im Zweifelsfall kann man auch das Einschalten der Schlichtungsstelle des Bundes androhen. Nun hat sich DELL entschieden, mir die zusätzlichen 50€ zu erstatten. Eine Entschuldigung gab es nicht.
Bei mir stellt sich das ungute Gefühl ein, dass sie es "einfach mal probieren" und hoffen, dass sich niemand beschwert. Ich finde das unverschämt. Ich werde nicht der einzige sein, der zum Black Friday einen neuen Laptop bestellt hat und von den Lieferschwierigkeiten betroffen war. Die Rechtslage wird ihnen wohl bewusst sein.

dreamerkiwi am 22.01.2021 um 15:36 Uhr
Mehrwertsteuererhöhung nach verspäteter Lieferung

Ich habe im November einen Laptop bei Dell für 1.870,82€ bestellt. Dieser sollte Mitte Dezember geliefert werden. Durch Lieferschwierigkeiten bei Dell, verschob sich die Lieferung in den Januar. Nun wurden mir einfach 1.919,21€ in Rechnung gestellt. Da ich dachte, im Privatkundengeschäft müsse der vereinbarte Bruttopreis beigehalten werden, habe ich mich beim Kundenservice gemeldet. Hierbei wurde mir allerdings gesagt, dass ich die Mehrkosten von 50 Euro zu tragen habe. Ich empfinde das als sehr unfair, insbesondere da die Lieferverzögerung ja von Dell verschuldet war. :-(

Profilbild Stiftung_Warentest am 05.01.2021 um 13:33 Uhr
Fitnessstudiobeitrag Corona

@Daniel8: Wie gesagt, wenn das Fitnessstudio sich weigert, Ihnen den Mitgliedsbeitrag zurückzuzahlen, müssen Sie den Beitrag vor Gericht einklagen. Wir können Ihnen nicht versprechen, dass Sie in einem solchen Rechtsstreit auf jeden Fall obsiegen werden. (maa)

Daniel8 am 04.01.2021 um 23:25 Uhr
Fitnessstudiobeitrag Corona

meine Meinung hierzu:
1) Es gelten keine Präzedenzfälle im deutschen Recht !
damit gilt nicht das Urteil, sondern primär das Gesetz: § 275 (1) BGB Unmöglichkeit, § 326 (1) BGB Anspruch auf Gegenleistung entfällt.
2) Urteil LG Würzburg vom 23.10.2020, AZ. 1 HK O 1250/20:
Im Urteil geht es um Erstattungsansprüche bereits bezahlter Beiträge.
"Die Beklagte hat also ihren Kunden bzw. Mitgliedern kein Geld abgebucht, ohne nicht auch eine entsprechende Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren"
Sofern der Beitrag für den geschlossenen Monat nicht bezahlt wurde, würde eine Forderung auch gemäß diesem Urteil, erst zu einem Zeitpunkt entstehen, in dem das Fitnessstudio wieder geöffnet ist.
Als regelmäßiger Kunde von Stiftung Warentest, würde ich mich jetzt über eine Einschätzung freuen, in der die wahrscheinlichere Variante angesprochen wird. Danke vorab

Profilbild Stiftung_Warentest am 04.01.2021 um 10:41 Uhr
Fitnessstudiobeitrag

@Daniel8: Eine verbraucherfreundliche Auslegung wird hier vom Vorliegen einer Unmöglichkeit ausgehen. Dass auch andere Rechtsansichten vertreten werden, können Sie dem Urteil des LG Würzburg auf das Sie hinweisen, entnehmen.
Weigert sich das Fitnessstudio zur Rückzahlung, tragen die Mitglieder das Prozesskostenrisiko, wenn sie ihren Beitrag vor Gericht einfordern. Solange es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, kommt es für die Entscheidung darauf an, was vor Gericht vorgetragen wird und welche Rechtsansicht das Amtsgericht vertritt.
(maa)