Die AOK Rheinland/Hamburg bietet ihren Mitgliedern eine Brillenversicherung an. Die Versicherung kostet monatlich 6,70 Euro. Das klingt günstig – doch auf lange Sicht wird es für die Versicherten teuer.
Maximal 250 Euro Zuschuss zum Brillenkauf
Seit Juli 2011 bietet die AOK Rheinland/Hamburg ihren 2,4 Millionen Mitgliedern eine Brillenversicherung an – in Form des Wahltarifs „vigo select Brille“. Der Zusatzschutz kostet monatlich 6,70 Euro pro versicherter Person. Wer den Tarif abgeschlossen hat und eine neue Brille benötigt, erhält von der AOK einen Zuschuss von bis zu 250 Euro. In den ersten beiden Jahren ist der Zuschuss jedoch noch begrenzt: Im ersten Jahr nach Abschluss der Versicherung gibt es nur 125 Euro, im zweiten Jahr nur 175 Euro und erst ab dem dritten Jahr 250 Euro. Der Zuschuss fließt maximal alle drei Jahre. Wer also im Januar 2012 den Tarif „vigo select Brille“ wählt und im Januar 2013 für eine neue Brille einen Zuschuss erhält, kann die Versicherung frühstens im Januar 2016 erneut in Anspruch nehmen.
Kassen zahlen nichts mehr zu
Mit dem neuen Tarif versucht die AOK Rheinland/Hamburg eine Versicherungslücke bei den Brillenträgern zu schließen. Denn seit 2004 müssen Brillenträger auch ihre Brillengläser selbst bezahlen. Nur für schwer Sehbehinderte zahlen die gesetzlichen Kassen noch Zuschüsse. Gläser und Brillengestell können zusammen leicht mehrere hundert Euro kosten. Der Tarif „vigo select Brille“ mindert diese finanzielle Last. Geld gibt es immer nur dann, wenn ein Augenarzt oder ein zugelassener Optiker feststellt, dass der Versicherte eine Brille benötigt, um eine Sehschwäche oder Sehbehinderung auszugleichen. Der Brillenzuschuss erstreckt sich auch auf eine Entspiegelung oder Tönung der Brille. Ist die Brille nur beschädigt, etwa weil ein Bügel abgebrochen ist, zahlt die AOK Rheinland/Hamburg für die Reparatur der Brille jedoch kein Geld aus. Auch für Zweitbrillen, Sonnenbrillen oder Sehhilfen für den Arbeitsplatz gibt es keinen Zuschuss.
Brillenversicherung auf Dauer teuer
6,70 Euro als monatlicher Beitrag erscheinen auf den ersten Blick günstig. Doch auf den zweiten Blick ist die Brillenversicherung recht teuer. Beispiel: Eine Frau wählt im November 2011 den Tarif „vigo select Brille“. Vier Jahre später hat sich ihre Sehfähigkeit so verschlechtert, dass der Augenarzt ihr die Notwendigkeit einer neuen Brille bescheinigt. Sie kauft sich eine neue Brille und erhält den Maximalzuschuss in Höhe von 250 Euro. An die Versicherung gezahlt hat sie zu diesem Zeitpunkt aber bereits 321,60 Euro. Unterm Strich hat die Frau ihre Brille selbst bezahlt – und dabei sogar draufgezahlt.
Zuschuss nur alle drei Jahre
Natürlich kann die Rechnung im Einzelfall auch zugunsten der Frau ausgehen: Benötigt sie im zwölften Monat nach Abschluss der Brillenversicherung eine neue Sehhilfe, erhält sie von der Kasse 125 Euro und hat zu diesem Zeitpunkt nur 80,40 Euro gezahlt. Da die Versicherung aber nur höchstens einmal in drei Jahren leistet, zahlt die Frau anschließend in jedem Fall drei Jahre Beiträge, ohne in der dieser Zeit Leistungen erhalten zu können. Wer die Brillenversicherung wirklich ausreizt und alle drei Jahre in Anspruch nimmt, hat am Ende unter Strich 241,20 Euro gezahlt, um 250 Euro als Zuschuss zu erhalten. Nach Auskunft der AOK erhalten Kunden Leistungen aus der Brillenversicherung alle drei Jahre unabhängig von einer Verschlechterung der Sehstärke. Demnach bekäme ein Versicherter den Brillenzuschuss auch dann, wenn seine Sehschwäche seit dem letzten Zuschuss etwa konstant geblieben ist.
Mindestens ein Jahr an Tarif gebunden
Wer sich einmal für den Brillen-Tarif der AOK Rheinland/Hamburg entschieden hat, ist mindestens ein Jahr lang gebunden. Anschließend kann der Tarif laut Satzung der AOK mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalenderjahres gekündigt werden. Die AOK kann die 6,70 Euro Monatsprämie im laufenden Tarif mit Wirkung für die Zukunft erhöhen.
Alternative: Zusatzversicherungen für Kassenpatienten
Mitglieder der AOK Rheinland/Hamburg, die eine Zuzahlung für eine neue Brille wünschen, müssen aber nicht die Brillenversicherung ihrer Kasse wählen. Sie können sich auch bei einem privaten Versicherer zusatzversichern. Im Oktober 2010 hat die Stiftung Warentest Zusatzversicherungen getestet, die auch Zuschüsse für Sehhilfen zahlen. Das Ergebnis: Ermittelt wurden fünf Angebote mit guten Brillenleistungen, die jedem offen stehen. Dazu gehörte zum Beispiel der Tarif „AN“ der Barmenia. Die Barmenia übernimmt 100 Prozent der Brillenkosten bis zu einem Gesamtbetrag von 300 Euro innerhalb von zwei Jahren. Anders als bei dem AOK-Tarif gibt es den Brillenschutz über eine Zusatzversicherung aber in der Regel nur in einem Versicherungspaket. Im Barmenia-Tarif bekommt der Versicherte z.B auch Zuschüsse zu Kosten für Behandlungen von Heilpraktikern. Weil die Zusatzversicherung der Barmenia umfangreicher als der AOK-Tarif ist, kostet sie natürlich auch mehr. Der 43-jährige männliche Testkunde zahlte in unserer Untersuchung für den Barmenia-Tarif monatlich 16 Euro. Eine 43-jährige Frau zahlt jeden Monat 28 Euro. Nimmt der 43-jährige Modellkunde nach zwei Jahren nur die Brillenleistung in Höhe von 300 Euro in Anspruch, hat auch er draufgezahlt.
Tipp: Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Test Heilpraktiker, Brille und Zahnersatz.
Bei AOK-Tarif keine Gesundheitsprüfung
Private Versicherer wie die Barmenia können im Unterschied zu den gesetzlichen Krankenkassen Personen ablehnen, etwa weil diese bereits krank oder dem Versicherer zu alt sind. Die gesetzlichen Kassen hingegen dürfen niemanden wegen Vorerkrankungen ablehnen. Wer schon eine Sehschwäche hat und eine Brille trägt, kann die Brillenversicherung der AOK Rheinland/Hamburg dennoch bekommen. Bräuchte er nur wenige Tage nach dem Abschluss eine neue Brille, erhält auch er den Zuschuss.
Fazit: Lieber selbst für neue Brille sparen
Für Träger von sehr teuren Brillen, wie etwa Gleitsichtbrillen, bieten Wahltarife oder Private Zusatzversicherungen allenfalls ein Zubrot. Einen Großteil der Summe für eine neue Brille trägt er Versicherte selbst. Wie bei jeder Versicherung hängt es vom Gesundheitsverlauf des Versicherten ab, ob sich die Versicherung für ihn finanziell lohnt. Wer so diszipliniert ist, dass er regelmäßig kleine Summen für eine neue Brille zur Seite legt, benötigt die Brillenversicherungen eher nicht.
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Das sagten meine Vorredner schon ganz richtig. Sonst lohnt es sich eher, dass Geld selbst auf ein Tagesgeldkonto zu legen und noch Zinsen zu bekommen.
Das gleiche gilt auch für Zahnversicherungen (es gibt wenige (!) Ausnahmen, dass muss man vor gut ausrechnen) und die meisten Geräteversicherungen....
Eine Versicherung muß Geld verdienen. Dazu müssen ihre Ausgaben (also die Auszahlungen im Versicherungsfall) immer die Einnahmen (Prämien) unterschreiten. Statistisch gesehen wird eine Versicherung also immer gewinnen und der Versicherte immer verlieren. Das gilt über alle Versicherten, nicht unbedingt für den Einzelfall. ABER: Ist der Verlust einer Brille ein existenzielles Risiko? Für die allermeisten Menschen wohl nicht. Diese Versicherung ist deshalb überflüssig und unnötig. Dennoch soll und darf jeder natürlich gerne selbst entscheiden, ob er sie dennoch abschließen will.
Es gibt Brillenunternehmen die einen Versicherungsschutz für eine Normalobrille(keine Gleit- oder geteilte Brille) für 10€ anbieten, für () Brillen zahlt man 50 € im Jahr. Wenn man davon ausgeht ein Monatsbetrag von nur 4 € anfallen muß ich mir keine Gedanken über Zinsen machen. Extras bei Brillen zahlt keine Kasse, aber auch keine Versicherung. Trotzdem sind die Konditionen des Brillenunternehmens und des Versicherers top. Die Gedanken die Mockele darlegt kann ich also nur für Zahnklempner empfehlen, denn dort habe solche Serviceleistungen noch nicht gefunden. Nebenbei, die Redaktion "SW" hätte dieses Brillenunternehmen auch für uns finden können.
Es ist doch klar, Versicherungen wollen Geld verdienen. Oft ist es doch so: Legt man sich den Betrag, der für eine Zusatzversicherung Monat für Monat auszugeben wäre, beiseite, erhält man noch Zinsen, und kann sich so für dieses Geld das "Versicherungsrisiko" selbst beschaffen, muß keinen Antrag stellen, keine Ablehnung befürchten. Dies gilt meist auch für andere Zusatzversicherungen. Auf eines sollte man besonders achten: Versiche-rungen leben von ihren Ausschlüssen, nicht von Schadenregulierungen