
Die test-Expertinnen Bettina Sauer (li) und Katrin Andruschow.
Das Thema Impfen bewegt. Das hat die große Beteiligung an der Onlineumfrage auf test.de gezeigt. test hat in der Märzausgabe die Serie Impfen gestartet. Thema im Teil 1: Impfungen für Kinder. Ihre Fragen zum Thema Kinderimpfungen beantworteten die Expertinnen Katrin Andruschow und Dr. Bettina Sauer im Chat auf test.de.
Die Top 3-Fragen
Moderator: So, es ist jetzt 13.00 Uhr. Hier im Chat begrüße ich jetzt Katrin Andruschow und Dr. Bettina Sauer. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und die Fragen unserer Chatterinnen und Chatter beantworten. Gleich die erste Frage an unseren Gast: Wie sieht es aus, wollen wir starten?
Katrin Andruschow: Ja, wir freuen uns auf den Chat und auf spannende Fragen, herzlich Willkommen!
Moderator: Vor dem Chat hatten die Leser und Leserinnen bereits die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu bewerten.
Hier die Top1 Frage: Welche Impfungen sind heute noch quasi als allgemeiner Minimalschutz unbedingt notwendig?
Katrin Andruschow: Wir haben in der aktuellen März-Ausgabe von „test“ einen Test-Impfkalender für Kinder veröffentlicht, darin finden Sie alle Impfungen, die wir als sinnvoll erachten. Das beginnt mit der 6-Fach-Impfung und der Pneumokokken-Impfung nach dem zweiten Lebensmonat. Darüber hinaus erachten wir die Meningokokken-Impfung für sinnvoll sowie die 3-Fach-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln. Zusätzlich raten wir auch zur Rotaviren-Impfung ab der sechsten Lebenswoche, denn jedes zweite Kind unter fünf Jahren, das 2009 an Rotaviren erkrankte, kam ins Krankenhaus. Das kann mit der Impfung verhindert werden.
Moderator: Und die Top 2 Frage:
Mayinde: Ich würde gerne wissen, wie die Impferfahrungen (Langzeitstudien) mit diesem neuen Impfstoff für Gebärmutterhalskrebs für Mädchen zwischen dem 12. und 17. Lebensjahr sind. Meine Tochter ist 12 Jahre alt und ich konnte mich bisher nicht durchringen. Ich habe sie zwar bisher gegen fast alles (außer Windpocken, Grippe und Schweinegrippe) impfen lassen. Aber dieser Impfung sehe ich etwas skeptisch entgegen. Meine Befürchtungen sind, dass es Spätfolgen gibt, wie zum Beispiel Unfruchtbarkeit.
Katrin Andruschow: Die Impfung wurde im Jahr 2007 allen jungen Frauen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen. Befürchtungen, dass die Impfung langfristige Schäden hervorrufen kann, haben sich bisher nicht bestätigt, ebenso nicht, dass es eine Verschiebung zu anderen HP-Viren gibt, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Unfruchtbarkeit kann durch die HPV-Impfung nicht entstehen.
Moderator: Und die Top 3 Frage:
Lila: Es gibt viele Menschen mit Impfschäden, die nicht einfach nur Fieber oder Schmerzen sind, sondern neurologische Erkrankungen wie die Epilepsie. Seit ich davon gehört habe, habe ich Angst meine Impfungen aufzufrischen. Was wissen Sie darüber?
Dr. Bettina Sauer: Also tatsächlich können Impfungen schwere Nebenwirkungen verursachen – aber eben nur in sehr seltenen Fällen. Zudem sollten Sie nicht vergessen, dass die zugehörigen Krankheiten oft sehr schwere Folgen haben – in der Regel ungleich häufiger als Impfungen. Bei der Abwägung sind immer beide Seiten der Medaille zu betrachten. Und wenn bei der Erstimpfung keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten sind, wird die Auffrischung in der Regel auch gut vertragen.
Nebenwirkungen und Spätfolgen
Nicola: Thema Autoimmunerkrankungen, zum Beispiel Diabetes Typ 1 – große Zunahme bei Kindern unter 5 Jahren, eventuell weil es seit ein paar Jahren nun so früh schon Kombi-Impfungen gibt?
Katrin Andruschow: Ob Impfungen chronische Krankheiten wie Typ 1-Diabetes mitverursachen, wird heftig diskutiert. Bisher sprechen die Studien eher dagegen. Die Kombinationsimpfung scheint vor allem leichte Nebenwirkungen zu verursachen, zum Beispiel Schwellungen an der Einstichstelle. Auch Einzelimpfungen haben übrigens gewisse Nebenwirkungsraten, in der Summe sind sie leicht höher als bei der Kombination. Unser Rat ist: Wenn Sie nach einer Impfung bedrohliche Symptome bemerken, sprechen Sie mit Ihrem Arzt, er ist verpflichtet, Verdachtsfälle zu melden – für den Patientenschutz.
Moderator: Und eine weitere Frage zum Thema Impfungen bei Kindern:
Mutter-m: Überfordert die 6-fach Impfung nicht das Immunsystem eines Babys?
Dr. Bettina Sauer: In der Tat scheinen Kombi-Impfungen tatsächlich etwas häufiger Nebenwirkungen zu verursachen, doch vor allem harmlose Reaktionen an der Impfstelle. Auch Einzelimpfungen haben übrigens gewisse Nebenwirkungsraten, die in der Summe oft die der Kombination übersteigen. Wenn Sie möchten, können Sie jedoch die sechs Impfungen aufteilen, zum Beispiel kann Hepatitis B herausgenommen und einzeln verabreicht werden.
Renate01: Mit welchen Nebenwirkungen muss man auf jeden Fall bei Kindern rechnen?
Dr. Bettina Sauer: In den ersten Tagen verursachen Impfungen häufig Reaktionen wie Schwellungen, Rötungen und Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber, Magen-Darm-Beschwerden oder andere Allgemeinsymptome. Das ist aber natürlich nicht bei jedem Kind der Fall. Sie zeigen, dass das Immunsystem arbeitet und einen Schutz aufbaut.
Katrin Andruschow: Wenn mit Lebendviren geimpft wird, wie zum Beispiel bei Masern, Mumps und Röteln, kann eine so genannte Impfkrankheit auftreten, die nicht ansteckend und relativ leicht ist und zum Beispiel mit Fieber und Hautausschlägen einhergeht. Dies ist nach ein bis vier Wochen bei etwa 2 von 100 Geimpften der Fall.
Dr. Bettina Sauer: Schwere Nebenwirkungen sind sehr selten. Sie sollten Verdachtsfälle aber unbedingt mit dem Arzt besprechen.
Gregoryk: Schlimme Masern-Komplikationen (Größenordnung 1:1000 bis 1:10000) sind seltener als die Todesrate bei einer Grippe (ca. 1:500). In der Presse wird bei Masern nicht differenziert bezüglich Alter und Vorerkrankungen. In Finnland (Masern ausgerottet) gibt es nicht weniger Enzephalitis-Fälle. Wenn das so stimmt, sind die Masern zwar heftig aber „sinnvoll“ zur Entwicklung des Immunsystems, richtig? Darum Impfung erst vor dem Erwachsenwerden?
Dr. Bettina Sauer: Die Komplikationen dieser Krankheiten können nicht einfach so verglichen werden, zumal auch die Risikogruppen unterschiedlich sind. Bei der Grippe sind besonders chronisch Erkrankte gefährdet sowie ältere Menschen und Schwangere. Die Masern sind gefährlich für alle Kinder, aber auch Erwachsene, da letztere oft schwer erkranken. Eine besonders gefürchtete Komplikation ist die so genannte SSPE, eine spezielle Gehirnentzündung, die vor allem bei Maserninfektionen sehr kleiner Kinder als Spätfolge auftritt und stets tödlich verläuft. Die Impfung schützt zuverlässig vor dieser Komplikation, deshalb rät die Stiftung Warentest, Kinder so früh wie möglich zu impfen.
Auffrischimpfungen
Moderator: Und eine aktuelle Frage aus dem Chat:
Snufi: Welche Impfungen im Kindes- und Jugendalter sollten später als Erwachsener wiederholt beziehungsweise aufgefrischt werden?
Katrin Andruschow: Wir werden ausführlich über Erwachsenen-Impfungen in unserer test-Ausgabe von Oktober informieren. Grundsätzlich sind als Standard-Impfungen im Erwachsenenalter aufzufrischen: Diphtherie und Tetanus und mit der nächsten Auffrischung auch einmalig Keuchhusten, denn Erwachsene sind Überträger des Keuchhustens auf Kinder, bei denen diese Erkrankung, vor allem bei Säuglingen, einen sehr schweren Verlauf nehmen kann.
Sinn von Impfungen
Vera_f: Warum soll man Kinder gegen Krankheiten wie Diphtherie oder Kinderlähmung impfen lassen, die es bei uns schon lange nicht mehr gibt?
Katrin Andruschow: In Deutschland sind die so genannten Durchimpfungsraten so hoch, dass diese Krankheiten in der Tat nur noch selten auftreten, jedoch sind diese Krankheiten weltweit nicht ausgemerzt, sodass es immer wieder zu importierten Erkrankungsfällen kommen kann und kommt. Wenn weniger Kinder geimpft werden und damit die Durchimpfungsraten sinken, kann es somit auch immer wieder zum Ausbruch der Krankheit kommen. So geschehen zum Beispiel Anfang der 90er Jahre in den GUS-Staaten, in denen eine Diphtherie-Epidemie ausbrach.
Frager123: Was ist zu beachten, wenn der Impfkalender nicht eingehalten werden konnte? Werden dann Impfungen sinnlos?
Dr. Bettina Sauer: Impfungen können auch nachgeholt werden. Dies ist oft sinnvoll, zum Beispiel bei Masern oder Hepatitis B, wichtig ist jedoch, bei der Impfung das Impfschema genau einzuhalten, also die Abstände zwischen den Dosen.
Moderator: Und eine aktuelle Nachfrage aus dem Chat:
Gontermann: Warum empfehlen Sie die Meningokokken-Impfung, obwohl sie gegen den in Europa am weitesten verbreiteten Stamm der Erreger keinen Schutz bietet?
Katrin Andruschow: Die Impfung, die im Kleinkindalter gegeben wird, richtet sich gegen den Erregertyp C, der macht in Deutschland ein Viertel der Erkrankungen durch Meningokokken aus. Auch wenn mit der Impfung nicht alle Erreger-Typen abgedeckt werden können, ist die Impfung im Kleinkindalter dennoch wichtig, denn Säuglinge und Kleinkinder sind besonders gefährdet und es treten häufig Komplikationen auf, zum Beispiel bei etwa 70 Prozent der Erkrankten eine Hirnhautentzündung. Darüber hinaus raten wir zu einer zweiten Impfung zwischen dem 11. und 15. Geburtstag mit einem Impfstoff, der gegen die Gruppen A, C, W-135, Y wirkt, weil Jugendliche noch einmal stärker gefährdet sind. An einem Impfstoff gegen die Gruppe B, die die meisten Erkrankungen in Europa auslöst, wird derzeit gearbeitet.
Supernanny: Wie sinnvoll ist eine Zeckenimpfung, wenn man im Risikogebiet (Kaiserstuhl) wohnt? Was sind mögliche Nebenwirkungen oder Impfschäden bei dieser Impfung bei einem 12-jährigen Kind?
Katrin Andruschow: Wir werden in unserer test-Ausgabe im Mai ausführlich über die FSME-Impfung informieren, in unserem Artikel zu den Reiseimpfungen. Auch in Deutschland tritt FSME auf, wenn ich in Risikogebiete reise oder dort wohne, ist eine Impfung für Erwachsene und Kinder, die dem Kleinkindalter entwachsen sind, sinnvoll. Wissen muss man, dass nicht jeder Kontakt mit einer infizierten Zecke zur Übertragung des Virus führt und nur zehn Prozent der Erkrankten eine Hirnhaut- oder Gehirnentzündung entwickeln. Davor jedoch schützt die Impfung zuverlässig. Auf der Webseite des Robert-Koch-Institutes werden die Hauptverbreitungsgebiete aktuell auf einer Karte veröffentlicht.
Mama: Welchen Sinn hat es, einen Jungen gegen Röteln zu impfen?
Katrin Andruschow: Es ist immer sinnvoll, auch Jungen gegen Röteln zu impfen, denn sie können ebenso wie Mädchen stiller Überträger der Röteln sein, weil sie sich zwar infizieren, jedoch keine oder kaum Symptome entwickeln. Als stiller Überträger können sie dann auch Schwangere anstecken, was ein besonders hohes Risiko für die ungeborenen Kinder darstellt. So führen Röteln in den ersten acht Schwangerschaftswochen bei 90 Prozent der Embryos zu Schäden.
Andere Impfverfahren
Noafelix: In vielen europäischen Ländern (zum Beispiel in Österreich und vielen skandinavische Ländern) wird erst mit 3 Monaten begonnen, zu impfen. Dadurch ist, wie viele Studien zeigen, mit 3 Impfungen statt 4 die Grundimmunisierung mit 5– oder 6-fach Impfstoff vollständig abgeschlossen. Warum findet dieses zugelassene Verfahren bei Ihnen keine Erwähnung und warum bezieht die STIKO dazu keine Stellung, wie es die Verantwortlichen anderer Länder taten und ihre Impfschema anpassten?
Katrin Andruschow: In der Tat wird in einigen anderen Ländern, zum Beispiel in Österreich, bei der Sechsfach-Impfung das so genannte 2+1-Schema angewendet, dort wird die Sechsfach-Impfung im dritten und fünften Lebensmonat gegeben sowie eine dritte Dosis am Ende des ersten Lebensjahres. Dieser Weg ist relativ neu und wird in Deutschland bisher nicht generell empfohlen. Denn die messbaren Antikörper-Spiegel sind nach drei Dosen in den ersten Lebensmonaten etwas höher als nach zwei Dosen. Es gibt aber noch keine Studie zu einem langfristigen Nutzenvergleich, da die Krankheiten, gegen die geimpft wird, nur noch selten auftreten. Das 3+1-Schema in Deutschland ist ein bewährter und sicherer Weg, aber auch bei uns ist der Sechsfach-Impfstoff für das 2+1-Schema zugelassen. Sie können die Wahl des Schemas individuell mit Ihrem Arzt besprechen.
Moderator: Und eine aktuelle Frage aus dem Chat:
Andi: Sie schrieben, dass man die Hepatitis-B Impfung auch herausnehmen kann; gibt es denn einen Fünffachimpfstoff?
Katrin Andruschow: Die Hepatitis B-Impfung ist durchaus als Einzelimpfung möglich. Die Impfung gegen die anderen fünf Krankheiten, also Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, HIB und Polio, kann als Fünffachimpfung verabreicht werden.
Moderator: und eine aktuelle Nachfrage:
Mama: Ich würde gerne die MMR splitten. Ist Ihnen bekannt, ob es in den nächsten Jahren einen Mumps-Einzelimpfstoff geben soll oder ist dies eher unwahrscheinlich?
Katrin Andruschow: Momentan gibt es keinen Einzelimpfstoff gegen Mumps. Ob dies in den nächsten Jahren geplant ist, ist uns nicht bekannt.
Dr. Bettina Sauer: Übrigens ist unserem Artikel zufolge die Kombi-Impfung sinnvoll, wichtig und gut verträglich.
Quartus: Hallo, an wen sollte ich mich denn wenden wenn ich mein Kind impfen lassen möchte?
Dr. Bettina Sauer: Solche Fragen können Sie immer individuell mit Ihrem Kinderarzt besprechen. Wenn Sie zur kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchung gehen, wird der Arzt Sie sicherlich von sich aus auf das Thema ansprechen. Darüber hinaus kann man sich an vielen Stellen zu Kinderimpfungen informieren, zum Beispiel hat auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine ausführliche Webseite zu Kinderimpfungen (www.impfen-info.de).
Impfungen bei Säuglingen
Tigermaus: Wie schätzen Sie das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei der Rotaviren-Impfung für Säuglinge ein? Wir überlegen, unsere 2 Monate alte Tochter bei der nächsten Vorsorgeuntersuchung U4 Impfen zu lassen.
Dr. Bettina Sauer: In unserer aktuellen Veröffentlichung schreiben wir, dass wir zur Rotaviren-Impfung raten, denn Rotaviren verursachen bei Säuglingen und Kleinkindern besonders häufige und besonders schwere Darminfektionen, die oft eine Krankenhausbehandlung erforderlich machen. Dem kann die Impfung in vielen Fällen zuverlässig vorbeugen. Sie sollten die Impfung möglichst bald beginnen, da die Impfstoffe nur etwa bis zur 26. Lebenswoche zugelassen sind. Nach bisherigen Studien sind Komplikationen sehr selten aufgetreten.
Felixnoa: Wie groß ist das Risiko tatsächlich, den Hepatitisanteil im Säuglingsalter erst einmal wegzulassen? Möglicherweise ist die Immunität sogar besser, wenn die Impfung als 3fach-Einzelimpfung erst kurz vor der Hauptrisikozeit, dem jungen Erwachsenenalter, gegeben wird. Wie stecken sich Säuglinge gesunder Mütter überhaupt an, wenn Sie nicht gerade Blutkonserven bekommen? Wie sehen Sie das?
Katrin Andruschow: Die Hepatitis B-Erkrankung ist besonders im Kleinkindalter eine gefährliche Erkrankung, denn je jünger die Infizierten sind, desto mehr steigt das Risiko für chronische Verläufe. Im frühen Kindesalter liegt es bei 90 Prozent. Die Hepatitis B-Viren können übrigens nicht nur durch Sexualkontakte, Blut und Blutprodukte übertragen werden, sondern wurden auch in Muttermilch und Tränenflüssigkeit nachgewiesen, so dass eine sehr frühe Impfung sinnvoll ist.
Sanssouci: Wenn man davon ausgeht, dass der Impfschutz gegen Hepatitis B ungefähr bis 10 Jahre nach Abschluss der Impfserie hält, müsste er doch dringend im Jugendalter – also kurz vor Beginn der sexuellen Aktivität – aufgefrischt werden. Warum beschränken sich die Impfempfehlungen gegen Hepatitis B dann auf das 1. und 2. Lebensjahr?
Dr. Bettina Sauer: Langzeitstudien zeigen, dass der Impfschutz deutlich länger als zehn Jahre anhält. Auch wenn der Antikörperspiegel sinkt, erinnert sich das Immunsystem an den Erreger und reagiert sehr schnell. Deshalb stellte eine europäische Expertengruppe fest, dass den derzeitigen Daten zufolge keine generelle Auffrischungsimpfung nötig ist. Für Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko kann allerdings eine Auffrischungsimpfung sinnvoll sein, zum Beispiel bei Patienten mit chronischen Nieren- oder Leberleiden, vor ausgedehnten Operationen oder bei Menschen mit ungeschützten wechselnden Sexualkontakten.
Inhaltsstoffe von Impfstoffen
Skeptikerin: Wieso prüft Stiftung Warentest nicht objektiv Impfstoffe auf deren Inhaltsstoffe und legt diese offen dar? Insbesondere gilt dies für sehr bedenkliche Stoffe wie Thiomersal (Quecksilberverbindung) als Konservierungsmittel und andere Schwermetalle wie Aluminium? Und wieso wird nicht darauf hingewiesen, was diese Inhaltsstoffe – Nervengifte – im menschlichen Gehirn verursachen (Epilepsie, Alzheimer, ADHS)?
Katrin Andruschow: Vielen Dank für die Anregung. Über zukünftige Prüfvorhaben gibt die Stiftung Warentest übrigens grundsätzlich keine Auskunft. Wie in unserem Artikel ausgeführt, sind empfohlene Standard-Impfungen in aller Regel ohne Quecksilberverbindung wie Thiomersal möglich. Die meisten Standard-Impfungen enthalten klassische Adjuvanzien, wie zum Beispiel Aluminiumhydroxid, die seit Jahren zum Einsatz kommen und dabei nicht besonders negativ aufgefallen sind, auch nicht als Nervengifte.
Impfschutz bei Reisen ins Ausland
Moderator: Hier kommen drei User mit dem gleichen Anliegen:
Dorothee.lansch: Welche Impfungen werden empfohlen, wenn man nach Thailand reisen will?
Murmel: Bei einer Reise nach Indien, welche Impfungen sollte man dringend haben. Wie lang muss die Vorbereitung sein, um ausreichenden Impfschutz zu haben. Ist eine Impfung während der Einnahme von Medikamenten während der akuten Heuschnupfenzeit überhaupt sinnvoll, da es eine hohe Belastung für den Körper darstellt. Wie sollte man sich hier verhalten?
Taro: Ich werde im September meinen Urlaub auf Bali verbringen. Welche Impfungen sind sinnvoll? Muss ich alle Impfungen selbst bezahlen? Mein Hausarzt sagte, es kostet etwa 180 Euro?
Katrin Andruschow: Wir werden in der Mai-Ausgabe von „test“ ausführlich über Reiseimpfungen informieren. Grundsätzlich ist es immer sinnvoll, persönlich eine reisemedizinische Beratung in Anspruch zu nehmen. Zum Beispiel in einem Tropeninstitut oder bei einem ausgewiesenen Reisemediziner, denn es gibt nicht nur Pauschalempfehlungen für ein Land, sondern die Impfempfehlungen können auch davon abhängig sein, in welchem Teil des Landes Sie sich aufhalten und welche Aktivitäten Sie planen und ob Sie unter einfachen Reisebedingungen unterwegs sind.
Daniela: Mich interessiert vor allem die Unabhängigkeit Ihrer Experten! Und: das Thema Impfen wird derart kontrovers diskutiert, dass es schon einem Glaubenskrieg gleicht. Ihre Ergebnisse können nur dann repräsentativ sein, wenn auch Homöopathen, Heilpraktiker und anthroposophische Ärzte gleichwertig und -gewichtig Ihre Meinung Kund tun können.
Katrin Andruschow: Gemäß unserer Satzung haben wir den Auftrag, objektiv, neutral und sachkundig die Verbraucher zu informieren. Objektivität, Neutralität und Sachkunde gilt auch für die Auswahl unserer Gutachterinnen und Gutachter. Neutralität heißt für uns nicht, sowohl die schulmedizinische als auch die alternativmedizinische Perspektive einzubeziehen, sondern bedeutet für uns, Einschätzungen auf der Grundlage evidenzbasierter Medizin vorzunehmen. Unsere Experten, mit denen wir unsere Impfeinschätzungen erarbeitet haben, sind: Prof. Dr. Michael Kochen, Allgemeinmediziner; Prof. Dr. Dietrich Hofmann, Kinderarzt; Dr. Maria Beckermann, Gynäkologin; Prof. Dr. Winfried Kern, Infektiologe und Reisenmediziner und Prof. Dr. Stefan Kaufmann, Infektionsbiologe. Die Leitung hat Prof. Dr. Gerd Glaeske, langjähriger Schlussgutachter unserer Arzneimittelbewertungen. In letzter Instanz ist die Stiftung Warentest als Institution verantwortlich und Ansprechpartner für ihre Veröffentlichungen.
Moderator: So, die Chat-Zeit ist auch schon fast zu Ende: Wollen sie noch ein kurzes Schlusswort an die User richten?
Katrin Andruschow: Vielen Dank für Ihr Interesse und noch einen schönen Tag!
Moderator: Das waren 60 Minuten test.de-Expertenchat. Vielen Dank an die User für die vielen Fragen, die wir aus Zeitgründen leider nicht alle beantworten konnten. Vielen Dank auch an Katrin Andruschow und Dr. Bettina Sauer, dass Sie sich die Zeit für die User genommen haben. Das Transkript dieses Chats können Sie in Kürze auf test.de nachlesen. Das Chat-Team wünscht allen noch einen schönen Tag.
Aktuelle Veröffentlichung:
Teil 1 der Serie: Impfungen für Kinder