
Der test-Experte Thomas Müller.
Seit Jahren muss sich die Daunenindustrie mit Vorwürfen beschäftigen, sie würde Gänse bei lebendigem Leib rupfen lassen. Jetzt hatten viele Anbieter die Chance, die Anschuldigungen zu widerlegen – und haben sie nicht genutzt. Das ist die traurige Erkenntnis aus dem großen Daunen-Test der Stiftung Warentest. Im Chat beantworteten die test-Experten Thomas Müller und Stephan Scherfenberg die Fragen der Nutzer. Lesen Sie hier das Chatprotokoll.
Anbieter-Versprechen haben sich als leere Worthülsen entpuppt
Moderator: So, es ist jetzt 13 Uhr. Hier im Chat begrüße ich Thomas Müller und Stephan Scherfenberg. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und die Fragen unserer Chatterinnen und Chatter beantworten. Vor dem Chat gab es bereits die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu bewerten. Gleich zu Anfang die bestbewertete Frage an unsere Gäste.
Tierfreund: Gibt es ein vertrauenswürdiges Siegel oder eine andere Möglichkeit, wie ich eine Daunendecke erkenne, bei der der Tierschutz eingehalten wurde?
Thomas Müller: Nein. In unserem Test haben sich alle Siegel, wie z. B. der Traumpass, sowie Selbstverpflichtungen und Versprechen der Anbieter als leere Worthülsen entpuppt. An der Daunendecke lässt sich nicht erkennen, ob der Tierschutz bei der Gewinnung der Daunen eingehalten wurde.
Moderator: Hier die Top-2-Frage aus dem Pre-Chat.
meerwindkatze: Welche Alternativ-Decken würden Sie empfehlen? Und gab es überhaupt Daunendecken, die dem Tierschutz entsprechend hergestellt wurden, bzw. deren Daunen nicht vom lebenden Tier stammen? Und wenn ja, welche?
Thomas Müller: Kein Anbieter konnte belegen, woher seine Daunen kommen. Somit fehlt für jede der Decken im Test der Nachweis, dass sie dem Tierschutz entsprechend hergestellt wurden. Die Anbieter können nicht ausschließen, dass ihre Daunen von lebenden Tieren stammen.
Bettdecken im Test – Kuschlig warm dank Tierquälerei?
Synthetikdecken sind eine Alternative – mit Nachteilen
Moderator: ... und die Top-3-Frage.
Gudrun_HH: Würden Sie sagen, dass es in jedem Fall besser ist (aus Tierschutzgründen) auf Daunenprodukte zu verzichten? Was ist eine gute Alternative?
Thomas Müller: Da die Anbieter nicht ausschließen können, ob ihre Daunen von lebenden Tieren stammen und auch zu den Haltungsbedingungen der Gänse und Enten nichts sagen konnten oder wollten, bleibt der Tierschutz für die Verbraucher im Dunkeln. Wer aus diesen Gründen auf Daunenprodukte verzichten möchte, kann als Alternative Decken aus Synthetik nutzen.
Bohnengold: Welche Vorteile haben Daunendecken gegenüber Synthetikprodukten? Warum wird nicht völlig auf Daunendecken verzichtet?
Stephan Scherfenberg: Synthetikdecken hatten bei uns im Test nicht so gute Schlafeigenschaften wie Daunendecken: Sie lassen mehr Wärme durch und leiten Feuchtigkeit schlechter aus dem Bett ab. Für starke Schwitzer nicht geeignet!
Thomas Müller: Weitere Alternativen wären Decken aus Wolle oder Kamelhaar, die hatten wir jetzt aber leider nicht im Test.
Der Preis sagt nicht alles
Citoyen: Was sollte eine gute Daunendecke kosten? Und wie teuer sind die Alternativen, die ähnlich gute Eigenschaften besitzen?
Stephan Scherfenberg: Die beste Decke im Test kostet 250 Euro. Der Preis allein ist jedoch kein Kriterium. Die teuerste Decke für 500 Euro war auch die schlechteste.
Hans i.G.: Gibt es Alternativen mit pflanzlichen Inhaltsstoffen (z.B. Zelluloseflocken o.ä.)?
Thomas Müller: Pflanzliche Füllstoffe für Bettdecken sind mir nicht bekannt.
Claudia1963: Wenn bei der Produktbeschreibung „arktische Wilddaunen“ angegeben sind: Sind das dann tatsächlich gesammelte Daunen von wild lebenden Gänsen/Enten, oder was versteckt sich tatsächlich dahinter?
Stephan Scherfenberg: Die Etiketten tragen oft wohlklingende Werbeversprechen. In unserem Test konnte kein Anbieter die Herkunft seiner Daunen belegen.
Thomas Müller: Die meisten Daunen stammen nicht von Wildtieren, sondern von Masttieren.
Vierzig Gänse pro Decke
Moderator: Hier eine aktuelle Frage:
??: Wie haben die Hersteller auf das Testergebnis reagiert? Werden sie in Zukunft transparenter sein?
Thomas Müller: Die Anbieter haben bisher sehr verhalten reagiert. Ob sie transparenter werden, lässt sich jetzt nicht sagen.
Bohnengold: Wie viele Tiere müssen „gerupft“ werden, um eine Daunendecke zu produzieren?
Stephan Scherfenberg: Eine Gans bringt 25 bis 40 Gramm Daunen. Eine Winterdecke enthält im Schnitt 1.000 Gramm Daunen, macht 40 Gänse pro Decke. Da müssen Sie viel Gänsebraten essen, um eine Decke vollzukriegen.
Pflege und Hygiene
Moderator: ... und noch eine aktuelle Frage:
Lausitzer: Wie lange hält eine Daunendecke? Nach wie vielen Jahren sollte man sie aus hygienischen Gründen austauschen?
Stephan Scherfenberg: Das hängt von der Qualität der Daunen und der Pflege ab. Hochwertige Daunen, die gut gepflegt wurden, halten viele Jahrzehnte. So können z. B. auch Großmutters Daunendecken noch bessere Schlafeigenschaften haben als neu gekaufte Daunendecken. Auf jeden Fall sollten Sie die Decke alle 10 Jahre im Fachgeschäft aufarbeiten lassen.
F.S.: Daunendecken müssen jeden Morgen gelüftet werden. Wahrheit oder Mythos?
Stephan Scherfenberg: Das ist Wahrheit. Daunen nehmen während des Schlafens Feuchtigkeit auf. Damit sie diese wieder abgeben, braucht es viel frische Luft. Lüften und schütteln Sie die Decke kräftig auf.
F.S.: Wie pflege ich Daunenkissen? Mit welchen Reinigungsmitteln wasche ich sie in der Waschmaschine? Und wie häufig sollte das sein?
Stephan Scherfenberg: Die Hersteller empfehlen, nach jeder Saison die Decke zu waschen. Das überstehen aber nicht alle Decken. Bei vielen Decken im Test verrutschte die Füllung beim Waschen. Die Decken halten an diesen Stellen die Wärme nicht mehr. Mit dem Waschen sollten Sie daher vorsichtig sein. Wenn Sie Daunendecken zu Hause waschen, dann mit flüssigen Waschmitteln, die für Wolle und Seide geeignet sind (es muss kein Daunenwaschmittel sein). Sie brauchen eine große Waschmaschine mit mindestens 8 Kilo Fassungsvermögen und einen ebenso großen Trockner.
Wärmeklassen und Komfortgrößen
Moderator: ... und eine aktuelle Frage:
hans: Wie hoch sollte der Anteil an Daunen in einer Daunendecke eigentlich sein? Auf meiner Decke steht ein Anteil von 70% – ist das normal?
Stephan Scherfenberg: 70 Prozent ist der niedrigste erlaubte Daunenanteil. [Korrektur: Es sind 60 Prozent. Siehe weiter unten. Die Red.] Darunter müsste sich die Decke Federbett nennen. 90 oder 100 Prozent Daunen sind qualitativ besser.
Moderator: ... und noch eine aktuelle Frage:
Sonnelle*77: An was soll ich mich als Kundin beim Kauf einer Decke orientieren? Gibt es so etwas wie drei goldene Regeln?
Stephan Scherfenberg: Kaufen Sie die richtige Größe. Menschen bis 1,80 m Körperlänge können das Standardmaß kaufen, größere Menschen liegen besser unter der Komfortgröße 155 x 220 cm. Wer stark schwitzt, sollte auf gute Feuchteregulierung achten. Leichtgewichte brauchen mehr Wärme als schwere Personen.
Yam_Yam: Woran erkenne ich, wie warm eine Decke hält? Menge (also Gewicht) der Federn, die verarbeitet wurden?
Stephan Scherfenberg: Es gibt die Wärmeklassen 1 bis 4. 1 steht für Sommerdecke, 2 und 3 für Übergangsbett und 4 für Winterbett.
Keine Decke schneidet in beiden Tests gut ab
hans: Was haben Sie eigentlich genau getestet? Ging es hauptsächlich um den Tierschutzaspekt oder um die Kombination aus Tierschutz und Qualität? Was waren die entscheidenden Kriterien bei der besten Decke?
Thomas Müller: Wir haben beides separat getestet, sowohl die Qualität der Decke als auch die Produktionsbedingungen. Leider gibt es keine Decke, die in beiden Tests gut abschneidet. Die Decke mit der besten Qualität hat nur ausreichende Produktionsbedingungen. Und umgekehrt die mit den besten Produktionsbedingungen ist im Produkttest die schlechteste. Bei den Produktionsbedingungen ist der Tierschutz in der Gänse- und Entenmast untersucht worden sowie die Bedingungen bei der Schlachtung, aber auch die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter bei der Daunenverarbeitung und beim Zusammennähen der Decken.
strahlemann: Kann ich als Verbraucher testen lassen, ob der Inhalt der Deklaration entspricht? Wo hat Stiftung Warentest die Füllung testen lassen?
Stephan Scherfenberg: Wir haben die Decken in einem renommierten Institut prüfen lassen. Dort wurden die Füllungen in Kleinstarbeit nach Bestandteilen sortiert. Das ist ein ziemlich aufwändiger Prozess, den vermutlich kein Verbraucher für seine Bettdecke selbst betreiben würde. Grundsätzlich gilt: Wenn die Decke schlechter ist als angegeben, haben Sie einen Anspruch auf Umtausch oder Rückgabe.
Schlachtrupf und Lebendrupf
??: Gänse und Enten werden für die Nahrungsmittelindustrie gezüchtet. Daunen und Federn fallen dabei als Abfallprodukt an. Die Lebensdauer der Tiere ist zudem meist so kurz, dass sie gar nicht mehrmals gerupft werden können. Wahrheit oder Mythos?
Thomas Müller: Gänse und Enten werden wegen ihres Fleisches gehalten und gemästet. Wenn ausschließlich Daunen und Federn von Schlachttieren verwendet werden, dann ist es nachhaltig. Man spricht dann von Schlachtrupf. Die Mastzeiten variieren von 9 bis 22 Wochen, vor allem die länger lebenden Tiere werden nach Angaben von Tierschützern mehrmals gerupft und Bruttiere leben mehrere Jahre und werden daher noch häufiger gerupft. Leider konnten die Hersteller die Vorwürfe, Daunen aus Lebendrupf zu verwenden, im Rahmen unseres Tests nicht entkräften.
??: Werden Enten auch gestopft oder betrifft dies nur Gänse? Sind Daunen aus Asien ebenso betroffen wie aus Europa?
Thomas Müller: Gestopft werden sowohl Gänse als auch Enten. Die Bedingungen für die Tiere sind in Asien nach Auskunft von Tierschützern meist schlimmer als in Europa.
Moderator: ... und eine aktuelle Nachfrage:
petra: Guten Tag, werden Sie in Zukunft auch Kamelhaardecken testen? Vielen Dank.
Stephan Scherfenberg: Vermutlich nein. Es sei denn, der Marktanteil der Kamelhaardecken steigt nach diesem Test sprunghaft.
Alternativen für Allergiker
Moderator: Zwei Fragen zum Thema Allergien:
Dolores: Auf was muss man als Allergiker beim Kauf einer Daunendecke achten? Sollte man lieber auf Alternativen zurückgreifen?
Motte: Stimmt es, dass Daunendecken sich besser „lüften“ lassen und weniger anfällig für Milbenbefall sind? Ich bin Allergiker und würde mir auch eine Synthetikdecke kaufen, wenn sie für mich geeignet ist.
Thomas Müller: Daunendecken sind wenig anfällig für Milbenbefall. Sinnvoll für Hausstaub-Allergiker sind zudem so genannte Encasings. Das sind Schutzbezüge, die über Matratze, Bettdecke und Kopfkissen gezogen werden können. Sie halten die Allergene der Hausstaubmilben fern.
Stephan Scherfenberg: Lüften ist für alle Decken gut, denn Hausstaubmilben mögen keine kalte, frische Luft. Schlafen Sie am besten im unbeheizten Zimmer, tragen Sie einen Schlafanzug und wechseln Sie die Bezüge häufig. Das gilt für Daunen genauso wie für Synthetikdecken. Synthetikdecken haben den Vorteil, dass sie leichter zu waschen sind.
hansi: Ich habe mich vor dem Kauf meiner Daunendecke ein wenig informiert. Meines Wissens darf man doch bereits ab 60% Daunen-Anteil auch Daunendecken sagen. Sie schreiben 70%. Was stimmt denn nun?
Stephan Scherfenberg: Entschuldigung, 60 Prozent stimmt. Aber 70 Prozent Daunenanteil ist trotzdem wenig.
Claudia1963: Was gibt es als Alternative zu Daunenbetten, wenn man eine wirklich warme Bettdecke möchte? Oder wird man aus Tierschutzgründen nicht umhin kommen, eine Woll- oder Fleecedecke zusätzlich zu benutzen?
Stephan Scherfenberg: Es gibt kleine Gänsehöfe mit angeschlossener Bettenmanufaktur, auf denen Sie sich selbst von der Haltung der Tiere überzeugen können und sich das Befüllen der Decken vor Ort anschauen können. Diese Manufakturen produzieren nur niedrige Stückzahlen, daher war keine von diesen Decken in unserem Test vertreten.
Nachfrage nach Daunenprodukten
Bohnengold: Stimmt es, dass Daunen vor allem auch für den chinesischen Markt benötigt werden? Dann könnte es doch zum Beispiel helfen, keine europäischen Daunen nach Asien mehr zu exportieren.
Stephan Scherfenberg: Im asiatischen Markt ist die Nachfrage nach Daunenprodukten in den letzten Jahren stark gestiegen. Zusammen mit den Auswirkungen der Vogelgrippe führte das dazu, dass der Preis für Rohdaunen in den letzten vier Jahren um 200 Prozent gestiegen ist. Das könnte ein Grund dafür sein, warum viele Hersteller minderwertigere Füllungen in die Decken füllen, als sie auf der Verpackung angeben.
Thomas Müller: Zur Zeit ist es so, dass mehr Daunen von Asien nach Europa importiert werden.
Moderator: Kommen wir zu unserer letzten Frage im heutigen Chat.
Wuschel: Dasselbe gilt dann doch auch für Daunenjacken, oder? So wie ich die Informationen bislang verstehe: Wäre es aus Tierschutzgründen besser, auf alle Produkte mit Daunen/Federn zu verzichten, weil nicht sichergestellt werden kann, woher diese kommen bzw. in welchem Herstellungsprozess sie gewonnen werden?
Thomas Müller: Es ist zu vermuten, dass bei anderen Daunenprodukten wie Schlafsäcken oder Jacken ähnliche Produktionsbedingungen herrschen. Getestet haben wir jetzt allerdings nur Daunendecken.
-
- Gemütlich, warm, atmungsaktiv: Daunendecken versprechen ein besonderes Schlaferlebnis. Im Test Daunendecken der Stiftung Warentest mussten zehn Bettdecken (Preise...
-
- Wie steht es um die Qualität von frischen Hähnchenschenkeln? Wie werden die Hühner gehalten? Das hat die Stiftung Warentest für 17 Hähnchenschenkel-Produkte untersucht.
-
- Große oder kleine, aus Zucht oder Wildfang – der Test der Stiftung Warentest kürt die besten Garnelen und die vertrauenswürdigsten Siegel.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Ich bin kein Experte was Schlafkomfort etc. angeht, aber ich denke, dass man allein aus Tierschutzgründen auf Daune verzichten kann. Mittlerweile gibt es unzählige Alternativen und die gäbe es nicht, wenn der Schlafkomfort massiv leiden würden. Biologisch und ethisch vertretbare Ware kann man sicherlich in den Online-Shops von Öko-Kleidung-Herstellern finden oder auch z.B. im Shop des Greenpeace-Magazins:
http://www.greenpeace-magazin.de/warenhaus/Geschenke/Bettwaren
darüber muss man sich im Klaren sein. Bei dieser - in der EU verbotenen - Praktik werden den Gänsen aus rein kommerziellem Interesse bis zu 3 Mal im Jahr bei lebendigem Leibe auch unreife Federn, oft mitsamt Hautfetzen, ausgerissen. Die Schreie und die Schmerzen der Tiere interessieren offenbar niemand - Hauptsache die Kohle stimmt.
Denn der Lebendrupf steigert den Ertrag pro Gans erheblich, die dann ja mehrmals "abgeerntet" werden kann.