
Lange Tradition. Bäcker ist einer der ältesten Handwerksberufe der Welt.
94 Prozent der Deutschen essen jeden Tag Brot. Sie kaufen es längst nicht mehr nur beim Bäcker. Wie sich der Markt verändert hat und worauf Sie beim Brotkauf achten sollten.
Es geht nichts über den Duft von frisch gebackenem Brot – mal abgesehen vom Geschmack. Mehr als 50 Kilogramm Brot isst jeder Bundesbürger im Jahr. Damit gehören wir zu den fleißigsten Brotessern weltweit. Die Herstellung hat hierzulande eine lange Tradition. Der Beruf des Bäckers ist seit dem 8. Jahrhundert in Deutschland überliefert und einer der ältesten Handwerksberufe. Den Bäcker von nebenan mit bemehlten Händen gibt es heute aber immer seltener.
Jeden Tag stirbt eine Bäckerei
In den 1950er Jahren prägten kleine Familienbetriebe mit eigener Backstube das Bild. Etwa 55 000 Bäckereibetriebe gab es damals in Deutschland, allein in den alten Bundesländern. Heute sind es im gesamten Bundesgebiet kaum mehr als 14 000. Der Blick auf die Statistik zeigt: Jeden Tag schließt ein Meisterbetrieb. Der Trend geht von der Backstube zu zentralen Produktionsstätten mit regionalen Verkaufsstellen.
Meist aus dem Selbstbedienungsregal

Auf Knopfdruck. Brot und Brötchen gibt es seit 2009 in vielen Filialen von Aldi Süd auch aus dem Automaten.
Auf Knopfdruck. Brot und Brötchen gibt es seit 2009 in vielen Filialen von Aldi Süd auch aus dem Automaten.
Zwei von drei Broten kaufen die Deutschen mittlerweile im Supermarkt. Das Selbstbedienungsregal mit abgepacktem Brot hat sich schon lange etabliert. Mehr als 3 Milliarden Euro werden hier jährlich umgesetzt, mehr als 800 Millionen Euro davon allein mit Schnittbrot.
Seit einigen Jahren ist der Handel aber auch selbst im Brotmarkt aktiv. Vor allem die Discounter investieren in Backstationen. Entweder bieten sie das Brot offen in Selbstbedienungs-Theken an, wie zum Beispiel Lidl. Hierfür werden tiefgefrorene Teiglinge vor Ort aufgebacken. Anders dagegen bei Aldi Süd: In Filialen des Discounters stehen Automaten mit der Aufschrift „Backofen“. Per Knopfdruck wählt der Kunde ein Brot aus, das dann kurz darauf im Ausgabefach landet (siehe Foto).
Das Bäckerhandwerk wehrt sich
Gegen Aldi Süd und dessen „Backofen“ hat der Verband des Deutschen Bäckerhandwerks im Sommer 2010 Klage wegen irreführender Werbung eingereicht. Begründung: Aldi Süd täusche den Verbraucher. Das Brot werde im Automaten nicht gebacken, sondern nur noch erwärmt. Ein Urteil gibt es noch nicht. Aldi Süd hat nach Aussage des Verbands mittlerweile eingeräumt, dass das Brot bereits zu 80 Prozent vorgebacken angeliefert wird.
Die Discounter haben aufgerüstet
Der Verband der Deutschen Großbäckereien schätzt, dass es bereits in jeder zweiten Discounter-Filiale eine Backstation gibt. Deren Käuferreichweite lag 2012 laut Gesellschaft für Konsumforschung bereits bei knapp 43 Prozent. Das heißt: Fast jeder zweite Haushalt hat im vergangenen Jahr mindestens einmal Brot bei einer Backstation gekauft. Einer der Gründe dürfte neben der Zeitersparnis auch der Preis sein. So kostete 2011 ein Kilogramm Brot beim traditionellen Bäcker im Schnitt 3,88 Euro, in der Backstation dagegen nur 2,42 Euro.
Auf die Sorte kommt es an
Schlechter oder ungesünder als Brot vom Bäcker ist das aus der Backstation nicht unbedingt. Beim Brotkauf kommt es auf die Sorte an. Vollkornbrot ist ernährungsphysiologisch die beste Wahl. Wer abgepacktes Brot kauft, hat es leichter, die gewünschte Brotsorte zu finden: Auf der Verpackung muss die Verkehrsbezeichnung angegeben sein, also zum Beispiel Roggen-, Weizenmisch- oder Vollkornbrot.
Nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuchs enthält ein Vollkornbrot mindestens 90 Prozent Vollkornerzeugnisse – bezogen auf den Getreideanteil. Bei verpacktem Brot sind die Zutaten dagegen bezogen auf das gesamte Brot aufzulisten. So kann bei einem abgepackten Vollkornbrot in der Zutatenliste ein Vollkornmehlanteil von beispielsweise nur 60 Prozent angegeben sein.
Vollkornmehl lässt sich durch den Mineralstoffgehalt im Labor leicht von anderen Mehlen unterscheiden. Anders bei Brot: Ob es sich wirklich um ein Vollkornbrot handelt, können selbst Analytiker nicht eindeutig bestimmen. Der Grund: Auch die verschiedenen Backzutaten bringen Mineralstoffe mit. Der Kunde kann der Verkehrsbezeichnung also nur vertrauen.
Farbe und Körner sagen nichts aus
Der Bäcker muss die Verkehrsbezeichnung nicht angeben. Auch äußerlich ist die Brotsorte oft nicht zu erkennen. Kraftprotz, Kornkönig oder Weltmeister – wird ein Brot zum Beispiel so angepriesen, handelt es sich nicht automatisch um Vollkornbrot. Auch eine dunkle Farbe oder viele Körner auf der Kruste sagen nichts über die Sorte aus. Dank harmlosem Malzextrakt oder Karamellsirup wird Brot dunkler und sieht „gesünder“ aus. Viele verwechseln auch „Körner-“ mit Vollkornbrot. Bei den verschiedenen Körnern handelt es sich nicht um Vollkorngetreide, sondern um Ölsamen wie Leinsamen, Sesam, Kürbis- oder Sonnenblumenkerne.
Tipp: Fragen Sie beim Bäcker nach, um welches Brot es sich handelt. Gehen Sie nicht nur nach Äußerlichkeiten. Gerade durch eine fachkundige Beratung unterscheiden sich Bäckereien von den Backstationen der Discounter.
Die Deutschen sind laut den Marktforschern des Allensbacher Instituts mit dem Service beim Bäcker zufrieden. Im Dienstleistungsindex landeten Bäckereien auf Platz drei. Nur bei Apothekern und Friseuren sei der Service noch etwas besser.