Blitzer-App Warnung vor Radarfallen auch für Beifahrer illegal?

17
Blitzer-App - Warnung vor Radarfallen auch für Beifahrer illegal?

Blitzer-App. Nähert sich das Handy einer Radarfalle, warnt die App. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser

Für Auto­fahrer ist das Nutzen einer Blitzer-App illegal. Es drohen mindestens 75 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flens­burg. Doch was, wenn der Beifahrer die App nutzt?

75 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flens­burg

Warnt das Radio vor Radarfallen, ist das recht­lich okay. Lässt sich der Auto­fahrer hingegen von einem Programm auf seinem Handy – einer Blitzer-App – warnen, ist das verboten. Besonders logisch und konsequent ist das nicht. Aber so ist die Rechts­lage. Paragraf 23 Absatz 1c der Straßenverkehrsordnung verbietet es Auto­fahrern, während der Fahrt eine Blitzer-App zu benutzen.

Die Ober­landes­gerichte Rostock (Az. 21 Ss Owi 38/17 [Z]) und Celle (Az. 2 Ss (OWi) 313/15) haben das bestätigt. Ahndet die Polizei einen solchen Verstoß, bekommt der Auto­fahrer ein Bußgeld in Höhe von 75 Euro sowie einen Punkt in Flens­burg. Die Straf­androhung scheint allerdings nicht viele Auto­fahrer zu beein­drucken. Bei einer repräsentativen Umfrage im Sommer 2022 gaben 49 Prozent der befragten Auto- und Motor­radfahrer an, eine Blitzer-App auf dem Handy oder ein Navigations­gerät mit Blitzer-Warn­funk­tion zu nutzen (Umfrage des Digitalverbandes Bitkom).

So funk­tioniert die App Blitzer.de

Bei Blitzer-Apps wie Blitzer.de melden Nutzer den Stand­ort einer Radarfalle per Mail, Telefon oder einfach per Tasten­druck übers Handy an den App-Anbieter. Ist ein Blitzer im System, bekommen alle Auto­fahrer, die diese App geöffnet und die Satelliten­verbindung an ihrem Handy (GPS) akti­viert haben, eine Meldung, sobald sich das Auto dem Stand­ort der Tempo­messung nähert.

Was gilt, wenn das Handy des Beifahrers warnt?

Im Februar 2023 entschied das Ober­landes­gericht Karls­ruhe, dass ein Fahrer auch dann eine Ordnungs­widrigkeit nach Paragraf 23 Absatz 1c Satz 3 StVO begeht, wenn er nicht das eigene Handy nutzt, sondern der Beifahrer während der Fahrt sein Handy auf der Mittel­konsole ablegt und die App Blitzer.de öffnet. Der Wort­laut der Vorschrift verbiete wörtlich das „Verwenden“ einer Warn-App. Zum Verwenden zähle auch, wenn sich ein Fahrer die Blitzerwarn­funk­tion eines fremden Handys zunutze mache. Das Ober­landes­gericht bestätigte die 100-Euro-Geldbuße für den Fahrer des Wagens (Az. 2 ORbs 35 Ss 9/23). Zur Frage, ob sich auch der Beifahrer als „Beteiligter“ ordnungs­widrig verhält, äußerte sich das Gericht nicht.

Nicht verbotene Nutzung von Blitzer.de

Nachdem aktuellem Stand bleiben nicht mehr viele legale Nutzungs­möglich­keiten der App Blitzer.de: Recht­lich unpro­blematisch ist es, wenn Fahrer sich vor der Fahrt oder während einer Pause auf dem Rast­platz über die Handy-App informieren.

Google Maps auch in Deutsch­land bald mit Warn­funk­tion?

Google hat in einigen Regionen der Welt seine Navi-App Google Maps mit einer Blitzer-Warn-Funk­tion ausgestattet. Für Deutsch­land gibt es diese Funk­tion noch nicht. Sollte die Blitzer-Warn­funk­tion in Google Maps für den deutschen Markt irgend­wann frei­geschaltet werden und während einer Auto­fahrt nicht individuell abschalt­bar sein, wäre eine legale Nutzung von Google Maps für einen Auto­fahrer hier­zulande wohl nicht mehr möglich.

Tipp: Wie Google Maps im Vergleich mit anderen Navi-Apps und Navigations­geräten abschneidet, verrät der Navi-Test der Stiftung Warentest.

Auch im Ausland Radarwarngeräte verboten

Wer mit dem Auto ins Ausland fährt, sollte wissen, dass auch im europäischen Ausland die Nutzung von Radarwarngeräten fast über­all verboten ist. Nach einer Übersicht des ADAC gibt es aktuell nur in Rumänen kein solches Nutzungs­verbot. In vielen Ländern drohen hohe Geld­strafen, teil­weise die Beschlag­nahme des Geräts. ).

Handy­verbot am Steuer

Egal, ob der Fahrer bei der Fahrt ein Handy mit Blitzer-App oder ohne nutzt. In keinem Fall darf er während der Fahrt das Handy in die Hand nehmen, um etwa eine neue Ziel­adresse in seine Navi-App einzugeben. Bei einem Verstoß drohen mindestens 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flens­burg (Handy am Steuer: Das sind die Regeln, Strafen und Urteile).

Verkehrs­rechts­schutz: Bußgeld abwehren

Wer ein Bußgeld etwa wegen einer angeblichen Hand­ynut­zung am Steuer zahlen soll und eine Rechts­schutz­versicherung inklusive Verkehrs­rechts­schutz hat, kann sich auf Kosten der Versicherung einen Anwalt nehmen. Die besten Verkehrs­rechts­schutz-Policen finden Sie im Vergleich Verkehrsrechtsschutzversicherung.

17

Mehr zum Thema

17 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Gelöschter Nutzer am 06.03.2023 um 19:53 Uhr
halsbandschnaepper

Mein Hinweis auf die Verkehrstoten diente in erster Linie dazu, klarzustellen, dass die Zahl der Verkehrstoten seit Jahrzehnten nur den Weg nach unten kennt. Das ist natürlich sehr positiv. Dazu kommt, dass statistisch betrachtet das Fahren mit zu hoher Geschwindigkeit keinesfalls auf den ersten Plätzen der Ursache für Unfälle oder gar Toten steht. Häufige Ursachen sind die Missachtung von Vorfahrtsregeln und eine unangepasste Geschwindigkeit. Letzteres hat aber nichts mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu tun. Auch ihre Behauptung, solche Apps nur Leute nutzen würden, die bewusst zu schnell fahren wollen, bleibt ohne jeden Beleg. Zum Beispiel beachte ich die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Und ich verwende dennoch eine Warnapp und werde sie auch weiter verwenden. Ich verwende sie aber nicht, um schneller fahren zu können als erlaubt. Ob solche Apps verboten werden, ist vollkommen irrelevant. Jeder der möchte, wird sie weiterhin nutzen können.

mikesch_x am 24.02.2023 um 09:03 Uhr
Radar f a l l e ?

Eine Falle ist etwas bösartig, Radarkontrollen dienen der Verkehrssicherheit.

halsbandschnaepper am 21.02.2023 um 09:45 Uhr
@ heinrichklartext

Ganz richtig solche Apps sollte generell verboten werden. Sie nützen nur Leuten die generell die Geschwindigkeitsbegrenzungen missachten und nur wenn sie vor einem Blitzer gewarnt werden korrekt fahren. Und @GuessWhat es gibt nicht nur Verkehrstote, sondern auch Verletze und viele unnötige Unfälle. Oder wollen sie etwa bestreiten dass der Bremsweg bei erhöhter Geschwindigkeit exponentiell steigt? Eine App die vor Polizeistreifen warnt müsste erstmal an die Daten kommen und schon das wäre illegal.

Gelöschter Nutzer am 05.01.2023 um 22:09 Uhr
@heinrichklartext

Auch wenn ihr Kommentar schon einige Monate her ist: Sie nennen die Zahl von etwa 3000 Verkehrstoten in Deutschland jedes Jahr. Was hat es mit den hier besprochenen Warnapps zu tun? Und was hat es mit einer eventuell zu hohen Geschwindigkeit zu tun? Um diese Fragen gleich selbst zu beantworten: Die deutliche Mehrheit der von ihnen genannten Verkehrstoten in Deutschland hat mit dem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit absolut nichts zu tun. Das kann man gut in den Statistiken über Verkehrsunfälle nachlesen. Ein anderer Kommentator fragte nach einer App zur Warnung vor Polizeistreifen. Eine solche gibt es meines Wissens nicht, rein rechtlich wäre sie jedoch problemlos zulässig. Abschließend noch ein allgemeiner Hinweis: Bei einer Verkehrskontrolle hat die Polizei selbstverständlich nicht das Recht, das Smartphone des Fahrers zu durchsuchen.

wolfgang-ks am 23.12.2022 um 13:57 Uhr
@chilahund

Ich muss auch mit 71 Jahren noch ziemlich viel Auto fahren. Besonders nachts und bei Nebel kann man gar nicht alle Schilder sehen. Manche sind sogar hinter Bäumen versteckt. Dafür hat der Bürokratiewahnsinn manchmal alle paar hundert Meter eine neue Geschwindigkeitsbegrenzung erfunden. Die Geister auf Ihren Bürostühlen möchte ich mal nachts auf einer Bundesstraße erleben. Das Augenmaß ist in Deutschland schon längst abhanden gekommen.