
Das Plakat vor einem Aldi-Markt in Berlin verspricht: Hier können Kunden mit Handy oder Karte kontaktlos bezahlen. Near Field Communication (NFC) heißt das Zauberwort. Dabei hält der Kunde Handy oder Kreditkarte vor einen Sensor und das Geld wird vom Konto abgebucht – ohne Unterschrift. Eine PIN-Eingabe ist bei Einkäufen bis zu 25 Euro nicht nötig. test.de-Reporter Markus Fischer hat im Juli 2015 ausprobiert, wie das neue Verfahren funktioniert. Die erste Bilanz war ernüchternd. Doch Aldi hat unterdessen den Service verbessert.*
Die Kassiererin ist ahnungslos
Die Kassiererin schaut etwas verwirrt drein: „Das hat noch niemand gewollt. So was geht bei uns?“ Die Dame hat von kontaktlosem Bezahlen noch nie gehört. Dabei war die Nachricht fast überall zu lesen: Bei Aldi Nord könne nun jeder per Smartphone bezahlen. Das lästige Gefummel mit dem Portmonee soll entfallen. Auch ein Plakat direkt am Eingang meines Berliner Aldi-Marktes bewirbt die Neuerung. Doch die Kassiererin weiß nicht, was sie tun soll. Sie ruft eine Kollegin zu Hilfe.
Apple-Nutzer sind ausgeschlossen
„Wollen Sie mit Handy bezahlen?“ fragt die herbeigeeilte Kollegin. Eigentlich gerne. Das Problem ist nur: Mein iPhone von Apple wird nicht unterstützt. iPhone-Nutzer sind vom kontaktlosen Bezahlen per Smartphone bislang weitgehend ausgeschlossen, nicht nur bei Aldi. Nur das allerneueste Modell, das iPhone 6, hat überhaupt eine NFC-Antenne eingebaut. Doch damit funktioniert das Bezahlen in Deutschland nicht. Gehen die Daten über die Antenne, ist automatisch der Apple-eigene Dienst ApplePay mit im Spiel – und den gibt es bislang nur in den USA. Die Alternative für Apple-Geräte und für alle anderen Handys ohne eigene NFC-Funktion ist ein Aufkleber mit integriertem NFC-Chip. Der kommt auf die Handyrückseite. Den Sticker gibt es kostenlos, aber verbunden ist damit ein gebührenpflichtiger Jahresvertrag und zusätzliche Nutzungsgebühren. Mehr dazu im Unterartikel Das Smartphone aufrüsten. Von einem solchen Sticker haben die Kassiererinnen aber noch nie gehört.
Übrigens: Tests von über 260 Handys finden Sie im Produktfinder Handys. Dort sehen Sie bereits im kostenlosen Teil der Datenbank, ob Ihr Handy NFC-tauglich ist.
Es piepst – aber Aldi akzeptiert keine Kreditkarten
Zum Glück gibt es Alternativen zum Bezahlen mit dem Smartphone: Auch eine Kreditkarte soll das Geld kontaktlos in die Kasse funken können. Geeignete Karten haben ein kleines Antennensymbol auf der Kartenvorderseite. Da dies das erste Mal ist, dass die Karte zum Einsatz kommt, schnell noch bei der Bank anrufen und fragen, ob die Karte noch freigeschaltet werden muss. „Nein, Ihre Visakarte kann sofort zum kontaktlosen Bezahlen verwendet werden“, lautet die Auskunft. Ich halte also die Karte mit ein paar Zentimetern Abstand vor den Sensor an der Aldi-Kasse. Es piepst. Die Karte wird erkannt. Doch dann erscheint auf dem Display des Lesegeräts eine Fehlermeldung: Die Karte wird nicht akzeptiert. Ach ja: Bei Aldi kann noch nicht mit Kreditkarte bezahlt werden – das Unternehmen will die Kosten dafür nicht tragen. Jedenfalls derzeit nicht. Doch Aldi verspricht, dass in den nächsten Monaten auch die Bezahlung mit Kreditkarten eingeführt wird.
[Update 16. Dezember 2015]: Jetzt klappt es auch mit Kreditkarten
Aldi Nord hat Wort gehalten: In acht verschiedenen Aldi-Nord-Filialen konnten wir inzwischen fast problemlos mit Hilfe von NFC-fähigen Kreditkarten per Funk bezahlen. Nur in einem Fall wollte eine Kassiererin, dass der Kassenzettel unterschrieben wird, was bei Einkäufen unter 25 Euro aber eigentlich nicht nötig ist. [Update Ende]
Bislang kaum Vorteile für den Verbraucher
Mein Experiment „kontaktloses Bezahlen“ ist vorerst gescheitert. Es hilft nichts: Nur gegen Bargeld rückt die Aldi-Kassiererin die Einkäufe heraus. Bequemer wäre es per Funk ohnehin nicht gewesen. Denn meine Einkäufe haben über 30 Euro gekostet – und ab einem Betrag von 25 Euro muss immer noch die PIN eingegeben oder unterschrieben werden. Fraglich bleibt, welche Vorteile das Verfahren für Verbraucher tatsächlich bringt. „Ich würde das auch nicht machen, wäre mir zu heikel“, meint lächelnd die Kassiererin.
Die Deutschen zahlen lieber bar
Aldi Nord ist übrigens nicht das erste Handelsunternehmen, das mobiles Bezahlen erlaubt. Edeka und Netto haben es auch schon probiert – mit eigenen Smartphone-Apps, die nur beim jeweiligen Händler funktionierten. NFC soll nun dafür sorgen, dass Kunden nur noch eine einzige App benötigen und damit in allen Supermärkten bezahlen können. Doch das scheint alles noch Zukunftsmusik zu sein. Und bislang zahlen die Deutschen sowieso am liebsten bar. Gerade mal jeder Dritte interessiert sich für die neuen Bezahlmöglichkeiten – und genutzt hat sie noch kaum jemand, wie eine aktuelle Umfrage des Branchenverbands Bitkom zeigt. Finanzbranche und Händler versuchen das zu ändern. Mit der Initiative NFC City wollen mehrere große Handelsketten das mobile Bezahlen per NFC-Funktechnik zumindest in der Hauptstadt Berlin etablieren. Mit dabei dann unter anderem Kaiser’s Tengelmann, Galeria Kaufhof, Real, Obi, Rewe und Penny.
* Dieser Erlebnisbericht ist erstmals am 8. Juli 2015 auf test.de erschienen. Am 16. Dezember 2015 haben wir ihn aktualisiert. In acht verschiedenen Aldi-Nord-Filialen konnten wir inzwischen fast problemlos mit Hilfe von NFC-fähigen Kreditkarten per Funk bezahlen.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
@Papageihund: Danke für den Hinweis, dass wir da scheinbar der Zeit voraus sind ;-) .Wir haben die Zahl geändert. Ihren Vorschlag haben wir an das zuständige Fachteam weitergeleitet. (SG/aci)
Zuerst wollte ich den Autor darauf aufmerksam machen, dass in der Überschrift "[Update 16. Dezember 2016]: Jetzt klappt es auch mit Kreditkarten" das falsche Jahr stehr
Zum zweiten gibt es mittlerweile (oder auch schon länger) eine KOSTENFREIE App für Android namens Boon, die ohne lästigen Sticker auskommt. Ich habe mit dieser schon etliche male bei Tankstellen, Lidl und anderen Supermärkten bezahlt. Bitte im Text ergänzen.
Als Besitzer einer älteren Maestro Karte WestLB/Payback mit paypass als kontaktlose Schnittstele hat es bei Aldi-Nord ratz-fatz funktioniert. Obwohl für das Kassenpersonal das vielleicht die erste praktische Anwendung war , ging das ziemlich reibungslos:
Karte zücken , in die Nähe des Lesers halten, Bestätigung abwarten(piep), Kassenzettel drucken. Die Transaktion hat vielleicht 3 Sekunden gedauert. Eine simple Karte ohne das eher riskantere ,aufwändigere Smartphoneverfahren ist für die Echtzeitaktion optimal.
Ich frage mich allerdings warum gegenwärtig das kontaktlose Verfahren girogo der deutschen Kreditwirtschaft nicht unterstützt wird. Immerhin sind so ziemlich alle neu ausgegenen Karten der Sparkassen dazu fähig.
Nachdem zwischenzeitlich auch Restriktionen der BaFin zur Nutzung von kontoungebundenen Bezahlkarten (WhiteCards) gelocketrt wurden , wären auch datenschutzrechtliche Bedenken gemildert.
RAINBOW: Wenn Sie sich unseren letzten Handy-Test anschauen https://www.test.de/Handys-und-Smartphones-im-Test-4222793-0/ (266 Handys im Test), dann klicken Sie bitte am linken Bildschirmrand oben auf -> 266 Handys (in roter Schrift). Die gesamte Liste wird Ihnen nun fortlaufend angezeigt, wobei der rechte Teil nur dann lesbar ist, wenn das Dokument käuflich erworben wurde. Sie können aber jedes einzelne Handy, welches Sie interessiert, anklicken, um diverse Detailangaben angezeigt zu erhalten, darunter auch die Funknetze. Ob das jeweilige Smartphone NFC-fähig ist, erkennen Sie an dem grünen Häkchen. (dda)