
Vor Gericht. Gegen den Kassenbeitrag auf Betriebsrenten ab 1. Januar 2004 klagten viele Rentner. Das Bundessozialgericht entschied alle Musterprozesse zugunsten der Krankenkassen. Erst das Bundesverfassungsgericht gab einem Rentner recht.
Etwa ein Fünftel der Betriebsrente geht für Sozialabgaben drauf. Nur sehr wenige Rentner können das umgehen.
Es ist ein Gebot der Solidarität der Rentner mit den Erwerbstätigen“, begründet die rot-grüne Bundesregierung mit Zustimmung der CDU im Jahr 2003 die Gesetzesänderung. Es ging um die Krankenkassenbeiträge, die gesetzlich krankenversicherte Betriebsrentner seit dem 1. Januar 2004 zahlen müssen.
Viele Rentner zahlten bis zu diesem Zeitpunkt auf Betriebsrenten gar keine Kassenbeiträge oder nur den ermäßigten oder halben Beitrag — je nachdem, ob sie in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert oder freiwillig versichert waren. Nun war auf die Auszahlungen der volle allgemeine Beitragssatz fällig.
Beispiel Rentenabrechnung: Aus der Direktversicherung, in die ein Rentner über seinen Arbeitgeber eingezahlt hat, erhält er jeden Monat 360 Euro. Fast ein Fünftel davon gehen für Sozialabgaben weg:
Abzüge von der Betriebsrente |
|
Monatlicher Rentenanspruch |
360,00 Euro |
Beitrag zur gesetzlichen Krankenkasse (15,5 Prozent der Rente) |
– 55,80 Euro |
Beitrag zur Pflegeversicherung (2,05 Prozent für Eltern) |
– 7,38 Euro |
Verbleibende Betriebsrente |
296,82 Euro |
Wie kam es zu der Neuregelung? Die Krankenkassen brauchten Geld. Mit den zusätzlichen Beiträgen sollte erreicht werden, dass die Rentner „in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen, die für sie anfallen, beteiligt werden“, heißt es in einer Stellungnahme der Bundesverbände der Krankenkassen. Deckten die Beiträge der Rentner im Jahr 1973 ihren Bedarf an Kassenleistungen noch zu gut 70 Prozent ab, waren es im Jahr 2003 nur noch 43 Prozent.
Abgaben im Nachhinein geändert
Was viele aufregte: Die Neuregelung im Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung kam überraschend. Einen Bestandsschutz für bestehende Verträge gab es nicht. Wer eine Betriebsrente unter den alten Voraussetzungen abgeschlossen hatte und nicht mit Abzügen durch die Krankenkasse rechnen konnte, musste seit Januar 2004 trotzdem zahlen.
Viele fühlten sich in ihrem Vertrauen in die bestehenden Gesetze enttäuscht. Ihnen war nicht klar, dass der Gesetzgeber Rechtspositionen zurücknehmen kann.
Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Fällen entschieden, dass der Gesetzgeber selbstgewählte Rechtspositionen ganz oder teilweise zurücknehmen darf, wenn sich zum Beispiel die wirtschaftlichen Voraussetzungen wesentlich ändern und es das Interesse der Allgemeinheit erfordert. Dann dürfen auch Rentner mit zusätzlichen Beiträgen belastet werden.
Nur ein Musterprozess erfolgreich
Viele Rentner wollten das nicht hinnehmen. Sie zogen vor Gericht, zum Beispiel mit Unterstützung des Sozialverbandes VdK, der mehrere Musterverfahren führte. In fast allen Fällen gingen die Gerichtsprozesse zugunsten der Krankenkassen aus.
Das Bundesverfassungsgericht gab jedoch denjenigen Betriebsrentnern recht, die privat in eine Direktversicherung eingezahlt und sich als Versicherungsnehmer in die Police eingetragen hatten. Sie müssen auf den privat eingezahlten Teil keine Krankenkassenbeiträge abgeben – siehe Special Mutmacher Peter Pöttgen: Betriebsrente bleibt ungekürzt.
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Das ist sehr bedenklich, daß das BSG zu einer solchen Rechtsauffassung kommt.
Der private Teil einer Pensionskassenkassenrente ist von der Haftung und von der Pfändung genauso zu behandeln, wie eine Private Rente. Es besteht kein besonderer Schutz vor Gläubigern. Sollte die Pensionskasse ausfallen, springt der Arbeitgeber für den privaten Teil der Pensionskassenrente nicht ein.
Es ist verfassungsrechtlich nicht vertretbar, den Betriebsrentner auch für den privaten Teil der Pensionskassenrente volle Sozialversicherungsbeiträge zahlen zu lassen, da der Betriebsrentner damit doppelte Sozialversicherungsbeiträge bezahlt und im übrigen bei seiner gesetzlichen Altersrente Kürzungen und Einschränkungen infolge der Zahlung von versicherungsfremden Leistungen aus der Rentenkasse (u.a. Kosten der deutschen Einheit) hinnehmen mußte.
Unlängst gab es beim BSG Kassel einen Richter Meyer, der nach eigenen Angaben rausgemobbt wurde, weil er zu viele Urteile fällte, welche die öffentliche Kassen belasteten.
Wohl weil man beim BSG Kassel ein schlechtes Gewissen hatte, ist man mittlerweile auf Gegenkurs gegangen und schmettert alles ab, was die öffentlichen Kassen über Gebühr belasten würde.
Ich denke auch, daß dies Belastung von ausschließlichen privaten Teilen von Pensionskassenkassenrenten rechtlich absolut unvertretbar ist.
Nur daraus zu folgern, daß der Pensionskassenvertrag nur einmal kurz im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersvorsorge gestanden stand, kann man nicht schlußfolgern, daß man dieser dann immer wie eine betriebliche Altersvorsorge behandeln muß. So nach dem Motto einmal "schlecht, immer schlecht".
@moutl1962: Zu diesem Teilaspekt haben wir noch nicht berichtet. Das ist hier auch nicht der Ort für eine individuelle Krankenversicherungsberatung. Bitte wenden Sie sich mit Ihrem Anliegen an Ihre Krankenkasse. Für allgemeine Fragen zur Krankenversicherung steht Ihnen auch das Bürgertelefon zur Krankenversicherung des Bundesministeriums für Gesundheit: 030 / 340 60 66 – 01 (maa)
Frage:
wenn man(n) mit seinem Betrieb/Arbeitgeber (AG) eine sogenannte " 55-er Ausstiegsregelung" vereinbart z.B. ab dem 58.Lj.,dann hat man(n) 24 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld (=> pflichtbeitragsversicherter Status).
Nach dieser Bezugszeit zahlt der AG ein Übergangsgeld bis zum frühst möglichen Rentenantragszeitpunkt (63.Lj.)
Ist man(n) dann auch nach dieser Zeit Pflichtbeitragsversicherter oder wird amn(n) bei einer solchen Ausstiegsregelung "Freiwillig Versicherter"?
Wichtig ist dieser Staus für die Zeit der folgenden Rente, da gemäß Ihrer Tabelle auch für Mieteinnahmen/Zinsen u.s.w., ... Krankenvers.+Pflegevers.Beiträge dann zusätzlich bezahlt werden müssen !
Vielen Dank.
@moorhuhn: Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben die Tabelle bereits korrigiert. Sie haben natürlich Recht. In der Auszahlungsphase sind Riester- und Rürup-Renten für pflichtversicherte Rentner nicht beitragspflichtig. (maa)