
Mit der neuesten Version seines mobilen Betriebssystems Android zieht Google beim Datenschutz endlich gegenüber Apples iOS nach: Damit können nun auch Android-Nutzer den Zugriff von Apps auf persönliche Daten einschränken. Auch bei den Akkulaufzeiten verspricht das Update Verbesserungen. Wie viel Android 6 für Datenschutz und Akku wirklich bringt, zeigt der Schnelltest.
Auf Lutscher folgt Zuckerschaum

Die neue Android-Version heißt Marshmallow.
Traditionell benennt Google die Versionen seines Smartphone-Betriebssystems Android in alphabetischer Folge nach Süßwaren. So hörte die Version 4.4 auf den Codenamen „Kitkat“, Version 5 war als „Lollipop“ bekannt. Die neueste Version 6 ist nun nach jenem ur-amerikanischen Zuckerschaum benannt, den Pfadfinder am Stock über dem Lagerfeuer rösten: Marshmallow. Dabei verspricht der Versions-Sprung von Lollipop auf Marshmallow für Android-Nutzer einen großen Fortschritt beim Datenschutz. Wir sind der Sache im Schnelltest mit einem Motorola Nexus 6 nachgegangen, auf dem wir Android 6 installiert haben alle Android-Handys in der Test-Datenbank.
Apple vs. Google – Schneckenrennen beim Datenschutz
Beim Datenschutz liefern sich Apple und Google mit ihren mobilen Betriebssystemen seit Jahren ein Schneckenrennen. Anfangs wussten Nutzer eines iPhones nicht einmal, auf welche persönlichen Daten unterschiedliche iOS-Apps zugreifen konnten zu den iPhones in der Test-Datenbank. Android zeigte diese Zugriffsrechte dem Nutzer bei der Installation von Apps wenigstens an. So konnten Android-Nutzer allzu neugierige Apps erkennen und entscheiden, diese dann eben nicht zu installieren. Damit hatte Android die Nase beim Datenschutz zunächst wenigstens ein paar Millimeter vorn. Das änderte sich 2012 mit Apples Update auf iOS 6: Seit dieser Version können iOS-Nutzer jeder App den Zugriff auf Daten wie Adressbuch, Kalender oder Standort individuell erlauben oder verbieten – das ist mehr, als bei Android bisher möglich war. Drei Jahre später zieht Google nun endlich nach und führt bei Android 6 ähnliche Einstellmöglichkeiten ein.
Zugriffsrechte im Test
Die neuen Einstellungen sind allerdings etwas versteckt. Anders als bei iOS gibt es bei Android 6 zumindest auf dem Nexus 6 im zentralen Einstellungsmenü keinen eigenen Menüpunkt zum Datenschutz. Stattdessen muss der Nutzer im Einstellungsmenü zuerst den Menüpunkt „Apps“ aufrufen. Dort hat er dann zwei Möglichkeiten, die Zugriffsrechte zu bearbeiten:
- Entweder er wählt eine App aus, deren Zugriffsrechte er einsehen und beschränken möchte. Im Eintrag zur App gibt es dann den Menüpunkt „Berechtigungen“. Dort kann der Handybesitzer einzelne Zugriffsberechtigungen der App ein- und ausschalten.
- Alternativ kann er in der Übersicht aller installierten Apps wiederum das dortige Einstellungsmenü öffnen und dort unter dem Punkt „App-Berechtigungen“ die Einstellungen nach Zugriffsrechte sortiert vornehmen – also zum Beispiel alle Apps anzeigen und bearbeiten, die Zugriff aufs Adressbuch oder auf den Standort wollen.
Insgesamt ist der Weg zu diesen Einstellungen bei Android etwas verschlungender als bei iOS. Wir haben die Wirksamkeit dieser Einstellungen anhand einiger exemplarisch ausgewählter Apps überprüft – mit positivem Ergebnis: Die Einstellungen machen offenbar, was sie sollen und nehmen den Apps tatsächlich die Möglichkeit, etwa das Adressbuch auszulesen oder den Standort zu ermitteln.
Nutzer muss mitdenken
Diese Möglichkeit muss der Nutzer intelligent nutzen. So ist es wichtig, die gewünschten Einstellungen rechtzeitig vorzunehmen. Wer zum Beispiel einer App den Zugriff aufs Adressbuch verweigern will, damit sie die darin gespeicherten Kontakte nicht an ihren Anbieter übermitteln kann, sollte das sofort nach Installation der App tun – noch bevor er sie zum ersten Mal startet. Sonst könnte sie schon gleich beim ersten Start das Adressbuch auslesen. Nur bei einigen Apps und Berechtigungen fragt das Handy beim ersten App-Start nach, ob der Zugriff gestattet werden soll. Auch sonst muss der Nutzer mitdenken: Je nach Art der App können unüberlegte Einstellungen deren Funktion einschränken. So spricht sicher nichts dagegen, einer neugierigen Taschenlampen-App den Zugriff auf den Standort zu verweigern. Bei einer Navigations-App wäre das dagegen wenig sinnvoll – ohne Zugriff aufs GPS navigiert es sich nicht gut.
Deutlich längere Akkulaufzeit
Neben den neuen Einstellungen zu den App-Zugriffsrechten bietet Android 6 noch einige weitere nützliche Neuerungen. Google betont zum Beispiel auch einen neuen „Ruhemodus“, der besonders im Standby längere Akkulaufzeiten ermöglichen soll. Der Test bestätigt auch das: Beim Nexus 6 hat sich die Akkulaufzeit im Standby-Betrieb mit aktivem WLan nach dem Update von Android 5 auf Android 6 mehr als verdoppelt!
Fazit: Wichtiger Schritt – nicht für jeden verfügbar
Besonders in Sachen Datenschutz ist der Versionsschritt von Android 5 auf Android 6 ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Auch beim Akku bringt das Update deutliche Verbesserungen. Allerdings ist die neueste Version bisher nur für wenige Smartphones verfügbar. Wie so oft gibt es Android 6 zuerst für die neueren Modelle der Nexus-Reihe, wie zum Beispiel das Motorola Nexus 6. Auch für aktuelle Flaggschiffmodelle der großen Anbieter stehen die Chancen auf ein Update auf Marshmallow nicht schlecht. Doch viele ältere und einfachere Modelle werden wohl wie so oft leer ausgehen. Das ist diesmal besonders schade.
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