
Unzulässige Fragen und Angst vor Diskriminierung können Bewerber ins Straucheln bringen. Wir sagen, wie Kandidaten die Hürden nehmen.


Weiblich, ledig, jung sucht neue Herausforderung. Das klingt attraktiv, doch Personalchefs haben manchmal andere Vorlieben. Zumindest befürchten das viele Frauen, die im besten Alter fürs Kinderkriegen sind. Der ideale Bewerber dürfte für viele Unternehmen nach wie vor männlich sein – allen Bemühungen um Gleichberechtigung zum Trotz.
Das Arbeitsrecht erlaubt es nicht, dass eine Person benachteiligt wird: nicht aufgrund ihres Geschlechts, aufgrund des Alters, der Herkunft oder der sexuellen Identität. Das gilt während des gesamten Arbeitsverhältnisses, spielt aber vor allem bei Neueinstellungen eine große Rolle. Im Vorstellungsgespräch sind deshalb bestimmte Fragen tabu. Ob ein Bewerber beispielsweise homosexuell ist, geht den Arbeitgeber nichts an. Der Bewerber darf lügen. Denn schließlich ist diese Frage für den Job nicht entscheidend.
Dennoch kommt es in Bewerbungsverfahren immer wieder zu Diskriminierung. Menschen mit Migrationshintergrund, Frauen mit Kindern und ältere Arbeitssuchende haben häufig einen besonders schweren Stand.
Benachteiligung kann zulässig sein
Eine unterschiedliche Behandlung von Bewerbern kann aber auch erlaubt sein, wenn es dafür einen triftigen Grund gibt. „Wenn der Arbeitgeber von einer Telefonistin akzentfreies Deutsch verlangt, ist das in Ordnung“, sagt Benjamin Biere, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Hensche Rechtsanwälte.
Erlaubt ist auch eine „positive Diskriminierung“. So dürfen behinderte Bewerber bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt werden. Diese Formulierung ist häufig in Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst zu finden. Benachteiligungen sollen so gerade ausgeglichen werden.
Anonymität soll Bewerbern helfen
Seit einiger Zeit gibt es in Deutschland anonymisierte Bewerbungsverfahren. Sie sollen helfen, eine Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses zu vermeiden. Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob das wirklich der Fall ist (siehe Interview).
Der Arbeitgeber erfährt im anonymisierten Bewerbungsverfahren zum Beispiel nicht, wie der Bewerber heißt, wie alt er ist, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Er soll allein aufgrund der Qualifikation über die Einladung zum Vorstellungsgespräch entscheiden. Hat er die Entscheidung getroffen, bekommt er im Nachhinein die fraglichen Informationen zur Person. Vorurteile und Vorbehalte sollen sich weniger stark auswirken, wenn ein Bewerber im persönlichen Gespräch seine Vorzüge und Persönlichkeit präsentieren kann.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte ein Pilotprojekt mit acht Unternehmen durchgeführt. Anfang 2012 wurde das Projekt abgeschlossen. Fazit: Chancengleichheit kann durch anonymisierte Verfahren besser gewährleistet werden.
Im Lebenslauf nicht flunkern
Ob anonymisiert oder nicht: Die erste Hürde für viele Jobinteressenten ist die schriftliche Bewerbung. Bewerbungsmappe und Lebenslauf entscheiden darüber, ob der Interessent eingeladen wird.
Zu einer vollständigen Bewerbung gehören ein aussagekräftiges Anschreiben, die Zeugnisse und der Lebenslauf. „Der Lebenslauf sollte dem Arbeitgeber einen Überblick über den Ausbildungsstand und die Berufserfahrung des Bewerbers geben“, sagt Rechtsanwalt Biere.
Im Lebenslauf muss der Bewerber bei den Tatsachen bleiben. Zeugnisse fälschen oder den Lebenslauf mit falschen Angaben aufhübschen, ist verboten. Hält sich der Bewerber nicht daran und kommt die Wahrheit ans Licht, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag anfechten oder fristlos kündigen. Das gilt zumindest dann, wenn der Bewerber falsche Angaben bei seinen Qualifikationen und Erfahrungen gemacht hat. Der Arbeitgeber kann hier sogar Schadenersatz verlangen. Bei gefälschten Zeugnissen droht ein Strafverfahren wegen Betruges oder Urkundenfälschung. Flunkert der Bewerber bei einem Hobby, ist das zwar peinlich, aber eher kein Grund zur Kündigung.
Ein Bewerbungsfoto wird in Stellenanzeigen fast nie verlangt. Denn die Aufforderung, ein Foto mitzuschicken, kann diskriminierend sein – etwa wenn das Foto Rückschlüsse auf die Herkunft zulässt. Trotzdem gehört es zum guten Ton und kann die Chancen auf die Stelle erhöhen.
Wer es bis zum Vorstellungsgespräch geschafft hat, wähnt sich schon fast am Ziel. Trotzdem kostet der Auftritt viele Bewerber Nerven, zumal es neben fachlichen Fragen auch um Persönliches geht. Einige Fragen sind nicht zulässig. Der Bewerber muss sie nicht beantworten.
„Sind Sie schwanger?“
Der unzulässige Klassiker ist wohl die Frage nach der Lebensplanung oder einer bestehenden Schwangerschaft. Dann darf der Jobinteressent lügen – ausnahmsweise mit gutem Gewissen. „Wer ehrlich antwortet und deshalb nicht eingestellt wird, kann eine Entschädigung verlangen, die sich am erwarteten Verdienst orientiert“, sagt Rechtsanwalt Biere. Schwierig ist es aber, die Diskriminierung zu beweisen: War die bestehende Schwangerschaft tatsächlich der Grund für die Jobabsage? Oder hat ein anderer Bewerber einfach mehr überzeugt?
Wann Lügen den Job gefährden
Zulässige Fragen muss der Bewerber wahrheitsgemäß beantworten. Lügt er, kann ihn das im Nachhinein den Job kosten: Der Arbeitgeber kann den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten oder kündigen. Zulässig sind Fragen, wenn der künftige Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an ihnen hat, also wenn er etwa nach dem beruflichen Werdegang fragt.
Was den Arbeitgeber interessiert, muss er selbst herausfinden. Nur ausnahmsweise muss der Bewerber von sich aus mehr preisgeben, als ihm vielleicht lieb ist. Nämlich dann, wenn ihn eine Offenbarungspflicht trifft: Wenn der Bewerber die Stelle gar nicht antreten kann, weil er etwa schwer erkrankt ist oder keine Arbeitserlaubnis hat, muss er das ungefragt mitteilen.
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