
Ohne Last. Die Söhne von Franz Maucher (64) brauchen sich keine Sorgen zu machen. Er hat sich Gedanken über sein Alter gemacht und finanziell vorgesorgt.
Ob mit Wohnungsumbau oder privater Pflegezusatzversicherung – unsere Leser haben uns geschrieben, wie sie sich aufs Alter vorbereiten. Wir zeigen die Wege und die Kosten.
Zu Hause alt werden, in der Nähe der Familie und mit dem Garten hinterm Haus. Vor allem aber unabhängig bleiben und anderen nicht zur Last fallen – das wünschen sich die meisten. Wir haben unsere Leser aufgerufen, uns zu schreiben, wie sie sich aufs Alter vorbereiten.
Der pensionierte Lehrer Franz Maucher ist einer von ihnen. Der 64-Jährige lebt mit seiner Frau und den zwei Söhnen in Heidelberg. Er hat früh angefangen, sich Gedanken über Alter und Pflege zu machen: „Als meine Mutter in den 90er Jahren pflegebedürftig wurde, war das ein Schlüsselerlebnis.“
Damals gab es noch keine gesetzliche Pflegeversicherung. Maucher und seine zwei Brüder mussten alles selbst organisieren. Das prägte ihn. Er möchte, sollte er einmal Pflege brauchen, seine Familie so wenig wie möglich belasten: „Solange ich Power habe, schaffe ich die Rahmenbedingungen, dass ich mich später wohlfühlen kann.“
Bereits vor drei Jahren ließ er eines der Bäder in seinem Haus umbauen, das zweite folgte in diesem Jahr. Auch finanziell hat er vorgesorgt und im Jahr 2012 eine Pflegetagegeldversicherung abgeschlossen.
In guten Zeiten an morgen denken
Die finanzielle Absicherung allein macht noch nicht alles. Auch Lebenssituation, soziale Kontakte zu Familie, Freunden und Gesundheit beeinflussen die Lebensqualität. Das zeigen die Leserantworten.
Zum Thema Vorsorge haben unsere Leser unterschiedliche Auffassungen. Während für die einen neben dem finanziellen Aspekt auch die Gesundheit wichtig ist, spielt für andere die rechtliche Absicherung eine Rolle. Vor allem alleinstehende Leser, ohne Partner oder engere Verwandte, fragen sich häufig, wen sie mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung bevollmächtigen können, für den Fall, dass sie ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst nicht mehr regeln können.
Andere wie Renate und Wolfgang Gerstenlauer haben sich mit Ende 50 für einen Umzug entschieden – aus dem geräumigen Haus auf dem Dorf in eine kleinere barrierefreie Wohnung in der Stadt (Wohnung anpassen).
Gesetzliche Pflegepflichtversicherung
Wann ein Mensch pflegebedürftig wird, ist in den wenigsten Fällen vorhersehbar. Die Kräfte schwinden schleichend im hohen Alter oder es passiert plötzlich und jemand ist nach einem Unfall auf andere angewiesen.
Immer seltener pflegen nur Angehörige. Fremde Unterstützung wird gebraucht. Anfangs genügt meist Hilfe im Haushalt. Später kommt ein Pflegedienst hinzu oder der Umzug ins Seniorenheim steht an. Eine Folge: Mit steigendem Hilfebedarf wird mehr Geld notwendig, vor allem wenn es keine Familienmitglieder gibt, die pflegen.
Bei Pflegebedürftigkeit zahlt die gesetzliche Pflegepflichtversicherung einen Teil der Kosten (Tabelle Leistungen der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung). Sie übernimmt das Pflegegeld, wenn Partner oder Kinder allein pflegen. Sie zahlt Pflegesachleistungen, wenn eine Pflegekraft nach Hause kommt, oder Pflegekosten fürs Heim.
Mehr Leistung ab 2017
Ab dem Jahr 2017 steht Pflegebedürftigen in den meisten Fällen mehr Geld zu. Das liegt am neuen Begutachtungsverfahren, das bestimmt, wer als pflegebedürftig gilt. Aus Pflegestufen werden Pflegegrade.
Bei der Festlegung von Pflegebedürftigkeit werden neben körperlichen Beeinträchtigungen auch geistige und psychische Einschränkungen miteinbezogen. Für die Leistungshöhe ist dann entscheidend, wie selbstständig ein Versicherter in seinem Alltag noch ist – wie stark er also die Hilfe anderer braucht. Eine weitere Neuerung: Der Pflegeanteil, den Bewohner im Heim hinzuzahlen müssen, wird immer gleich hoch sein. Das heißt: Egal, in welchen Pflegegrad ein Versicherter eingeordnet ist, er muss im Pflegeheim immer den gleichen Eigenanteil für die reinen Pflegekosten tragen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geht hierfür im Bundesdurchschnitt von 580 Euro aus. Bisher erhöht sich der Eigenanteil mit steigender Pflegestufe.
Finanziert wird das neue Gesetz durch eine Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge um 0,2 Prozentpunkte. Versicherte mit Kindern zahlen ab 2017 insgesamt 2,55 Prozent, Kinderlose 2,8 Prozent ihres Bruttogehalts.
Wie groß ist die Pflegelücke?
Es gilt auch künftig: Je höher die Einschränkung, desto mehr Geld ist notwendig. Nach unseren Berechnungen aus dem Jahr 2015 können die reinen Pflegekosten zum Beispiel in Pflegestufe III je nach Ort im Schnitt 3 000 bis 4 000 Euro im Monat ohne Unterkunft erreichen (Test Private Pflegeversicherung, Finanztest 5/2015).
Egal, ob Pflegestufen oder in Zukunft Pflegegrade, zwischen der Leistung der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung und den gesamten Kosten bleibt eine Lücke – und das gilt nicht nur für die Pflege im Heim, sondern auch, wenn diese zu Hause ausschließlich durch Pflegekräfte geleistet wird.
Geschätzte Finanzlücke für Pflege zu Hause
Pflegestufe I: 540 Euro
Pflegestufe II: 1 295 Euro
Pflegestufe III: 2 365 Euro
Geschätzte Finanzlücke für Pflege im Heim
Pflegestufe I: 755 Euro
Pflegestufe II: 980 Euro
Pflegestufe III: 1 285 Euro
Wird jemand in Pflegestufe II zu Hause ohne Angehörige vom Pflegedienst gepflegt, müsste er nach unserem Modell 1 295 Euro im Monat für die Pflegekosten zuschießen. 2017 würde er, in Pflegegrad 3 eingestuft, 154 Euro mehr bekommen. Auch dann wird sein Eigenanteil noch über 1 000 Euro liegen.
Reichen Rente und Ersparnisse nicht aus, springt das Sozialamt ein und holt sich, wenn möglich, das Geld von den Kindern zurück (Special Elternunterhalt, Finanztest 5/2013).
Lückenfüller für die Pflege
Diese Lücke vor Augen sorgen unsere Leser vor. Während die einen auf langfristige Wertpapiere und Immobilien setzen, wählen andere eine Pflegezusatzversicherung, die das finanzielle Risiko absichern soll.
Fast alle haben sich – wie im Jahr 2014 etwa drei Millionen andere Kunden – für eine Pflegetagegeldversicherung entschieden. Versicherer zahlen hier pro Tag der Pflegebedürftigkeit einen vereinbarten Betrag. Es gibt dazu zwei Alternativen: die Pflegekosten- und die Pflegerentenversicherung. Beide zusammen wurden bis 2014 etwas über eine halbe Million Mal abgeschlossen.
Die Höhe des Beitrags hängt bei allen drei Versicherungsarten stark vom Alter beim Abschluss ab.
Pflegetagegeldversicherung
Der Heidelberger Franz Maucher entschied sich 2012 für einen Pflegetagegeldtarif. Er zahlt knapp 82 Euro Beitrag im Monat. Muss er gepflegt werden, bekommt er 65 Euro am Tag. Am Ende des Monats überweist die Versicherung ihm in jeder Pflegestufe 1 950 Euro. Das reicht aus, um seine Versorgungslücke zu decken: „Sollte es doch mehr werden, kann ich das sicher mit meiner Pension auffangen.“ Sein Einkommen ist hoch und sicher genug, um auch steigende Beiträge zahlen zu können. Denn im Kündigungsfall wäre der Schutz weg.
Bei Pflegetagegeldtarifen gibt es drei Varianten: einen mit 5 Euro im Monat staatlich geförderten Tarif, einen ungeförderten Tarif und eine Kombination aus beiden, den Kombitarif.
Unser Test von Pflegetagegeldversicherungen vom Mai 2015 zeigt: Sowohl mit ungeförderten als auch mit Kombitarifen lässt sich die Versorgungslücke ausreichend decken. Tarife mit einem Qualitätsurteil besser als gut (2,0) zeigen wir in der Tabelle Die besten Pflegetagegeldversicherungen. Wichtigstes Kriterium bei der Bewertung war, wie viel Geld der Kunde in den Pflegestufen und bei Demenz erhält. Wichtig waren außerdem die Vertragsbedingungen. Positiv beurteilt haben wir zum Beispiel, wenn die Leistung für Pflegebedürftige regelmäßig steigt, um so höhere Kosten auszugleichen.
Pflegekostenversicherung
Anders ist das Prinzip bei einer Pflegekostenversicherung. Sie zahlt nicht für jeden Tag einen festen Betrag, sondern orientiert sich an den tatsächlichen Kosten.
Wird der Versicherte von Profis zu Hause oder im Heim gepflegt, bekommt er gegen Vorlage der Rechnung Geld – oft die Restkosten bis zu einer Höchstgrenze. Wird er ausschließlich von Angehörigen gepflegt, zahlt der Versicherer einen monatlichen Betrag, ohne dass Kosten nachgewiesen werden.
Fünf Versicherer bieten eine solche Pflegekostenversicherung an. Die Tabelle Pflegekostenversicherungen im Überblick zeigt Tarife von drei Anbietern, zwei haben uns keine Auskunft gegeben. Unser 55-jähriger Modellkunde zahlt zwischen 64 und 67 Euro Beitrag im Monat lebenslang, egal, ob er pflegebedürftig ist oder nicht.
Bei der Arag und DKV gibt es automatisch mehr Geld, wenn die gesetzlichen Leistungen steigen. Die Gothaer verzichtet auf eine solche automatische Anpassung. Hier gibt es aber höhere Leistungen bei der Pflege zu Hause vor allem in den Pflegestufen I und II. Ein Nachteil: Bei leichter Demenz in Pflegestufe 0 gibt es hier gar kein Geld.
Pflegerentenversicherung
Die Pflegerentenversicherung funktioniert wieder anders. Sie zahlt, je nach Schwere der Pflegebedürftigkeit, eine monatliche Rente. Diese ist fest vereinbart, sie kann aber auch etwas höher als vereinbart ausfallen.
Nach dem Prinzip einer Lebensversicherung werden Kunden an Überschüssen beteiligt, die ein Versicherer möglicherweise erwirtschaftet. Wenn es diese gibt, können sie etwa inflationsbedingte Preissteigerungen in der Pflege ausgleichen. Die bei Vertragsbeginn in Aussicht gestellte Überschussbeteiligung ist unsicher, denn die Höhe hängt etwa davon ab, wie sich das Pflegerisiko aller Versicherten oder der Anlageerfolg des Unternehmens entwickelt.
Bei der Pflegerentenversicherung sind die Beiträge über die ganze Laufzeit stabil. Kunden können die Zahlung ganz oder für eine Zeit aussetzen. Damit das die Rente am Ende nicht schmälert, ist es bei einigen Versicherern möglich, Beiträge nachzuzahlen. Stabilität und Flexibilität der Beiträge haben ihren Preis: Die Versicherung ist viel teurer als eine Pflegekosten- oder Pflegetagegeldpolice. Beispielsweise zahlt unser 55-jähriger Modellkunde 189 Euro im Monat für die Pflegerente Exklusiv der Zurich.
Rund 60 000 Euro Einmalbeitrag
17 Lebensversicherer bieten eine Pflegerentenversicherung an. Elf haben Angaben zu ihren Tarifen gemacht (Tabelle Pflegerentenversicherungen im Überblick). Sie bieten auch Verträge gegen einen Einmalbeitrag an. Oft wird das Kunden empfohlen, die viel Geld aus einem Erbe oder einer Lebensversicherung erhalten haben.
Will unser 55-jähriger Modellkunde eine ähnlich hohe Absicherung wie in der Tabelle von beispielsweise 1 800 Euro in Pflegestufe III erhalten, müsste er um die 60 000 Euro anlegen.
Aktivitäten des täglichen Lebens
Wer über eine Pflegerentenversicherung nachdenkt, sollte auch einen Blick auf die Art der Begutachtung werfen. Welche Leistungen es aus einer Pflegerentenversicherung gibt, entscheiden die Anbieter nach dem gesetzlichen Pflegebedürftigkeitsbegriff oder dem ADL-Punktesystem. ADL steht für Aktivitäten des täglichen Lebens. Gemessen wird hier, wie viel Hilfe jemand etwa beim Waschen, Fortbewegen oder Essen braucht.
Müssen Pflegebedürftige zum Beispiel in drei von sechs Bereichen unterstützt werden, wird in der Regel eine Pflegerente der Pflegestufe I gezahlt. Generali und die Alte Leipziger gewähren bereits bei zwei Einschränkungen Pflegestufe I.
Die Allianz leistet bereits in Höhe der Pflegestufe I bei einer leichten Demenz, was der Pflegestufe 0 entspricht.