
Quereinsteiger haben gute Jobchancen in der Corporate Social Responsibility (CSR). Kurse gewähren ersten Zugang. Sie sind teuer, aber ihr Geld wert.
Alle Testergebnisse für CSR-Kurse 11/2013
Kristin Heckmann ist beruflich viel unterwegs – in China, Thailand und der Türkei zum Beispiel. Gerade war sie in Peru. Sie hat dort Lieferanten geschult und sich für faire Arbeitsbedingungen eingesetzt. Kristin Heckmann ist CSR-Beauftragte beim Naturmodeanbieter Hessnatur.
Corporate Social Responsibility, kurz CSR, bezeichnet die Verantwortung, die eine Firma freiwillig für Mensch und Umwelt übernimmt und mit der sie einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet. Das kann sie etwa tun, indem Produktion und Vertrieb umweltschonend stattfinden, der Betrieb auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf achtet, er sich in sozialen Projekten engagiert oder ehrenamtliche Aufgaben der Mitarbeiter unterstützt (siehe Begriffserklärung).
Die CSR-Aktivitäten eines Unternehmens werden in der Regel von Spezialisten koordiniert, die den Titel CSR-Manager oder Nachhaltigkeitsbeauftragter tragen. Doch wie wird man Nachhaltigkeitsbeauftragter?
Einen ersten Zugang für Quereinsteiger versprechen Kurse mit Titeln wie „CSR-Crashkurs für Einsteiger“ oder „Grundlagen des CSR-Managements“. Doch was bieten solche Kurzlehrgänge?
Stichprobenartig Kurzkurse besucht
Die Stiftung Warentest hat sich Kurse für Quereinsteiger angesehen, eine Checkliste für die Auswahl eines geeigneten Seminars entwickelt und eine Marktübersicht von 32 Anbietern zusammengestellt (siehe Checkliste und Tabelle).
Die Stichprobe von drei Seminaren zeigt: Die Kurzkurse sind teuer, aber ihr Geld wert, denn sie vermitteln die Grundzüge des Metiers. Mehr als einen Einstieg in das Thema können sie jedoch nicht bieten. Denn einfach ist die Arbeit eines CSR-Managers nicht: „Jede Firma braucht ein individuelles Konzept, das sich möglichst auf die gesamte Lieferkette und das Kerngeschäft des Unternehmens bezieht“, sagt Lars Rademacher, Professor für Kommunikationsmanagement an der Macromedia Hochschule München.
Hessnatur, Kristin Heckmanns Arbeitgeber, hat sich hier als vorbildlich erwiesen. Das Ökolabel wurde etwa mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet und in einem CSR-Test von Damen-T-Shirts der Stiftung Warentest als einziger mit „stark engagiert“ bewertet (siehe Test T-Shirts Unternehmensverantwortung aus test 08/2010).
Große Chance für Quereinsteiger
Das Know-how, so eine CSR-Strategie zu entwickeln, kann man auf verschiedene Weise erwerben. Inzwischen steht CSR zwar an deutschen Hochschulen auf dem Lehrplan. Doch noch gibt es nicht allzu viele Absolventen. „Die Chance für Quereinsteiger ist aktuell groß“, weiß Lars Rademacher.
Jobchancen bietet CSR beispielsweise für Mitarbeiter in Firmen, die sich künftig nachhaltig ausrichten wollen. Das betrifft speziell klein- und mittelständische Unternehmen. Sie beauftragen oft Mitarbeiter aus den eigenen Reihen mit dem CSR-Management. Dem Corporate Sustainability Barometer 2012 zufolge erwerben sie ihr Wissen durch interne Weiterbildungen wie Workshops oder Arbeitskreise.
Interessant ist CSR-Wissen aber auch für Hochschulabsolventen, egal ob sie Jura, Betriebswirtschaft oder etwas anderes studiert haben. Auch ihnen können Einsteigerkurse helfen, Zugang zur CSR zu finden.
Kurse kosten bis 700 Euro am Tag
Private Anbieter, Hochschulen und Industrie- und Handelskammern (IHK) haben solche Seminare im Programm. Geschulte Tester mit Interesse am Thema haben für die Stiftung Warentest drei ein- bis fünftägige CSR-Kurse besucht, je einen pro Anbietergruppe. Die Veranstalter benennen wir bewusst nicht, damit unsere verdeckten Testteilnehmer nicht identifiziert werden können.
Was auffällt: Preislich haben die Seminare es alle in sich – unabhängig vom Veranstalter. Der CSR-Unterricht kann im Schnitt pro Tag bis zu 700 Euro kosten.
Versprechen zum großen Teil gehalten
Wer viel Geld in die Hand nimmt, darf Lernergebnisse erwarten. Die gute Nachricht: Alle von uns besuchten Kurse gaben – wie versprochen – Überblick über die Grundzüge der CSR. Die Teilnehmer lernten die wichtigsten Fachbegriffe, Instrumente und Richtlinien der CSR kennen und erfuhren, wie ein CSR-Konzept erstellt und schrittweise umgesetzt werden kann. Die Seminare erfüllen damit die Erwartungen, die die Stiftung Warentest an Basiskurse richtet (siehe Checkliste).
Eines muss man aber wissen: Kurzkurse haben ihre Grenzen. „Ein komplettes CSR-Konzept könnte ich nach dem Seminar nicht erstellen. Dafür müsste ich das Wissen vertiefen“, fasst ein Tester zusammen.
Von Dozententeams profitieren
Besonders positiv fiel uns der Kurs an der Hochschule auf: Er vermittelte fundierte Basiskenntnisse und überzeugte durch die Arbeit mit Beispielen. Lobenswert waren auch die abwechslungsreichen Vorträge verschiedener Gastreferenten.
Tipp Wählen Sie einen Kurs mit mehreren Dozenten. Die Expertise von Trainern unterschiedlicher Fachrichtungen beleuchtet das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln, zum Beispiel aus der Sicht eines Praktikers, eines Juristen und eines Betriebswirtschaftlers.
Weder Struktur noch Kontrolle
Beim IHK-Anbieter dagegen fehlte es sowohl an der Tagesstruktur als auch an Lernzielkontrollen. Das Training bestand aus teils mehr als einstündigen, immerhin unterhaltsamen, Dozentenvorträgen. „Mir fehlten Übungsanteile“, klagt unser Tester.
Tipp Überlassen Sie das Geschehen im Seminar nicht allein dem Anbieter. Bereiten Sie sich auf den Kurs vor, etwa indem Sie, wenn möglich, Ihre Fragen vorab dem Dozenten schicken. So kann er auf Ihre Anliegen eingehen.
Arbeit an fiktiven oder echten Fällen
Apropos Praxis. In den beiden anderen Seminaren kamen Übungen keineswegs zu kurz. Die Dozenten legten den Teilnehmern Nachhaltigkeitsberichte vor, arbeiteten mit ihnen an fiktiven Fällen oder konkreten Skandalen.
Authentische CSR-Berichte machen das Lernen zwar anschaulich, konstruierte Fälle haben jedoch den Vorzug, dass CSR-relevante Aspekte komprimiert dargestellt und gezielt in den Fokus genommen werden können. Das ist bei echten Beispielen anders: Sie sind oft zu komplex für einen Einsteigerkurs. Doch es gibt auch dort durchaus geeignetes Übungsmaterial.
Peinliche, aber lehrreiche Panne
Der Tester im Kurs des privaten Anbieters etwa erarbeitete sich am Beispiel eines Joghurtbechers aus Biokunststoff sein CSR-Grundwissen. Ein Lebensmittelkonzern erlebte mit dem Biobecher eine peinliche Panne: Maisstärke statt Erdöl – das pries er als umweltverträglicher an. Eine Umweltschutzorganisation entlarvte das als Mogelverpackung: Die Ökobilanz war ganz und gar nicht tadellos.
Über das Streitobjekt war seinerzeit ein reger Schriftverkehr entstanden. „Anhand der Unterlagen sollten wir herausfinden: Wer hat recht?“ sagt der Tester. „Es hat sich herausgestellt, dass das Unternehmen für PR-Zwecke nur die Hälfte der Wahrheit gesagt hat“, so der Tester.
Das Joghurtbecher-Debakel zeigt: Wer sich verantwortungsvolles Handeln auf die Fahnen schreibt, muss sich daran messen lassen. Bloße Lippenbekenntnisse lassen Firmen unglaubwürdig wirken. Ein Fauxpas kommt Konzerne teuer zu stehen, sie müssen sich des „Greenwashing“ bezichtigen lassen – der grüne Ruf leidet.
Verschiedene Lernmöglichkeiten
Das ist eine wichtige Lehre für die Praxis. Den Schritt dahin müssen CSR-Neulinge jedoch erst einmal schaffen. Nicht jeder kann oder will ein (Zweit-)Studium absolvieren. Es gibt weitere Lernwege, zum Beispiel informelle Lernmöglichkeiten im Betrieb oder durch den Austausch mit der Peergroup, sprich: anderen Nachhaltigkeitsbeauftragten. Dafür eignen sich Messen oder soziale Netzwerke. Manche Firmen bieten Inhouse-Trainings.
Tipp Falls Sie, als Hochschulabsolvent zum Beispiel, etwas Zeit haben, aber nicht viel Geld für einen Kurs ausgeben möchten, ist ein Praktikum ein guter Weg, Einblick in die Arbeit eines CSR-Managers zu bekommen.
32 Kursanbieter im Überblick
Offene Kursangebote, wie die drei von uns besuchten, sind ebenfalls ein guter Einstieg für CSR-Neulinge. Sie richten sich meist an Fach-, Führungskräfte und (zukünftige) CSR-Manager. Unsere Marktrecherche ergab allerdings: Leicht zu finden sind CSR-Seminare nicht. Die üblichen Weiterbildungsdatenbanken liefern hier wenige Ergebnisse. Wir haben deshalb eine Liste von 32 Kursanbietern zusammengetragen, die sich überwiegend auf Großstädte und Ballungsgebiete konzentrieren (siehe Tabelle).
Tipp Suchen Sie in der Tabelle einen Anbieter, der für Sie in Frage kommt und haken Sie dort nach: Liefert der Kurs das nötige CSR-Grundwissen? Nutzen Sie dabei unsere Checkliste. Erkundigen Sie sich auch nach den Referenzen des Dozenten.
Basiswissen ergänzen
Die Tabelle gibt auch Überblick über Themen weiterer CSR-relevanter Kurse der Anbieter, etwa zu Nachhaltigkeitsberichterstattung, CSR-Zertifizierung oder nachhaltiger Beschaffung – nützlich, um das Basiswissen zu ergänzen.
Solches Handwerkszeug beherrscht Kristin Heckmann inzwischen längst aus dem Effeff. Als Beauftragte für Sozialstandards bei Hessnatur setzt sie sich dafür ein, dass es den Nähern in Peru gut geht – und auch sie selbst mit gutem Gewissen ihre Arbeit machen kann.
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