
Konflikte im Beruf allein mithilfe eines Buches lösen zu wollen, ist nicht ganz ungefährlich. Drei Ratgeber in unserem Test geben zweifelhafte Empfehlungen.
Suchen Sie sich eine Stammkneipe.“ Dies ist eine der Empfehlungen, die Eberhard G. Fehlau unter der Überschrift „Pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte“ in seinem Buch „Konflikte im Beruf“ gibt. Zumindest für psychisch labile oder alkoholgefährdete Menschen kann das ein eher fragwürdiger Rat sein. Auch andere Tipps von Fehlau könnten ungewollte Folgen haben. So heißt es im Kapitel „Konflikte konstruktiv lösen“: „Wiegen Sie Ihr Gegenüber in Sicherheit!“ Zwar folgt die Warnung auf dem Fuße: „Doch Vorsicht: Sie unternehmen eine Gratwanderung zwischen taktischer Raffinesse und bewusstem Falschspiel.“ Ob solch ein riskanter Tipp überhaupt in einen Ratgeber für Laien gehört, darf aber bezweifelt werden.
Diskussionswürdige Aussagen wie diese sind im Vergleich zu anderen Büchern allerdings noch eher harmlos. Das zeigt ein Test, in dem wir acht Ratgeber rund um das sensible Thema Konflikt geprüft haben. Ergebnis: Zwei Bücher geben Empfehlungen, die sogar Schaden anrichten können, das Buch von Saskia-Maria Weh und Claudius Enaux sowie der Ratgeber von Anita von Hertel. Beide Titel versuchen das Konfliktverhalten von Menschen bestimmten Konflikttypen zuzuordnen. Das ist nicht nur unwissenschaftlich, sondern auch falsch.
Denn Konflikttypen im Sinne von Persönlichkeitstypen gibt es nicht. Das Verhalten einer Person im Konfliktfall hängt auch von der Situation ab. Versucht ein Konfliktpartner, das Verhalten seines Gegenübers einem bestimmten Konflikttyp zuzuordnen, kann das zu „Schubladendenken“ verleiten und falsche Schlussfolgerungen begünstigen. Im Ernstfall kann ein Konflikt dadurch verschleppt werden oder eskalieren. Beide Ratgeber haben im Test deshalb inhaltlich nur ein „Ausreichend“ erreicht (siehe Tabelle). Auch Fehlau ist inhaltlich nur „ausreichend“ – das aber nicht wegen seiner fragwürdigen Tipps, sondern unter anderem wegen fehlender Inhalte.
Das richtige Handwerkszeug
Dass es auch anders geht, zeigt der einzige Ratgeber im Test mit „sehr gutem“ Inhalt. Autor Rolf Schulz gibt darin seinen Lesern eine Werkzeugkiste (Toolbox) zur Konfliktlösung an die Hand. Besonders überzeugend ist dabei der sogenannte Entscheidungsbaum. Er hilft dem Leser differenziert, nach den Konfliktursachen oder -konstellationen die jeweils passende Herangehensweise auszusuchen. Ein Beispiel: Ein Angestellter hat einen Rollenkonflikt mit einem Kollegen. Das für ihn passende Werkzeug heißt „Klärung auf Augenhöhe“. Das Werkzeug gibt für die Führung des Konfliktgesprächs einen klaren roten Faden vor. Er führt von der Schilderung der eigenen Wahrnehmung und Erläuterung der eigenen Perspektive über die Verständigung, was in der Vergangenheit falsch gelaufen ist, bis hin zur Formulierung eines konkreten Wunsches für die Zukunft.
Ähnliche Werkzeuge enthält die Toolbox von Schulz für Konflikte zwischen Mitarbeitern und Chef und für Konflikte, bei denen der Leser nur indirekt betroffen ist, etwa zwischen zwei Kollegen. Schulz schafft es damit nicht nur besser als alle anderen Autoren, Grundwissen, Methoden und Techniken des Konfliktmanagements zu vermitteln. Er gibt dem Leser auch gute Hilfen an die Hand, um das Gelesene in die Praxis umzusetzen und sein Verhalten tatsächlich zu ändern.
„Gut“ abgeschnitten bei der inhaltlichen Prüfung haben die Bücher von Susanne Klein sowie von Thomas Fritzsche und Klaus Höfle. Der Titel von Klein überzeugte vor allem durch seine Klarheit. Er ist sehr praxisbezogen und leicht verständlich. Das Buch von Fritzsche und Höfle punktete mit seiner großen Alltagsnähe und durch die Auswahl sehr anschaulicher Beispiele.
Übung macht den Meister
Auch wenn ein Buch zum Thema Konfliktmanagement inhaltlich noch so „gut“ ist: Es kann zwar hilfreich sein, um sich Wissen anzulesen und erste Anregungen für die Praxis zu holen. Wirklich zur Lösung eines Konfliktes kann es jedoch kaum beitragen. Denn eine der Grundlagen eines effektiven Konfliktmanagements ist Kommunikation. Um beispielsweise einen Konflikt zwischen zwei Personen zu lösen, muss eine Interaktion stattfinden. Und diese lässt sich in einem guten Kurs zum Konfliktmanagement eher erlernen und trainieren als mit einem Buch. Ein Buch kann aber die ideale Ergänzung sein, um das im Kurs Erlernte wieder aufzufrischen. Und auch wer sich kein Seminar leisten kann oder will, findet in einem guten Ratgeber wertvolle Tipps.
Eines ist klar: Konflikte gehören zu unserem Alltag, und ohne Konflikte gäbe es keine Veränderungen. Gutes Konfliktmanagement heißt deshalb nicht, Konflikte zu vermeiden, sondern Konflikte zu lösen. Und das geht auch ohne Stammkneipe.