
Auto per App. Redakteur Falk Murko prüft Carsharing in Mailand. © Emanuele Cremaschi
Unser Redakteur Falk Murko hat ausprobiert, wie gut Carsharing in anderen Ländern klappt. Seine Erkenntnis: Mit Car2go, Drivenow und Flinkster fährt man auch im Ausland gut. Aber: Mietwagen sind in manchen Situationen günstiger. Hier erfahren Sie, worauf Sie beim Carsharing in anderen Ländern achten müssen.
Irritationen am Flughafen Wien
Es beginnt mit einer Enttäuschung. Kurz nach der Landung auf dem Flughafen Wien-Schwechat rufe ich auf meinem Handy die Carsharing-Apps auf. Es gibt keine Autos! Drivenow zeigt nur ein Symbol und Car2go meldet: „Freie Fahrzeuge: null.“
Ich rufe den Service von Drivenow an. „Da haben wir wohl ein technisches Problem“, sagt die freundliche Mitarbeiterin. Es stünden mehrere Autos im Parkhaus. Im Parkhaus P3, das vom Terminal über einen gläsernen Übergang erreichbar ist, finde ich tatsächlich mehrere Carsharing-Autos – auch von Car2go. Ich öffne einen Smart Fortwo von Car2go, gebe mein Ziel ins Navi ein und fahre los. Für die 23 Kilometer bis zum Naschmarkt in der Wiener Innenstadt benötige ich bei lebhaftem Verkehr 42 Minuten. Die Fahrt kostet 25,33 Euro. Mit dem Taxi käme die Fahrt auf 25 bis 45 Euro. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte ich mein Ziel genauso schnell, aber deutlich billiger erreicht. Die Tickets für S- und U-Bahn kosten zusammen nur 4,10 Euro.
Carsharing im Ausland – unser Rat
- Alternative.
- Für Familien und kleine Gruppen kann Carsharing im Ausland eine Alternative zum öffentlichen Nahverkehr oder Taxi sein (zum Preisvergleich). Für längere Strecken ist ein Mietwagen aber oft günstiger (zum Test von Mietwagenportalen).
- Angebot.
- Das Angebot ist begrenzt: Kunden von Car2go und Drivenow können in einigen europäischen Metropolen fahren, Flinkster ist hauptsächlich in kleineren Städten Norditaliens und der Schweiz vertreten (Angebotsvergleich in der Tabelle).
„Freefloating“ oder stationär
Rund zwei Millionen Deutsche nutzen Carsharing, die meisten bei den Anbietern Car2go und Drivenow (zum jüngsten Test Carsharing). In Großstädten können deren Wagen in einem begrenzten Geschäftsgebiet ohne feste Stationen gemietet werden („Freefloating“). Die Autos von Flinkster, dem Carsharing-Angebot der Deutschen Bahn, lassen sich dagegen meist nur an festen Stationen abholen und parken. Alle drei Unternehmen bieten ihre Dienste nicht nur in Deutschland an, sondern auch in einigen europäischen Städten. Car2go bedient sieben Städte in vier Ländern, darunter Mailand, Amsterdam, Wien und Madrid. Bei Drivenow sind es acht Städte in acht Ländern, zum Beispiel Brüssel, London, Mailand und Wien. Flinkster kooperiert mit Partnern in acht Städten Norditaliens, im niederländischen Weert sowie in der Schweiz (Tabelle Carsharing im Ausland).
Drei Carsharing-Anbieter, drei Orte im Ausland
Wir haben die drei Anbieter ausprobiert – in Wien, Mailand und dem norditalienischen Brescia. Im Großen und Ganzen hat alles gut geklappt. Die Preise sind in etwa die gleichen wie in Deutschland. Abgerechnet wird nach der Fahrtdauer. In Mailand kostet eine Minute je nach Autotyp bei Car2go 24 oder 26 Cent und bei Drivenow 31 oder 34 Cent. Kraftstoff, Parken und Versicherung sind im Preis enthalten. Für kurze Fahrten kann das billiger als ein Taxi sein. Längere Ausflüge sind mit dem Mietwagen aber oft günstiger (zum Preisvergleich).
Auto im Ausland – so einfach wie daheim

Drivenow. Ein Auto zu finden, zu reservieren und zu starten, ist einfach. Die Parkplatzsuche in Mailand ist es nicht. © Stiftung Warentest, Emanuele Cremaschi
An ein Auto zu kommen, ist im Ausland genauso einfach wie in Deutschland: Per Handy-App ein freies Gefährt in der Nähe beziehungsweise an der nächstgelegenen Station suchen und mit der App oder mit einer Chipkarte plus einem persönlichen Code öffnen. Vor der Fahrt sollten Nutzer zunächst prüfen, ob das Auto nicht registrierte Schäden hat. Wenn ja, müssen diese in der App eingetragen oder gemeldet werden. Ist alles geklärt, kann es losgehen.
Die Autos von Car2go und Drivenow können Nutzer jederzeit auf einem freien Parkplatz im Geschäftsgebiet abstellen und die Fahrt beenden. Das Flinkster-Auto dagegen muss zurück zur Station. Die Freefloater sind also etwas flexibler, aber nur im festgelegten Geschäftsgebiet. Das sind meist die Innenstadt, Teile der Außenbezirke und oft ein Flughafen. Nur in diesem Bereich können die Autos endgültig geparkt werden. Wer das Geschäftsgebiet verlässt, kann die Fahrt erst nach der Rückkehr beenden.
In Mailand ist die „area operativa“ sowohl bei Car2go als auch bei Drivenow zweigeteilt. Wer die Fahrt zum Beispiel bei Drivenow im inneren Bereich beginnt und im äußeren Bereich beendet, muss einen Zuschlag von 4,90 Euro bezahlen. In die für viele Autos aus Umweltschutzgründen gesperrte Innenstadt hingegen dürfen Carsharer ohne Aufpreis fahren.
Eine Anmeldung für viele Länder
Wer in Deutschland bei den drei Unternehmen angemeldet ist, kann deren Autos in ganz Europa nutzen. Vor der ersten Fahrt müssen Drivenow- und Car2go-Nutzer die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in der App akzeptieren. Bei Flinkster gelten in Italien und den Niederlanden die deutschen AGB, in der Schweiz die des Partners Mobility. Das Kleingedruckte gibt es immer nur in der jeweiligen Landessprache und in Englisch, was das Verständnis erschwert.
Viele Passagen sind laut Anbieter identisch mit den deutschen allgemeinen Geschäftsbedingungen, Unterschiede betreffen etwa das Mindestalter des Fahrers. Ein wichtiger Unterschied bei den Vertragsbedingungen können die Deckungssummen der Haftpflichtversicherung sein, die teils geringer sind als in Deutschland (Details im Interview Wir empfehlen die Mallorca-Police).
Carsharing im Praxistest – kaum Probleme

Car2go. Die App funktioniert am Flughafen Mailand Linate korrekt. Am zweiten Flughafen Malpensa gibt es kein Carsharing. © Stiftung Warentest, Emanuele Cremaschi
Bis auf die kleine Panne am Flughafen in Wien verlief mein Praxistest mit Car2go und Drivenow in Mailand und Wien völlig problemlos. Es war immer mindestens ein Auto der beiden Freefloating-Anbieter in der Nähe. Reservieren, Öffnen, Fahren und Verschließen der Fahrzeuge klappte stets einwandfrei. Alle Abrechnungen waren ausführlich und korrekt.
Auch bei Flinkster gab es nur am Anfang leichte Probleme: Ich reserviere zwei Tage im Voraus ein Auto in Brescia. Die Übernahme ist etwas schwierig, da Flinkster zwar eine ausführliche Bestätigung schickt, darin aber weder den Namen des Kooperationspartners noch die genaue Adresse nennt. Die Viale della Stazione ist ziemlich lang. Flinkster finde ich nicht, aber anhand des Autokennzeichens nach einigem Hin und Her schließlich „meinen“ VW up, auf dem groß „Automia“ steht. Das ist der Carsharing-Service der Stadt Brescia.

Flinkster. Das in Brescia gebuchte Auto gehört zur italienischen Automia. Ein Navi sollte man selbst mitbringen. © Stiftung Warentest
Danach läuft alles prima. Ich öffne das Auto mit meiner Kundenkarte. Der Wagen ist sauber, der Tank fast voll. Ein Navigationsgerät hat das Auto allerdings nicht. Wer sich nicht auskennt, sollte bei Flinkster das eigene Navi mitbringen. Für meinen Ausflug zum schönen Lago d’Iseo, der viereinhalb Stunden dauert und auf dem ich 77 Kilometer zurücklege, berechnet Flinkster 36,36 Euro. Ein Mietwagen mit guten Bedingungen hätte für den ganzen Tag inklusive Sprit kaum mehr gekostet.
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@antimatter: Ja, es gibt wirklich Policen, die den Schutz beim Carsharing einschränken. Wer im Urlaub Carsharing nutzt, sollte bei seinem Autoversicherer noch einmal nachhaken, ob die Mallorca-Police auch in diesem Fall leistet. (maa).
@antimatter: Zu 1) Ob es auch Mallorca-Policen gibt, die einen Unterschied zwischen einem Mietwagen und der Nutzung des Carsharings machen, haben wir in Finanztest noch nicht thematisiert. Wenn meine Ansprechperson aus dem Urlaub zurück ist, melde ich mich bei Ihnen noch mal per Mail.
Zu 2) Mit einer Traveller-Police erweitern Sie (weltweit) den Schutz der Haftpflichtpolice im Reiseland auf das heimische Niveau. Sie bekommen den Schutz bei Ihrem Automobilclub, über das Mietwagenportal im Internet oder bei der Kfz-Versicherung. Da wir die Traveller-Policen bisher noch nicht unter die Lupe genommen haben, gibt es dazu keine konkrete Empfehlung. (maa)
Wegen der niedrigen Haftpflichtversicherung habe ich noch zwei Fragen:
1) Ich habe eine Mietwagenzusatzversicherung über meine Kreditkarte. Die gilt aber *nicht* für Carsharing, sondern nur für richtige Mietwagen. Gelten denn wie im Text angedeutet Mallorcapolicen automatisch auch für Carsharing, oder hängt das von der konkreten Versicherung ab?
2) Gibt es Zusatzversicherungen, um die Haftpflichtabdeckung im Carsharing in den USA zu erhöhen? Denn da sind die Versicherungen besonders niedrig, aber viele Mallorcapolicen gelten nicht in den USA.
Kommentar vom Autor gelöscht.