Hat ein Betrieb mindestens fünf ständige volljährige Mitarbeiter, dürfen diese einen Betriebsrat gründen. Ausnahmen gibt es nur wenige. Ist der Betriebsrat gegründet, dürfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitbestimmen – beispielsweise bei Regelungen zu Urlaubs- und Arbeitszeiten, sowie bei der Kündigung von Kollegen. Die Rechtsexperten der Stiftung Warentest erklären, was das für Beschäftigte im Einzelnen bedeutet.
Schritt für Schritt zu mehr Mitbestimmung
Rechtsgrundlage. Arbeitnehmer haben das Recht, einen Betriebsrat zu gründen, wenn ihre Firma mindestens fünf ständige Mitarbeiter hat. Ein Betriebsrat vertritt die Interessen der Kollegen und stärkt ihre Rechte. Kandidieren dürfen volljährige Mitarbeiter, die seit mehr als sechs Monaten im Betrieb sind. Leitende Angestellte dürfen nicht in den Betriebsrat. Rechtsgrundlage ist das Betriebsverfassungsgesetz.
Vorbereitung. Wer einen Betriebsrat bilden will, wendet sich zunächst an die Geschäftsleitung. Einige Unternehmen unterstützen das Vorhaben, andere wehren sich. Verbieten dürfen sie einen Betriebsrat jedoch nicht. Gewerkschaften helfen.
Gründung. Los geht es mit einer ersten Versammlung, auf der die Mehrheit der Arbeitnehmer vertreten sein muss. Dabei wird ein Wahlvorstand mit mindestens drei wahlberechtigten Mitarbeitern gebildet. Der Wahlvorstand organisiert anschließend die Betriebsratswahlen.
Hier darf der Betriebsrat mitreden
Die wichtigste Rechte und Aufgaben in Kürze
Der Betriebsrat darf zum Beispiel mitbestimmen bei:
- Arbeitszeit. Verteilung der Arbeitszeit-Kontingente, Gleitzeit, Arbeitszeitkonten, Schichtarbeit, Urlaub.
- Entlohnung. Termine für die Gehaltsauszahlung, Prämien, leistungsbezogenen Entgelte. Meist jedoch kein Mitspracherecht bei der Höhe der Gehälter.
- Arbeits-, Gesundheits-, und Umweltschutz. Prävention von Berufskrankheiten und Unfällen, Maßnahmen zu Umwelt- und Arbeitsschutz.
- Ordnungs- und Verhaltensregeln. Allgemeine Ordnung im Büro, aber auch Rauchverbote, Alkoholtests, Anwesenheitslisten.
- Personalentscheidungen. Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern, Versetzungen, Berufsausbildung und Weiterbildung, Personalplanung.
Anhörungsrecht bei Kündigung von Mitarbeitern
Will der Chef einem Mitarbeiter kündigen, muss er vorher den Betriebsrat anhören. Dieser hat eine Woche Zeit für eine Stellungnahme. Der Arbeitgeber darf die Kündigung aber schon vor Ablauf der Frist auf den Weg bringen, ohne dass sie dadurch unwirksam wird. Er muss nur sicher stellen, dass die Kündigung den Arbeitnehmer nicht vor Fristablauf erreicht und er sie im Zweifel zurückholen kann.
So hat das Bundesarbeitsgericht über die Klage eines Gekündigten entschieden, dessen Chef die Kündigung schon an dem Tag einem Kurierdienst übergeben hatte, an dem die Betriebsratsfrist um 24 Uhr endete. Der Kläger berief sich daher darauf, dass die Kündigung zu früh ausgesprochen worden sei.
Das Gericht sah das anders, denn der Chef hätte die Zustellung noch per Telefon verhindern können. Der Betriebsrat habe seinen Einfluss damit bis Fristende ausüben können (Az. 2 AZR 515/02).
Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder
Mitarbeiter, die in den Betriebsrat gewählt wurden, stehen unter besonderem Kündigungsschutz. Wird ein Firmenteil stillgelegt, in dem ein Betriebsratsmitglied arbeitet, muss der Arbeitgeber notfalls sogar einen anderen Arbeitsplatz freikündigen, um den Arbeitnehmervertreter dort weiter zu beschäftigen (Bundesarbeitsgericht, Az. 2 AZR 494/99).
Ein befristeter Arbeitsvertrag endet jedoch auch dann wie geplant, wenn der Arbeitnehmer im Betriebsrat ist. Ausnahme ist, wenn er beweisen kann, dass der Arbeitsvertrag nur wegen seiner Wahl in den Betriebsrat nicht verlängert wurde (Landesarbeitsgericht Hamm, Az. 7 Sa 1007/13). Und auch wenn ein Arbeitnehmer mit Zeitvertrag in den Betriebsrat gewählt wird, führt das weder zur Unwirksamkeit der Befristung noch zum Anspruch auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Az. 2 Sa 1733/11).
Grenzen des Kündigungsschutzes
Unerlaubte private Telefonate. Arbeitnehmern, die auf Firmenkosten unerlaubt privat telefonieren, darf fristlos gekündigt werden. Das gilt selbst für Betriebsratsmitglieder. So musste ein Mitarbeiter aus dem Betriebsrat sofort den Hut nehmen, weil er für über 1 300 Euro privat nach Mauritius telefoniert hatte. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung mündlich zu. Der Mitarbeiter zog dagegen vor Gericht. Doch die Kündigung sei rechtens, urteilte das Bundesarbeitsgericht (Az. 2 AZR 147/03).
Kündigung ohne Zustimmung zulässig. Heimliche Privattelefonate rechtfertigen den sofortigen Rauswurf, wenn sie einen erheblichen Umfang annehmen oder – wie in diesem Fall – erhebliche Kosten verursachen. Eine schriftliche Zustimmung des Betriebsrats ist nicht notwendig.
Tipp: Keine Panik, der Arbeitgeber darf nicht immer sofort kündigen. Hat er bisher Privatgespräche erlaubt, muss er in der Regel erst abmahnen. Was bei einer unerwarteten Kündigung zu tun ist, erklären wir in unserem Special Jobkündigung.
Handyverbote sind ohne Zustimmung des Betriebsrats erlaubt
Handys am Arbeitsplatz dürfen Chefs verbieten,sie brauchen dafür nicht einmal die Zustimmung des Betriebsrats, denn: „Es gehört zu den selbstverständlichen Pflichten, während der Arbeitszeit von der aktiven und passiven Benutzung des Handys abzusehen“, erklärte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Az. 6 TaBV 33/09). Während der bezahlten Arbeitszeit haben Firmen ein Anrecht auf die volle Arbeitskraft. Sie müssen nicht dulden, dass Mitarbeiter in dieser Zeit private Angelegenheiten erledigen. Selbst wenn Telefonate bisher erlaubt waren, darf die Firma für die Zukunft verlangen, dass Arbeitnehmer ihre Handys ausschalten. So können sie auch nicht angerufen werden. In Notfällen seien die Mitarbeiter über das Firmentelefon erreichbar. Außerdem dürfen sie während der unbezahlten Pausen privat ihr Handy nutzen.
Ausnahme. Dienstlich veranlasste Privatgespräche sind erlaubt, zum Beispiel wenn der Chef kurzfristig Überstunden anordnet. Dann dürfen Mitarbeiter zu Hause anrufen und Bescheid geben.
Auch für Mitarbeiterüberprüfung braucht es keine Zustimmung
Eine Firma darf verdeckt Testpersonen losschicken, die das Verhalten ihrer Mitarbeiter prüfen, ohne vorher den Betriebsrat zu informieren. Dies hat das Bundesarbeitsgericht festgelegt (Az. 1 ABR 34/00).
Betriebsrat darf bei Ordnung im Büro mitsprechen
Hier muss der Betriebsrat zustimmen. Eine Firma erließ eine Anweisung zur „Sauberkeit und Ordnung“: Persönliche Gegenstände dürften maximal 10 Prozent der Arbeitsfläche einnehmen, Mitarbeiter sollten regelmäßig die Regale prüfen und Unnötiges entfernen, mitgebrachte Pflanzen sollten sie gießen und schneiden. Und niemand dürfe Sachen auf Arbeitsplätzen ablegen, die momentan von keinem Kollegen genutzt werden. Das ließ das Arbeitsgericht Würzburg nicht durchgehen. All diese Anweisungen betreffen das Ordnungsverhalten der Kollegen. Da kann der Chef nur Vorschriften machen, wenn der Betriebsrat zustimmt.
Das dürfen Chefs alleine bestimmen. Möbel nicht bekleben, Arbeitsplatz bei Feierabend aufräumen, Müll trennen, Kaffeesatz in den Biomüll geben und Gespräche und Telefonate in speziellen Räumen zu führen, um keine Kollegen zu stören. Diese Anweisungen dürfen Chefs ohne Betriebsrat festlegen, denn dabei gehe es nicht nur um Ordnung. Die Regle betreffen das Eigentum der Firma, entsprechen gesetzlichen Vorschriften oder wirken sich auf die Arbeitsleistung aus (Az. 12 BV 25/15).
Tipp: Auch im Homeoffice gelten Regeln. Im Special Homeoffice und mobiles Arbeiten erklären wir, welche Vor- und Nachteile die Arbeit zu Hause für Arbeitnehmer hat.
Attestpflicht bei Krankheit
Auf eigene Faust dürfen Arbeitnehmer drei Tage fehlen. Ab dem vierten Tag kann der Chef eine ärztliche Bescheinigung verlangen, sagt das Entgeltfortzahlungsgesetz. Will er aber früher ein Attest sehen, braucht er die Zustimmung des Betriebsrats, urteilte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (Az: 1 ABR 3/99).
Alle wichtigen Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern beim Thema Krankmeldung erklären wir in unserem Special Krankmeldung beim Arbeitgeber. Passiert ein Unfall im Büro, kommt es oft auf Details an ob die gesetzliche Unfallversicherung zahlt.
Abfindung für Leiharbeiter
Hat eine Firma zusammen mit Leiharbeitern mehr als 20 Beschäftigte, muss sie mit dem Betriebsrat Verhandlungen über mögliche Nachteile für die Beschäftigten aufnehmen, wenn sie einen Betriebszweig stilllegen will. Leiharbeiter sind zu berücksichtigen, sofern sie länger als drei Monate im Betrieb tätig waren, so das Bundesarbeitsgericht (Az. I AZR 335/10).
Tipp: Läuft es einmal nicht so gut, dürfen Chefs Kurzarbeit anmelden. Was das für Arbeitnehmer bedeutet, und wie viel Geld sie bekommen, zeigt unser Kurzarbeitergeld-Rechner.
Mitarbeit im Betriebsrat kann im Arbeitszeugnis landen
Chefs dürfen ins Arbeitszeugnis schreiben, dass der Arbeitnehmer für den Betriebsrat freigestellt wurde. War er allerdings ein Betriebsratsmitglied ohne Freistellung, darf der Mitarbeiter selbst entscheiden, ob dies im Zeugnis stehen soll, entschied das Landesarbeitsgericht Köln (Az. 7 Sa 583/12). Übrigens ist nicht alles nett gemeint, was im Arbeitszeugnis zunächst nett klingt. Wie Sie versteckte Kritik entschlüsseln, zeigen wir in unserem Special Arbeitszeugnis.
Tipp: Nicht immer läuft alles rund im Job. Doch Arbeitnehmer sollten aufpassen, wenn sie in sozialen Medien Dampf ablassen. Unser Knigge für Online-Kritik erläutert, was erlaubt ist – und wann die Grenzen der Meinungsfreiheit erreicht sind.
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