
Wer macht die beste Bratwurst im Land? Wir haben 19 Bratwürste getestet und nur 5 gute gefunden. Die besten sind drei Nürnberger, eine Thüringer und die von Bratmaxe.
Es ist doch so: Das Grillen sollte man denen überlassen, die mit Leidenschaft und Erfahrung die Glut anfachen, die Würste nicht verkohlen lassen und gern für Nachschub sorgen, wenn alle anderen schon reinbeißen. Gleichmäßig gebräunt, mit aromatischem Grillgeruch, würzig, zart und saftig, aber nicht zu fett – so soll sie sein, die perfekte Bratwurst. Gerät der Grillmeister an die falsche Wurst, dann scheitert aber auch er.
Schon Goethe liebte Nürnberger
Auf einem Gasgrill haben unsere Tester reihenweise Würste gewendet, bis sie rundum braun waren. Fünf Sensorikspezialisten prüften danach Aussehen, Geruch, Geschmack und Mundgefühl der Würste, vor der Zubereitung nur Aussehen und Geruch. Auch im Labor ließen wir die Würste aufwendig analysieren: Wir prüften die Fleischqualität, den Kaloriengehalt, testeten zum Beispiel auf Hefen und Schimmelpilze.
Im Test der 19 gebrühten Bratwürste erwies sich am Ende nur etwa jede vierte als gut, darunter alle drei getesteten Nürnberger: von Rewe/Ja!, Howe und Schlütter’s Echte!. Einer Legende nach sind sie einst so klein geraten, um durchs Schlüsselloch des Nürnberger Lochgefängnisses zu passen – Häftlinge bekamen sie zugesteckt. Schon Johann Wolfgang von Goethe schätzte die kleinen Würstchen mit der typischen Majoranwürzung. Er ließ sie sich nach Weimar schicken. Leichter wäre er dort an Thüringer Rostbratwürste gekommen. Wir hätten ihm die Guten von Wolf empfohlen.
Dass Nürnberger und Thüringer so gut abschneiden, kommt nicht von ungefähr. Sie sind regional geschützt (siehe Artikel Regional geschützte Lebensmittel aus test 07/2010) und müssen höhere Anforderungen erfüllen als x-beliebige Bratwürste – das betrifft die Herkunft, aber auch die Zusammensetzung und Fleischqualität (siehe Text Von Thüringen bis zur Türkei).
Viel Muskelfleisch

In grobe Bratwurst kommt grob zerkleinertes Schweinefleisch und manchmal Speck. Fett- und Fleischteilchen sind erkennbar (Wurst oben). Für feine Bratwurst (Wurst unten) verarbeitet ein Kutter mit vielen Messern die Masse zu feinem Brät. Zuletzt landet es in Därmen vom Schwein oder Schaf.
Doch auch die Fleischqualität der anderen Bratwürste im Test war besser, als es die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse vorschreiben. Die meisten enthielten reichlich wertvolles Muskelfleisch und relativ wenig Bindegewebe. Würste, bei denen „Spitzenqualität“ oder „Delikatessware“ auf der Verpackung steht, sind dabei nicht immer besser als Würste ohne solche Auslobung. Ausschussware, zum Beispiel Wurstmasse von geplatzten Würsten oder von abgeschnittenen Enden, wurde in keiner Wurst im Test wiederverarbeitet.
Aldi-(Nord)-Bratwurst ist auffällig
In der Bratwurst von Aldi (Nord) wies unser Prüflabor geringe Mengen von Gewebe aus dem zentralen Nervensystem (ZNS) nach. Es kann zum Beispiel aus dem Rückenmark oder Gehirn stammen. Seit der BSE-Krise verzichtet die deutsche Fleischindustrie vorsorglich auf solche Teile vom Tier – sie werden laut Leitsätzen nicht verarbeitet. In der Aldi-(Nord)-Bratwurst fanden wir ZNS-Gewebe, können aber entwarnen: Wie unsere Analysen gezeigt haben, handelt es sich dabei nicht um Risikomaterial. Denn in der Wurst wurde ausschließlich Schwein verarbeitet, und bei Schweinen sind BSE-Infektionen nicht bekannt. Dennoch: Alle anderen Bratwürste waren im ZNS-Test negativ. Für Aldi (Nord) gab es daher Abzüge in der chemischen Qualität.
Knorpelteilchen und zäher Darm
Vereinzelte Knorpelteilchen können dagegen öfter mal vorkommen – im Test immerhin drei Mal. Es gab Abzüge in der sensorischen Beurteilung, wenn unsere fünf Prüfer sie beim Kauen spürten. Das gilt auch für einen zähen Darm, der sich nur schwer zerkauen ließ – wie bei der Bratwurst von der Metzgerei Zeiss.
Traditionell sind Bratwürste roh – und damit sehr anfällig für Keime. Am meisten verkauft werden aber die weniger empfindlichen, gebrühten Würste, die wir auch getestet haben. Etwa jede zweite geprüfte Bratwurst wurde sogar noch einmal in der Verpackung erhitzt, genauer nachpasteurisiert. Auf dem Etikett steht das nicht. Nachpasteurisierte Würste sind länger haltbar. Im Test waren die meisten von ihnen mikrobiologisch einwandfrei. Auf die geprüften Würste von Lidl und Kaufland trifft das auch ohne zusätzliche Erhitzung zu.
Viele Keime, aber keine gefährlichen
Ganz anders bei den Würsten von Penny und Edeka: Sie waren am Ende der Mindesthaltbarkeit voller Keime, ebenso die Biowürste von Chiemgauer – trotz Nachpasteurisierung. Krankheitserreger fanden wir zwar in keiner Wurst im Test, auf diesen drei Würsten tummelten sich aber viele Milchsäurebakterien und andere Verderbniskeime. Mikrobiologisch grenzwertig war die gleich nach dem Kauf untersuchte Thekenware von Schlemmermeyer. Am Geruch und Geschmack hatten unsere Prüfer bei den Schlemmermeyer-Rostbratwürsten aber nichts zu kritisieren.
Je nach Keimart und -anzahl ist der Verderb nicht immer zu riechen oder zu schmecken. Auch Grillaromen und Gewürze können einiges kaschieren. So rochen die Penny-Rostbratwürstchen vor dem Grillen deutlich säuerlich, danach waren sie unauffällig. Die Getesteten von Edeka und Chiemgauer konnten ihren Verderb auch gegrillt nicht verbergen.
Tipp: Werfen Sie Bratwürste weg, wenn sie ungegrillt säuerlich riechen, sich in der Packung trübe Flüssigkeit absetzt oder die Haltbarkeitsfrist abgelaufen ist.
Ein Viertel ist Fett
2,7 Kilogramm Bratwürste isst jeder Deutsche pro Jahr – etwa die Hälfte davon in der Grillsaison. Sie bestehen im Schnitt zu einem Viertel aus Fett und liefern rund 290 Kilokalorien pro 100 Gramm. Kommen noch Kartoffelsalat oder andere Beilagen dazu, sind guten Gewissens am Grillabend nur eine Wurst oder vier kleine Nürnberger drin.
Die Würste von Ökoland, Bratmaxe und der Metzgerei Zeiss enthalten am wenigsten Fett je 100 Gramm. Die Metzgerbratwurst ist mit 133 Gramm aber die schwerste im Test – und liefert pro Stück von allen somit am meisten Fett. Eine allein sprengt ohne Beilage schon den Fettrahmen einer Mahlzeit. Liegt würziger Grillgeruch in der Luft, ist die Figur aber schnell vergessen – und die nächste Wurst mit Appetit gegessen.