
Die Weiterbildungsexperten Alrun Jappe und Doktor Michael Cordes.
Seit 10 Jahren testet die Stiftung Warentest Weiterbildungsangebote – und hat Antwort auf viele Fragen gefunden: Was ist ein guter Sprachkurs? Wie finde ich die richtige Weiterbildung? Was bringt ein Fernlehrgang Betriebswirtschaft? Zum Deutschen Weiterbildungstags standen die Weiterbildungsexperten Dr. Michael Cordes und Alrun Jappe Rede und Antwort im Chat auf test.de. Hier lesen Sie das Chatprotokoll.
Die Top 3-Fragen
Moderator: So, es ist jetzt 13 Uhr. Hier im Chat begrüße ich jetzt Dr. Michael Cordes und Alrun Jappe. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und die Fragen unserer Chatterinnen und Chatter beantworten. Gleich die erste Frage an unsere Gäste: Wie sieht es aus, wollen wir starten?
Michael Cordes: Ja, klar!
Alrun Jappe: Ja, gerne. Wir warten auf spannende Fragen.
Moderator: Vor dem Chat hatten die Leser und Leserinnen bereits die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu bewerten. Hier die TOP 1 Frage aus dem Pre-Chat:
Student: Welche Förderungsmöglichkeiten für eine Weiterbildung gibt es. Wo kann ich mich informieren?
Alrun Jappe: Es gibt zahlreiche Fördermöglichkeiten. Allen voran sei zunächst die Möglichkeit des Steuersparens genannt. Kosten für Weiterbildung können von der Steuer abgesetzt werden. Dazu zählen nicht nur die Kursgebühren, sondern auch Fahrtkosten etc. Außerdem gibt es die Bildungsprämie vom Bund in Höhe von bis zu 500 Euro und in vielen Ländern die so genannten Weiterbildungsschecks. Eine Übersicht geben unsere Specials „Weiterbildung finanzieren“ und "Förderung für Weiterbildung".
Moderator: ...und hier die Top 2-Frage:
Makimmo: Ist ein Kurs an der Volkshochschule oder bei einer Fernschule (z.B. ILS) genauso nützlich wie eine Weiterbildung, bei der man staatlich geprüft wird durch die IHK?
Michael Cordes: Hier muss man Kurs und Prüfung auseinanderhalten. Auch im Fernunterrichtsbereich und an Volkshochschulen werden zum Teil Vorbereitungslehrgänge auf Kammer-Prüfungen angeboten. Die Prüfung erfolgt dann an der zuständigen Kammer. Solche Prüfungen sind zumeist geregelt, das heißt, dass die Lehrgänge unabhängig vom Anbieter an der jeweiligen Prüfungsordnung ausgerichtet sein sollten. Im Vergleich von Kammer-Abschlüssen zu zum Beispiel anderen anbieterbezogenen Abschlüssen kann gesagt werden, dass andere Abschlüsse nicht „schlechter“ oder „minderwertiger“ sind. Allerdings sind Kammer-Abschlüsse stark verbreitet und entsprechend bekannt.
Moderator: ...und die Top 3-Frage:
chamaelion80: Welche Förderungen gibt es für berufsbegleitende Studiengänge, die nicht einkommens-, alter- oder bundeslandabhängig sind und auch bzw. die Ebene eines Master miteinbeziehen? Mir ist nur das Aufstiegsstipendium bekannt, das auch berufsbegleitend fördert. Es ist sehr schwierig zu diesem Themenkomplex eine umfassende Information zu finden.
Alrun Jappe: Wie eben bereits erwähnt, natürlich die Steuerspar-Möglichkeit. Neben dem Aufstiegsstipendium gibt es außerdem das Weiterbildungsstipendium. Infos gibt es unter www.sbb-stipendien.de.
E-Learning - interaktives Lernen im Internet
Moderator: ...und eine aktuelle Frage aus dem Chat:
eKram: Wie schätzen sie die Entwicklung des eLearnings in Deutschland ein?
Michael Cordes: Hoch dynamisch. Wir bemerken zwei Trends: Zum einen bemerken wir, dass Mobile Learning stark auf dem Vormarsch ist. Das hängt sicherlich mit den technischen Möglichkeiten zusammen, die moderne Smartphones und Tablets bieten. Zum anderen entwickeln sich sehr viele Lernplattformen im Internet, die dem Kunden eine höhere Eigenbeteiligung und eine Auswahl auch an kleinen Lerneinheiten bieten.
Alrun Jappe: Wir stellen allerdings auch fest, dass die Möglichkeiten, die das E-Learning theoretisch bietet, von Seiten der Anbieter oft noch nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden, zum Beispiel was den interaktiven Austausch zwischen den Teilnehmern betrifft.
Makimmo: Welche E-Learning Angebote gibt es und wo kann man sich darüber informieren?
Michael Cordes: Der Markt wird immer heterogener. Exemplarisch benannt seien hier die großen drei Gruppen Online-Kurse, die klassische Lernsoftware auf CD-ROM oder DVD-ROM oder wie gesagt immer mehr das Mobile Learning. Informieren kann man sich über www.bibb.de was verschiedene Angebote betrifft. Ansonsten hat die Stiftung Warentest einen kostenlosen Leitfaden zum Thema E-Learning herausgegeben.
Makimmo: Gibt es bei E-Learning auch eine Abschlussprüfung durch die IHK? Das heißt ist man dann auch staatlich geprüft und bekommt ein Zertifikat?
Michael Cordes: Die Prüfungen sind in der Regel vor Ort, aber es gibt Vorbereitungsangebote in E-Learning-Form. Näheres dazu unter www.ihk-online-akademie.de.
Weiterbildung HH e.V.: Kurse in virtuellen Klassenzimmern sind stark im Kommen. Was ist bei der Auswahl zu beachten? Welche Kursthemen sind besser und welche wenig geeignet für dieses Unterrichtssetting?
Alrun Jappe: Das virtuelle Klassenzimmer ist vor allen Dingen für Wissens- und Informationsaustausch nützlich, hat aber seine Grenzen da, wo zum Beispiel Handgriffe erlernt werden müssen oder mit technischen Gerätschaften umgegangen werden muss. Auch komplexe Kommunikationsthemen, zum Beispiel Konfliktmanagement, lassen sich eher schlecht im virtuellen Klassenzimmer üben.
Tipp: Bevor Sie sich für einen Kurs entscheiden, fragen Sie, ob Sie an einer Probestunde teilnehmen können.
Michael Cordes: Darüber hinaus ist es sinnvoll, sich vorher über die Teilnehmeranzahl zu informieren und die technischen Bedingungen nach Möglichkeit einmal durchzuchecken. Es ist blöd, wenn im Setting der Ton ausfällt. Außerdem stellt sich die Frage nach der Dozentenqualifikation. Es gibt eigens Weiterbildungen zum Online-Trainer, die wir übrigens auch schon einmal getestet haben.
Welche Fördermittel gibt es?
Moderator: ...und eine aktuelle Frage aus dem Chat:
enotax: Welche Fördermittel stehen einem Kleinstunternehmen zu in Form von z.B. Weiterbildung für eigene Mitarbeiter? Erweiterung der Geschäftsfelder?
Alrun Jappe: Es gibt das Programm WeGebAU, damit wird die Weiterbildung von Arbeitnehmern in kleineren Betrieben über Lohnkostenzuschüsse gefördert. Auch die Kurskosten können übernommen werden. Auskunft gibt die örtliche Agentur für Arbeit.
Michael Cordes: Ansonsten gibt es je nach Bundesland Förderprogramme. Infos hierzu kann die zuständige Kammer geben, im Internet finden sich Förderprogramme in der Förderdatenbank unter www.foerderdatenbank.de und natürlich in unserem bereits erwähnten Online-Special „Weiterbildung finanzieren“.
Moderator: ...und eine aktuelle Nachfrage:
Mockjoe: Gibt es Möglichkeiten, sich Weiterbildungen vom Arbeitgeber und vom Staat zu subventionieren zu lassen? Und wenn ja, welche?
Alrun Jappe: Den Arbeitgeber um Unterstützung zu bitten, ist in vielen Fällen sinnvoll. Es gibt die Möglichkeit der Freistellung oder der finanziellen Unterstützung. Das ist Verhandlungssache. Gesetzlich geregelt in vielen Bundesländern ist der Anspruch auf Bildungsurlaub. Das sind in den meisten Fällen 5 Tage im Jahr, an denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für eine Fortbildung von der Arbeit freistellen muss. Eine Unterstützung durch den Arbeitgeber ist im Prinzip unabhängig von staatlicher Förderung.
Den passenden Träger einer Weiterbildung finden
Cordula92: Welche Bildungsträger können Sie für die Weiterbildung empfehlen? Gibt es Bildungsträger (z.B. IHK), die von Arbeitgebern besonders geschätzt werden?
Michael Cordes: Unsere Tests beziehen sich ja nur auf Angebote und nicht auf Träger insgesamt. Wir haben allerdings einen Langzeitvergleich veröffentlicht, in dem wir unsere Ergebnisse aus 10 Jahren Weiterbildungstests zu verschiedenen Anbieter-Gruppen gegenüber gestellt haben.
Alrun Jappe: Das Ergebnis kurz zusammengefasst: Große Unterschiede zwischen den Anbieter-Gruppen konnten wir über die Jahre nicht feststellen. Einzig im Preis zeigt sich, dass die Volkshochschulen deutlich günstiger sind als zum Beispiel die kommerziellen Anbieter. Den aktuellen Vergleich finden Sie unter „Weiterbildung im Langzeitvergleich: Volkshochschulen selten schlechter“.
Moderator: ...und eine aktuelle Nachfrage:
career12: Ist für eine Prüfung an der Kammer zwingend ein Kurs erforderlich oder ist i.d. Regel auch ein Selbststudium möglich?
Michael Cordes: Wenn es nicht ausdrücklich in den jeweiligen Prüfungsordnungen gefordert wird, ist eine Prüfung auch ohne Vorbereitungslehrgang möglich. Man sollte allerdings bedenken, dass diese Vorbereitungslehrgänge sich sehr stark eben an dieser Prüfung ausrichten.
Alrun Jappe: Das heißt, es ist in der Regel schon sinnvoll, einen Vorbereitungskurs zu machen.
S.Schneider: Ich möchte mich zum Techniker weiterbilden. Wo erfahre ich welche Möglichkeiten es an meinem Wohnort gibt? (in meinem Fall Bautechnik in Nürnberg)
Alrun Jappe: Am besten suchen Sie in der Datenbank iwwb.de, Stichwort „Bautechniker“. Die Datenbank iwwb erfasst zahlreiche Weiterbildungsdatenbanken auf einen Blick und damit auch regionale Angebote.
Rund ums Studium: Infos und Geld
suchende: Gibt es Möglichkeiten zur Förderung einer promotionsbegleitenden beruflichen Weiterbildung (bei Anstellung an der Uni, also EK über 20.000€)?
Michael Cordes: Ich rate, sich um Stipendien zu bemühen. Die klassischen Förderinstrumente wie Bildungsprämie oder Bildungsschecks der Länder richten sich meistens (nicht in allen Bundesländern) an Geringverdiener. Weiterbildung ist aber grundsätzlich steuerlich absetzbar. Dazu gehören auch mit der Maßnahme verbundene Reisekosten, Materialien etc.
chamaelion80: Gibt es eine umfassende Informationsseite speziell zum Thema berufsbegleitendes Studium? Thema ist meist nur mit dabei aber nicht übersichtlich.
Michael Cordes: Informationen kann man über www.hochschulkompass.de abrufen. Außerdem gibt es eine Gesellschaft für Wissenschaftliche Weiterbildung, die DGWF.
Norma02: Können Sie bitte den Unterschied zwischen Weiterbildung und Fortbildung erläutern? Wie unterscheiden sich die beiden Bereiche im Hinblick auf die Fördermöglichkeiten? Danke.
Michael Cordes: Die Begriffe sind nicht trennscharf, es gibt keine verbindliche Definition. Im Sprachgebrauch wird Weiterbildung eher als Überbegriff behandelt, Fortbildung meint eher geregelte oder umfassende Maßnahmen. Dies wird aber keinesfalls konsequent so gehalten.
Fachspezifische Fort- und Weiterbildungen, Zusatzausbildungen
Hanka: Brauche ich als examinierte Altenpflegerin eine Zusatzausbildung, um in der Pflegeberatung/Pflegestützpunkt arbeiten zu können? Wenn ja, welche?
Alrun Jappe: Es gibt die berufsbegleitende Weiterbildung zum Pflegeberater nach § 7 a SGB XI. Angebote gibt es als Präsenz-Kurs oder auch im Fernstudium. Die Weiterbildung dauert etwas ein Jahr und kostet etwa ab 2.000 Euro.
girap1: Ich möchte eine Weiterbildung im Bereich Coaching absolvieren. Leider liegen die Kosten meistens bei über 4000 Euro. Gibt es auch günstigere Alternativen?
Michael Cordes: Es gibt günstigere Lehrgänge, zu denen wir aber nichts sagen können, da wir sie noch nicht getestet haben. Ich habe hierzu aber gleich drei Tipps: Erstens empfehle ich eine Suche über Coaching-Verbände, davon gibt es ca. 20, die man sich unter dem Stichwort „Coaching-Verbände“ leicht ergoogeln kann. Zweitens sollte man persönlich die Zahlungsmodalitäten klären, verhandeln, Rabatte nutzen und Möglichkeiten zur Ratenzahlung checken. Und am wichtigsten mein dritter Tipp: Nicht nur nach dem Preis sehen, sondern auch darauf achten, dass zum Beispiel Praxis-Phasen vorhanden sind und die Kursdauer dem Thema angemessen ist.
raeniii: Hallo, ich bin 24 Jahre alt und habe vor einem Jahr meine Weiterbildung zum Maschinenbautechniker absolviert. Nun suche ich nach der nächsten Herausforderung und möchte wissen inwiefern sich eine Weiterbildung zum technische Betriebswirt finanziell und aufstiegstechnisch lohnt?
Michael Cordes: Maschinenbautechniker ist meines Wissens keine geschützte Berufsbezeichnung. Ich würde sicherheitshalber erst einmal checken, ob hiermit die Voraussetzungen für den technischen Betriebswirt erfüllt sind (ich gehe aber mal davon aus). Ob sich das für jemanden individuell lohnt, hängt natürlich vom Einzelfall ab. Grundsätzlich ist ja der Maschinenbautechniker eine fachbezogene Weiterbildung, der technische Betriebswirt dagegen fach- und branchenübergreifend. Letzterer qualifiziert damit zu Führungsaufgaben und eröffnet sicherlich zusätzliche Perspektiven.
Fernlehrgänge finden
Moderator: und eine aktuelle Frage aus dem Chat:
Jfidem_999: Werden Abschlüsse von Fernstudiengängen von Arbeitgebern genauso hoch bewertet wie von Präsenzstudiengängen?
Michael Cordes: Welchen Abschluss ein Arbeitgeber bevorzugt, ist natürlich individuell unterschiedlich. In der Tendenz kann man sagen, dass Weiterbildungen überhaupt eine hohe Akzeptanz haben, da hiermit auch die Bereitschaft zum Lernen in der Freizeit signalisiert wird.
Hanka: Es gibt viele „Fernschulen“ (ILS, SGD, Hamburger Akademie...). Auf was muss ich achten, um die beste zu finden? Gibt es bereits eine die am besten abschneidet, im Preis-Leistungs-Verhältnis, in der Anerkennung durch die Arbeitgeber...?
Alrun Jappe: Was viele nicht wissen: Die genannten Anbieter und noch weitere gehören alle zu einem Unternehmen, nämlich der Klett-Gruppe. Unserer Erfahrung nach unterscheiden sich die Lehrmaterialien und die Kurs-Konzepte der Anbieter der Klett-Gruppe nur unwesentlich. Es gibt aber auch viele kleine spezialisierte Anbieter. Wichtig bei der Auswahl ist unter anderem, auf den Abschluss zu achten, etwa die Frage, mit was für einer Prüfung der Kurs endet. Ein Überblick, welche Fernlehrgänge es allein zum Thema Betriebswirtschaft gibt, bietet unsere Übersicht "Fernunterricht Betriebswirtschaft: 52 Kurse im Vergleich".
Moderator: Die Chat-Zeit ist auch schon fast um: Wollen sie noch ein kurzes Schlusswort an die User richten?
Alrun Jappe: Vielen Dank für die sehr interessanten Fragen, die uns Anregungen geben für die zukünftige Test-Arbeit. Bestellen Sie unseren Newsletter (Themenbereich Bildung und Beruf anklicken), so verpassen Sie keine unserer Veröffentlichungen.
Michael Cordes: Ich bedanke mich ebenfalls herzlich für die rege Teilnahme und möchte auch angesichts des heutigen Deutschen Weiterbildungstags weiterhin zu kontinuierlicher Weiterbildung motivieren und anregen. Bevor Sie Angebote wahrnehmen, versuchen Sie jedoch bitte, Informationen über die Qualität zu erhalten.
Moderator: Das waren 60 Minuten test.de-Expertenchat. Vielen Dank an die User für die vielen Fragen, die wir aus Zeitgründen leider nicht alle beantworten konnten. Vielen Dank auch an Dr. Michael Cordes und Alrun Jappe, dass Sie sich die Zeit für die User genommen haben. Das Chat-Team wünscht allen noch einen schönen Tag.