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„Reich an Omega-3-Fettsäuren“, „Heilmittel der Maya“, „veganer Ei-Ersatz für Kuchen“ – die Werbung für Chia-Samen verspricht einiges. Können die Körner, die Leinsamen ähneln und stark aufquellen, tatsächlich so viel? test.de mit einer Einschätzung der Trend-Saat aus Mittelamerika.
Vor allem im Biohandel
Chia-Samen (Salvia hispanica) stammen ursprünglich aus Mexiko und Guatemala. Heute werden sie auch anderswo, etwa in Australien und Südostasien, angebaut. Die Körner zählen – wie Leinsamen oder Sesam – zu den Ölsaaten. Bäcker verkaufen Brot mit Chia-Samen als „Trendbrot 2015“, vor allem der Biohandel hat sie abgepackt im Angebot.
Nährstoffvergleich: Chia-Samen, Leinsamen, Sesam
Inhaltsstoffe |
Chia-Samen |
Leinsamen |
Sesam |
in g pro 100 g (im Mittel) |
|||
Fett |
31 |
31 |
50 |
– Gesättigte Fettsäuren |
3 |
3 |
7 |
– Einfach ungesättigte Fettsäuren |
2 |
6 |
20 |
– Omega-6-Fettsäuren |
7 |
4 |
19 |
– Omega-3-Fettsäuren |
19 |
17 |
0,7 |
Eiweiß |
17 |
24 |
21 |
Kohlenhydrate |
42 |
0 |
10 |
Ballaststoffe |
34 |
39 |
11 |
Quellen: Durchführungsbeschluss der Kommission vom 22. Januar 2013 über die Genehmigung einer Erweiterung der Verwendungszwecke von Chiasamen (Salvia hispanica) als neuartige Lebensmittelzutat, in: Amtsblatt der Europäischen Union. United States Department of Agriculture National Agricultural Library. National Nutrient Database for Standard Reference, Release 27. Mohd Ali Norlaily et. al., The Promising Future of Chia, Salvia hispanica L., in: Journal Biomedicine and Biotechnology 2012:171956. Souci Fachmann Kraut. Die Zusammensetzung der Lebensmittel Nährwerttabellen, 7. völlig überarbeitete Auflage Stuttgart 2008.
Ein Drittel Fett
Chia-Samen bestehen laut Studien zu etwa einem Drittel aus Fett, das vorwiegend Omega-3-Fettsäuren enthält. Omega-3-Fettsäuren können helfen, den Cholesterinspiegel und Blutdruck niedrig zu halten und so Herzinfarkt und Schlaganfall vorbeugen. Chia-Samen punkten auch mit reichlich Ballaststoffen. Eiweiß kommt hinzu, ebenso Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium und Zink sowie Vitamine. Untersuchungen weisen darauf hin, dass das Nährstoffprofil von Chia-Samen – vor allem bei den Fettsäuren – je nach Anbaugebiet und Erntezeitpunkt variieren kann.
Tipp: Noch mehr Infos und Rezepte finden Sie auf der Themenseite „Vegetarisch und Vegan essen“.
Es gibt günstigere Alternativen
„Chia-Samen sind ernährungsphysiologisch wertvoll“, sagt Antje Gahl, Pressesprecherin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Doch Verbraucher könnten sich die Nährstoffe auch mit anderen Lebensmitteln zuführen. Reich an Omega-3-Fettsäuren seien beispielsweise Rapsöl, Nüsse und Leinsamen. Von der Zusammensetzung der Nährstoffe her kommen Chia-Samen den Leinsamen relativ nah. Im Geschmack bestehen Unterschiede: Chia-Samen haben weniger Eigengeschmack, ihre Schale ist feiner und knuspert stärker beim Kauen im Mund. Preise um 2,50 Euro pro hundert Gramm sind keine Seltenheit, die gleiche Menge Leinsamen kostet oft weniger als 40 Cent.
Chia als „neuartiges Lebensmittel“
Chia-Samen sind in der EU erst seit 2009 offiziell im Handel. Sie mussten als neuartiges Lebensmittel zugelassen werden, weil sie vor Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung 1997 noch nicht in nennenswertem Umfang in Europa verzehrt wurden. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wurden sie einer umfassenden gesundheitlichen Bewertung unterzogen. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa sieht Chia-Samen auf Grundlage der vorliegenden Studien als sicher an. Vorsorglich hat die EU-Kommission die Zulassung an Auflagen geknüpft:
- Chia-Samen aus der Verpackung. Die Samen dürfen nur vorverpackt in den Handel. Auf der Packung muss ein Hinweis für Verbraucher stehen, dass er täglich nicht mehr als 15 Gramm unverarbeitete Chia-Samen zu sich nehmen soll. Das entspricht etwa eineinhalb Esslöffeln.
- Chia-Samen als Zutat. Als Zutat von Backwaren, Frühstückscerealien und Frucht-Nuss-Samen-Mischungen dürfen Chia-Samen höchstens zu 10 Prozent enthalten sein. Diese Maximalmenge gilt erst seit einer Erweiterung der Verwendungszwecke von Chia-Samen durch die EU im Jahre 2013. Zuvor durften Brot und Brötchen nicht mehr als 5 Prozent Chia-Samen enthalten.
Noch Forschungsbedarf bei Gesundheitswirkung
Wer sich an die Mengenvorgaben hält, braucht nicht mit unerwünschten Nebenwirkungen zu rechnen. Einige Anbieter informieren, dass die quellfähigen Chia-Samen bei manchen Menschen Blähungen auslösen können. Auch ein Allergierisiko sei nicht auszuschließen. Wissenschaftlich gesicherte Aussagen über etwaige Auswirkungen auf die Gesundheit sind laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung anhand der vorliegenden Daten noch nicht möglich. Übrigens: Für den Verzehr von Leinsamen gelten keine Vorschriften. Allerdings rät das Bundesinstitut für Risikobewertung, nicht mehr als 15 Gramm Leinsamen pro Mahlzeit zu verzehren. Schwangere sollten täglich nicht mehr als insgesamt 20 Gramm Leinsamen aufnehmen. Sie enthalten nämlich von Natur aus Spuren von Blausäure, die ab einer bestimmten Verzehrmenge giftig wirkt.
Veganer Pudding und Ei-Ersatz
Die ballaststoffreichen Chia-Samen können um ein Vielfaches ihrer Größe aufquellen. In Flüssigkeit sondern sie nach wenigen Minuten einen Pflanzenschleim ab, der an den Samen haften bleibt. Es entsteht eine Art Gel, mit dem sich Puddings, Suppen und Smoothies andicken lassen. Als Bestandteil von Brotteig können Chia-Samen für eine elastische Krume und starke Kruste sorgen. In Kuchen sollen Chia-Samen bis zu 25 Prozent an Fett und Ei ersetzen können, fanden argentinische Wissenschaftler in Backversuchen heraus. So lässt sich beispielsweise ein Ei im Kuchen ersetzen: 1 Esslöffel Chia-Samen und 4 Esslöffel Wasser 15 Minuten quellen lassen, dann in den Kuchenteig einrühren.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
@nico.schmitz: Die Angaben zu Kohlenhydraten sind korrekt. Wie bereits in unserem Kommentar vom 16.6.15 mitgeteilt, können die Nährstoffgehalte stark variieren. Daher haben wir in unserer Tabelle Mittelwerte angegeben, die sich nicht auf 100g addieren lassen. Das angegebene Nährstoffprofil von Chia-Samen bezieht sich auf Angaben der United States Department of Agriculture National Agricultural Library. (bp)
Da kann in der Tabelle etwas nicht stimmen: 42 Gramm Kohlenhydrate pro 100 g Chia-Samen? Soll das 4,2 Gramm heißen?
@W.dittel: Wir haben keine Chia-Samen-Produkte getestet und können daher nicht sagen, ob Chia-Samen aus Bio-Anbau besser sind als aus konventionellem Anbau". (PF)
ich fand Ihren Bericht sehr ausführlich,aber man sollte den "Chiasamen "nur als "Bio"kaufen!