
„Völlig überzogen“ sind Steuerfahnder gegen mehrere ehrenamtliche Helfer vorgegangen. Unrecht hatten sie außerdem. Finanztest schildert den Fall von Paul-Werner Schöndorf. Er betreut in seiner Freizeit ehrenamtlich behinderte Menschen. Dafür rückte die Steuerfahndung bei ihm an.
Plötzlich stehen die Beamten vor der Tür
Überraschend bekommt Paul-Werner Schöndorf Post von der Steuerfahndung. Ihm wird mitgeteilt, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet wurde. Er habe das Geld, das er in den vergangenen Jahren als Aufwandsentschädigung für die Betreuung von 42 Menschen erhalten habe, nicht versteuert. Bei drei seiner ehrenamtlichen Kollegen stehen die Beamten mit Durchsuchungsbeschluss vor der Tür.
Erst höchstes Gericht entlastet den Ehrenamtlichen
Schöndorf arbeitet als Finanzchef in einer kirchlichen Einrichtung in Freiburg. In seiner Freizeit betreut er ehrenamtlich behinderte Menschen. Dafür zahlt ihm das Amtsgericht pro Fall eine Aufwandsentschädigung von gut 300 Euro pro Jahr. Schöndorf hilft bereits seit mehreren Jahren. Vom Vorwurf der Steuerfahnder ist der ehrenamtliche Helfer entsetzt. Er klagt vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg – ohne Erfolg. Erst der Bundesfinanzhof (BFH) stellt klar, dass die Aufwandsentschädigung steuerfrei ist und dass die Fahnder völlig überzogen gehandelt haben (Az. VIII R 57/09).
Fahnder zur Mäßigung aufgerufen
Unverhältnismäßige Aktionen der Steuerfahndung sorgen bei den obersten Finanzrichtern in München regelmäßig für Empörung. „Das kommt einem vor, als würde die GSG 9 zur Regelung des Straßenverkehrs eingesetzt“, sagt Heinz-Jürgen Pezzer, Richter am Bundesfinanzhof zum Fall Schöndorf. Auch der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff, ruft die Steuerfahnder zur Mäßigung auf. Da sie sowohl in Steuerfragen ermitteln, als auch Straftaten verfolgen, müssten sie besonders darauf achten, welcher der beiden Wege in einem Fall angemessen sei. Mellinghoff verlangt eine klare Trennung.