
Die Finanztest-Expertinnen Dr. Cornelia Nowack und Ulrike Steckkönig.
Gesetzlich oder privat versichert – für wen ist was am besten? Wer sich privat versichern will, sollte auf jeden Fall ein Angebot wählen, das mindestens so hohe Leistungen bietet wie die gesetzliche Versicherung. Bei der Auswahl eines Tarifs hilft der aktuelle Test Private Krankenversicherung. Im Chat zum Thema geben die Finanztest-Expertinnen Ulrike Steckkönig und Dr. Cornelia Nowack Antworten auf zahlreiche Nutzerfragen. Lesen Sie hier das Chatprotokoll.
Ulrike Steckkönig, test.de: Bevor wir auf einzelne Fragen eingehen, kurz vorweg: Wir haben eine Reihe sehr spezifischer Fragen bekommen, die auf einen individuellen Beratungsbedarf hindeuten. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir diese im Chat nicht beantworten können. Wir empfehlen Ihnen, sich persönlich beraten zu lassen, zum Beispiel in einer Verbraucherzentrale. Beratungsangebote in Ihrer Nähe finden Sie unter www.verbraucherzentrale.de.
Die Top-3-Fragen aus dem Pre-Chat
Moderator: Vielen Dank! Vor dem Chat hatten die Leser und Leserinnen bereits die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu bewerten. Hier die Top-1-Frage aus dem Pre-Chat:
Kaprie: Wir sind seit 1993 in der privaten Krankenversicherung (PKV) und haben Angst vor steigenden Kosten im Alter. Laut Versicherungsmakler besteht dieses Risiko nicht, da man die Option hat, später als Rentner in den Standardtarif zu wechseln, und deshalb erstens exakt genauso viel zahlt wie der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), und zweitens dann exakt die gleichen Leistungen wie in der GKV hat (keine schlechteren). Drittens ist der Zuschuss von der BFA zur PKV exakt genauso hoch wie zur GKV. Stimmt das? Wieso befürchten dann alle die hohen Kosten?
Cornelia Nowack, test.de: Es trifft zu, dass Sie noch in den bisherigen Standardtarif für Rentner wechseln können. Dort werden Sie wohl auch einen deutlich niedrigeren Beitrag zahlen als den Höchstbeitrag in der GKV. Der liegt heute immerhin bei 628 Euro im Monat und hat sich in den letzten 30 Jahren etwa verdreifacht. Er ist aber nur die Obergrenze für einen einzelnen Vertrag – für Ehepaare gilt zusammen eine Obergrenze von 150 Prozent des GKV-Höchstbeitrags. Manchen Menschen fällt ein Wechsel dennoch schwer, da sie nicht „Privatpatient zweiter Klasse“ sein möchten. Es ist nämlich so, dass Ärzte und Zahnärzte nicht die gleichen hohen Gebühren abrechnen dürfen wie bei normalen Privatpatienten.
Moderator: ... und hier die Top-2-Frage:
Schwabe54seit31JinPKV: Für wie seriös halten Sie die Firmen, die neun Monatsbeitragseinsparungen bzgl. §204 VVG-Unterstützungsprovision kassieren?
Ulrike Steckkönig, test.de: Firmen und Versicherungsberater, die Privatversicherte bei einem Tarifwechsel innerhalb ihrer Versicherung unterstützen, haben wir noch nicht getestet und können daher keine Aussage zur Qualität ihrer Leistung machen. Generell empfehlen wir, bei einem Tarifwechsel darauf zu achten, dass eine Beitragsersparnis nicht nur durch eine höhere Selbstbeteiligung zustande kommt.
Moderator: ... und die Top-3-Frage:
alfonseichmann: Ich bin über 60 Jahre alt und seit circa 25 Jahren privat versichert. Gibt es eine Möglichkeit, rechtlich gegen die willkürlichen jährlichen Preiserhöhungen vorzugehen? Ein Wechsel scheint für mich unsinnig, da meine Kasse (UKV) angeblich über ca. 50 000 Euro Rücklagen verfügt.
Cornelia Nowack, test.de: Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beitragserhöhung stehen in § 203 Versicherungsvertragsgesetz und § 12b Versicherungsaufsichtsgesetz. Ob eine Versicherungsgesellschaft alle Voraussetzungen tatsächlich erfüllt hat, kann der Versicherte gerichtlich überprüfen lassen. Ein Wechsel der Versicherungsgesellschaft erscheint wegen des vollständigen Verlustes Ihrer Alterungsrückstellung auf den ersten Blick nicht sinnvoll. Eventuell besteht für Sie aber die Möglichkeit, in einen anderen Tarif der UKV zu wechseln, der bei ähnlichen Leistungen günstiger ist. Auch ein Wechsel in den Standard-Tarif für Rentner wäre grundsätzlich für Sie möglich.
Wechsel in den Standard-Tarif
ralphmkk61: Sind die Leistungen des Standardtarifs denn wirklich identisch mit denen der GKV – oder ist man mit diesem Tarif ein Patient zweiter Klasse?
Cornelia Nowack, test.de: Die Leistungen sind denen der gesetzlichen Versicherungen nachempfunden. Allerdings erhalten Ärzte für ihre Leistungen bei Standardtarif-Patienten ein geringeres Honorar. Es gibt dennoch eine Versorgungsgarantie, das heißt, der Arzt darf keinen Patienten ablehnen, weil er im Standardtarif ist.
diro: Wie errechnet sich der Zuschuss der gesetzlichen Rentenversicherung zur PKV, wenn man als Rentner privat krankenversichert ist?
Cornelia Nowack, test.de: Zur Zeit sind es 7,3 Prozent der gesetzlichen Rente, maximal jedoch der halbe Krankenversicherungsbeitrag.
Hans-Jürgen: BU und PKV – Ich bin seit 19 Jahren privat versichert und leider seit 2 Jahren berufsunfähig. Die PKV-Beiträge belasten meine geringe BU-Rente sehr, ohne meine Ehefrau wäre ich wohl insolvent. Die PKV-Beiträge steigen rasant. Die PKV erzeugt bei mir definitiv eine Altersarmut. Was kann man hier noch tun?
Ulrike Steckkönig, test.de: Für Sie wäre der Wechsel in den Standardtarif für Rentner eine Option. Da Sie schon sehr lange privat versichert sind, könnte dieser Schritt Ihre Beitragsbelastung erheblich senken.
Fragen zum aktuellen Test
Sven-Hennig: Warum wurde bei den Kriterien für Angestellte ein Selbstbehalt ab 300 Euro festgelegt und somit Tarife mit einem geringeren Selbstbehalt nicht berücksichtigt?
Cornelia Nowack, test.de: Der Selbstbehalt-Korridor wurde sowohl für Angestellte als auch für Selbstständige so festgelegt, dass er einerseits möglichst klein war und dass andererseits möglichst alle Versicherungsgesellschaften mit einem Tarif im Vergleich vertreten sein konnten.
Sven-Hennig: Ich habe eine Frage zum Testergebnis der Beamten. Wie können die Concordia und auch die HUK auf den Plätzen 1 und 2 sein, wo diese doch die von Finanztest gewählten Mindestkriterien nicht erfüllen? Stichwort hier: Psychotherapie und Hilfsmittel? Wo liegt der Fehler?
Cornelia Nowack, test.de: Die entsprechenden Tarife erfüllen die Mindestkriterien von Finanztest.
Thomas Schösser: Mich würde interessieren, wie die vertraglichen Leistungen (Bedingungsinhalte) der Tarife von Ihnen genau geprüft und analysiert wurden? Hat das Finanztest-Team die originalen Bedingungsdruckstücke der Versicherer gelesen, oder wurde anders verfahren?
Cornelia Nowack, test.de: Ja, es wurden die Original-Druckstücke der Versicherer herangezogen.
Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung
ChrisBa: Ich bin als Student über meine Eltern privat versichert und bin bei Studienbeginn aus der gesetzlichen Krankenkasse ausgetreten. Kann es für mich Probleme geben, falls ich irgendwann wieder „zurück möchte“ in die gesetzliche Krankenversicherung oder nehmen diese mich ohne weiteres wieder auf?
Ulrike Steckkönig, test.de: Bis zum Ende Ihres Studiums müssen Sie auf jeden Fall privat krankenversichert bleiben. Danach besteht die Möglichkeit, sich gesetzlich zu versichern, wenn Sie ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (Anstellung) finden und Ihr Gehalt unter 53 550 Euro im Jahr liegt.
Paula Schüssler: Seit 18 Jahren bin ich (selbständig / 51 Jahre alt / chronisch erkrankt) bei der Mannheimer Krankenversicherung privatversichert, und die Beiträge steigen jährlich, zuletzt um über 20 Prozent. Zurzeit zahle ich 430 Euro mit einem Selbstbehalt von 3 100 Euro pro Jahr. Kann ich in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln?
Cornelia Nowack, test.de: Da Sie noch keine 55 Jahre alt sind, könnten Sie grundsätzlich noch in die GKV wechseln, wenn Sie sich in der Vergangenheit nicht generell von Ihrer Versicherungspflicht befreien lassen haben (§ 8 SGB V). Allerdings müssen Sie dafür Ihre hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit vorübergehend aufgeben und zumindest für zwölf Monate eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeitnehmerin aufnehmen. Danach könnten Sie sich als Selbstständige freiwillig gesetzlich weiterversichern. Falls Ihr Ehepartner gesetzlich versichert ist, könnten Sie – wenn Ihnen das möglich ist – Ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend ganz aufgeben und sich familienversichern lassen. Auch dann wäre nach 12 Monaten eine freiwillige gesetzliche Weiterversicherung als Selbstständige möglich.
[08. Juni 2014 Hinweis]: Leser haben uns darauf hingewiesen, dass obige Aussage zum Erfordernis der 12-monatigen Vorversicherungszeit nicht mehr korrekt ist. Sie finden eine ausführliche Darstellung der Vorversicherungszeiten in der Meldung Zurück in die gesetzliche Krankenversicherung.
Krankenversicherung für Selbstständige
glinti: Kann man sich auch als Selbstständiger über die gesetzliche Krankenkasse versichern?
Ulrike Steckkönig, test.de: Ja, auch als hauptberuflich Selbstständiger können Sie sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung weiterversichern, wenn Sie zuvor eine gewisse Zeit pflichtversichert oder familienversichert waren. Die erforderliche Vorversicherungszeit beträgt in der Regel 12 Monate am Stück oder direkt vor dem Ende der Versicherungspflicht. Alternativ genügt es auch, wenn Sie in den letzten 5 Jahren für mindestens 24 Monate gesetzlich versichert waren.
Cornelia Nowack, test.de: Als Geringverdiener sollten Sie aber beachten, dass sich der Beitrag in der GKV zumeist nach einem fiktiven Mindesteinkommen von zurzeit 2 073,75 Euro im Monat richtet, auch wenn Sie tatsächlich weniger verdienen. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel für Existenzgründer, kann ein geringeres fiktives Monatseinkommen von derzeit 1 382,50 Euro angesetzt werden. Bitte lassen Sie sich in dieser Angelegenheit umfassend beraten.
Flieg67: Ist es empfehlenswert, als Selbstständiger im Alter von 46 Jahren, ohne Kinder oder Lebenspartner, die mitversichert werden müssten, in die PKV zu wechseln? Angeblich sind erhebliche Einsparungen möglich. Große Sorge bereiten mir nur mögliche Erhöhungen.
Cornelia Nowack, test.de: Vor einem Wechsel sollten Sie sich auf jeden Fall umfassend persönlich beraten lassen.
Ulrike Steckkönig, test.de: Wählen Sie unbedingt einen Tarif, der mindestens so hohe Leistungen bietet wie die gesetzliche Krankenversicherung. Eine Nachversicherung im Krankheitsfall ist nicht möglich.
Cornelia Nowack, test.de: Gehen Sie in jedem Fall davon aus, dass Ihr Krankenversicherungsbeitrag im Laufe der Jahre noch erheblich steigen wird und bilden Sie dafür von Anfang an Rücklagen.
Partner ist bereits in der PKV
Kaprie: Wir haben zwei kleine Kinder. Mein Mann kann in die private Krankenversicherung wechseln, ich bin in der GKV. Die PKV würde uns pro Monat zwar 200€ mehr kosten, laut Versicherungsmakler kann man diese aber steuerlich absetzen. Netto bleiben also 100€ mehr. Wenn wir nun die Zusatzversicherungen für Krankenhausaufenthalte und Zähne berücksichtigen, kosten PKV und GKV gleich viel.
1.) Kann das sein? Es heißt doch immer, die PKV sei für Familien viel teurer?
2.) Sind die Beiträge für die Kinder wirklich ohne Begrenzung steuerlich absetzbar?
Cornelia Nowack, test.de: Zunächst zu Ihrer zweiten Frage: Die Beiträge zur PKV sind nur in dem Umfang absetzbar, in dem sie auf Leistungen entfallen, die der GKV entsprechen (Basis-Schutz). Nicht dazu gehören zum Beispiel Wahlleistungen im Krankenhaus wie die Chefarzt-Behandlung, Leistungen für Heilpraktiker, Zahnersatz, Implantate und Kieferorthopädie. Den Vorteil der steuerlichen Absetzbarkeit als Sonderausgaben haben Sie natürlich – soweit hier Beiträge anfallen – grundsätzlich auch in der GKV. Im Moment gelten zudem noch Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen generell. Sind diese bereits durch Krankenversicherungsbeiträge ausgeschöpft, können weitere Aufwendungen – zum Beispiel für andere Versicherungsverträge – nicht mehr geltend gemacht werden.
Ulrike Steckkönig, test.de: Bitte beachten Sie auch, dass Ihr Mann, wenn er in die PKV wechselt, regelmäßig Geld zurücklegen sollte, um die zu erwartenden erheblich höheren Beiträge im Rentenalter finanzieren zu können. Unser aktueller Test enthält eine Faustformel, mit deren Hilfe Sie herausfinden können, wie viel Geld Sie monatlich zurücklegen müssen, um höhere Beiträge im Alter stemmen zu können.
Max: Ist es sinnvoll bzw. was ist zu berücksichtigen, und welche Kosten, Vor-/Nachteile entstehen bei einem Wechsel zur PKV, wenn der Partner (z.B. als Beamte/r) dort bereits versichert ist?
Cornelia Nowack, test.de: Die Versicherung des Partners sollte für die eigene Entscheidung, in die PKV zu wechseln, nicht ausschlaggebend sein.
Bisex-Tarife
JJS: Ich habe im Mai 2011 eine Optionssicherung und im Juni 2014 eine Vollversicherung im Komfort-Tarif abgeschlossen. Ich ging davon aus, in den damaligen Bisex-Tarif einsteigen zu dürfen. Mein Verständnis war, dass die jeweils gültige Fassung auf das Portfolio zum Abschluss der Optionssicherung gilt. Die Optionssicherung wurde auch als „Bisex-Retter“ in der Presse tituliert. Die Versicherung hat mir mitgeteilt, dass die Optionssicherung nicht tarifgebunden sei. Kann ich noch in den Bisex Tarif einsteigen?
Cornelia Nowack, test.de: Da Sie aus einem Bisex-Tarif in einen anderen Bisex-Tarif wechseln würden, dürfte es unserer Kenntnis nach keine Probleme geben.
Als Beamter in der GKV
a: Welche Vorteile bringt es, wenn ich als Beamter in der GKV versichert bin?
Cornelia Nowack, test.de: Bei Vorerkrankungen fallen keine Beitragszuschläge an.
Ulrike Steckkönig, test.de: Eine ganze Reihe privater Krankenversicherer bieten jedoch bei Neuverbeamtungen an, die Risikozuschläge für Vorerkrankungen auf maximal 30 Prozent zu begrenzen. Dafür muss man sich aber innerhalb von sechs Monaten ab der Verbeamtung entschließen.
Jan: Demnächst beginne ich (35 Jahre, männlich) eine Stelle als Beamter auf Zeit (mit Beihilfeanspruch). Die Stelle ist auf 6 Jahre befristet und wird keinesfalls direkt in ein unbefristetes Beamtenverhältnis münden. Wie es nach den 6 Jahren weitergeht (als Beamter, Angestellter oder Selbstständiger), ist noch unklar. Privat oder gesetzlich?
Cornelia Nowack, test.de: Beamtenanwärter und Beamte auf Zeit sollten zunächst in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben.
Ulrike Steckkönig, test.de: Falls Sie später aus irgendeinem Grund nicht verbeamtet werden und auch keine sozialversicherungspflichtige Anstellung finden, hätten Sie das Problem, dass Sie die private Krankenversicherung nicht verlassen können und den Beitrag dann in vollem Umfang selbst zahlen müssten, da Sie dann keinen Beihilfe-Anspruch mehr hätten.
Mehr Infos auf test.de
Moderator: Die Chat-Zeit ist auch schon fast um: Wollen Sie noch ein kurzes Schlusswort an die User richten?
Ulrike Steckkönig, test.de: Vielen Dank für das Interesse und die vielen Fragen. Weitere Informationen finden Sie auch in unserem aktuellen Test privater Krankenversicherungen und dem Produktfinder Gesetzliche Krankenkassen.