Anlässlich des Deutschen Weiterbildungstages am 24. September 2010 veranstaltete die Stiftung Warentest ein Chat zum Thema Weiterbildung. Die Fragen beantworten Alrun Jappe und Dr. Michael Cordes.
Aktion zum Deutschen Weiterbildungstag
Moderator: So, es ist 12 Uhr und Alrun Jappe und Dr. Michael Cordes sind soeben eingetroffen. Wie sieht es aus, können wir starten?
Alrun Jappe: Jawoll! Gerne.
Moderator: Die Stiftung Warentest nimmt ja zum ersten Mal am Deutschen Weiterbildungstag teil. Wie bringen Sie sich ein?
Alrun Jappe: Erstens gibt es bei uns heute die Tests zum Thema Weiterbildung aus diesem und dem letzten Jahr kostenlos zum Download. Zweitens machen wir diesen Chat und beantworten hoffentlich zahlreiche Ihrer Fragen und drittens nimmt einer unserer Kollegen heute bei der zentralen Veranstaltung im Deutschen Bundestag teil.
Moderator: Wir haben auch schon zahlreiche Fragen unserer Chatterinnen und Chatter erhalten. Hier gleich die Erste.
Weiterbildungskosten sind steuerlich absetzbar
Baie: Ich bilde mich neben dem Job weiter. Meine Weiterbildung ist sehr eng verwandt mit meinem aktuellen Beruf und soll mir dabei mehr Chancen für die Zukunft eröffnen (Aufstieg, mehr Verdienst, bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt). Eine finanzielle Förderung von staatlicher Seite oder vom Arbeitgeber erhalte ich nicht. Kann ich die Kosten für meine Weiterbildung steuerlich geltend machen? Es handelt sich um circa 9 000 Euro über zwei Jahre.
Alrun Jappe: Auf jeden Fall. Ausgaben für berufliche Weiterbildungen sind Werbungskosten. Pauschal werden dafür 920 Euro anerkannt. 9 000 Euro liegen ja deutlich darüber – da lohnt es sich Belege zu sammeln und die tatsächlichen Kosten nachzuweisen. Bei einem Steuersatz beispielsweise von 35 Prozent können Sie im Laufe von zwei Jahren etwa 2 800 Euro Steuern sparen. Übrigens: Das Finanzamt erkennt nicht nur die Lehrgangsgebühren an. Absetzen kann man auch Fahrtkosten, Übernachtungskosten, Ausgaben für Arbeitsmittel, beispielsweise Bücherregal oder auch Aktentasche und sogar das Arbeitszimmer.
Eine gute Beratung finden
Schull: Wer bietet Beratungen zum Thema Fernstudium und Weiterbildung an?
Dr. Michael Cordes: Informationen bekommt man am ehesten auf der Seite der Zentralstelle für Fernunterricht (www.zfu.de). Dort findet man Angebote, typische Fragen im Zuge des Fernunterrichts, Links et cetera. Ansonsten können wir auf unseren Leitfaden „Wohin zur Beratung“ hinweisen, in dem auch nochmal einige grundlegende Informationen zu diesem Thema dargelegt sind.
Maria-Magda: Ich suche eine Weiterbildung als Coach oder Trainer. Welches Unternehmen hat ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und bietet eine Zertifizierung an?
Dr. Michael Cordes: Ich würde hier über Berufsverbände gehen. Es gibt mehrere Trainer-Verbände oder Coaching-Verbände in Deutschland. Auf deren Webseiten findet man Informationen zu einschlägigen Zertifikaten und oft auch über Anbieter, die diesbezügliche Maßnahmen durchführen.
Bato: Gibt es große Preisunterschiede im Vergleich zum Angebot und unterscheiden sich die Leistungen sehr voneinander unter den Fernstudien?
Dr. Michael Cordes: In unserer Marktübersicht „Fernunterricht BWL“ haben wir gesehen, dass es in der Tat sehr unterschiedliche Angebote gibt. Letztendlich hängt das von der Ausrichtung des einzelnen Angebotes und vom Abschluss ab. Im Fernunterrichtsbereich gibt es allerdings auch einige Angebote, die fast identisch sind. So gehören zum Beispiel das Institut für Lernsysteme (ILS), die Hamburger Akademie für Fernstudium, die Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD) und die Fernakademie für Erwachsenenbildung zur Klett-Gruppe. Auch andere Anbieter bedienen sich unserer Erfahrung nach zuweilen der Materialien der Klett-Gruppe.
Oskar: Gibt es Berufsberater für Ältere? Bin 48 Jahre und muss beziehungsweise will mich neu orientieren. Angesichts des demografischen Wandels und Vollrente mit 67 sollten öffentlich-rechtliche Stellen entsprechende Angebote machen.
Dr. Michael Cordes: Es gibt zum Beispiel in Berlin eine Arbeitsgemeinschaft für die wissenschaftliche Weiterbildung Älterer. Dies wäre eine Anlaufstelle. Ansonsten würden wir an die üblichen Beratungsstellen verweisen müssen.
In 12 Bundesländern gibt es Bildungsurlaub
Hansi: Gibt es einen Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub?
Alrun Jappe: In den meisten Bundesländern ja. In zwölf Bundesländern gibt es einen Rechtsanspruch. Meist beträgt dieser fünf Tage im Jahr oder zehn Tage im Laufe von zwei Jahren. Der Chef kann aber aus betrieblichen Gründen diesem nicht zustimmen. Keinen Anspruch gibt es in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen. Eine Übersicht finden Sie in unserem Artikel zum Thema Bildungsurlaub.
Baldur: Kurzes Nachhaken: Der Standort des Unternehmens ist Berlin, welche Art von Bildungsurlaub könnte ich denn beantragen?
Alrun Jappe: Den Bildungsurlaub müssen Sie bei Ihrem Arbeitgeber beantragen. In Berlin gibt es zehn Arbeitstage innerhalb von zwei Kalenderjahren. Wer unter 25 ist, hat sogar Anspruch auf zehn Arbeitstage pro Jahr. Das Thema der Weiterbildung ist nicht vorgegeben und nicht zwingend beruflich.
Weiterbildung für Arbeitslose
Interessent30: Weiterbildungmöglichkeiten für HartzIV-Empfänger? Wird sich in Zukunft etwas ändern? Derzeit wird vom Jobcenter alles abgelehnt.
Dr. Michael Cordes: Im Grunde sind die Arbeitsagenturen die Ansprechpartner. Wie sich die Förderungen entwickeln werden, wissen wir natürlich auch nicht.
Trends in der Weiterbildung
Markus Jung: Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach das Thema Fernstudium heute und morgen? Worauf sollen Interessenten achten, um ein Angebot zu finden, das ihnen später für die Karriere wirklich weiter hilft?
Dr. Michael Cordes: Da zeigen die Statistiken, dass Fernunterricht schwer im Kommen ist. Wohl weil es eine Möglichkeit darstellt, sich parallel zum Job und außerhalb der Arbeitszeit weiterzubilden. Voraussetzung ist natürlich, dass man genug Zeit hat – als grober Richtwert sollte man zehn Stunden die Woche einplanen. Allerdings hängt der Aufwand natürlich stark vom Angebot, vom Thema und von Vorkenntnissen ab. Achten sollten Sie außerdem auf den Abschluss, den Sie erwerben können und ob dieser wirklich zu ihren Zielen passt. Klären Sie außerdem die Fragen nach Präsenzphasen oder e-Learning-Anteilen ab. Gerade der Austausch mit anderen Teilnehmern wird von vielen als motivierend empfunden. Einige Themen lassen sich vor allem auch im Präsenzunterricht am besten darstellen.
Sascha: Sollten in Weiterbildungsszenarien mehr e-Learning-Elemente zum Einsatz kommen?
Dr. Michael Cordes: Der Trend geht zumindest dahin. Ob es sinnvoll ist, hängt natürlich vom Angebotskonzept ab. Generell würde ich behaupten, dass die Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind, die das e-Learning bietet.
Durchblick bei den Fernstudienangeboten
Angel: Wie findet man eine geeignete Fernuniversität und wo erhalte ich Rat über mögliche Finanzierungshilfen?
Dr. Michael Cordes: Zum Einen: Fernstudium und Fernunterricht wird häufig synonym verwendet. Wenn man Fernstudium als Hochschulangebot betrachtet, gibt es Informationen unter www.hochschulkompass.de oder, im Bereich der weiterbildenden Studiengänge, unter www.dgwf.net. Zum Anderen: Natürlich besteht, wie gesagt, die Möglichkeit der steuerlichen Anerkennung. Ansonsten gibt es jede Menge verschiedener Finanzierungsinstrumente. Informationen gibt es dazu in unserem Leitfaden Weiterbildung finanzieren oder unter www.foerderdatenbank.de.
Mkrueger: Ist die Qualität eines Fernstudium in der Regel besser, wenn es stärker auf Wochenendblöcke oder ganze Wochenblöcke setzt als andere? Wirkt sich also das intensive Zusammenarbeiten mit Dozenten und anderen Studenten grundsätzlich positiv aus?
Alrun Jappe: Das ist natürlich eine individuelle Frage. Es gibt Leute, die haben keine Möglichkeit, an vielen Präsenzphasen teilzunehmen. Da bietet sich als Alternative ein Kurs an mit vielen e-Learning-Anteilen, beispielsweise ein Online-Forum, über das man sich austauschen kann, und dann gibt es sicher Leute, die von sich aus ein Selbststudium auch ohne Mitschüler gut meistern.
CKrakau: Die Hamburger Akademie bietet sogenannte Fernstudien an, mit einem eigenen Zertifikat oder einem Industrie- und Handelskammer-Abschluss. Ist das ein echtes Fernstudium, vergleichbar mit denen, die mit einem Bachelor abschließen? Wonach entscheide ich?
Dr. Michael Cordes: Der Begriff „Fernstudium“ ist rechtlich nicht geschützt, aber die Hamburger Akademie ist keine Hochschule. Dementsprechend kann hier zum Beispiel kein akademischer Abschluss erworben werden.
Bato: Ist es sinnvoll auch ein Fernstudium-Anbieter zu nutzen, um sich komplett neue Kenntnisse in einem Beruf anzueignen wie geprüfter Werbegrafiker?
Dr. Michael Cordes: Grundsätzlich ist das möglich und unter Umständen auch sinnvoll. Es hängt ein Stück weit davon ab, mit welchen Fachkräften man auf dem Arbeitsmarkt konkurriert.
Sbberlin: Bei Fernstudiengängen bin ich „nur“ auf die Fernuni Hagen gestoßen. Allerdings interessieren mich doch fachlich spezialisierte Bereiche (Design, Kommunikation). Gibt es andere Fernunis oder ähnliches? Als Mutter mit Teilzeitjob und berufstätigem Mann, möchte ich nicht die Wochenenden für die Weiterbildung nutzen.
Dr. Michael Cordes: Der www.hochschulkompass.de der Hochschulrektorenkonferenz bietet einen umfassenden Überblick. Alternativ empfehlen wir, Fernunterrichtsangebote oder Fernlerngänge über www.zfu.de oder aber im akademischen Bereich über www.dgwf.net zu recherchieren.
Fördermittel richtig nutzen
Moderator: Vorab konnten die Chatterinnen und Chatter auch bereits Fragen einsenden und über die Fragen anderer Nutzer abstimmen. Diese hier gehörte zu den Fragen mit den meisten Stimmen:
Chamaelion80: Warum ist eine Weiterbildung über eine Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) noch immer nicht staatlich anerkannt, so dass beispielsweise die Förderung über „Meister-Bafög“ möglich wäre, wie dies mittlerweile im Pflegesektor erfolgt ist?
Alrun Jappe: Die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie ist eine privatrechtliche Institution, die keine öffentlich-rechtlichen Prüfungen abnehmen kann. Grundsätzlich ist es denkbar, einen Kurs bei der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie zu absolvieren und danach eine öffentlich-rechtliche Prüfung beispielsweise bei den Kammern zu absolvieren. Aber darauf bereiten die Kurse der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in der Regel nicht gezielt vor.
Axel: Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) ist doch mehr als ein Kurs bei der Kammer? Als Absolvent der VWA kann ich auch an einem Master of Business Administration-Studium teilnehmen, muss dies allerdings privat finanzieren!
Dr. Michael Cordes: Die VWA ist ein eigenständiger Anbieter der mit den Kammern auch zunächst nichts zu tun hat. Die Wertigkeit der Abschlüsse ist natürlich schwer messbar und hängt unter anderem von der Marktgängigkeit auf dem Arbeitsmarkt ab.
Unterstützung vom Arbeitgeber
Baldur: In meinem Unternehmen wird erwartet, dass ich mich auf eigene Kosten und in meiner Freizeit weiterbilde. Kann ich trotzdem auf betrieblicher Unterstützung finanzieller Art bestehen?
Dr. Michael Cordes: Je nach Standort kann Bildungsurlaub in Anspruch genommen werden. Ein finanzieller Anspruch besteht normalerweise nicht, wenn er nicht in irgendeiner Art und Weise vertraglich festgelegt ist.
Stern: Gibt es eine vernünftige Empfehlung, wie hoch der Weiterbildungsaufwand in einer Firma sein soll?
Dr. Michael Cordes: Nein, weil das von den Gegebenheiten der Firma oder der Situation abhängt.
Stefan: Gehaltsanpassung bei berufsnahem Fernstudium? Ich habe bei einem Betrieb eine Ausbildung gemacht (+ aktuelle 3 Jahre Berufserfahrung), arbeite momentan auch in diesem Betrieb weiter und studiere nebenher einen Studiengang an der Fernuni Hagen, der sehr dicht mit meiner Ausbildung und meiner betrieblichen Tätigkeit verzahnt ist. Das Einstiegsgehalt meines Berufs liegt mit Ausbildung deutlich unter dem mit Studium. Ist es sinnvoll mit dem Chef über eine schrittweise Gehaltsanpassung an das Einstiegsgehalt eines Universitäts-Absolventen zu sprechen, oder sollte man das lieber bleiben lassen?
Alrun Jappe: Das hängt natürlich sehr von der Situation ab. Grundsätzlich ist es immer besser vor der Weiterbildung mit seinem Chef zu sprechen. Manche beteiligen sich ja sogar an den Kosten für die Weiterbildung. Aber natürlich können Sie auch jetzt oder vielleicht nach erfolgreichem Abschluss mit ihrem Chef ein Gespräch über Ihre Zukunft im Unternehmen führen. Ganz wichtig ist: Wenn Sie auf Ihre Weiterbildung zu sprechen kommen, dass Sie ihrem Chef deutlich machen, wo für ihn der betriebliche Nutzen dieser Weiterbildung liegt. Dann sind ihre Chancen auf eine schrittweise Gehaltsanpassung zumindest gegeben. Tipp: Wenn Sie ein Gespräch zur Laufbahnentwicklung führen, können Sie das Thema „Gehalt“ in diesem Zusammenhang anschneiden, ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.
Kuko: Ist es juristisch korrekt, im Zusammenhang mit einer Weiterbildung, die mein Arbeitgeber finanziell unterstützt, einen Verpflichtungsvertrag einzugehen?
Alrun Jappe: Das ist durchaus üblich, gerade wenn der Arbeitgeber einen großen Teil der Weiterbildung finanziert. Normalerweise vereinbart man, dass man die Unterstützung zurückzahlt, sollte man früher aus dem Unternehmen ausscheiden. Üblich ist zum Beispiel sich für zwei Jahre nach Abschluss der Ausbildung an das Unternehmen zu binden.
Ausbildung zum Bildungslotsen
Lotse: Wo kann man sich zum sogenannten Bildungslotsen bewerben? Dies ist vom Bundesministerium für Bildung und Forschung nicht kommuniziert worden und im Netz findet man auch nichts dazu.
Alrun Jappe: Darüber haben wir auch keine konkreten Informationen. Am besten wendet man sich an die Arbeitsagenturen.
Maria-Magda: Was ist das? Wer bildet aus? Gibt es einen zertifizierten Abschluss?
Moderator: (zum Thema Bildungslotse)
Dr. Michael Cordes: Es ist ein relativ neues Programm, in dem es darum geht, insbesondere Hauptschülern Orientierungen bei der Ausbildungssuche zu geben. Unseres Wissens nach gibt es dort noch keine gefestigten Strukturen, auf die man sich berufen kann.
Qualität erkennen
Joachim F-: Einige Bildungsträger haben ein Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV)-Zertifikat. Kann man davon ausgehen, dass die Verwaltung und die Seminarqualität bei diesen Bildungsträgern zumindest nicht auf unterstem Niveau ist? Gibt es sonst noch Zertifikate, an denen man sich orientieren kann?
Dr. Michael Cordes: Die AZWV ist eine Zulassungsverordnung und nicht mit einem Zertifikat zu verwechseln. Sie besagt, dass, wer AZWV zugelassen ist, ein Qualitätsmanagementsystem besitzen muss. Typische Systeme sind DIN ISO 9000 oder Lernorientierte Qualitätssteigerung in der Weiterbildung (LQW). Es gibt aber noch mehr. Auch zertifizierte Anbieter sind natürlich kein Garant dafür, dass die Qualität immer top ist. Von einem gewissen Niveau kann man aber sicherlich ausgehen. Wir testen auch regelmäßig Weiterbildungsangebote. Wer sich über unsere aktuellen Tests in dem Bereich informieren möchte, sollte unseren kostenlosen Newsletter bestellen. Rubrik „Bildung und Soziales“ auf test.de anklicken. Aktuell sind die Tests, wie gesagt, von diesem und letzten Jahr kostenlos zum Download verfügbar.
Jeder Abschluss ist anders
Schwartzer: Worin besteht der Unterschied zwischen Weiterbildungen mit dem Abschluss „staatlich geprüfte(r)....“ und „staatlich anerkannte(r)...“? Diese verschiedenen Bezeichnungen treten zum Beispiel beim Betriebswirt auf.
Alrun Jappe: Wir haben eine Marktübersicht zum Thema „Betriebswirtschaftliche Abschlüsse“ erstellt, die auch heute zum kostenlosen Download zur Verfügung steht. Daran sieht man zum Beispiel, dass der staatlich geprüfte Betriebswirt eine gesonderte Ausbildung ist. Der Betriebswirt an sich ist nicht geschützt. So gibt es zum Beispiel auch Fernstudienangebote, die zum Abschluss Betriebswirt führen, aber Achtung: Nur wenn ein „geprüft“ davorsteht, legt man auch wirklich eine Prüfung ab. Beispielsweise bei der Industrie- und Handelskammer. Staatlich geprüft heißt, dass die Prüfung durch ein Institut oder einen Prüfer abgenommen wird, der im staatlichen Auftrag handelt. Staatlich anerkannt basiert auf Prüfungsordnungen, die Prüfung muss aber nicht von einem staatlichen Beauftragten abgenommen werden. Häufig ist das bei Kammern der Fall.
Chamaelion: Es werden sehr viele verschiedene Möglichkeiten angeboten einen Bachelor zu machen, zwischen zwei und sechs Semestern. Sind diese Abschlüsse alle gleich zu bewerten?
Alrun Jappe: Das hängt sicher davon ab, wie viel Vorbildung man mitbringt. Wer in zwei Semestern seinen Bachelor macht, muss vermutlich in der Regel höhere Zugangsvoraussetzungen erfüllen.
Alexander: Hallo, mich würde ein Fernlehrgang zum Fachinformatiker interessieren, dieser Lehrgang wird aber nicht mit Industrie- und Handelskammer-Abschluss angeboten. Deshalb stellen sich mir die Fragen: 1.) Kann man dann an der Industrie- und Handelskammer einen externen Abschluss nachholen und 2.) das Abschlusszertifikat Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV), was bedeutet das? Wird es als regulärer Abschluss anerkannt?
Dr. Michael Cordes: Sie sollten bei der Kammer nachfragen, inwieweit Ihre Qualifikationen für Kammerweiterbildungen anerkannt werden. Ein nach AZWV zugelassener Lehrgang bedeutet nur, dass der Anbieter über ein Qualitätssicherungssystem verfügt. Eine Zulassung gemäß AZWV brauchen Anbieter, um durch die Bundesagentur für Arbeit über Bildungsgutscheine geförderte Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten. Die AZWV ist also weder ein Zertifikat noch eine Abschlussbezeichnung.
Mirko: Inwieweit wird eine Ausbildung zum Fachwirt anerkannt? Welchen „Stellenwert“ hat diese Ausbildung?
Alrun Jappe: Grundsätzlich genießen die Industrie- und Handelskammer-Ausbildungen nach wie vor Anerkennung bei vielen Arbeitgebern.
Kompetenzen sichtbar machen
Andre: Ich bin 50 Jahre alt, habe studiert und dann circa alle sechs bis sieben Jahre neue Herausforderungen angenommen und die jeweilige Ausbildung dazu, oft nebenher absolviert. Fragt mich heute jemand nach einer Bilanz, wird es schwer oder aber umfangreich. Wie soll ein solcher Erfahrungsschatz bilanzierbar werden?
Dr. Michael Cordes: Um die im Laufe einer Karriere erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen darzustellen, ist der Profilpass ein gutes Instrument. Dieser wird gemeinsam mit einer professionellen Begleitung in Form von Beratungs- und Kursangeboten durchgeführt. Im Rahmen dieser Begleitung können Sie dann einen Profilpass „Kompetenznachweis“ erhalten. Nähere Infos und Angebote finden Sie unter www.profilpass-online.de.
Frau B.: Ich habe keine abgeschlossene Ausbildung, aber sehr umfassende berufliche Erfahrungen und zahlreiche Weiterbildungen absolviert. Gibt es die Möglichkeit, mit einer Beratungsstelle oder ähnlichem eine Kompetenzbilanz zu erstellen, die bei einer Bewerbung anerkannt wird?
Alrun Jappe: Wie schon eben gesagt, empfiehlt sich in solch einem Fall einen Profilpass gemeinsam mit einem Berater zu erstellen. Hier nochmal der Link: www.profilpass-online.de.
Sprachen lernen
Nella: Bin Spätausiedlerin, 51 Jahre alt und möchte Englisch lernen. Versuche über die Volkshochschule waren erfolglos, da selbst die Anfängerkurse von Leuten mit Vorkenntnissen besucht wurden. Was würden Sie mir empfehlen? Zum Beispiel Rosetta Stone? Oder doch ein anderes Programm? Danke
Dr. Michael Cordes: Zunächst auf e-Learning-Angebote zurückzugreifen ist sinnvoll. Ich würde darauf achten, dass es sich nicht um zum Beispiel Vokabeltrainer, sondern um umfassende Sprachlernangebote handelt und dass sie sich natürlich an Anfänger richten. Wir haben zum Thema Englisch Fortgeschrittene und Spanisch Anfänger Tests durchgeführt. Mit Lernsoftwareprogrammen kann man sich sicherlich einen guten Grundstock erwerben, um dann gezielter in Angebote und Kurse hineinzugehen.
Xyz: Seit langem möchte ich nebenberuflich meine Spanisch- und Englischkenntnisse auffrischen (unter anderen um mich beruflich weiterzuqualifizieren). Ich finde mich aber bei Software-Produkten im Vergleich nur schwer zurecht beziehungsweise weiß ich nicht, welche qualitativ hochwertige Inhalte bietet. Preislich liegen zum Teil Welten dazwischen! Haben Sie eine Empfehlung für wirklich gute Lernsoftware?
Dr. Michael Cordes: Wie gesagt, wir haben zuletzt vor drei Jahren mehrere Tests zu diesen Themen veröffentlicht. Nicht alle Produkte sind noch im Handel. Sie finden hier aber wichtige grundsätzliche Informationen. Auf was Sie achten sollten: Das Sprachniveau muss angegeben sein. Beachten Sie die Systemanforderungen und schauen Sie sich natürlich an, welches Leistungsspektrum die Software verspricht. Beispiel: Wenn Sie ihre Aussprache verbessern möchten, sollten Sie darauf achten, dass das Programm eine Spracherkennungssoftware besitzt. Viele Anbieter verfügen auch über Demo-CDs. Fragen Sie im (Buch-) Handel danach.
SKD: Sind Sprachreiseveranstalter, die nicht im Fachverband Deutscher Sprachreise-Veranstalter e.V. (FDSV) gelistet sind, schlechter als andere? Ich habe den Eindruck, dass die Website des Fachverbandes Deutscher Sprachreise-Veranstalter mehr ein Promotions Tool ist als dass der Verbraucher wirklichen Nutzen (abgesehen von pauschalierten Aussagen) hat. Wie lauten die Empfehlungen der Stiftung Warentest hinsichtlich der Auswahl eines Sprachreiseveranstalters?
Alrun Jappe: Da empfehlen wir vor allem diejenigen, die bei uns gut im Test abgeschnitten haben. So haben wir vor allem dieses Jahr noch Sprachreisen „Wirtschaftsenglisch“ getestet. Auch der steht heute kostenlos zur Verfügung.
Betriebswirtschaft lernen
Schull: Ich habe ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert und möchte mir betriebswirtschaftliche Kenntnisse aneignen, da ich beruflich in einer Sackgasse stecke. Welche Weiterbildung empfehlen Sie und wie/wo kann ich mir die oft noch fehlenden Mathematik-Kenntnisse aneignen?
Alrun Jappe: Hier möchte ich noch einmal auf unsere Marktübersicht „Betriebswirtschaftliche Abschlüsse“ verweisen. Außerdem haben wir aktuell einen Vergleich von 52 Fernunterrichtskursen zum Thema „Betriebswirtschaft“ heute auch kostenlos zum Download. Kammereigene Abschlüsse würden sich an dieser Stelle eher weniger eignen, da diese häufig eine kaufmännische Ausbildung voraussetzen. Informieren können Sie sich auch über den Europäischen Wirtschaftsführerschein, der wichtige praxisorientierte Grundlagen zum Thema vermittelt. Link: www.ebcl.de.
Bildungsprämie beantragen
1904: Kann die Bildungsprämie zur Bezahlung der Studiengebühren für ein Zweitstudium Pharmazie Staatsexamen) an der Universität Tübingen verwendet werden? Die Beratungsstelle bei der Volkshochschule Tübingen verneint dies. Stimmt das?
Dr. Michael Cordes: Es gibt eine Hotline unter www.bildungspraemie.info. Ich würde zumindest eine zweite Meinung dort einholen und mich nicht nur auf den Berater verlassen.
Joysecond: Ich befinde mich gerade in Elternzeit und würde gerne eine Weiterbildung machen. Die Bildungsprämie von 500,- Euro könnte ich also bekommen. Allerdings kostet der Kurs (1-wöchig) über 2.000,- Euro, was ich mir leider nicht leisten kann. Gibt es weitere Möglichkeiten an finanzieller Unterstützung?
Dr. Michael Cordes: Sie können die Kosten natürlich steuerlich geltend machen. Ansonsten ist die Bildungsprämie unseres Wissens nicht mit anderen Instrumenten koppelbar. Aber je nach Wohnort kommen auch Länderförderungen in Frage. Einen Überblick gibt unser Leitfaden Weiterbildung finanzieren.
Moderator: So, das waren 60 Minuten Chat der Stiftung Warentest zum Thema Weiterbildung. Wir danken den Chatterinnen und Chattern für die vielen Fragen und entschuldigen uns bei den Fragestellern, deren Beiträge wir aus Zeitgründen leider nicht beantworten konnten. Ein ganz besonderer Dank geht an Alrun Jappe und Dr. Michael Cordes für die Beantwortung der Fragen. Das Chatteam wünscht allen Beteiligten noch einen schönen Tag und ein schönes Wochenende! .