Bürger­wind­parks Worauf Anleger achten sollten

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Bürger­wind­parks - Worauf Anleger achten sollten

© Stiftung Warentest / René Reichelt

Geld mit Wind­kraft­rädern im eigenen Umfeld zu verdienen, klingt gut. Sechs aktuelle Angebote zeigen aber die Haken.

Wer riesige Wind­räder vor die Nase gesetzt bekommt, soll mitbestimmen können und auch von den Strom­erlösen profitieren. Das ist die Grund­idee bei Bürger­wind­parks. Anleger beteiligen sich dabei an Unternehmen, die Wind­kraft­anlagen in ihrer Umge­bung errichten und betreiben.

Klima­schutz und Rendite zu kombinieren, ist verlockend. Das Ideal: Die Beteiligten planen alles gemein­sam. Sie sparen die hohen Provisionen, die Finanz­vermittler für den Vertrieb solcher Anteile gewöhnlich kassieren. Bürger vor Ort können Fehl­entwick­lungen früh­zeitig erkennen und gegen­steuern.

Finanztest wollte wissen, wie anlegerfreundlich und rendite­stark Bürger­wind­beteiligungen sind, und hat zwölf Anbieter um Verkaufs­prospekte und Vermögens­informations­blätter gebeten. Die meisten schickten nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebenen Dokumente.

In zehn Fällen beschaffte sich Finanztest die Unterlagen über Onlineplatt­formen und die Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht. Die sechs aktuellsten haben wir analysiert.

Diese Wind­investments hat Finanztest geprüft

Wir haben sechs Angebote für folgende vier Wind­parks analysiert:

Heddinghäuser Bürger­wind 2 und 3
, je zwei Wind­energie­anlagen (WEA) in Rüthen in Nord­rhein-West­falen.
Morbach Nord
(vier WEA) und Süd (drei WEA) im Land­kreis Bern­kastel-Witt­lich in Rhein­land-Pfalz.
Bürger­wind­park Mulsum
, drei WEA, im Land­kreis Stade in Nieder­sachsen.
Bürger­wind­park Süderauer­dorf
, vier WEA, in Süderau in Schleswig-Holstein.

Bei Bürger­wind­parks werden Anleger Kommanditisten einer Kommanditgesell­schaft (GmbH & Co KG). Eine Informations­grund­lage ist der Verkaufs­prospekt. Die Bundes­finanz­aufsicht prüft nur formale Punkte, nicht das Geschäfts­modell.

Realität entspricht nicht dem Ideal

Die Angebote waren erstaunlich ähnlich aufgebaut. Nur wenn zu wenige Bürger vor Ort mitmachen, kommen Auswärtige zum Zug. Mindestens 3 000 bis 10 000 Euro investieren die Bürger für gut 20 Jahre. Insgesamt soll das Doppelte bis zum knapp Fünf­fachen ihres Einsatzes an sie zurück­fließen.

Die 0,9 bis 6,4 Millionen Euro der Bürger bei den sechs Angeboten decken jeweils höchs­tens ein gutes Fünftel des Gesamt­investitions­volumens ab. Die Anbieter teilen oft die Wind­kraft­anlagen sowie die Einnahmen und Ausgaben eines Parks in mehrere Beteiligungs­angebote auf. Die Initiatoren, oft Projekt­entwickler und Land­eigentümer, bürden den Gesell­schaften hohe Kosten und Kredite auf und halten zum Teil die Anleger klein. Knack­punkte zeigen wir in den Artikeln Bankkredite, Kosten, Anlegerrechte und Prognose. Eine Checkliste hilft, Angebote einzuschätzen.

Wind­fonds enttäuschten bislang oft

Wind ist der bedeutendste Träger erneuer­barer Energie in Deutsch­land. Daten der Leuphana Universität Lüneburg legen nahe, dass es mindestens 600 Bürger­wind­parks gibt.

Wind­investments enttäuschten aber oft. Finanztest untersuchte 2015, wie seit 1972 aufgelegte geschlossene Fonds abge­schnitten haben. So wurden diese Beteiligungen früher bezeichnet. Von den 49 Umwelt­fonds, zu denen Wind­fonds zählen, erfüllte keiner die Prognosen. Gemessen am Anleger­kapital bescherten 62 Prozent sogar Verluste.

Eine Ertrags­schwäche stellt auch der Steuerberater Werner Daldorf vom Vorstand des Anleger­ver­eins Wind­energie mit Sitz in Berlin fest. Er hat gut 2 000 Jahres­abschlüsse von 228 Wind­fonds aus den Jahren 2000 bis 2016 analysiert. Sie erzielten insgesamt nur knapp 87 Prozent der geplanten Erlöse. Nur jeder Achte erreichte die Prognosen. Erlös­ausfälle schmälern die Rück­flüsse deutlich. Anleger von Bürger­wind­parks erhielten im Schnitt nur 67 Prozent der Plan-Ausschüttungen.

Das enttäuschende Ergebnis liegt zum Teil daran, dass Gutachter früher kaum Erfahrungs­werte hatten und die Wind­ausbeute zu opti­mistisch ansetzten. Das ist jetzt besser.

Unser Rat

Eignung.
Sie über­legen, sich an einem Bürger­wind­park zu beteiligen? Machen Sie sich klar, dass Sie damit unternehmerische Risiken eingehen. Investieren Sie nur, wenn Sie das Geld viele Jahre nicht brauchen und einen Total­verlust verkraften können. Stecken Sie nicht mehr als 5 Prozent des Vermögens in solche Beteiligungs­modelle.
Prüfung.
Informieren Sie sich über Chancen und Risiken. Nutzen Sie unsere Checkliste. Fragen Sie nach, lassen Sie sich nicht unter Zeit­druck setzen. Zeichnen Sie nicht nur, weil Bekannte dabei sind.
Alternativen.
Wind­investments gibt es oft auch in Form von Anleihen und Nach­rangdarlehen. Das Risiko ist ebenfalls hoch, Sie haben keine Mitspracherechte.

Förderrechte werden ausgeschrieben

Dafür bekamen früher alle Betreiber feste Vergütungen über 20 Jahre für Strom, den sie ins Netz einspeisten. Die Höhe hing vom Jahr ab, in dem die Wind­räder in Betrieb gingen.

Seit 2017 schreibt die Bundes­netz­agentur Förderrechte aber aus. Interes­senten bieten einen Strom­preis pro Kilowatt­stunde, den sie noch akzeptieren würden. Die Agentur berück­sichtigt die nied­rigsten Gebote, bis die Förderrechte ausgeschöpft sind. Das höchste Gebot, das noch zum Zuge kommt, ist Basis für die Förderhöhe. Korrektur­faktoren gleichen die unterschiedliche Wind­ausbeute an verschiedenen Stand­orten aus.

Negativer Strom­preis senkt Anspruch

Der Anspruch auf Einspeise­vergütung kann zeit­weise wegfallen, wenn der Börsen­preis für Strom negativ ist (siehe Grafik S. 52 Artikel-PDF). Das zeigt: Ob sich die Rotoren drehen, wie viel Strom sie erzeugen und was die Gesell­schaften damit erlösen, hängt auch von Faktoren ab, auf die sie keinen Einfluss haben.

So stehen die Wind­räder in Mulsum und Morbach zeit­weise still, damit Kraniche unbe­schadet durch­fliegen können. Die Heddinghäuser könnten Einnahmen verlieren, weil ihnen andere Anlagen Wind wegnehmen, was sie nicht ausreichend in den Prognosen berück­sichtigten.

Ausufernde Wartungs- und Reparatur­kosten sind immerhin nicht zu erwarten: Die Unternehmen schließen Voll­wartungs- und Reparatur­verträge meist mit den Herstel­lern ab.

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