
Lothar Spielmann, Leiter des Betrugsdezernats beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin. © Pablo Castagnola
Betrugsspezialist Lothar Spielmann erklärt, welche Anzeichen auf kriminelle Tricks hindeuten und wie man sich vor Betrugsmaschen schützen kann.
Herr Spielmann, Ihr Dezernat ermittelt zu Betrugsdelikten. Welche Maschen sind aktuell häufig?
Sehr häufig und leider auch sehr erfolgreich ist Betrug per Messengerdienst, bei dem sich etwa vermeintlich hilfesuchende Kinder an ihre Eltern wenden und um Geld bitten.
Am Telefon dominieren derzeit Schockanrufe mit sogenannter Verkehrsunfalllegende. Bei den Anrufen meldet sich zunächst ein angebliches Familienmitglied und berichtet unter Tränen, in einen Verkehrsunfall mit Toten verwickelt zu sein. Dann übernimmt ein falscher Polizist oder Staatsanwalt das Telefonat und sagt, dass Sohn, Tochter oder Nichte gegen eine Kaution freikommt.
Dass Polizei oder Staatsanwaltschaft telefonisch eine Kaution verlangen, ist in unserem Rechtssystem ein Unding. Warum ziehen solche Maschen trotzdem?
Das liegt daran, dass die Menschen von den Kriminellen in solchen Situationen massiv unter emotionalen Stress gesetzt werden. Nach Schocknachrichten braucht man die Chance, das Gehörte zu reflektieren und genau das wollen Betrüger verhindern, indem sie einen immer weiter in das Gespräch verwickeln.
Wie sollten Menschen reagieren, die das Gefühl haben, dass bei einem Anruf etwas nicht mit rechten Dingen zugeht?
Ganz einfach: Legen Sie auf. Wenn noch ein Rest von einem Zweifel bleibt, rufen Sie bei den angeblichen Anrufern unter einer Nummer an, die Sie bereits eingespeichert haben.
Sehr gefürchtet sind Betrugsmaschen an der Haustür. Wie kann man sich wirksam vor ihnen schützen?
Hier helfen zwei einfache Regeln: Niemals Unbekannten die Tür öffnen und nichts an Unbekannte herausgeben. Das gilt gerade beim Besuch angeblicher Polizisten: Die Polizei stellt nie Geld oder Wertsachen von Privatleuten an der Haustür sicher.
Wie reagiert man in weniger eindeutigen Situationen, etwa wenn Handwerker Einlass wollen, weil die Hausverwaltung sie angeblich geschickt hat?
Eine Hausverwaltung kündigt Reparaturarbeiten meist Wochen vorher schriftlich an. Bei überraschenden Handwerkerbesuchen bleibt die Tür deshalb zu, bis man sich bei der Verwaltung rückversichert hat. Ein echter Handwerker flucht in solchen Fällen und wartet die zehn Minuten ab.
-
- Es gab bereits etliche Berichte über Betrüger, die sich die Corona-Soforthilfe von Bund und Ländern unter den Nagel gerissen haben. Weniger bekannt ist, dass auch...
-
- Mit dem Handy Geld verdienen, mit ein paar Klicks? Das versprechen Micro-Job-Apps. Man lädt sie aufs Handy und bekommt eine Liste mit weiteren Apps, die man anklicken...
-
- Die Verbraucherzentralen warnen vor einer neuen Variante des Enkeltricks. Betrüger melden sich per E-Mail und geben sich als Freunde oder Bekannte aus.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Als sehr sporadischer Besteller bei Amazon ist mir aufgefallen, dass jetzt eine SMS aufs Handy geschickt wird mit einem Internet-Link zur Bestätigung/"Genehmigung" der Anmeldung: "Amazon: Zugriffsversuch auf Kontodaten ... Tippen Sie auf den Link um zu antworten."
Obwohl der Link auf https://amazon.de/... führt, bin ich sehr vorsichtig, da Internet-Adressen auch gefälscht werden können. Was steckt dahinter, Betrugsversuch oder höherer Sicherheitsstandard als SMS nur mit Zahlenfolge im Rahmen der Zwei-Faktor-Authentisierung?
Bei mir rief am Abend ein "Sparkassen-Mitarbeiter" an. Durch eine EDV-Panne sei meine Bankkarte gesperrt worden. Die Bank könne sie wieder entsperren, ich brauche nur auf meiner Handy-Push-TAN-App den schon angelegten Auftrag freizugeben. Das tat ich tatsächlich, ohne genau hinzusehen, und schwupp waren fast 5.000 Euro abgebucht. Ich hatte nämlich nicht meine Bankkarte freigegeben, sondern die Apple Pay Karte eines Betrügers.
Die Falle:
ich wurde nicht nach meinen Bankdaten gefragt. Der Betrüger hatte die schon. Und er war in der Lage, einen Freigabeauftrag in meine Push-TAN-App einzustellen. Erstaunlich, was alles möglich ist.
Die Lehre:
Glaube keinem Anrufer Deiner Bank, schon gar nicht abends. Rufe immer tags bei der Zentrale zurück. Und lies ganz genau den Text jedes anstehenden Auftrags, bevor Du ihn freigibst.
Übrigens:
Meine Sparkasse verhielt sich recht kulant bei dieser Angelegenheit.
Stellen Sie sich vor, sie hätten statt "Userinnen und User" nur "User" (oder auch "Nutzer"!) geschrieben. Dann wären bestimmt viele weibliche Leser darüber entrüstet gewesen, dass hier behauptet wird, Frauen wären nicht in der Lage, Betrugsmails zu erhalten. Welch grobe Diskriminierung! Wahrscheinlich hätte das einen Shitstorm verursacht. Andere Leser hätten sich wahrscheinlich gewundert, warum nur Männer betrügerische Post erhalten, was große Verwirrung gestiftet hätte.