Betriebswirtschaftliche Abschlüsse Sprungbrett für die Karriere

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Betriebswirtschaftliche Abschlüsse - Sprungbrett für die Karriere

Mit einem betriebswirtschaftlichen Abschluss haben Berufstätige die Chance auf einen besseren Job und ein höheres Einkommen. Doch welcher Abschluss ist der richtige? Reichen 40 Stunden zum Preis von 200 Euro, oder müssen Aufstiegswillige mehrere Jahre und viele tausend Euro investieren? Die Stiftung Warentest hat 14 Abschlüsse verglichen.

Ohne Betriebswirtschaft kein Betrieb

Egal, ob es die Physiotherapeutin ist, die sich selbstständig machen, der Ingenieur, der ins Management aufsteigen, oder die gelernte Schuhverkäuferin, die sich als Vertriebsleiterin bewerben will: Es gibt zahlreiche Berufstätige, die über kurz oder lang betriebswirtschaftliches Wissen brauchen, wenn sie beruflich weiterkommen wollen.

Denn Betriebswirtschaft ist in vielen Bereichen eines Unternehmens gefordert, vor allem in Führungspositionen. So ist ein Betriebswirt nicht nur bei der Liquiditätsplanung des Unternehmens und im Rechnungswesen gefragt. Betriebswirtschaftliches Know-how ist zum Beispiel auch wichtig, um Marktanalysen durchzuführen, das Qualitätsmanagement zu sichern, den Personalbedarf zu planen oder die Produktion zu organisieren.

Kurz und günstig oder lang und teuer

Eine Weiterbildung zum Betriebswirt ist deshalb für viele Berufstätige das Tor zum Karrieresprung. So berichten 70 Prozent der Inhaber eines betriebswirtschaftlichen IHK-Abschlusses von einem beruflichen Aufstieg oder einer Einkommensverbesserung. Doch welche Fortbildung zum Betriebswirt ist die richtige, welcher Abschluss ist mehr wert?

Am Markt gibt es viele verschiedene, teils miteinander konkurrierende Lehrgänge von unterschiedlichen Bildungseinrichtungen. Die Palette reicht von einer einfachen Aufstiegsqualifizierung, die 40 Stunden dauert und für 200 Euro zu haben ist, bis hin zu mehrjährigen Studiengängen, die viele tausend Euro kosten. Jeder Lehrgang führt zu einem anderen Abschluss, jeder stellt andere Anforderungen an den bisherigen beruflichen Werdegang und vor allem: Nicht jeder Abschluss wird von jedem Bildungsanbieter anerkannt. Wer sich einmal für eine Bildungseinrichtung, zum Beispiel die Industrie- und Handelskammer, entschieden hat, sollte deshalb sicher sein, dass er dort auch weiterlernen kann und will. Ein Wechsel zwischen den verschiedenen Qualifizierungen ist oft nicht mehr möglich.

Sachliche Informationen sind oft Mangelware

Der erste Schritt zum betriebswirtschaftlichen Abschluss kann daher nur lauten: umfassend informieren. Doch statt Interessenten sachlich über Anforderungen, Rahmenbedingungen und Kosten ihrer Kurse zu informieren, legen viele Bildungsanbieter mehr Wert darauf, die rosigen Berufsaussichten darzustellen, die der Titel Betriebswirt bietet.

So heißt es auf der Internetseite eines großen Fernstudienanbieters: „Als Betriebswirt gehören Sie zu den meistgesuchten Führungskräften in der deutschen Wirtschaft sowie in der öffentlichen Verwaltung.“ Die Teilnehmer „erwerben Fachwissen, Kompetenz und Urteilsfähigkeit, um leitende kaufmännische Fach- und Führungspositionen zu übernehmen.“ Dabei stehe der Kurs allen Interessenten offen, sodass auch Quereinsteiger und Berufspraktiker damit Karriere machen können.

Betriebswirt ist nicht gleich Betriebswirt

Hört sich verlockend an – aber reicht so ein Fernlehrgang wirklich aus, um eine Abteilung oder sogar ein Unternehmen zu führen? Die Stiftung Warentest hat in einer Marktübersicht die Dauer, die Kosten und die Voraussetzungen von 14 wichtigen Abschlüssen zum Betriebswirt zusammengestellt (siehe Tabelle „Betriebswirtschaftliche Abschlüsse für Berufstätige“). Sie zeigt, welcher Abschluss für wen geeignet ist. Aufgeführt sind eher allgemeine betriebswirtschaftliche Abschlüsse. Fachlich stark spezialisierte Abschlüsse, zum Beispiel Versicherungsbetriebswirte, sind in der Übersicht nicht dargestellt.

Grundsätzlich können sich Berufstätige zwischen folgenden Abschlüssen entscheiden:

Einstieg für Nicht-Kaufleute

Am geringsten sind die Anforderungen, die Kosten und der Zeitaufwand bei der Teilnahme an einem Kurs, der auf die Prüfung zum Europäischen Wirtschaftsführerschein EBC*L vorbereitet. Die Lehrgänge eignen sich vor allem für berufliche Wiedereinsteiger oder Arbeitslose, die ihre betriebswirtschaftlichen Kenntnisse erweitern oder auffrischen möchten, aber keinen Abschluss als Fachwirt, Betriebswirt oder ein Studium im kaufmännischen Bereich benötigen. Aber auch für alle anderen Nicht-Kaufleute kann der EBC*L interessant sein, vor allem wenn sie kurzfristig ein international anerkanntes Zertifikat brauchen.

Perspektiven für Quereinsteiger

Ebenfalls nicht sehr hoch sind die Zugangsvoraussetzungen bei den institutsinternen Abschlüssen zum praktischen Betriebswirt oder zum Betriebswirt. Anbieter sind vor allem Wirtschaftsakademien und Fernunterrichtsanbieter. Zudem werden diese Abschlüsse von anderen Bildungseinrichtungen wie den Industrie- und Handelskammern (IHK), den Handwerkskammern (HWK) und den Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien (VWA) nicht anerkannt. Sie eignen sich daher vor allem für Berufstätige und Akademiker, die auf einen institutsübergreifenden oder spezifischen Abschluss verzichten können. Der Lehrgang zum praktischen Betriebswirt ist dabei eher praxisorientiert angelegt, der „normale“ Betriebswirt eher generalistisch.

Der klassische Weg

Die Abschlüsse der Industrie- und Handelskammern (IHK) richten sich vor allem an Berufstätige, die eine kaufmännische Lehre absolviert haben und den klassischen Weg zum Betriebswirt gehen möchten. Die Zulassungsvoraussetzungen für die Abschlüsse der IHK sind streng geregelt. So kann den Abschluss zum Betriebswirt (IHK) in der Regel nur machen, wer vorher den Fachwirt (IHK) abgelegt hat. Die Lehrgänge sind eher generalistisch aufgebaut. Der Zeitaufwand für einen IHK-Abschluss ist sehr unterschiedlich.

Die berufsbegleitende Qualifizierung zum Betriebswirt der Handwerkskammern (HWK) setzt eine Meisterprüfung oder eine vergleichbare Qualifikation voraus. Die Lehrgänge sind darauf ausgerichtet, den Teilnehmern das betriebswirtschaftliche Wissen zu vermitteln, das sie brauchen, um ein mittelständisches Unternehmen zu führen. Ein Betriebswirt-Lehrgang bei den Handwerkskammern dauert zirka 500 Unterrichtsstunden.

Studium ohne Abitur

Die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien (VWA) richten sichzwar in erster Linie an eine ähnliche Zielgruppe wie die Kammern. Darüber hinaus bieten sie aber auch Berufstätigen, die keine kaufmännische oder handwerkliche Lehre haben, die Chance auf einen betriebswirtschaftlichen Abschluss. Attraktiv für viele Teilnehmer: Die Möglichkeit, auch ohne Fachhochschulreife ein Studium absolvieren zu können. Die Lehrgänge der VWAs vermitteln dabei eine Mischung aus spezialisiertem und generalistischem Wissen. Die Qualifizierungen dauern zwischen zwei und vier Jahren.

Eine gute Alternative

Eine gute Alternative zum IHK- oder HWK-Abschluss ist die teilweise sogar kostenlose Qualifizierung zum Staatlich geprüften Betriebswirt an staatlich anerkannten Fach- und Wirtschaftsschulen. Auch private Bildungseinrichtungen bieten den Abschluss an, allerdings für relativ viel Geld. Es gibt den „normalen“ Staatlich geprüften Betriebswirt und den Staatlich geprüften technischen Betriebswirt. Die Voraussetzungen für den Spezialabschluss für Techniker sind sehr hoch: Die Teilnehmer brauchen eine höhere technische Qualifizierung. Beim „normalen“ Staatlich geprüften Betriebswirt reichen dagegen eine kaufmännische Ausbildung und Berufserfahrung. Es genügt aber auch, wenn der Teilnehmer eine mehrjährige Berufserfahrung – auch in anderen Branchen – nachweisen kann. Mit der Qualifizierung zum Staatlich geprüften Betriebswirt erlangen die Absolventen die Fachhochschulreife und können anschließend sogar studieren.

Für Führungskräfte

Das berufsbegleitendeStudium BWL (BBA) ist für Berufstätige geeignet, die Führungsaufgaben übernehmen möchten. Teilweise werden keine Studiengebühren erhoben (beispielsweise an staatlichen Hochschulen), bei privaten Bildungseinrichtungen kann das Studium aber auch mit sehr hohen Kosten verbunden sein. Die Zulassungsvoraussetzungen legen die Anbieter fest: Manchmal reichen eine abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrung im kaufmännischen Bereich, manchmal ist die Fachhochschulreife oder ein Meistertitel gefordert. Die Weiterqualifizierung zum Master of Business Administration (MBA) eignet sich vor allem für Akademiker ohne kaufmännische Kenntnisse, die Betriebswirtschaft auf höchstem wissenschaftlichen Niveau studieren möchten.

Berufserfahrung ist oft entscheidend

Ob der eine Abschluss für den weiteren Berufsweg besser ist als der andere, hängt allerdings keineswegs nur von der Wahl des richtigen Lehrgangs ab. Denn die Mitarbeiter in den Personalabteilungen achten meist mehr auf die Berufserfahrung ihrer Mitarbeiter und ob diese zum angeforderten Profil passt. So sagt Marion Lieber, Personalleiterin im Beratungs- und Softwareunternehmen MIK in Reichenau: „Natürlich ist es sehr hilfreich, wenn jemand nebenher einen Abschluss als Betriebswirt gemacht hat, aber genauso wichtig ist die Berufserfahrung. Wir werten auch nicht, ob ein VWA-Abschluss besser ist als ein Studium. Wir suchen Mitarbeiter, die ihre Kenntnisse in der Praxis umgesetzt haben, keine Theoretiker von der Uni.“

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