Champagner, Sekt und Co

Herstellungs­verfahren: Sekt und Champagner aus traditioneller Flaschengärung

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Champagner, Sekt und Co - Wissens­wertes rund um den Schaum­wein

© iStockphoto / antares71

Hier erklären wir, welche Trauben für Schaum­weine in Frage kommen, was bei Kelterung und Abfüllung passiert, welche Gärungs­verfahren es gibt – und welche Bedingungen Sekt oder Champagner erfüllen müssen, um die Bezeichnung „traditionelle Flaschengärung“ tragen zu dürfen.

Rüttelpult oder Tank

Anders als Perl- oder Schaum­weine sind Qualitäts­schaum­weine immer zweifach vergoren und haben minimal 3,5 bar Druck und 10 Prozent Alkohol. Es darf keine Gärkohlensäure zugesetzt werden. Statt­dessen wird der Grund­wein erneut mit einer Zucker-Hefe-Lösung versetzt. Drei Verfahren stehen zur Auswahl.

Traditionelle Flaschengärung, früher auch Champagner-Methode genannt. Der Grund­wein gärt in Einzel­flaschen. Er muss mindestens neun Monate auf der Hefe liegen. Danach landen die Flaschen im Rüttelpult. Dort werden sie täglich gedreht, bis sich die Hefe im Flaschenhals gesammelt hat und entfernen lässt.

Flaschengärung oder Trans­vasier-Verfahren. Der Sekt reift mindestens drei Monate in der Flasche. Anschließend wird er in einen Tank umge­füllt, um die Hefe dort abzu­filtern. Danach wird der fertige Sekt erneut in Flaschen gefüllt.

Tank­gärung. Der Sekt gärt von Anfang an in großen Tanks – das spart Kosten. Wird der Sekt zusätzlich gerührt, lässt er sich schon nach einem Monat abfüllen.

Lese und Kelterung

Helle und dunkle Trauben: Für die Sekt­herstellung können gleichermaßen rote und weiße Trauben verwendet werden. Für Champagner verwenden Weinbauern meist drei Rebsorten: Chardonnay sowie Schwarz­riesling (Pinot Meunier) und Spätburgunder (Pinot Noir).

Weinpresse: Beim Pressen von dunklen Trauben für weißen Sekt oder Champagner ist es wichtig, dass der Traubenmost schnell abläuft. Bleibt er zu lange auf den Schalen, färbt sich der Most rötlich und Gerb­stoffe gelangen hinein. Aus 150 Kilogramm Trauben dürfen nicht mehr als 100 Liter Most gewonnen werden.

Vor der Abfüllung

Herstellung der Grund­weine: Bei der ersten alkoholischen Gärung im Fass oder Stahl­tank entsteht normaler stiller Wein. Dabei wandelt die Hefe den Zucker aus dem Most weit­gehend in Alkohol um. Bei manchen Grund­weinen werden bestimmte Milchsäurebakterien einge­setzt, die die spitze Äpfel­säure im Wein in mildere Milchsäure umwandeln.

Mischung der Cuvée mit Hefe: Nachdem der Kellermeister bis zu 70 verschiedene Grund­weine zu einer Cuvée verschnitten hat, setzt er die sogenannte Füll­dosage zu. Sie bringt die zweite alkoholische Gärung in Gang, die neben Alkohol auch Kohlensäure bildet. Die Füll­dosage, auch „liqueur de tirage“ genannt, besteht meist aus in Wein gelöstem Zucker und Hefe. Für die Entwick­lung des Mindest­drucks von 3,5 bar sind etwa 25 Gramm Zucker je Liter nötig. Durch einen Schlauch ist das Misch­gefäß mit Rühr­gerät (grün) mit der Abfüll­anlage verbunden.

Nach der Abfüllung

Traditionelle Flaschengärung: Ist der Wein in Flaschen abge­füllt, verschließt ihn zunächst ein Kronkorken provisorisch. Die Flaschen lagern kühl im Keller. Nach der Gärzeit dort von bis zu drei Monaten steckt der Kellermeister die Flaschen auf Rüttelpulte. Erst lässt er sie darin nahezu waagerecht (links) lagern, dann bringt er sie nach und nach in einen immer steileren Winkel (rechts), bis sie senkrecht stehen.

Rütteln: Regel­mäßig dreht der Kellermeister die Flaschen um jeweils 90 Grad stets in eine Richtung. Beim schritt­weisen Senk­rechts­tellen sinken abge­storbene Hefep­artikel in den Flaschenhals. Vor allem beim Champagner trägt die Hefe wesentlich zum Aroma bei. Für die Bezeichnung „traditionelle Flaschengärung“ muss der Wein mindestens neun Monate auf der Hefe liegen. Manche Champagner reifen mehrere Jahre so.

Degorgieren

Hefepfropfen: Ist die Reifung abge­schlossen, werden die Flaschen über Kopf stark abge­kühlt, so dass die im Flaschenhals gesammelte Hefe gefriert. Wird der Kronenkorken geöffnet, fliegt der Hefepfropf durch den Druck in der Flasche heraus.

Alles auto­matisch: Moderne Warmdeg­orgier­maschinen entfernen die Hefe maschinell. Danach verschließt ein Gummi­stopfen schnell die Öffnung, um den Druck zu halten und den Sekt­verlust zu begrenzen.

Versanddosage: Nach dem Enthefen füllen die Hersteller die Flaschen mit der sogenannten Versanddosage auf. Sie besteht meist aus Wein mit Traubenmost oder Zucker und verleiht dem Sekt, dessen Zucker durch die zweite Gärung verbraucht ist, den gewünschten Süßegrad. Sie beein­flusst den Geschmack maßgeblich. Für die Geschmacks­richtung „brut nature“ darf an dieser Stelle nicht gesüßt werden.

Korken und Drahtbügel: Direkt nach dem Auffüllen der Versanddosage wird der Korken in die Flasche gehämmert. Ein „Agraffe“ genannter Metall­bügel verhindert, dass der Druck in der Flasche den Korken heraus­drückt.

Verpackung

Kappe: Nach dem Degorgieren werden die Flaschen von außen gereinigt. Die typische Sektkappe wird über den Flaschenhals gestülpt, verknittert und dann fest­gesaugt.

Etikettieren: Zum Schluss kommen noch Etiketten auf die Flaschen, heute meist moderne Selbst­klebee­tiketten. Dann sind die Flaschen fertig für den Handel.

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Kommentarliste

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  • Gelöschter Nutzer am 28.12.2018 um 18:08 Uhr
    @NatalieHorn

    Alkoholfrei darf laut Gesetz alles bezeichnet werden, was weniger als 0,5 % Alkohol enthält. Gewisse Spuren von Alkohol lassen wich technologisch oft nicht vermeiden. Andere Anbieter nutzen die Grenze von 0,5 % aus, um den Geschmack zu verbessern.
    Wer aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen auf Alkohol verzichten möchte, sollte bedenken, dass jeder Fruchtsaft Alkohol enthält (oft sogar mehr als 0,5 %). Auch Kefir enthält mehr als 0,5 % Alkohol. Gesundheitliche Auswirkungen sind bei 0,5 % nicht möglich. Die religiöse Beurteilung muss jeder selbst vornehmen.

  • NatalieHorn am 03.03.2018 um 11:11 Uhr
    No-Name Produkte

    Ich bin soeben ganz zufällig auf diesen Beitrag gestoßen, welcher sehr interessant ist. Ich war ja bis jetzt immer der Ansicht, dass "teuer" nicht gleich auch "gut" sein muss. Heutzutage belegen das auch sehr viele Studien. Für mich war sehr interessant, das "alkoholfrei", nicht sofort heißen muss, dass das Produkt absolut keinen Alkohol enthält. Darüber war ich doch sehr überrascht, da einige getestete Produkte sogar zwischen 0,2 % und 0,5 % Alkohol enthielten. :o
    Über diese Informationen bin ich durch diese Studie gestoßen: http://www.expertentesten.de/unabhaengiger-verbrauchertest-alkoholfreier-lidl-schaumwein-von-light-live-wird-besser-bewertet-als-luxusmarke-mumm-dry/
    Sehr interessanter Artikel in meinen Augen!!

  • Nikolaus2011 am 22.12.2015 um 03:01 Uhr
    Prosecco-Frizzante - billiger Perlwein

    Liebe Tester, endlich mal wieder ein Hinweis darauf, was uns täglich
    für unterirdische Qualtäten von Prosecco vorgegaukelt werden, nämlich
    Überwiegend Perlwein ital. Herkunft, der mit Kohlensäure, womöglich noch
    kurz nach der Pressung im Tankwagen zum Flaschenabfüller gefahren wird.
    Abfüllen, etikettieren, Rin in' Karton und dann auf ins Billigland Deutschland,
    Prosecco - das klingt ja auch wirklich so schön Italienisch und hinterlässt bei vielen
    Leuten den Eindruck, als hätten sie d e n 'Champagner' für kleine Leute getrunken!
    Test vergaß 1.02€ Sektsteuer + 19 Cent MWST. = 1,21€ + Etikett, Fl, Sektkork.
    Versand, Lager, Verw.Kosten-2,25€ - Rotk..2,65 €!! 40 Cent f. Wein fehlt! 2,65€ ein Superangebot!
    Keiner verdient was! Gibt' s nicht.
    Seht ihr noch Fachhändler für Wein, Sekt?-Freu Dich - Wohl sein...
    Nikolaus

  • Antefix am 21.11.2014 um 20:05 Uhr
    Zustimmung -- bis auf die versteckte Promotion

    Dass Harald Wohlfahrt Sekt, Champagner oder deren benachbarte Crémants zu seinen Creationen empfiehlt, dürfte Verpflichtung seiner zwangsläufig umsatzbedachten Hotelierfamilie Finkbeiner sein, indem gewisse Hedonisten, zuletzt auch aus dem ehemaligen Zarenreich, besonders in Baiersbronn oft alles erdenklich Beste auf den Tisch verlangt haben und es dafür natürlich eine (deutsche) 'Ordnung' mit Blick auf anderenfalls drohende Geschmacklosigkeiten (und auf die Schlussrechnung) geben muss.
    Also: Diesen Weihnachten gern mal Schaumwein oder noch besser einen einfachen ehrlichen Riesling in das just vom Feuer genommene Sauerkraut, dagegen die maronen-, apfel- und pflaumengefüllte Bratgans lieber nicht zusammen mit Dom Pérignon aus schnell gänsefettigen Kristallkelchen zu genießen versuchen, sondern erst hinterher. Guter Geschmack bleibt immer irgendwie traditionell. . .