
Es ist entschieden. Eine Mehrheit der Briten hat für den Austritt aus der Europäischen Union (EU) gestimmt. test.de beschreibt mögliche Folgen für deutsche Anleger.*
Knappe Entscheidung
Es war bis zuletzt ein enges Rennen: Am Ende stimmten 51,9 Prozent der Briten für einen Austritt aus der EU (Brexit), während nur 48,1 Prozent drinbleiben wollen (Bremain). Dennoch ist nicht von einem Tag auf den anderen Schluss mit EU. Es wird erst einmal ein Abkommen ausgehandelt, das die Einzelheiten des Austritts klärt. Die Verhandlungen dürften bis zu zwei Jahre dauern, manche Experten rechnen auch mit mehr. Von einem solchen Abkommen wird viel abhängen, denn darin wird unter anderem auch der Zugang der Briten zum europäischen Binnenmarkt geregelt.
Britisches Pfund im Sinkflug
Die Anleger an den Aktienmärkten zeigten klar, was sie von der Entscheidung der Wähler hielten. Das britische Pfund verlor nochmals an Wert und kostete 1,25 Euro. Am Jahresanfang hatte der Wechselkurs noch bei 1,36 Euro gelegen. Gegenüber dem Dollar fiel das Pfund gar auf ein 30-Jahres-Tief. Ob es noch weiter abwärts geht, ist offen. Doch auch der Euro kam nicht ungeschoren davon. Er verlor fast 2 Prozent gegenüber dem US-Dollar und stand um die Mittagszeit bei rund 1,11 US-Dollar. Der Schweizer Franken hatte nach der Brexit-Entscheidung vorübergehend so stark gegenüber dem Euro zugelegt, dass sich die Schweizer Notenbank gezwungen sah, in das Marktgeschehen einzugreifen.
Negative Folgen für Unternehmen
An den Kapitalmärkten herrscht Nervosität. Dass sich ein Brexit nicht auf die Geschäfte der Unternehmen niederschlagen wird, ist unwahrscheinlich. Zu groß sind die Verflechtungen der Volkswirtschaften untereinander. Für Deutschland gehört Großbritannien zu den größten Handelspartnern. Nur über das Ausmaß der Folgen sind sich die Investoren uneins.
Aktienkurse brechen ein
Unmittelbar nach der Brexit-Entscheidung verzeichneten die europäischen Börsen auf breiter Front Verluste. Der Dax startete mit einem Minus von zehn Prozent bei 9 237 Punkten, verringerte dann aber seine Verluste. Die nächsten Tage dürfte es angesichts der Nervosität an den Märkten zu stärkeren Schwankungen kommen.
Tipp: Anleger mit Aktienfonds Welt sind gut aufgestellt, weil sie ihr Risiko breit streuen. Sie können Schwankungen an den Märkten einfach aussitzen.
Anleihen als sicherer Hafen
Auch an den Anleihemärkten sorgte die Abstimmung für Wirbel. Auf der Suche nach Sicherheit hatten Investoren in den vergangenen Wochen vermehrt Bundesanleihen gekauft. Aufgrund der hohen Nachfrage waren zum ersten Mal in der Geschichte die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen unter Null gesunken. Nachdem sie kurz vor dem Brexit-Entscheid zwischenzeitlich in den positiven Bereich gerutscht waren, rentierten sie am Freitag wieder negativ.
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Vorsicht bei britischer Einlagensicherung
Die britische Einlagensicherung FSCS für Sparkonten in Großbritannien haftet aufgrund des sinkenden Wechselkurses schon jetzt für weniger als die von der EU vorgegebenen 100 000 Euro. Die gesicherten 75 000 Pfund entsprechen aktuell nur etwa 93 750 Euro. Sparer sollten also aktuell weniger als 100 000 Euro auf Konten britischer Banken anlegen. Laut Einlagensicherungsrichtlinie der Europäischen Union müssen aber 100 000 Euro pro Sparer geschützt sein. Sparer aus Deutschland, die an den aktuell guten Festgeldzinsen bei der FirstSave Euro oder Close Brothers interessiert sind, sollten einen großzügigen Puffer zur Summe von 100 000 Euro einplanen, um im Pleitefall Guthaben plus Zinsen ersetzt zu bekommen.
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Anpassung steht aus
Aktuell werden die in andere EU-Währungen umgerechneten Deckungssummen nur alle fünf Jahre angepasst. In Großbritannien geschah das zuletzt im Januar 2016. Damals deckte die von Großbritannien neu festgelegte Sicherungsgrenze noch den laut EU-Einlagensicherungsrichtlinie festgelegten Schutz von 100 000 Euro voll ab. Nachdem sich das geändert hat, müsste Großbritannien laut EU-Richtlinie die EU-Kommission konsultieren, um eine vorzeitige erneute Anpassung vorzunehmen. Bisher ist das jedoch noch nicht passiert.
Umfrage unter Fondsmanagern
Vor einigen Monaten hat Finanztest die Manager europäischer Fonds befragt, wie sie mit der Situation umgehen. Die Einschätzung vieler Analysten war, dass die große Unsicherheit das Geschäftsklima und die Investitionsbereitschaft dämpfen werde. Dies beträfe dann alle Anleger mit Aktienfonds, die einen nennenswerten Anteil britischer Aktien enthalten. Allerdings wäre wohl nicht nur der britische Aktienmarkt betroffen, befürchtet Britta Weidenbach, Head of European Equity bei Deutsche Asset Management: „Es dürfte aktienseitig in Großbritannien vor allem die Unternehmen treffen, die stark im Heimatmarkt engagiert sind. Der zukünftige Zusammenhalt der EU würde erneut diskutiert werden. Generell sollten damit die Risikoprämien für europäische Aktien insgesamt ansteigen, was sich in der ersten Reaktion negativ auf alle europäischen Aktienmärkte auswirken dürfte.“ Die ersten Reaktionen an den Aktienmärkten bestätigen dies.
* Diese Meldung ist erstmals am 6. Mai 2016 auf test.de erschienen. Sie wurde zuletzt am 24. Juni aktualisiert.
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@Havda
Flüchtlinge haben damit nichts zu tun, korrekt. Aber die Brexit-Befürworter haben die 300.000 Migranten, die in den letzten Jahren nach Großbritannien gekommen sind um zu Arbeiten, primär aus Osteuropa, ausgenutzt, um Ängste zu Arbeitsplatzverlust in wirtschaftlich schwachen Regionen zu schüren.
Was hat denn die Zusammenarbeit in Europa bitte mit der EU zu tun? Für freien Warenaustausch, bi- und multilaterale Abkommen und eine gemeinsame Grenzpolitik braucht es keine EU. Das weiß auch GB. Die Flüchtlingsthematik hat mit dem Brexit nichts zu tun.
Falls die Briten ihren Brexit wirklich zelebrieren wollen, werden sicher auch andere Staaten, wie z.B. Polen, sich überlegen, ob sie nicht lieber aus der europäischen Gemeinschaft verschwinden solten! Und das wäre letztlich das Ende eines gemeinsamen Europas! Wollen wir das wirklich?
Schon allein die nicht vorhandene Integrität bei der Flüchtlingsfrage treibt mir das Blut in die Adern!!
Wie kann es sein, dass sich 28 angeblich "europäische" Staaten nicht darauf einigen können 1 oder 2 Millionen Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, wie es Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg mit Millionen Vertriebenen gemacht, und sie integriert hat? Das waren zwar keine Muslime, aber unsere "christlichen" Kreuzzüge im Namen Gottes gegen "Andersgläubige" waren ja wohl auch nicht ganz ohne, oder will das jemand bezweifeln?
Denkt doch mal ohne Pekida und AfD darüber nach
Euer wütender Papillon
Ein BRExit wäre sehr zu begrüssen, weil er der selbstherrlichen, fetten und widerlichen EUrokratie einen Schuß ins Kontor verpasste (hoffe ich jedenfalls - obwohl bei der Arroganz weiß man das ja nicht).
Vielleicht gehts dann weg von der moralischen Bedürfnisanstalt, weg vom militaristischen Wolfsrudel (EU und NATO sind ja derzeit ein Verbundsystem mit Ausnahme nur der neutralen Länder) hin zu einem Europa der Vaterländer.
Es wäre sehr zu begrüssen, wenn andere mitgingen.
Hoffe als überzeugter Europäer auf radikale Umkehr.
Nehmt Andere mit