
Gehören künftig zur selben Flotte: Die Autos von DriveNow und Car2Go. © imago / Horst Galuschka
Carsharing ist ideal für Leute, die nicht täglich ein Auto brauchen. Aber wie gut funktioniert das in der Praxis? Gibt es Ärger wegen jedem kleinen Kratzer? Wie steht es um den Versicherungsschutz und was berichten unsere Leser sonst so aus dem Alltag des Auto-Teilens? Hier fassen wir die Ergebnisse unseres Leseraufrufs zusammen.
Unfall oder Betriebsschaden?

Hier am Prager Platz in Berlin geriet Frank S. bei Starkregen mit einem Carsharing-BMW-Mini in eine Überschwemmung. Der Motor versagte, DriveNow wollte 13 000 Euro für die Reparatur. S. hat jetzt ein eigenes Auto. © Stefan Korte
Gut 13 000 Euro Kosten, nur weil plötzlich ein Unwetter aufzog? Weil es in Strömen goss, hatte Frank S. sich ein Auto von DriveNow genommen. Doch aus dem Regen wurden binnen Minuten schwere Überschwemmungen: Bald stand die Straße unter Wasser, Autos schoben Bugwellen vor sich her. Der Berliner wendete, um den BMW-Mini auf sicheren Boden zu bringen. Nach ein paar Metern starb der Motor ab. Dem Fahrer blieb nur, die Zentrale zu verständigen. Sie riet, das Auto stehen zu lassen. „Gott sei Dank habe ich die Rundum-Sorglos-Versicherung “, dachte er. Sie begrenzte den Selbstbehalt auf 350 Euro. Doch er erlebte eine böse Überraschung. DriveNow wollte die vollen Reparaturkosten.
Überwiegend positive Erfahrungen
„Es liegt kein Unfall vor“, hieß es, sondern ein Betriebsschaden. Der sei nicht versichert. Der Berliner ging zum Anwalt, klagte und bekam recht. Wenn bei einer Überschwemmung Wasser in den Motorraum eindringt, sei das nach herrschender Rechtsprechung eine Einwirkung von außen, also ein Unfall, urteilte das Landgericht Berlin (Az. 65 O 72/18). Mit der unschönen Auseinandersetzung blieb der Berliner bei unseren Recherchen ein Einzelfall. Die Erfahrungen unserer Leser mit Carsharing sind eher positiv.
DriveNow verzichtet auf Vollkasko
Eine Überraschung war für Rechtsanwalt Till Win, dass der BMW-Mini keine echte Vollkaskoversicherung hatte: „Es handelt sich nicht um einen konkreten, bei einem Versicherer abgeschlossenen Vertrag.“ DriveNow trägt die Kosten vielmehr selbst und orientiert sich an üblichen Vollkaskopolicen.
Unser Rat
- Sinnvoll.
- Carsharing empfiehlt sich für Leute, die nur selten ein Auto brauchen. Als Faustregel nennt der Bundesverband CarSharing 10 000 Kilometer pro Jahr. Wer mehr fährt, kommt mit einem eigenen Auto günstiger ans Ziel.
- Typ.
- Stationsbasiertes Carsharing ist für lange Strecken und Mietzeiten meist günstiger. Free-floating-Sharing – ohne Station – ist sinnvoll für One-Way-Fahrten.
- Versicherung.
- Fahren Sie vorsichtig. Schäden durch grobe Fahrlässigkeit – etwa nach Übersehen einer roten Ampel – sind bei vielen Anbietern nicht versichert.
Ausschlüsse vom Kaskoschutz
Auch bei anderen Carsharing-Anbietern können Kunden keineswegs blind darauf setzen, dass sie im Schadensfall maximal den Selbstbehalt – meist 500 bis 1 500 Euro – zahlen. Das gilt vor allem bei grober Fahrlässigkeit. Dann deckt die Kasko nur einen Teil oder gar nichts. Grobe Fahrlässigkeit wird gerne mal unterstellt. Beispiele:
- Überfahren einer roten Ampel,
- Alkohol, Drogen oder Handy am Steuer,
- Bedienen des Navis während der Fahrt,
- Küssen während der Fahrt,
- Barfuß oder mit Flip-Flops fahren,
- Überholen an unübersichtlichen Stellen,
- Parken an abschüssigen Stellen, ohne Gang plus Handbremse einzulegen.
Ob so ein Handeln tatsächlich grob fahrlässig ist, hängt immer vom Einzelfall ab.
Fahrer muss selber zahlen
Falls ja, zahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden, den andere erleiden. Für die Reparatur am Carsharing-Auto wäre die Kasko zuständig. Bei grober Fahrlässigkeit zahlt sie aber nicht oder nur teilweise. Das ist bei Kaskopolicen für private Pkw nicht anders. Doch da können Autobesitzer eine Police wählen, die auch bei grober Fahrlässigkeit zahlt. Nur solche Tarife entsprechen unserem Finanztest-Mindestschutz. Bei vielen Carsharing-Firmen klafft hier eine Lücke. „Dies auszuschließen, ist nicht üblich“, schrieb uns Share Now. Unter diesem Namen schließen sich DriveNow und Car2Go zusammen.
Weitere Lücke: Wildunfälle. Einige Anbieter versichern nur solche mit Haarwild, also etwa Rehen, Hirschen und Füchsen. Zusammenstöße mit Vögeln wie Fasanen sind ausgeschlossen, ebenso solche mit Hunden, Katzen und Nutztieren. Wir empfehlen Policen, in denen „alle Tiere“ steht, nicht „Haarwild“.
Ausgeschlossen sind oft auch unsachgemäße Bedienung, Schaltfehler, Übersehen von Warnleuchten, falsche Beladung. Aber das ist in Kaskopolicen für private Pkw nicht anders.
Achtung Selbstbeteiligung
Wenn die Kasko greift, bleibt der Selbstbehalt. Viele Verleiher bieten gegen Aufpreis an, ihn zu senken. Bei Flinkster beträgt er zum Beispiel maximal 1 500 Euro. Für 90 Euro pro Jahr kann man ihn auf 300 Euro reduzieren. Noch günstiger kann es für Carsharer sein, damit zu einem anderen Versicherer zu gehen. Für 66,90 Euro pro Jahr übernimmt zum Beispiel Carassure bis zu 3 000 Euro Selbstbehalt. Einige Anbieter ermöglichen auch Abschlüsse online direkt vor der Fahrt. Für 3,99 pro Tag übernimmt etwa LVM bis zu 1 500 Euro.
Viel niedriger liegt die Selbstbeteiligung meist bei Teilkaskoschäden, etwa Glasbruch, Steinschlag, Sturmschäden. Bei Cambio zum Beispiel sind es dann nicht 1 000 Euro wie in der Vollkasko, sondern maximal 150 Euro.
Keine Haftung bei unklarer Beweislage
Fahrer haften aber nur, wenn sie ein Verschulden trifft. Das muss der Carsharing-Anbieter nachweisen. Bei Mietwagen haften Mieter nicht, wenn kein Verursacher nachzuweisen ist – wie häufig beim Carsharing. Ein Kratzer am Auto muss nicht unbedingt vom letzten Nutzer stammen. Schließlich steht der Pkw an einer öffentlich zugänglichen Stelle – es kann auch ein Fremder gewesen sein.
Das hat unser Leser Sascha Quaiser erlebt. Einige Tage nach Mietende bekam er eine E-Mail: Der von ihm genutzte Wagen habe einen Platten. Quaiser war sicher, das Auto einwandfrei abgestellt zu haben. Das schrieb er DriveNow. Danach hat er von der Sache nie mehr gehört. „Ich hätte aber schon eine Entwarnungs-E-Mail erwartet. So war ich lange unsicher, ob ich haftbar gemacht werde.“
Viele Carsharer fragen Finanztest: Was passiert mit meinem Schadenfreiheitsrabatt, wenn ich auf Carsharing umsteige, mir aber später doch wieder ein Auto kaufe?
Meist erkennen die Versicherer die frühere Schadenfreiheitsklasse an, wenn nicht mehr als sieben, bei einigen zehn Jahre vergangen sind. Erst danach verfällt sie. Wer sicher gehen will, lässt sich vor dem Abmelden die bisher erreichte Rabattstufe bescheinigen.
Dieses Special ist erstmals am 5. März 2019 auf test.de erschienen. Es wurde am 14. Mai 2019 aktualisiert.
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In der Praxis hat sich bei mir gezeigt, dass We Share in Berlin vorerst meine erste Wahl sein wird. Zusätzlich erhält man auf Share Together 10 € Startguthaben für We Share, MILES und SIXT Share: https://share-together.de/
Die (erfreulich unproblematische) Bearbeitung von Kratzern und Dellen könnte zum Großteil vermieden werden, wenn das Design von Autos nicht so sehr auf Aussehen ausgerichtet wäre. Lackierte Stoßfänger, keine Rammschutzleisten an den Seiten - da führt jede kleine Berührung zu einem Schaden. Noch in den 80er Jahren war es üblich, dass Stoßstangen (so hießen sie damals noch) aus Kunststoff waren und im Idealfall eine Gummileiste hatten, und um das gesamte Fahrzeug lief eine Gummileiste. Wenn man dann ein fremdes Fahrzeug, einen Schildermast oder eine Mauer touchierte, passierte - NIX! Vielleicht könnten die Car Sharer die Autos entsprechend ausrüsten, damit dieser Zustand wieder erreicht würde.
Aufpassen muss man wohl, wenn man bei seinem Carsharing Anbieter im Ausland ein Auto leihen will. Soweit ich das gesehen habe, kann man sich z.B. in den USA bei einigen Anbietern problemlos sein Carsharing nutzen, hat dann aber plötzlich eine gefährlich niedrige Versicherungssummer.
Vielleicht können Sie in ihr Special eine Übersicht einbauen, bei welchen Anbietern man im Ausland aufpassen muss, und wo man auch auf Reisen bedenkenlos sein Carsharing nutzen kann.
@OrSz80: Vielen Dank für den Hinweis, wir werden den kleinen Fehler gleich beheben. (AK)
Im Artikel ist ein witziger Typo (DiveNow), insbesondere wenn man bedenkt, das der eine Modellfahrer mit seinem Auto "Abgesoffen ist" :-)