Prognose: Lieber vorsichtig rechnen

Ertragsgutachten. Gutachter schätzen ein, mit welcher Wahrscheinlichkeit wie viel Wind wohl bei den geplanten Windenergieanlagen ankommen wird. Sie stützen sich dabei auf Erfahrungswerte.
Was ein Windpark abwirft, hängt vor allem davon ab, wie viel Wind weht. Er muss eine bestimmte Spannbreite einhalten. Bläst er zu wenig, drehen sich die Rotorblätter nicht. Ist er zu stark, müssen sie abgeschaltet werden.
Deshalb sind Gutachten über das zu erwartende Aufkommen wichtig. Banken wollen in der Regel wissen, wie mindestens zwei Gutachter die Lage einschätzen, wenn sie über Kredite entscheiden. Sie wollen der Gefahr entgehen, ihr Geld auf Basis der Aussagen eines Optimisten zu verleihen, dessen Einschätzung andere nicht teilen würden.
Zu positive Gutachten waren in der Vergangenheit ein Grund, warum manche Windparks ganz und gar nicht so liefen wie erhofft. Über die Jahre sind die Prognosen präziser geworden, weil es jetzt mehr Erfahrungswerte zum Wind auf Höhe der Rotornaben gibt.
Gutachten sind entscheidend
Die Gutachter berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Anlagen wie viel Wind abbekommen. Die Ergebnisse fassen die Anbieter in ihren Verkaufsprospekten kurz zusammen. Interessenten sollten die wichtigen Gutachten aber einsehen können, auch wenn die Lektüre schwere Kost für Laien ist. Die Anbieter der Bürgerbeteiligungen beteuerten uns gegenüber, dass sie Interessenten auf Anfrage Einblick gewähren. Nur Morbach Nord und Süd waren auf Anfrage bereit, auch Finanztest die Gutachten vorzulegen.
Wahrscheinlichkeiten für den Wind
Wenn ein Anbieter seine Prognoserechnung auf die Windausbeute stützt, die mit 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit eintritt (P75), ist das vorsichtig. Diesen Wert setzen Mulsum und Süderauerdorf an.
Die anderen vier analysierten Angebote arbeiten mit dem P50-Wert, der mit 50 Prozent Wahrscheinlichkeit eintritt. Akzeptabel ist das nur, wenn der Anbieter mindestens 10 Prozent Sicherheitsabschlag einbaut, der nicht nur technische Unwägbarkeiten abdeckt.
Wie dramatisch sich die Wahl auswirken kann, zeigen die Morbach-Beteiligungen: Die Prognose basiert dort auf dem P50-Wert. Wird er nicht erreicht, sondern nur der P75-Wert, bleibt in den ersten zehn Jahren fast nichts für eine Ausschüttung an die Anleger übrig, weil die Gesellschaften hohe Zinsen und Tilgung für Bankkredite leisten müssen.
Finanztest hat nachgerechnet: Bei ansonsten unveränderten Zahlungsströmen bleiben über 20 Jahre statt 5 Prozent Rendite vor Steuern nur noch 1,7 Prozent übrig.