Viele der rund 9 000 Anleger, die Container der Magellan Maritime Services (MMS) gekauft haben, ärgern sich über den vorläufigen Insolvenzverwalter des Unternehmens, Peter-Alexander Borchardt. Er will Mieten in Höhe von monatlich etwa drei Millionen US-Dollar, die Reedereien für die Container zahlen, nicht an Anleger weitergeben. Borchardt beruft sich auf ein Rechtsgutachten der Kanzlei CMS Hasche Sigle aus Hamburg, das er in Auftrag gegeben hat. Danach stünden die Mieten MMS zu. *
Anwalt kritisiert Gutachten heftig
Das Gutachten zu den Container-Direktinvestments (hier lesen Sie Details zum Containermarkt) liegt Finanztest vor. Darin wird nicht nur bezweifelt, dass die Mieten den Investoren zustehen, sondern auch, dass die Investoren Eigentümer der Container geworden sind. Schließlich werden sogar erhebliche Zweifel geäußert, ob deutsches oder chinesisches Recht bei der Frage nach den Eigentumsverhältnissen anwendbar sei. Peter Mattil, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in München findet das „konstruiert“. Für ihn ist klar, dass bei einem Streit zwischen der MMS in Hamburg und Investoren aus Deutschland deutsches Recht zur Anwendung kommt, weil deutsches Recht in den Verträgen mit Magellan vereinbart ist.
Investoren sollten Aussonderung der Mieten fordern
Auch weiteren im Gutachten vertretenen Rechtsauffassungen widerspricht Mattil vehement. Die Verträge seien glasklar und nicht auslegbar. Mit dem Erwerb der Container seien alle Rechte aus dem Mietverhältnis eindeutig auf die Investoren übergegangen. Nach der Insolvenz von MMS stünden die Mieten, die die Reeder tatsächlich zahlen, den Investoren zu, erklärt er. Borchardt führe sie aber auch in der vorbereiteten Insolvenzanmeldung, die er Investoren zugeschickt habe, als Insolvenzmasse. Investoren sollten deshalb die Anmeldung nicht einfach unterschreiben, sondern die Aussonderung ihrer Mieten fordern, erklärt Mattil.
Insolvenzverwalter: Reedereien überweisen Mieten pünktlich
Borchardt hält diese Forderung für unberechtigt, da MMS den Investoren die Mietforderungen bei Vertragsschluss nicht rechtswirksam abgetreten habe und somit selbst Inhaber der Mietforderungen sei. Wirtschaftlich spielt das laut Borchardt für Anleger aber nur eine vergleichsweise geringe Rolle. Als mit Abstand größte Gläubigergruppe mit einem Anteil vom mehr als 90 Prozent an den Gesamtforderungen hätten Investoren ohnehin Anspruch auf den allergrößten Teil sämtlicher Erlöse und Vermögenswerte, heißt es auf der Homepage des Insolvenzverwalters. Unerwähnt bleibt allerdings, dass sich die Anlegern zustehende Mietsumme durch die Abzüge der Kosten für das Insolvenzverfahren sowie die Forderungen weiterer Gläubiger stetig verringern.
Anleger könnten vorläufigen Verwalter abwählen
Investoren, denen die Vorgehensweise von Borchardt missfällt, können sich wehren. Dafür müssten sie zunächst den unvollständigen Insolvenzanmeldungen widersprechen, die Borchardt verschickt hat. In den Insolvenzanmeldungen hat Borchardt die Mieten, die die Reeder tatsächlich zahlen, nicht aufgeführt**. Auf der für den 18. Oktober in Hamburg anberaumten Gläubigerversammlung könnten Anleger den Insolvenzverwalter auch abwählen. Anschließend würde ein neuer Verwalter gewählt. Anleger, die nicht selber an der Gläubigerversammlung teilnehmen können oder wollen, sollten einen Vertrauten oder einen Anwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragen. Dafür müssen sie ihm eine Vollmacht geben, damit er entsprechend ihrer Weisung für sie abstimmen kann.
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* Korrektur 22.09.2016: Wir haben die Angabe „drei Millionen US-Dollar“ im Vorspann ergänzt um den Begriff „etwa“.
** Passage korrigiert am 22.09. 2016.
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