
Viele Gründe sprechen derzeit gegen eine beschleunigte Inflation. Dennoch haben viele Anleger Angst davor und wollen ihr Geld dort parken, wo keine Entwertung droht. Alle Fragen zur Geldanlage beantworten die Finanztest-Experten Karin Baur, Marion Weitemeier und Thomas Krüger im Chat auf test.de.
Goldanteil im Depot soll nicht ausufern
Moderator: Frau Baur, Frau Weitemeier und Herr Krüger von der Stiftung Warentest sind jetzt bei uns eingetroffen, der Chat kann also pünktlich beginnen. Vielen Dank die Damen und Herr Krüger, dass Sie uns heute Fragen zum Thema Inflation beantworten. Können wir anfangen?
Karin Baur: Ja!
Moderator: Vor dem Chat hatten die Nutzer bereits einige Tage Zeit, Fragen zu stellen und darüber abzustimmen, welche heute den Chat eröffnen. Hier ist die erste:
Dagobert: Lohnt sich Gold als Anlage auch für Kleinanleger?
Karin Baur: Ja klar auch Kleinanleger können Gold kaufen. Sie sollten aber darauf achten, dass der Anteil von Gold im Verhältnis zu den anderen Geldanlagen nicht zu groß wird.
Pechvogel: Macht es jetzt noch Sinn, in Goldbarren oder Krügerrand-Münzen anzulegen? Ist es sinnvoller bzw. gibt es ein anderes Edelmetall/Material/Anlageprodukt, dass noch nicht so im Preis gestiegen ist – wenn ja welches? Sollte man für den Goldkauf Schulden machen – z.B. Darlehen aufnehmen?
Karin Baur: Der Goldpreis ist schon ziemlich weit gestiegen. Wie es weitergeht, weiß man nicht – aber es kann natürlich auch wieder zurückgehen. Schulden machen um Gold zu kaufen sollte man auf gar keinen Fall. Gold notiert in Dollar, sie tragen also auch ein Wechselkursrisiko.
Axeldorf: Ich habe vor vier Jahren Gold gekauft. Der Wert hat um ca. 80 Prozent zugenommen. Was ist daran falsch?
Thomas Krüger: Nichts. Die Spekulation war erfolgreich – es hätte aber auch schiefgehen können.
Geldanlagen in Devisen sind hochspekulativ
Bouquin: Ich habe zwar kein großes Vermögen – 40 000 Euro-, spare aber weiter regelmäßig monatlich ein paar 100 Euro und möchte das Geld sicher anlegen. Ich habe über ein Konto z.B. in der Schweiz nachgedacht. Ist das bei dem Kapital sinnvoll und wenn ja, was sollte ich dabei beachten und wo erhalte ich nähere Informationen?
Thomas Krüger: Investments in Devisen sind immer hochspekulativ und unsicher. Volkswirte liegen regelmäßig daneben was Wechselkursprognosen betrifft. Zudem unterliegen Wechselkurse selten einem langfristigen Trend, wie beispielsweise Aktien. Wenn Sie langfristig sicher anlegen wollen, sind Rentenpapiere in Euro erste Wahl.
Jürgen: Ist mein Geld in Norwegen oder Schweden sicherer als in der EU?
Karin Baur: Nein. Selbst wenn der Euro nun zusammenbrechen würde, wären wir immer noch im wirtschaftsstärksten Land Europas.
Notgroschen nicht auf dem Girokonto verschimmeln lassen
Ali-66: Soll ich meine gesparten Euros nicht am besten in der Renovierung und Sanierung meines Hauses stecken? Zur Zeit kann ich mir das leisten, doch wenn der Euro völlig verfällt, kann ich das Geld wegwerfen. Ist das nicht sinnvoll und einen kleinen Betrag behalte ich als Notgroschen?
Thomas Krüger: Einen Notgroschen sollte man immer haben. Falsch wäre es, größere Summen auf dem Girokonto oder dem Sparstrumpf zu halten. Dort ist es vor Inflationen überhaupt nicht geschützt. Geld in die Renovierung seines Hauses zu investieren, hängt von der Renovierungsbedürftigkeit Ihres Hauses ab. Ob es eine gute Geldanlage ist, hängt unter anderem auch von der Lage des Hauses ab und von der zukünftigen Entwicklung des dortigen Immobilienmarktes.
Julius: Ich überlege, mein Geld in eine kleine vermietete Wohnung in Barmbek zu investieren. Worauf muss ich achten?
Thomas Krüger: Wenn Sie kurzfristig Geld anlegen möchten, wäre dies eine falsche Entscheidung. Für eine langfristige Anlage kann es sich unter Umständen lohnen. Das hängt von ihrem sonstigen Vermögen ab und von der Entwicklung des Immobilienmarktes und der Qualität des Objektes ab.
Tages- und Festgeld mit deutscher Einlagensicherung
Hartbieb: Ich möchte 100 000 Euro bei der Santander für 3 Jahre zu 4 Prozent anlegen. Wie sicher ist die Anlage?
Marion Weitemeier: Die Anlage ist sicher. Die Santander Bank ist im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes der deutschen Banken. Damit sind dort Anlegergelder für Festgeld-, Sparbriefe und Tagesgeld und andere Sichteinlagen in Millionenhöhe pro Anleger abgesichert.
Sophie: Sind offene Immobilienfonds z.B. der SEB Immoinvest immer noch eine gute Vorsorge gegen Inflation? Wie ist Ihre Einschätzung: Kaufen, Halten oder Verkaufen?
Thomas Krüger: Bis zum Beginn der Krise der offenen Immobilienfonds im Oktober 2008 lagen die Renditen fast immer im Durchschnitt über der Inflationsrate. Wie es künftig weitergeht mit den offenen Immobilienfonds ist ungewiss. Wir würden derzeit dazu raten, mit Käufen von Anteilen offener Immobilienfonds zu warten. Wer derzeit im SEB Immoinvest investiert ist, kann Anteile nur mit Abschlägen über die Börse verkaufen. Wer sein Geld derzeit nicht braucht, sollte die weitere Entwicklung abwarten.
Jeder muss wissen, welches Risiko er eingehen will
Tomebe: Welche Streuung der Fondsarten (Aktien, Renten usw.) empfehlen Sie?
Thomas Krüger: Die Streuung im Depot hängt immer von der persönlichen Risikoneigung ab. Wir empfehlen für die langfristige Geldanlage sicherheitsorientierten Anlegern ein Mischungsverhältnis Aktien zu Renten von 15 zu 85. Risikobereitere Anleger können den Aktienfondsanteil auf bis zu 70 Prozent hochfahren.
Börsenhai: Sind Aktien ein sicherer Wert? Anteil an einem Unternehmen oder ist es nur ein Stück Papier?
Thomas Krüger: Aktien verbriefen einen Anteil am Unternehmen – können aber in der Wertentwicklung heftig schwanken. Mit einzelnen Aktien sind auch Totalverluste möglich. Daher gelten sie nicht als sichere Anlagen. Anleger sollten immer auf eine ausreichende Streuung über verschiedene Aktientitel hinweg achten.
Wenn Deutschland Weltmeister wird
Mick: Wenn wir Weltmeister werden – hat das Einfluss auf den Euro-Kurs?
Karin Baur: Darauf kann man keine seriöse Antwort geben. Die Euphorie im Land kann unter Umständen das Wirtschaftswachstum erhöhen und den Eurokurs beflügeln. Das ist aber reine Spekulation, dennoch hoffen wir natürlich auch, dass Deutschland gewinnt.
Ahnungslos: Bedeutet eine Einlagesicherung von z.B. 100 000 Euro bei der EuropeCredit Bank, dass der Betrag inkl. Zinsen bis zu dieser Grenze komplett ’geschützt’ ist und bei Problemen zurückgezahlt wird oder nur ein Teil davon ?
Marion Weitemeier: Diese Grenze gilt für den Anlagebetrag mit Zinsen. Also praktisch für alles, was auf dem Konto liegt.
Wenn die Inflation dramatisch wird
Hansi: Ab wann wird denn eine Inflation kritisch?
Thomas Krüger: Darüber scheiden sich die Geister. Es gibt Experten, die auch eine Inflationsrate bis 4 Prozent als verträglich ansehen. Richtig dramatisch wird es erst, wenn sich die jährliche Inflationsrate dauerhaft im zweistelligen Bereich liegt.
Barrenstapler: Können die deutschen Bürger durch ihr Konsumverhalten die Inflationsrate beeinflussen?
Karin Baur: Ja, es gibt eine sogenannte nachfrageinduzierte Inflation. Wenn alle Bürger die Konsumquote extrem erhöhen würden, wäre sicherlich mit einem Anziehen der Inflation zu rechnen.
Schnoook: Ist Inflation wirklich so schlimm wie alle sagen?
Thomas Krüger: Es gibt nicht die eine Inflationsrate. Die Inflationsrate gemessen an der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes liegt derzeit bei knapp über einem Prozent. Das ist historisch gesehen sehr niedrig. In den siebziger Jahren gab es Inflationsraten von bis zu sieben Prozent. Daran ist Deutschland nicht zugrunde gegangen.
Frede: Wenn Deutschland die Deutsche Mark wieder einführt – gibt es dann ein geringeres Inflationsrisiko?
Thomas Krüger: Die durchschnittliche Inflationsrate seit Einführung des Euros liegt bei unter zwei Prozent und damit geringer als der Durchschnitt zu DM-Zeiten.
Für Gold gibt es keine Dividenden
AGD: Herr Krüger, wäre der Goldchart der eines Unternehmens, wäre es ein Renner. In wiefern ist diese Spekulation (also eine Wette auf eine künftige Entwicklung) riskanter als auf eine andere beliebige Aktiengesellschaft ?
Thomas Krüger: Sie haben Recht. Ein Investment in Gold ähnelt vom Risiko her dem Investment in eine Einzelaktie – allerdings gibt es hier keine Dividenden. Ob man dieses hohe Risiko eingehen möchte, muss jeder Anleger selber entscheiden. Aktien würde man auch streuen.
Andreas: Wenn ich an der Börse Geld verliere, wer hat es dann bekommen?
Thomas Krüger: Grundsätzlich gilt, dass das Geld nicht verschwunden ist. Es hat nur jemand anderes. Bei Kurseinbrüchen mit geringem Handelsvolumen können tatsächlich Werte vernichtet werden.
Bundesschatzbriefe sind sicher
Hansi: Ich besitze einige Bundesschatzbriefe. Können die ihren Wert verlieren angesichts steigender Staatsverschuldung?
Karin Baur: Die Bundesrepublik Deutschland zählt zu den sichersten Schuldnern weltweit. Das heißt, dass Bundesschatzbriefe zu den sichersten Geldanlagen gehören.
Languste: Ich bin Rentnerin und stocke meine Rente mit Erträgen aus Anlagen auf, die aus Aktienfonds, Mischfonds und Anleihen bestehen. Was empfehlen Sie, falls es zu einer Inflation oder weiterer Abwertung des Euro kommt?
Karin Baur: Ihre Geldanlage ist gut gestreut. Damit sind Sie auch vor einem Anstieg der Inflation ganz gut geschützt. Eine Abwertung des Euro brauchen Sie nicht zu fürchten.
Auf Rentenfonds setzen
Sally: Wie sicher sind die 5–10 jährigen deutschen Unternehmensanleihen? Sind sie oder andere Anleihen für die Generation 50+ empfehlenswert?
Thomas Krüger: Bei Unternehmensanleihen hängt es davon ab, wie kreditwürdig das Unternehmen ist, dass die Anleihen ausgegeben hat. Wir empfehlen keine Einzelanleihen zu kaufen, sondern auf Rentenfonds zu setzen. Achten Sie darauf, dass der Fonds nicht auf hochriskanten Anleihen fokussiert ist (sogenannte Junk-Bonds).
SteinU: Umwelt und erneuerbare Energien, sind das sichere Anlage Formen für die Zukunft?
Karin Baur: Es kann sein, dass Aktien in diesen Branchen in Zukunft gute Renditen bringen. Sicher sind sie aber nicht.
Was Aktienfonds von Bundesanleihen unterscheidet
Trinculo: Macht es Sinn, wenn ich einen Teil meines Geldes in Aktienfonds oder Bundesanleihen inflationssicher anlege? Bin im 70. Lebensjahr.
Thomas Krüger: Diese beiden Anlageklassen unterscheiden sich stark im Risiko-Rendite-Verhältnis. Wenn Sie sicher anlegen wollen, sind inflationsgeschützte Bundesanleihen durchaus eine Möglichkeit. Wir empfehlen allerdings zur Zeit eher gut verzinste Tagesgeldkonten, da die inflationsgeschützten Bundesanleihen zur Zeit teuer sind. Ein Aktienanteil von bis zu fünfzehn Prozent empfehlen wir, falls Sie das Geld länger als zehn Jahre liegen lassen können.
Novice: Sie sagen, dass die tatsächliche Geldmenge (M3) trotz z.B. des Kaufs von Griechenlandanleihen und Erhöhung der Basisgeldmenge nicht gestiegen ist. Wieso steigt die Geldmenge nicht an? Was passiert mit dem zusätzlichen freien Geld?
Thomas Krüger: Weil die Zentralbankgeldmenge M0 von den Geschäftsbanken nicht in Umlauf gebracht wird (Kreditvergabe stockt), sondern als Liquiditätsreserve zum Großteil auch wieder bei der Zentralbank angelegt wird.
Orion: Wo gibt es im Internet eine Möglichkeit, sich über die aktuelle Geldumlaufmenge Basisgeld, Geldmenge M1 M2 M3 zu informieren?
Thomas Krüger: Beispielsweise auf der Internetseite von Eurostat können Sie die Geldmengen M1 bis M3 nachvollziehen.
Der Euro scheitert nicht
Wilhelm: Hallo, gäbe die teilweise Flucht in ausländische Währungen (Schweiz, USA) bei Inflation oder Währungsreform eine beachtliche Sicherheit oder würde ein Scheitern des Euros auch ein Abdriften vorgenannter Länder zur Folge haben?
Karin Baur: Das kann passieren. Es kann aber auch sein, dass die genannten Währungen dann erst recht Auftrieb bekommen. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass der Euro scheitert.
Siriustippi: Wir haben nur in Festgeld angelegt. Wie sicher ist das?
Marion Weitemeier: Wenn Sie sich an die Einlagensicherungsgrenzen ihrer Bank halten, ist ihr Geld sicher. Sollten Sie eine zu lange Laufzeit gewählt haben und die Zinsen niedriger als die Inflationsrate sein, können Sie reale Verluste erleiden. Daher empfehlen wir zur Zeit, das Geld nicht länger als drei Jahre fest anzulegen. Wir empfehlen, das Geld eher flexibel auf gut verzinste Tagesgeldkonten anzulegen. Finanztest veröffentlicht in jeder Ausgabe die Top20-Tagesgeldkonten.
Halbe Million Euro gut gestreut anlegen
Ssauer: Ich erhalte aus einem Immobilienverkauf in den nächsten 6 Monaten
ca. 500 000 Euro. Diese sind sofort für Studium und Kosten aus Rückzahlung Darlehen. Die Hälfte des Geldes ist für meine Alterssicherung, da ich so gut wie keine Rente angespart habe. Wie lege ich dieses Geld sinnvoll an, damit es auch im Rentenalter in ca. 15 Jahren noch werthaltig ist? Ich habe große Angst vor einer Abwertung des Euro, bzw. Inflation. Dann stehe ich im Alter mittellos da.
Thomas Krüger: Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten für Sie, ihr Geld für die Rente anzusparen. Sie können Ihr Geld entweder in ein staatlich gefördertes Altersvorsorgeprodukt beispielsweise Lebensversicherung oder Fondspolice stecken. Oder Ihr Geld gut gestreut in einem Depot anlegen. Je nach Risikoneigung können Sie bis zu 70 Prozent in weltweit anlegende Aktienfonds stecken, als Sicherheitsbaustein empfehlen wir Euro-Rentenfonds. Was für Sie passend ist, sollten Sie mit einem unabhängigen Anlageberater klären.
Muppet: Was kann Deutschland tun, um die Inflation einzudämmen?
Thomas Krüger: Die Steuerung der Preisstabilität obliegt im Wesentlichen der Europäischen Zentralbank – nicht der deutschen Regierung. Die EZB muss rechtzeitig die überschüssige Liquidität aus dem Markt ziehen, sobald die Kreditvergabe anzieht und ein Anstieg der Inflation droht.
Moderator: Das waren 60 Minuten Expertenchat zum Thema Inflation. Vielen Dank an alle Nutzer für die Fragen und natürlich an Frau Baur, Frau Weitemeier und Herrn Krüger für die Antworten. Leider konnten aufgrund der Kürze der Zeit nicht alle Fragen beantwortet werden, dafür bitte ich um Verständnis. Das Transkript des Chats finden Sie in Kürze auf test.de. Bis zum nächsten Chat mit dem Team der Stiftung Warentest.
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