
Der Stoff kann Allergien auslösen. Jeder fünfte Kinderschuh, jeder dritte Arbeitshandschuh im Test enthält so große Mengen Chrom VI, dass sie nicht hätten verkauft werden dürfen.
Sommerzeit, Sandalenzeit – Kleine wie Große tragen gern offenes Leder an den Füßen, wenn es warm wird. Das ist nicht immer gesund. Leder kann Chrom VI (Chromat) enthalten, ein Reaktionsprodukt aus dem Gerbprozess. Chrom VI kann Allergien verursachen. Es gehört neben Nickel und Duftstoffen zu den häufigsten Kontaktallergenen. Einmal sensibilisiert, kann der Körper mit juckenden Hautausschlägen reagieren, sobald er mit chrom-VI-haltigem Leder in Berührung kommt.
Strümpfe bieten kaum Schutz
Eine Sensibilisierung bleibt lebenslänglich. Es gibt keine Heilung. Rund 500 000 Menschen in Deutschland sind betroffen. Ihnen bleibt nur, das Allergen zu meiden. Im Fall von Chrom VI heißt das: Am besten kein chromgegerbtes Leder an die Haut lassen. Doch fast alle Bekleidungs- und Schuhoberleder sind chromgegerbt. Strümpfe oder textile Innenfutter schützen kaum vor dem riskanten Stoff. Chrom VI kann über den Schweiß auf die Haut gelangen.
Vier Schuhe über dem Grenzwert

Gerben. Die Tierhaut wird in großen Trommeln mit Chromsalzen gegerbt. Das Resultat ist ein leicht bläulichgefärbtes Leder, Wet Blue genannt.
Wir haben 60 Lederprodukte auf ihren Chrom-VI-Gehalt überprüft, jeweils 20 Kinderschuhe, Arbeitshandschuhe und Uhrarmbänder. Das Ergebnis ähnelt dem unserer letzten Untersuchung (test 02/2008) – die Branche hat das Problem noch immer nicht im Griff: Mehr als jeder dritte Kinderschuh enthält Chrom VI. Vier schneiden mangelhaft ab. Der Gehalt des problematischen Stoffs liegt bei ihnen über dem seit 2010 in Deutschland geltenden Grenzwert von 3 Milligramm pro Kilogramm. Die Schuhe Deichmann/Björndal, Primigi, Reno/Bama und Rossmann/Babydream hätten nicht verkauft werden dürfen. Immerhin: Deichmann hat einen Rückruf angekündigt, Reno will die Kollektion aus den Regalen nehmen.
Von den Arbeitshandschuhen enthält fast jeder dritte mehr Chrom VI als erlaubt. Mit 62 Milligramm pro Kilogramm sticht Gebol heraus, aber auch der KCL-Lederhandschuh und die von Dunlop, WBV, KWB und Hagebaumarkt 88PAWA hätten nicht verkauft werden dürfen. Bisher hat nur KWB einen Rückruf angekündigt. Die Uhrarmbänder sind bis auf Seiko und Kangaroos frei von Chrom VI oder nur gering belastet.
Es lässt sich vermeiden
Chrom VI entsteht im Leder, wenn bei der Chromgerbung nicht nach dem Stand der Technik gearbeitet wird. Noch lange nach der Fertigung kann sich dann im Leder Chrom VI bilden. Das lässt sich vermeiden. Vor allem die Wahl der richtigen Fettungsmittel scheint eine große Rolle zu spielen. Das Know-how dafür ist aber offenbar nicht überall vorhanden.
Kontrollen sind schwierig
Leder wird heute häufig in China gefertigt. Oft beliefern viele kleine Gerbereien einen großen Hersteller, der dann Schuhe oder Handschuhe aus den verschiedenen Lederteilen zusammensetzt. So kann es passieren, dass der Daumen des Handschuhs chromatfrei ist, der kleine Finger aber stark belastet. Das macht Kontrollen so schwierig. Stichproben bringen wenig. Auch unser Test wirft nur ein Schlaglicht: Jeder Wert ist eine Einzelmessung. Würden wir heute noch einmal einkaufen, wären die Ergebnisse vermutlich andere.
Wer zu Ekzemen neigt, ist anfälliger

Abwelken. Im weiteren Fertigungsprozess pressen Arbeiter das Wasser aus dem frischgegerbten Leder. Dieser Vorgang wird Abwelken genannt.
Ab welchem Chrom-VI-Gehalt eine Sensibilisierung des Immunsystems stattfindet, ist unklar. Es gibt dazu keine Studien. Fachleute diskutieren Werte zwischen 10 und 100 Milligramm Chrom VI pro Kilogramm Leder. Insbesondere Personen, die zu Hautekzemen neigen, scheinen gefährdeter für eine Kontaktallergie. Ist das Immunsystem einmal sensibilisiert, reichen manchmal Chrom-VI-Konzentrationen von 10 Milligramm pro Kilogramm und weniger, um Hautausschläge zu verursachen.
Vor allem wenn die Haut geschädigt ist oder das Leder an der Haut reibt, ist eine allergische Reaktion schon bei Chrom-VI-Gehalten von 1 Milligramm pro Kilogramm möglich. Die meisten Betroffenen reagieren aber erst ab deutlich höheren Werten. Der Grenzwert von 3 Milligramm pro Kilogramm ist kein medizinischer, sondern ein technischer Wert. Er orientiert sich an dem, was 2010 bei der gesetzlichen Regelung messbar war. Heute lassen sich niedrigere Chrom-VI-Gehalte bestimmen. Generell gilt: Je mehr Chrom VI Leder enthält, desto größer das Allergierisiko.
Pflanzengerbung als Alternative
Eine Alternative kann pflanzlich gegerbtes Leder sein. Es ist allerdings ein Nischenprodukt. Orientieren können sich Kunden an den ersten unabhängigen Prüfsiegeln für chromfrei gegerbte Lederwaren, die es mittlerweile gibt. Die Kinderschuhe von Pololo sind die einzigen im Test, die solche Siegel tragen.
Manche Anbieter kennzeichnen ihre Produkte ohne offizielles Siegel als „pflanzlich gegerbt“ oder „chromfrei“. Die im Test sind tatsächlich meistens unbelastet. Verlass ist darauf aber nicht. Die Babydream Krabbelschuhe von Rossmann enthalten mehr Chrom VI als erlaubt – trotz des Hinweises „chromfrei gegerbt“.
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@kerstin781:Indigo Kinderschuh haben wir nicht untersucht, so dass wir leider keine produktbezogenen Ergebnisse bzw. Erfahrungswerte mitteilen können. Sie können unter Getestete Produkte die Liste der 60 exemplarisch ausgewählten Lederprodukte, davon 20 Paar Leder-Arbeitshandschuhe, 20 Paar Kinderschuhe (Größe 18 bis 26) und 20 Leder-Armbänder von Uhren, die wir getestet haben, einsehen. (MK)
Hallo , kann mir jemand sagen, ob die Indigo Kinderschuhe gut getestet wurden. Ich kann hierzu im Internet nichts finden :-(((danke euch und vg
@ Solitudine79: Die Rückgabe bezieht sich ausschließlich auf die Deichmann / Björndal Sandalen (Mädchen) rosa mit der Art.-Nr. 1.415.320.
Der Anbieter hat einen Produktrückruf durchgeführt. Sie können die betroffenen Sandalen direkt bei einer Deichmann-Filiale gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben. (SE)
@Catera: Wir weisen darauf hin, dass das Testergebnis nicht auf andere Kinderschuhe übertragen kann.
Ob in anderen Kinderschuhen von Reno / Bama Chrom VI enthalten ist, können wir nicht beurteilen. Dies wäre nur durch eine entsprechende Untersuchung möglich. (SE)
Ich sehe ihr habt einen Reno / Bama my first Halbschuhe (Mädchen) rosa Art.-Nr. 60870 getestet. Wir haben diesen Schuh als Jungenmodell, gilt dann dasselbe?