
Es ist alter Brauch, in der Silvesternacht mit Hilfe eines Orakels in die Zukunft zu schauen. Besonders beliebt ist das Bleigießen. Über einer Kerzenflamme wird Blei im Löffel geschmolzen und in eine Schüssel mit kalten Wasser gekippt. Anhand der erstarrten Bleifiguren wird im Kreis von Freunden und Familie die Zukunft gedeutet. Das Weissagen mit echtem Blei ist aber gesundheitsschädlich und darum seit diesem Jahr verboten. Zum Glück gibt es harmlose und genauso vergnügliche Alternativen.
Giftige Bleidämpfe und kochende Metallspritzer
Blei ist ein Schwermetall, das bereits in niedriger Dosis die Gesundheit schädigen kann. Beim Erhitzen von Blei entstehen giftige Bleidämpfe, die über die Atmung in den Körper gelangen. Beim Anfassen der Bleifiguren geht das Schwermetall auf die Hände über und kann so zum Beispiel über Nahrungsmittel in den Körper gelangen. Kinder nehmen die Bleifiguren, die wie Spielzeug aussehen, auch gern in den Mund, wobei ebenfalls größere Mengen Blei in den Körper gelangen können. Außerdem besteht beim Bleigießen das Risiko schwerer Brandwunden durch möglicherweise auftretende Spritzer des flüssigen Metalls. Als die Stiftung Warentest im Jahr 2012 Bleigieß-Sets analysierte, fanden die Tester im Metall einen Bleigehalt von 71 Prozent. Weitere von den Testern gefundene Inhaltsstoffe waren Antimon (knapp 25 Prozent) und Zinn (4 Prozent) sowie andere Substanzen wie Arsen (0,18 Prozent) und Kupfer (0,15 Prozent). Bei manchen damals angebotenen Bleigieß-Sets war der Bleigehalt im Metall laut Anbieter sogar noch höher als von uns gemessen.
Blei macht dumm
Blei schädigt das Zentralnervensystem und damit die Hirnfunktion. Studien zeigen, dass bereits geringe Mengen bei Kindern die Intelligenz-, Aufmerksamkeits- und Reaktionsleistungen beeinträchtigen sowie Verhaltensstörungen verursachen können. Blei kann aber auch das Hormonsystem beeinflussen. Besonders empfindlich reagieren Kinder im Mutterleib sowie Säuglinge und Kleinkinder. Für die Wirkung von Blei auf das Zentralnervensystem kann laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kein sicherer Schwellenwert festgelegt werden. Das BfR ist deshalb der Auffassung, dass die Bleiaufnahme von Kindern so weit wie möglich reduziert werden sollte. Spielzeug sollte aus diesem Grund gar kein Blei abgeben.
Nur noch Restbestände mit Blei im Handel
Der Vertrieb von Bleigieß-Sets mit reinem Blei oder bleihaltigen Mischungen – wie etwa bleihaltigem Zinn – ist seit dem Jahr 2018 verboten. Der Bleigehalt in Metall muss laut einer EU-Verordnung unter 0,05 Prozent liegen. Im Onlinehandel sind noch einige wenige Sets mit Blei erhältlich – Restbestände, die eigentlich nicht mehr verkauft werden dürften. Bei den meisten Angeboten, die unter „Bleigießen“ firmieren, handelt es sich inzwischen um Sets mit Zinn oder Wachs.
Alternativen: Wachs, Zinn, Kaffeesatz – und App
Am besten für Umwelt und Gesundheit ist es, ganz aufs Bleigießen zu verzichten. Besonders für Kinder eignet sich als Bleiersatz sehr gut Kerzenwachs. Es ist allerdings etwas schwieriger, die Wachsfiguren unzerbrochen aus dem Wasser zu fischen. Auch Zinn kann als Ersatz verwendet werden, wenngleich die Figuren nicht ganz so schön gelingen. Dafür ist Zinn ungiftig und schmilzt sogar schneller als Blei. Wirklich bleifrei ist allerdings nur Reinzinn, auch Lebensmittelzinn genannt. Gießzinn für Zinnfiguren enthält meist ebenfalls Blei. Ganz ohne Bleidämpfe geht es dagegen mit alternativen Orakelformen wie zum Beispiel Kartenlegen oder Kaffeesatzlesen. Und natürlich gibt es auch längst Apps, mit denen sich virtuell Bleigießen lässt – für iOs und Android.
Diese Meldung ist erstmals im Dezember 2012 auf test.de erschienen. Sie wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 28. Dezember 2018.