
Gewagte Prognose. Der Wert der virtuellen Währung SwissCoin soll von 30 Cent im Jahr 2016 auf 10 Euro im Jahr 2020 steigen. Diese Prognose präsentiert Manfred Mayer, Vertriebsvorstand der Veto-Concept AG, die SwissCoin vertreibt, in einer Onlinepräsentation vom Mai 2016.
Bitcoin hat viele Fans. Davon wollen Nachahmer profitieren. Doch die Risiken von OneCoin und SwissCoin sind hoch. Finanztest erklärt, wer die „Kryptowährungen“ anbietet und wie das Vertriebssystem der neuen Anbieter funktioniert.
Eine „weltweite Bewegung“ soll entstehen
Als „Beginn der Revolution des Geldverkehrs“ preist die Euro Solution GmbH aus Cham in der Schweiz ihr neues Zahlungsmittel SwissCoin. Im Juni 2016 hat sie es gestartet. In einer Broschüre über die „Kryptowährung“ lockt sie: „Jetzt sind Sie auch mal von Anfang an dabei, wenn eine weltweite Bewegung entsteht.“
SwissCoin und OneCoin funktionieren anders als Bitcoin
Auch andere Anbieter setzen auf die Begeisterung für rein digitale Währungen, die der Pionier Bitcoin ausgelöst hat. Ob das für die Kunden tatsächlich lukrativ wird, ist aber fraglich. Neulinge wie SwissCoin und OneCoin unterscheiden sich stark von Bitcoin. Bei beiden gibt es zentrale Stellen, die das System kontrollieren. Die Währungen sind bisher sehr begrenzt nutzbar. Die Herausgeber setzen auf mehrstufige Vergütungssysteme, um Kunden zu motivieren, ihre Produkte weiter unter die Leute zu bringen.
OneCoin-Handel derzeit nur intern
Hinter OneCoin steckt laut Firmengründerin Ruja Ignatova aus Bulgarien ein „Milliarden-Euro-Unternehmen“. Es tritt unter den Marken OneCoin, OneLife Network und OneAcademy auf. Auf der Internetseite heißt es, OneCoin sei seit Anfang 2016 die zweitgrößte Kryptowährung weltweit, und das weniger als zwei Jahre nach dem Start. Mehr als zwei Millionen Kunden und 770 Millionen OneCoins soll es geben. In zwei weiteren Jahren will Ignatova die Nummer eins sein und zehn Millionen Kunden haben. Sie kaufen Schulungspakete für Preise ab 100 Euro plus 30 Euro Gebühr und erhalten „Token“, die sie zum „Schürfen“ der OneCoins einreichen.
Kryptowährung „nicht für jedermann“
OneCoin bezeichnet sich als „zentralisierte“ Kryptowährung. Sie steht nach Firmenangaben bewusst „derzeit nicht für jedermann zum Handeln“ offen, weil sie noch neu sei. OneCoins können nur auf einer netzwerkinternen Plattform gehandelt werden. Andere Handelsplattformen für Kryptowährungen führen OneCoin nicht. Ob und wie OneCoins geschürft, ge- und verkauft werden können, hängt daher maßgeblich von der Unternehmensführung ab. Im Juni etwa berichtete das Unternehmen über Wartezeiten von zwei bis drei Monaten, bis Kunden ihre Coins erhielten.
Drastische Ausweitung geplant
Ignatova kündigte zugleich an, die maximal mögliche Menge an OneCoins ab Oktober von 2,1 Milliarden auf 120 Milliarden Stück auszudehnen. So etwas kann einen Kursabsturz nach sich ziehen, falls OneCoin die Nachfrage überschätzt haben sollte.
Kritik an Vergütungssystem
Kritiker wie die lettische Finanz- und Kapitalmarkt-Kommission stören sich an dem mehrstufigen, pyramidenartigen Vergütungssystem: Das Unternehmen belohnt Kunden, wenn sie es schaffen, weitere Kunden zu Käufen seiner Produkte zu bewegen, und diese wieder weitere Käufe veranlassen.
OneCoin zahlt erfolgsabhängige Provisionen und Boni
„Das Geschäftsmodell der OneCoin ist rechtlich einwandfrei und nicht als Schneeballsystem zu qualifizieren“, betont OneCoin gegenüber Finanztest. Das OneLife Network biete echte Produkte, wie das mobile Computergerät „OneTablet“ und echte Dienstleistungen in Form von Ausbildungspaketen mit Finanzierungsbezug an. Das Geschäftsmodell basiere „auf der Grundlage eines klassischen Direktvertriebskonzepts“. Es sei Mitgliedern möglich, „ihr Einkommen durch Empfehlungen und Verkäufe von Ausbildungspaketen über Kryptowährung und Finanzmanagement an Nicht-Mitglieder zu verdienen“. Provision und Bonus würden unmittelbar je nach Erfolg ausbezahlt – genauso wie bei bekannten Unternehmen mit Direktvertrieb, die Waren wie das Küchengerät Thermomix, die Körperpflegeprodukte von Amway oder die Nahrungsergänzungsmittel von Herbalife anbieten.
Grundprinzip bei SwissCoin ähnlich
Aus dem Direktvertrieb kommt die Veto-Concept AG aus Leipzig. Sie stellt sich auf der Internetseite Richcoin.eu als unabhängiger Vertriebspartner von OneCoin vor. Die digitale Währung erklärt sie zu einem „der heißesten Finanzthemen“. Sie selbst vertreibt noch eine weitere digitale Währung: SwissCoin. Ihr Aufsichtsratschef führt die Geschäfte der SwissCoin-Herausgeberin Euro Solution. Das Modell von SwissCoin ähnelt OneCoin. Wieder gibt es Schulungspakete mit Token, diesmal ab 25 Euro. Auch SwissCoins sind noch nicht frei handelbar, das Vergütungssystem ist mehrstufig.
OneCoin-Anwalt warnt vor SwissCoin
OneCoin hält weite Teile des Vertriebsmodells für kopiert. Der Anwalt des Unternehmens erwirkte vor Gericht eine einstweilige Verfügung, seine Kanzlei warnte öffentlich vor SwissCoin. Die Internetseite Badbitcoin.org, eine Plattform von Kryptowährungsfans, übt Kritik an mehrstufigen Vertriebssystemen. Sie prangert unseriöse Praktiken an und sammelt negative Berichte. OneCoin steht auf ihrer „Badlist“, einer Warnliste für nicht empfehlenswerte Angebote. Sowohl der Anwalt von OneCoin als auch die Veto-Concept AG betonen gegenüber Finanztest, das Geschäftsmodell sei legal. Die SwissCoin-Herausgeberin Euro Solution antwortete nicht.
Handelt es sich um E-Geld?
Eine digitale Währung einer zentralen Anbieterin, gewerblich angelegt für Zahlungsvorgänge – das erinnert an elektronisches Geld (E-Geld). Wären die Währungen so einzustufen, brauchten die Unternehmen eine Erlaubnis. Im Register der zugelassenen E-Geld-Institute der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sind aber weder Unternehmen rund um OneCoin noch um SwissCoin zu finden.
Bafin könnte einschreiten
Würde die Bafin die Währungen als E-Geld einstufen, könnte sie die Rückabwicklung anordnen. Auch rund um klassische Kryptowährungen gibt es erlaubnispflichtige Tätigkeiten. Im Juni berichtete das Magazin „Der Spiegel“, die Bafin prüfe OneCoin. Die Bafin äußert sich nicht dazu. Es kann aber sein, dass den digitalen Währungen aus vielerlei Gründen heiße Phasen bevorstehen.