
Stahlarbeiter. Ehemalige Mitarbeiter von Thyssenkrupp können sich über gestiegene Betriebsrenten freuen. © Alamy Stock Photo / Rupert Oberhauser
Bestimmte Betriebsrenten müssen regelmäßig mit der Höhe der Inflation angepasst werden. Wir zeigen, wie Betriebsrentner die Erhöhung einfordern können.
Mehr Geld für Betriebsrentner
Über eine Erhöhung ihrer Betriebsrente um 14,25 Prozent konnten sich ehemalige Mitarbeiter des Stahlkonzerns Thyssenkrupp Steel laut Berichten der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung in diesem Jahr freuen. Ähnlich könnte es vielen anderen Betriebsrentnern gehen, deren Renten als sogenannte Direktzusage vom Betrieb selbst gezahlt werden und nicht an eine Pensionskasse oder Direktversicherung ausgelagert sind.
Tipp: Es gibt neben den Direktzusagen noch weitere Formen der Betriebsrente. Eine Übersicht über die Formen bietet unser Artikel Betriebliche Altersvorsorge.
Prüfung ist Pflicht
Arbeitgeber sind verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Betriebsrenten zu überprüfen, um den Kaufkraftverlust auszugleichen. Sie können sich dabei entweder am Anstieg des Verbraucherpreisindex orientieren oder am Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens. Das regelt §16 des Betriebsrentengesetzes.
Es gibt jedoch Ausnahmen: So kann der Arbeitgeber die Betriebsrente jährlich pauschal um 1 Prozent erhöhen. Das ist dann für die Betriebsrentner gut, wenn die Inflationsrate sehr niedrig ist, aber natürlich unschön, wenn die Preise, wie zuletzt, stark gestiegen sind.
Nur wenn wirtschaftliche Gründe dagegensprechen, können Unternehmen diese Anpassungen ganz aussetzen. Das Problem: Ausbleibende Anpassungen bekommen Betriebsrentner häufig gar nicht mit, denn mitteilen müssen Firmen das nicht.
Erhöhung einfordern
Bleibt eine Erhöhung aus, müssen Betriebsrentner ihren ehemaligen Arbeitgeber auffordern, eine Anpassung zu prüfen. Das können sie so tun:
Musterbrief: So fordern Sie eine Erhöhung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beziehe seit ... eine Betriebsrente von Ihnen. Sie ist seit ... nicht erhöht worden. Hiermit fordere ich Sie auf, eine Erhöhung meiner Rente zu prüfen.
Sie sind gemäß §16 BetrAVG verpflichtet, „alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden.“
Tipp: Gibt es Probleme mit der Anpassung Ihrer Betriebsrente, können Vereine wie Betriebsrentner Deutschland e.V. helfen. Um eine Beratung in Anspruch nehmen zu können, müssen Sie Mitglied sein und einen jährlichen Mitgliedsbeitrag zahlen.
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@Bernd_Pohl: Der Pensionssicherungs-Verein muss die Renten nicht entsprechend anpassen. Ausnahmen kann es nur geben, wenn es eine feste vertraglich vereinbarte Rentendynamik gab.
Mein früherer Arbeitgeber war insolvent und die Betriebsrente wurde vom Pensionssicherungsverein übernommen. Hat man dort auch einen Anspruch auf die vorgeschriebene Anpassung der Betriebsrente?
Nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen (Renten) zu prüfen. Dies gilt zwar für alle Formen der betrieblichen Altersversorgung, aber nur für die Direktzusage gibt es dazu keine Ausnahme.
Nach ständiger Rechtsprechung orientiert sich der Umfang der Anpassung grundsätzlich an der Entwicklung der Lebenshaltungskosten (Inflationsrate), braucht aber nicht höher als die Nettolohnentwicklung im Unternehmen zu sein. Aus wirtschaftlichen Gründen unterlassene Anpassungen sind nachzuholen.
www.gesetze-im-internet.de/betravg/__16.html
Wenn die Arbeitgeberin ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Anpassung der betrieblichen Altersvorsorge nicht nachkommt, müssen Arbeitnehmer selbst tätig werden und sich direkt an diese wenden und eine Rentenanpassung beantragen. Sieht sich die Arbeitgeberin aufgrund der wirtschaftlichen Lage zu einer Anpassung nicht in der Lage, muss sie dies dem Betriebsrentner schriftlich begründen. Gegen diese Entscheidung muss der Rentner innerhalb von drei Monaten Widerspruch einlegen, sonst verzichtet er auf eine Anpassung. Wenn die Arbeitgeberin auf den Widerspruch jedoch nicht reagiert oder wenn sie überhaupt keine Mitteilung verschickt, sondern die Renten einfach stillschweigend gar nicht oder nur unzureichend erhöht hat, kann der Arbeitnehmer klagen, und zwar noch bis zu sechs Jahre nach der unterbliebenen Rentenerhöhung.
Einigt sich der Arbeitnehmer nicht außergerichtlich mit der Arbeitgeberin, dann muss er gegen seine ehemalige Arbeitgeberin vors Arbeitsgericht ziehen. Wir empfehlen Betriebsrentnern sich zur Durchsetzung der Ansprüche nur an einen auf diesem Sachgebiet spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden. Gewerkschaftsmitglieder können sich auch an ihre Organisation wenden.
Auch der Bundesverband der Betriebsrentner e.V. bietet bei der Geltendmachung der Rechte seinen Mitgliedern eine Unterstützung an. Der Verband nimmt eine Nachprüfung der Versorgungsansprüche vor, berechnet die individuelle Anpassungsquote, gibt Formulierungshilfen für den Schriftverkehr mit dem Arbeitgeber und nimmt auf Wunsch direkten Kontakt mit dem Arbeitgeber auf.
https://betriebsrentner.de
Eine weitere Anlaufstelle sind die gerichtlich zugelassenen Rentenberater.
www.rentenberater.de
Auch wer Mitglied in einem Sozialverband ist, bekommt dort Unterstützung und Beratungsleistungen:
www.sovd.de und www.vdk.de
In einigen Fällen kann der Chef auf die Prüfung verzichten. Die Verpflichtung entfällt, wenn
• der Arbeitgeber sich verpflichtet hat, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen,
• die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 BetrVG oder über eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 BetrVG oder einen Pensionsfonds durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden,
• eine Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurde.
• (Es gibt weitere Sonderregelungen)
Daraus ergibt sich die Grundregel:
Bekommen Betriebsrentner die Überschüsse / Erträge aus der Versicherung oder dem Pensionsfonds, muss der Arbeitgeber die Anpassung nicht alle drei Jahre überprüfen.
@stiwa897: Die Begrifflichkeit "nach billigem Ermessen" stammt aus dem Gesetz (§ 315 BGB / § 16 Abs. 1 BetrAVG und schafft einen Rahmen für Fälle in denen die Bestimmung der Leistung durch eine (Vertrags-) Partei abhängt. Dahinter steckt zwar ein relativ weiter Gestaltungsspielraum, aber auch die Grenze der Billigkeit, deren Überschreiten gerichtlich überprüfbar ist:
www.gesetze-im-internet.de/bgb/__315.html