Der kanadische Smartphone-Pionier Blackberry kämpft mit sinkenden Marktanteilen. Ein neues Touchscreen-Smartphone mit runderneuertem Betriebssystem soll die Wende bringen. Der Schnelltest zeigt, was das Blackberry Z10 und das neue Blackberry OS 10 taugen.
Herausforderung angenommen
Einst war Blackberry fast ein Synonym für Smartphone. Doch seit dem Boom von iPhone und Android-Handys gehen die Marktanteile des vor allem auf Business-Kunden spezialisierten kanadischen Anbieters kontinuierlich zurück. Blackberry reagiert nun mit einem komplett überarbeiteten Betriebssystem: Blackberry OS 10 soll verlorene Marktanteile zurückerobern. Das erste Gerät mit dem neuen System zeigt dabei klar, gegen wen es sich durchsetzen muss: Das Z10 folgt nicht der traditionellen Blackberry-Bauform mit relativ kleinem Display und physischer Buchstabentastatur. Stattdessen dominiert ein großer Touchscreen – wie bei iPhone und Android-Smartphones.
Großer Touchscreen, großer Surfspaß
Der Bildschirm kann sich sehen lassen: Mit 10,6 Zentimeter Diagonale ist er groß, aber nicht riesig, und hat mit 768 mal 1 280 Bildpunkten eine für seine Größe sehr hohe Auflösung. Das sorgt für gestochen scharfe Bilder. Auch Helligkeit, Farbwiedergabe und Kontrast stimmen. Zusammen mit einem kraftvollen Prozessor und schnellen Funkverbindungen – bei Bedarf auch über den neuen Turbo-Mobilfunk LTE – sorgt das sehr gute Display für viel Surfspaß. Das Z10 ist das erste Blackberry, das in unserem Test ein „Sehr Gut“ fürs Surfen schafft. In dieser Disziplin kann das neue Blackberry mit der Konkurrenz nun also tatsächlich mithalten.
Telefon gut, Akku schwach
Auch in traditionelleren Werten schlägt sich das neue Blackberry nicht schlecht: Die Sprachqualität beim Telefonieren ist gut. Und anders als viele andere moderne Smartphones hat das Z10 kein Antennenproblem. Egal, wie man das Gerät hält, die Netzempfindlichkeit ist gut. Weniger gut ist die Kamera. Die macht zwar ganz ordentliche Videos, bei wenig Licht aber nur schwache Fotos. Größtes Manko des Z10 ist der Akku: Beim Surfen per UMTS hält er nur 3 Stunden durch – das ist schon nicht toll. Geht die Internetverbindung über LTE, ist sogar schon nach gut 2 Stunden Schluss. Zum Vergleich: Die LTE-Version des beliebten Samsung Galaxy S III hält beim Surfen per LTE mehr als doppelt so lang durch.
Neues OS mit eigenem Bedienkonzept
Im Zentrum der Nutzeroberfläche steht die Übersicht der zuletzt geöffneten Apps (Mitte). Links davon führt ein Fingerwisch in den „Hub“ mit Nachrichten aller Art. Rechts von Ihr liegen sämtliche installierte Apps (rechts).
Das neue Blackberry OS 10 ist konsequent auf Touchscreen-Steuerung optimiert – und wirkt im Vergleich zur Konkurrenz recht eigenständig. Einen „Home“-Knopf wie bei Android oder iOS gibt es nicht. Stattdessen geht hier alles über Wischgesten. Eine Fingerbewegung von unten in den Bildschirm hinein führt stets zur zentralen Übersicht der geöffneten Apps. Von dort führt ein weiterer Wisch zum „Hub“ (Englisch für Nabe oder Zentrum). Der Hub sammelt alle Nachrichten, die per Mail, Telefon, SMS oder soziale Netzwerke ein- und abgehen. Ein Wisch in die andere Richtung öffnet die Liste aller installierten Apps. Verglichen mit Android und iOS wirkt das ungewohnt, aber nicht unpraktisch. Ein klarer Fortschritt ist die neue Bildschirmtastatur. Sie macht beim Tippen Wortvorschläge, die der Nutzer einfach per Fingergeste in den Text schnippen kann.
Offen für alle, Balance für Profis
Eine weitere wichtige Neuerung: Ab Blackberry OS 10 braucht der Nutzer keinen speziellen Blackberry-Dienst oder -Mobilfunktarif mehr. Die neuen Geräte funktionieren mit beliebigen E-Mail-Diensten und Handytarifen. Damit werden Blackberry-Handys potenziell auch für Privatnutzer interessanter. Doch auch für die klassischen Business-Nutzer ist Blackberry OS 10 flexibler geworden: Eine neue Funktion namens „Balance“ verspricht eine strikte Trennung zwischen geschäftlichen und privaten Daten und Apps. Das soll denen das Leben erleichtern, die ihr Blackberry sowohl dienstlich als auch privat nutzen. Dank „Balance“ können sie ihr Gerät zwischen diesen beiden Welten quasi umschalten. Dafür ist auf der geschäftlichen Seite dann aber doch wieder die klassische Blackberry-Server-Infrastruktur notwendig.
Viel Datenschutz, wenig Apps
Zu den Stärken von Blackberry gehört der Datenschutz. Der ist mit dem neuen System nun einfacher zu handhaben: Im Einstellungsmenü lassen sich die Zugriffsrechte einzelner Apps auf Adressbuch oder Ortungsfunktion jetzt übersichtlicher ein- oder abschalten – ähnlich wie bei Apples iOS 6. Das Angebot an Zusatz-Apps ist für Blackberry allerdings immer noch erheblich geringer als für iOS oder Android. Die meisten Privatanwender, die ihr Smartphone vor allem als vielseitiges Multimedia-Spielzeug einsetzen wollen, werden darum wohl weiterhin eher auf diese beiden Betriebssysteme setzen.