Calling-Cards Reden ist Silber

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Wer ein Handy mit Guthabenkarte hat, kann doppelt so lange telefonieren – und muss trotzdem nicht mehr bezahlen als vorher. Vorausgesetzt, er hat auf die richtige Karte gesetzt.

Berlin, Stadtautobahn, 16:30 Uhr. Stau, nix geht mehr. Es wird zu spät, um pünktlich zum Essen zu kommen. Was tun? Anrufen natürlich. Das Handy mit der Guthabenkarte von O2 (ehemals Viag Interkom) wird gezückt und fünf Minuten ins Festnetz telefoniert. Das kostet 4,30 Euro. Hätte der Anrufer eine Calling-Card benutzt, wäre es erheblich billiger geworden.

Jede der von uns getesteten Calling-Cards ist günstiger als die Tarife eines Prepaid-Handys, sei es von O2, Vodafone, E-Plus, T-Mobil oder Quam. Im obigen Beispiel hätte der Mann mit einer Calling-Card von CS-Telecom für die fünf Minuten Gespräch nur 1,67 Euro bezahlt und so 2,63 Euro gespart. Wie das funktioniert? Voraussetzung, um die bunten Plastikrechtecke namens Calling-Card verwenden zu können, ist zuerst einmal das Tonwahlverfahren beim Telefon. Handys haben damit keine Probleme, andere Telefone, zum Beispiel manche Telefonzellen, müssen vielleicht erst mit der Tastenkombination -> * -> umgestellt werden. Ist das geschehen, sind vor dem Gespräch noch eine Menge Ziffern einzugeben: Als erstes die kostenlose Zugangsnummer (0800-), dann eine Geheimzahl (Pin oder Kartennummer) und dann zum Schluss die gewünschte Rufnummer (immer mit Vorwahl). Die langen Zugangs- und Pin-Nummern sind schwer zu merken, aber dafür gibt es ja die Calling-Cards: Sie dienen als Gedächtnisstützen, auf denen die relevanten Nummern vermerkt sind.

Das mag alles etwas umständlich erscheinen, aber der Vorteil liegt auf der Hand: Nutzer von Handys mit Guthabenkarte können richtig viel Geld sparen – über 70 Prozent pro Gesprächsminute. Kunden mit Handyvertrag dagegen sollten schon genau rechnen und prüfen, welche der Calling-Cards ihnen Einsparungen bringt – wenn überhaupt.

Wir haben zehn Calling-Cards mit günstigen Inlandsgesprächen für Mobilfunkkunden herausgesucht und geprüft, wo sie zu bekommen sind, wie sie funktionieren und wem sie wirklich nutzen.

Funktionalität ist alles

Die Karten der geprüften Anbieter funktionierten bei Gesprächen innerhalb Deutschlands, mit einer Ausnahme, einwandfrei. Jede Karte wurde mit zehn Telefonaten getestet – sowohl mit Mobiltelefonen als auch von öffentlichen Fernsprechern. Wermutstropfen mit einer „mangelhaften“ Funktion war die Karte Boomerang von Peter Walker. Sechs von zehn Testgesprächen waren gestört. Die Leitung rauschte und knackte, viermal wurde das Gespräch mit einer englischen An­sage unterbrochen. Das schränkt das Telefonvergnügen trotz niedriger Preise doch erheblich ein. Bei den anderen neun Anbietern haben die Leitungen störungsfrei funktioniert.

Abgerechnet wird am Schluss

Für Calling-Cards gibt es zwei unterschiedliche Abrechnungsverfahren: Entweder zahlt der Nutzer vorher einen bestimmten Betrag, den er dann abtele­foniert (Prepaid). Vor jedem Gespräch erhält er dann eine Ansage, für wie viele Gesprächsminuten zu dem gewählten Anschluss das Guthaben noch ausreicht. Oder er bekommt jeden Monat eine Rechnung zugeschickt

Neun Anbieter haben alle zehn Gespräche vollkommen richtig und tarifgerecht abgerechnet. Einer fiel jedoch aus dem Rahmen: Bluecom rechnete fünf von zehn Telefonaten falsch ab. So wurden zum Beispiel für Gespräche von 45 Sekunden Dauer ganze zwei bis drei Minuten abgebucht. Ergebnis: „mangelhaft“ im Prüfpunkt Abrechnung und damit auch „Mangelhaft“ im Gruppenurteil für Funktion und Abrechnung.

Achtung: Viele Calling-Card-Anbieter erheben eine zusätzliche Gebühr für Telefonate aus öffentlichen Fernsprechern, weil die Deutsche Telekom AG dort die Einwahlgebühren für 0800-Nummern erhöht hat. Die zusätzlichen Kosten geben sie an die Kunden weiter.

Haltbarkeit ist begrenzt

Viele der Guthaben bei Calling-Cards sind nur eine begrenzte Zeit lang gültig. So verfällt das Guthaben bei einigen Anbietern schon drei Monate nach der ersten Nutzung. Andere sind nach der Erstnutzung noch 4, 6, 8 oder 12 Monate gültig. Das Guthaben der Calling-Card von Transglobe kann sogar in ganzen drei Jahre verbraucht werden. Danach besteht dann die Möglichkeit, die Zeit durch Nachladen zu verlängern. CS-Telecom wiederum legt gar kein Verfallsdatum fest.

Achtung: Die Gültigkeitsklausel ist nur wirksam, wenn die Höhe des gewählten Guthabens in einem angemessenen Verhältnis zur Nutzungsdauer steht. Bei einer Calling-Card für 10 Euro könnte eine Nutzungsdauer von drei Monaten durchaus zumutbar sein. Nach drei Monaten würde dann das restliche Guthaben ohne weitere Ansprüche des Kunden verfallen. Beträgt das Guthaben hingegen stattliche 50 Euro, könnte eine knappe Begrenzung auf drei Monate schon wieder unzumutbar sein. Der Gesetzgeber legt sich hier nicht eindeutig fest. Jedes Unternehmen handhabt diese Frage unterschiedlich. Und so liegt es im Ermessen der Gerichte zu beurteilen, ob die Zeit zu kurz angesetzt wurde oder nicht, falls es jemand auf einen Rechtsstreit ankommen lässt.

Wer also nicht genau weiß, ob er einen bestimmten Betrag in der vorgegebenen Zeit abtelefoniert, sollte sich lieber eine Karte ohne Verfallsdatum oder wenigstens eine mit längerer Gültigkeit kaufen.

Wo es Calling-Cards gibt

Und man bekommt sie an den unterschiedlichsten Orten: entweder in speziellen Läden (Card-Shop, Telefon-Shop, Telecard-Center). Oder nach Angaben der Anbieter an Kiosken und Tankstellen. Am einfachsten ist die Bestellung per Fax, Telefon oder über das Internet.

Doch auch hier kann es kompliziert werden. So ist der Kartenkauf bei Peter Walker recht langwierig und umständlich. Die Online-Bestellformulare sind meist in Englisch verfasst und spezielle Begriffe werden nicht erklärt. Außerdem: Das im Internet ausgefüllte Formular kann nicht einfach online abgeschickt werden. Der Kunde muss es ausdrucken und als Fax versenden. Eine sehr umständliche Prozedur, die nur für ein „Befriedigend“ reicht. Hinzu kommt nur „ausreichendes“ Informationsmaterial. So kam Peter Walker im Gruppenurteil zum Kartenkauf nur auf „ausreichend“.

Auch Mox und Transglobe schnitten beim Unterpunkt Kartenkauf nur „ausreichend“ ab, da die mitgelieferten Informationen „mangelhaft“ waren und die Bestellung auch nicht viel besser ablief. Mox nimmt direkt auf der Website übrigens nur Bestellungen ab einem Wert von 500 DM (255,64 Euro) entgegen. Wer kein Händler ist und nur eine Calling-Card erwerben will, wird auf drei Partner verwiesen, auf deren Internetseiten die Karten zu haben sein sollen. Der erste der von uns angefragten Partner hatte die gewünschte Karte gar nicht im Angebot und beim zweiten war sie gerade ausverkauft. Erst beim dritten Anlauf gelang uns die Bestellung. Das war doch etwas umständlich. Am Ende lautete die Note für die Bestellung nur „ausreichend“. Schnell, einfach und rundum „gut“ ging der Kartenkauf nur bei CS-Telecom über die Bühne. Hier wurden auch „gute“ Informationsmaterialien mitgeliefert.

Es gibt übrigens auch Internetseiten von Kartenverkäufern, die unabhängig von den Anbietern sind (wie bei Mox offeriert). In unserem Test haben wir die Karten von C3 und CPE über www.verivox.deund die Karte von Mox über www.callingcard-versand.debestellt. Letzterer hat sich auf die Karten von Mox spezialisiert, während es bei Verivox neben C3 und CPE auch Karten von anderen Anbietern gibt: Oneline und Tele2 sowie die getesteten Bluecom, Deutsche Telekom, Median und Mox.

Die von uns bestellten Karten wurden unverzüglich aktiviert. Bei Verivox wird aber kein kleines buntes Plastikrechteck, sondern eine E-Mail geschickt, in der die erforderliche Zugangsnummer und der persönliche Pin-Kode vermerkt sind.

Bei Verivox finden sich einige gute Informationen über Calling-Cards und deren Anbieter. Weitere unabhängige Vertreiber sind zum Beispiel Teltarif ( www.teltarif.de), auf dieser Seite finden sich auch gute Informationen zu Calling-Cards und Vica24 ( www.vica24.com). Hier sind die Preise und Tarife der einzelnen Karten gut aufgeschlüsselt.

Wer nicht fragt, bleibt dumm

„Ich bin nur Aushilfe und weiß das nicht. Mein Chef ist im Urlaub und meine Kollegin im Krankenhaus.“ Antworten dieser Art waren zum Glück die Ausnahme, als wir Fragen zur Nutzung der Calling-Cards stellten. Meist hatten die Mitarbeiter der Hotlines wenig Probleme, die verschiedenen Fragen zu beantworten. Im Urteil für die Hotlines erhielten alle zehn Anbieter die Note „gut“. Anfragen zu den Tarifen und zum Aufladevorgang beantworteten sie immer richtig. Fachlich waren alle Mitarbeiter sehr kompetent. Doch sie hatten meist Schwierigkeiten, komplexe Sachverhalte eindeutig und verständlich zu erklären. Das klappte bei der Deutschen Telekom noch am besten. Der „Ein-Mann-Kartenvertreiber“ Peter Walker konnte zwar eindeutige und verständliche Antworten liefern. Sein Engagement dagegen hielt sich in engen Grenzen: „Mr. Walker klingt einfach immer total gelangweilt“, kommentierte ein Tester. Dafür gab es von test nur ein „Ausreichend“ im Unterpunkt Engagement. Die angegebene Hotline-Nummer entpuppte sich als Peter Walkers Handy. Dennoch war Peter Walker nur zu den „üblichen Geschäftszeiten“ zu erreichen (Montag bis Freitag von 9 bis 20 Uhr).

Das scheint aber bei den meisten Anbietern Usus zu sein. Rund um die Uhr waren während des Testzeitraums nur die Hotlines von Ancotel, CPE und der Deutschen Telekom geschaltet.

Normal sind auch kostenpflichtige Hotlines. Kostenlose Auskunftsdienste boten während der Testphase nur die Deutsche Telekom und Transglobe an. Bei Bluecom hingegen muss man für eine Auskunft 1,86 Euro pro Minute zahlen. Dafür war immerhin die Hälfte der getesteten Anbieter auch am Wochenende zu erreichen. Verbesserungswürdig sind die Hotlines von C3 und Median. Beide waren nicht gut erreichbar und bekamen deshalb nur ein „Befriedigend“.

Für wen sich die Karten lohnen

Grundsätzlich können Calling-Cards hel­fen, Geld zu sparen. Doch die Tarifstrukturen sind sehr intransparent. Dadurch ist es für den Interessenten schwierig, sein Sparpotenzial zu beziffern. Einige Anbieter informieren außerdem nur dürftig über weitere Kosten, wie zum Beispiel Verbindungs- oder Einwahlgebühren. Auch auf Telefonate von Mobilfunk zu Mobilfunk und von Mobilfunk ins Festnetz wird oft ein Zuschlag erhoben. Außerdem können sich die Tarife häufig ändern. Wer sich zum Kauf einer Calling-Card entschließt, sollte vorher überlegen, wohin er und vor allem wie oft er telefoniert. Am meisten lohnen sich Calling-Cards für Besitzer eines Prepaid-Handys, die öfter mal Gespräche ins Festnetz führen müssen. Auch für alle, die einen hohen Gesprächsbedarf ins Ausland haben (zum Beispiel zu Verwandten oder Freunden), lohnt sich die Anschaffung einer Calling-Card. Hier kann mit der richtigen Karte richtig viel Geld gespart werden, denn die einzelnen Anbieter haben oft mehrere Calling Cards im Angebot. Darunter immer spezielle Karten für Anrufe in andere Länder.

Wer allerdings einen Mobilfunkvertrag hat, kommt mit seinem Tarif oft genauso günstig oder sogar noch billiger weg. Es sei denn, er muss oft „Ferngespräche“ innerhalb Deutschlands ins deutsche Festnetz führen: Dann kann sich eine Calling-Card eventuell auch für ihn lohnen. So kostet zum Beispiel ein Anruf vom Handy ins Festnetz mit dem Telly-Active-Vertrag von T-D1 zur Hauptzeit 49 Cent pro Minute. Benutzt der Kunde aber zusätzlich eine Calling-Card von C3, bezahlt er für das Gespräch nur noch 25 Cent in der Minute. Am Wochenende dagegen kostet ein Telefonat mit dem Telly-Active-Vertrag vom Handy ins Festnetz nur noch 9 Cent pro Minute und ist somit wieder billiger als mit Calling-Card.

Tipp: Rechnen Sie nach und vergleichen Sie die aktuellen Angebote, bevor Sie eine Calling-Card kaufen.

Wer seltsamerweise immer noch viel zu viel Geld beim Telefonieren ausgibt, könnte sein Handy einfach für eine Weile wegschließen. Schweigen ist Gold.

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