
Sparkassen sind ans Grundgesetz gebunden. Sie dürfen ihren Kunden nicht ohne sachgerechten Grund kündigen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Direkt betroffen ist die Sparkasse Mittelfranken-Süd. Doch das Urteil ist auf alle rund 400 Sparkassen bundesweit übertragbar. test.de erklärt die Rechtslage.*
Pflicht zu Guthabenkonto
Stein des Anstoßes: Nach den Geschäftsbedingungen der meisten Sparkassen sind diese berechtigt, die Geschäftsbeziehung zu Kunden zu kündigen. Wörtlich hieß es in den Vertragsunterlagen der Sparkasse Mittelfranken-Süd: „Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen (...) , können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.“ Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden zog gegen die Klausel vor Gericht. Die Sparkassen sind nach der bayerischen Sparkassenordnung verpflichtet, Guthabenkonten zu führen, argumentierte Schutzgemeinschafts-Anwalt Wolfgang Benedikt-Jansen. Da dürfen sie sich nicht das Recht einräumen, einzelne Verträge und sogar die gesamte Geschäftsbeziehung ohne Angabe von Gründen zu kündigen.
Verstoß gegen Recht auf Gleichbehandlung
Schon das Landgericht Nürnberg-Fürth und Oberlandesgericht Nürnberg urteilten: Die Kündigungsklausel ist rechtswidrig. Doch die Sparkasse legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof setzte jetzt noch einen drauf: Die Regelung verstößt nicht nur gegen die Sparkassenordnung, sondern auch gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf Gleichbehandlung. Daran sind Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts direkt und unmittelbar gebunden. Nur mit sachgerechter Begründung sind sie daher berechtigt, Kunden vor die Tür zu setzen, schrieben die Bundesrichter den kommunalen Kreditinstituten ins Stammbuch. Eine Regelung, wonach Sparkassen ohne Angabe von Gründen kündigen dürfen, sei damit nicht vereinbar. Die Formulierung „Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen, …“ bringe das nicht klar und verständlich genug zum Ausdruck, erklärten die Bundesrichter.
Kündigungsrecht im Einzelfall
Aber Achtung: Auch ohne die rechtswidrige Kündigungs-Klausel sind Sparkassen im Einzelfall berechtigt, Verträge mit Kunden zu kündigen. Für alle auf Dauer angelegten Verträge gilt nämlich von Gesetzes wegen: Die Parteien dürfen sie aus wichtigem Grund kündigen. Was das genau heißt, ist unklar. Im Bürgerlichen Gesetzbuch heißt es ziemlich vage: „Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses (...) nicht zugemutet werden kann.“ Für sicher hält Jörg Schädtler, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft: Eine geplatzte Lastschrift rechtfertigt keine Kündigung. Dem Kunden müssen schon erhebliche Verletzungen seiner Vertragspflichten gegenüber der Sparkasse zur Last fallen, bis die ihm kündigen darf.
Widerstand bei Kontokündigung
Von einer Kündigung betroffene Sparkassen-Kunden haben gute Chancen, ihre Konten doch zu behalten. Sie sollten der Kündigung sofort unter Verweis auf das aktuelle BGH-Urteil widersprechen und die Sparkasse auffordern, das Konto weiterzuführen. Wenn die Sparkasse dann nicht einlenkt, können sie einen im Bankrecht erfahrenen Anwalt einschalten, um ihr Recht durchzusetzen.
Bundesgerichthof, Urteil vom 05.05.2015
Aktenzeichen: XI ZR 214/14
* test.de hat über den Fall bereits am 14.10.2013 nach Verkündung des Landgerichtsurteils berichtet und den Artikel am 06.05.2015 aktualisiert.