
Nähert sich das Handy einer Radarfalle, warnt die Blitzer-App.
Millionen Deutsche haben ein Programm auf ihrem Handy, das sie vor Radarfallen warnt. Doch Achtung: Für Autofahrer ist die Nutzung einer solchen Blitzer-App illegal. Ebenso wie für das Rasen selbst droht hier ein Bußgeld. Kein Problem hingegen ist es, wenn der Beifahrer in seinem Smartphone schaut, wo die nächste Radarfalle wartet. test.de klärt auf.
75 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg
Warnt das Radio vor Radarfallen, ist das rechtlich okay. Lässt sich der Autofahrer hingegen von einem Programm auf seinem Handy – einer Blitzer-App – warnen, ist das verboten. Besonders logisch und konsequent ist das nicht. Aber so ist die Rechtslage. Paragraf 23 Absatz 1c der Straßenverkehrsordnung verbietet es Autofahrern, während der Fahrt eine Blitzer-App zu benutzen. Die Oberlandesgerichte Rostock (Az. 21 Ss Owi 38/17 [Z]) und Celle (Az. 2 Ss (OWi) 313/15) haben das bestätigt. Ahndet die Polizei einen solchen Verstoß, bekommt der Autofahrer ein Bußgeld in Höhe von 75 Euro sowie einen Punkt in Flensburg. Die Strafdrohung scheint allerdings nicht viele Autofahrer zu beeindrucken. Allein die App Blitzer.de hat nach Angaben des Hamburger Anbieters Eifrig Media 3,5 Millionen aktive Nutzer.
So funktioniert die App Blitzer.de
Bei Blitzer-Apps wie Blitzer.de melden Nutzer den Standort einer Radarfalle per Mail, Telefon oder einfach per Tastendruck übers Handy an den App-Anbieter. Ist ein Blitzer im System, bekommen alle Autofahrer, die diese App geöffnet und die Satellitenverbindung an ihrem Handy (GPS) aktiviert haben, eine Meldung, sobald sich das Auto dem Standort der Tempomessung nähert. Die Grundversion der App Blitzer.de ist kostenlos. Sowohl für iOS als auch für Android gibt es zusätzlich eine kostenpflichtige „Pro“- beziehungsweise „Plus“-Variante.
Rechtslücke für Beifahrer
Das Verbot von Blitzer-Apps trifft laut Straßenverkehrsordnung nur den Fahrer eines Autos. Der Beifahrer ist nicht Führer eines Kraftfahrzeugs. Es ist also zum Beispiel erlaubt, dass der Beifahrer eine Blitzer-App auf seinem Handy nutzt und die Radarwarnungen während der Fahrt mündlich an den Fahrer weitergibt. Es wäre auch zulässig, wenn der Fahrer sich mit seinem Handy vor der Fahrt oder während einer Pause auf dem Rastplatz über die App informiert.
Google Maps auch in Deutschland bald mit Warnfunktion?
Google hat in einigen Regionen der Welt damit begonnen, seinen Dienst Google Maps mit neuen Funktionen auszustatten. Wer die App dort als Navigationshilfe beim Autofahren nutzt, bekommt die jeweils maximal zulässige Geschwindigkeit auf der Strecke angezeigt und wird vor Blitzern gewarnt. Ob und wann Google Maps mit diesen Funktionen auch für Deutschland erhältlich sein wird, ist nicht bekannt. Die bisherige deutsche Rechtsprechung hat Auswirkungen für Google. Sollte die Blitzer-Warnfunktion in Google Maps für den deutschen Markt irgendwann freigeschaltet sein und während einer Autofahrt nicht individuell abschaltbar sein, wäre eine legale Nutzung für einen Autofahrer hierzulande wohl nicht möglich.
Tipp: Wie Google Maps im Vergleich mit anderen Navi-Apps und Navigationsgeräten abschneidet, verrät der Navi-Test der Stiftung Warentest.
Handyverbot am Steuer
Egal, ob der Fahrer bei der Fahrt ein Handy mit Blitzer-App oder ohne nutzt. In keinem Fall darf er während der Fahrt das Handy in die Hand nehmen, um etwa eine neue Zieladresse in seine Navi-App einzugeben. Das Bundesverkehrministerium hat das Handyverbot im Herbst 2017 sogar erweitert und verschärft. Künftig ist jede Ablenkung durch jedes elektronische Gerät verboten (Paragraf 23 Absatz 1a Straßenverkehrs-Ordnung). Bei einem Verstoß drohen mindestens 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Erlaubt bleibt die Bedienung von Geräten, wenn „nur eine kurze Blickzuwendung“ ausreicht. Ausnahme: Der Wagen steht und der Motor ist vollständig abgeschaltet. Der Ampelhalt alleine reicht nicht – auch nicht, wenn eine Start-Stopp-Automatik den Motor abschaltet (siehe Meldung Strengere Verkehrsregeln, drastisch höhere Bußgelder).
Verkehrsrechtsschutz: Bußgeld abwehren
Wer ein Bußgeld etwa wegen einer angeblichen Handynutzung am Steuer zahlen soll und eine Rechtsschutzversicherung inklusive Verkehrsrechtsschutz hat, kann sich auf Kosten der Versicherung einen Anwalt nehmen. Die besten Verkehrsrechtsschutz-Policen finden Sie in unserem aktuellen Test Sehr gute Policen für Leute mit und ohne Auto.
Dieses Special ist erstmals am 17. Juli 2012 auf test.de erschienen. Es wurde am 14. Januar 2020 aktualisiert.