Sinnvoll ist, sich so früh wie möglich um eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu kümmern, etwa zu Beginn eines Studiums oder einer Ausbildung. Wer früh abschließt, hat zwei Vorteile: Er ist jung und oft noch gesund – das macht den Schutz relativ günstig, denn Lebensalter und Gesundheitszustand wirken sich stark auf den Preis aus. Manche Versicherer bieten sogar Schülern ab 10 oder 15 Jahren den Schutz an.
Testergebnisse für 71 Berufsunfähigkeitsversicherungen
So früh wie möglich
Der Gesundheitszustand ist ausschlaggebend dafür, ob und zu welchen Konditionen ein Versicherer einen Vertrag anbietet. Jüngere sind zwar nicht generell gesünder als ältere Menschen, doch laut Statistik nehmen Krankenhausaufenthalte mit steigendem Lebensalter zu. Die Versicherer nehmen vor Vertragsschluss eine Risikoprüfung vor. Das heißt: In einem Gesundheitsfragebogen müssen Antragsteller ambulante Behandlungen und Erkrankungen meist der vergangenen fünf Jahre angeben sowie stationäre Aufenthalte meist der vergangenen zehn Jahren.
Nicht alle erhalten ihren Wunschvertrag
Die Ergebnisse von Leserumfragen der Stiftung Warentest zeigen, dass aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen längst nicht alle den Vertrag bekommen, den sie sich wünschen. Zum Beispiel bieten Versicherer bei Allergien, Hautproblemen, Atemwegserkrankungen, Diabetes, Sportverletzungen oder Rückenbeschwerden häufig nur Verträge mit Ausschluss oder Beitragszuschlag an. Manchmal müssen Kunden Abstriche bei der Laufzeit oder Rentenhöhe machen. Mit einer Diagnose wie Krebs oder einer psychischen Erkrankung ist der Schutz so gut wie ausgeschlossen.
Auszubildende und Studierende
Auszubildende und Studierende sollten sich an den sehr guten Angeboten im Test orientieren. Achtung: In der Regel bietet ihnen der Versicherer nur eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von 1 000 Euro oder 1 500 Euro an. Deshalb sollten sie darauf achten, dass der Vertrag die Möglichkeit einer Nachversicherung berücksichtigt. Schreitet die Karriere voran, reicht eine Monatsrente von 1 000 Euro vielleicht nicht mehr aus. Der Versicherer sollte anbieten, ohne erneute Gesundheits- und Risikoprüfung die Rente auf 2 000 Euro oder mehr erhöhen zu können, zum Beispiel bei Eintritt in das Berufsleben, Heirat oder Hauskauf.
Berufsunfähig während Ausbildung oder Studium
Was gilt eigentlich, wenn Auszubildende und Studierende während der Ausbildungs- und Studienphase berufsunfähig werden? Wir haben festgestellt, dass Versicherer unterschiedliche Regelungen anbieten. Nach unserer Auffassung ist es von Vorteil, wenn der Versicherer bei Prüfung einer Berufsunfähigkeit dann auf den angestrebten Zielberuf abstellt. Bei Auszubildenden ist dies eher unproblematisch. Studierende hingegen haben in manchen Studiengängen eine Vielzahl von Berufsmöglichkeiten. Deshalb ist es für sie vorteilhaft, wenn der Versicherer ihnen die Möglichkeit bietet, den angestrebten Beruf in den Vertrag aufzunehmen.
Spezielle Tarife für junge Leute: Starterpolice
Manche Versicherer bieten Schülern, Auszubildenden und Studierenden unter der Bezeichnung „Starterpolice“ oder „Einsteigertarif“ günstige Tarife mit Preisnachlässen an. Die Beiträge sind anfangs günstig und werden später teurer. Die Idee dahinter: Wer im Berufsleben später mehr verdient, kann sich den höheren Beitrag dann eher leisten. Es gibt verschiedene Angebotsvarianten: In manchen Tarifen steigen die Beiträge jährlich mit dem Lebensalter bis zum Ende der Laufzeit. Andere Tarife enden nach fünf oder zehn Jahren. Kunden sollten darauf achten, dass sie dann ohne erneute Gesundheits- und Berufsrisikoprüfung in den Normaltarif wechseln können.
Tipp: Lassen Sie sich vorrechnen, welche Variante über die gesamte Laufzeit gerechnet am günstigsten ist.
Startertarif oder Normaltarif
Oft fällt es durch die in den Startertarifen in den ersten Jahren günstigen Prämien einfacher, sich schon frühzeitig Berufsunfähigkeistschutz zu sichern.
Preisbeispiel: Eine 19-jährige, die eine Ausbildung zur Pflegefachkraft (Gesundheits- und Krankenpflegerin) macht, zahlt bei einem Versicherer rund 96 Euro für eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von 1 000 Euro im so genannten „Normaltarif“. Der Vertrag läuft bis zum 67. Geburtstag. Insgesamt würde sie rund 55 267 Euro an den Versicherer zahlen. Wählt die Auszubildende einen Startertarif, zahlt sie anfangs monatlich 29 Euro. Der Beitrag erhöht sich jährlich, bis sie im fünften Versicherungsjahr rund 42 Euro monatlich zahlt. Danach wechselt sie ohne erneute Gesundheitsprüfung in den „Normaltarif“. Der Monatsbeitrag liegt bis zum Laufzeitende bei 106 Euro. Die gesamte Einzahlungssumme beträgt rund 56 980 Euro und ist damit nur etwas höher als wenn die Auszubildende gleich den Normaltarif gewählt hätte.
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Schon ab 10 oder 15 Jahren
Manche Versicherer aus unserem Test bieten Berufsunfähigkeitsschutz schon ab dem Schulalter an. Zum Beispiel ab 10 oder 15 Jahren. In der Regel liegen die angebotenen Monatsrenten bei maximal 1 000 Euro oder 1 500 Euro für den Fall einer Berufsunfähigkeit. Die Versicherung springt sowohl bei Berufsunfähigkeit in der Schulzeit ein, als auch während der Ausbildung, im Studium oder Berufsleben. Versicherer definieren unterschiedlich, wann „Berufsunfähigkeit“ eines Schülers vorliegt. Für manche gilt „Schüler“ als Beruf, andere Versicherer stellen auf eine „Schulunfähigkeit“ ab. Eine Standardformulierung gibt es nicht.
Tipp: Eltern sollten sich vom Versicherer erklären und schriftlich bestätigen lassen, wann ein Schüler „berufsunfähig“ ist.
Überraschend: Kaum teurer als späterer Abschluss
Was manche vielleicht überrascht: Der frühe Abschluss ist über die gesamte Laufzeit gerechnet nicht unbedingt teurer als bei einem Abschluss erst zehn Jahre später.
Preisbeispiel: Ein 15-jähriger gesunder Schüler zahlt monatlich 43 Euro bei einem Versicherer aus unserem Test. Der Vertrag läuft bis zum 67. Geburtstag. Über die gesamte Laufzeit gerechnet zahlt er rund 26 700 Euro. Beim Vertragsschluss mit 25 Jahren würde er bei gleichem Risiko und bis zum selben Vertragsende insgesamt rund 26 000 Euro zahlen. Das sind nur 700 Euro weniger.
Vorteil durch Berufsrisikoeinstufung als Schüler
Das „Berufsrisiko“ eines Schülers stufen Versicherer in der Regel als niedrig oder mittel ein. Die Einstufung ist meist abhängig vom angestrebten Bildungsziel, zum Beispiel Abitur oder Mittlerer Schulabschluss. Diese Berufsrisiko-Einstufung kann später von Vorteil sein. Etwa, wenn ein Schüler mit niedrig eingestuftem Risiko später einen Beruf ergreift, der mit einem höheren Risiko eingestuft ist. Versicherer haben für nahezu alle Berufe Risikogruppen definiert. Dabei gilt: Je körperlich anstrengender die Tätigkeit, etwa im Handwerk oder in der Kranken- und Altenpflege, umso riskanter und teurer.
Preisbeispiel: Ein Tischler hat ein hohes Berufsrisiko. Schließt er als 30-Jähriger eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab, zahlt er monatlich 123 Euro bei einem Versicherer aus unserem Test. Über die gesamte Laufzeit bis zum 67. Geburtstag kostet ihn der Schutz insgesamt rund 54 600Euro. Hätte er als 15-jähriger Schüler den gleichen Vertrag abgeschlossen, der weder eine erneute Gesundheitsprüfung noch eine erneute Berufsrisikoprüfung vorsieht, würde er monatlich 43 Euro für den Schutz zahlen. Über die Laufzeit gerechnet hätte er im Vergleich mit dem Abschluss als 25-Jähriger rund 27 900 Euro gespart.
Besserstufung auf Antrag
Manche Versicherer bieten in einigen Tarifen eine Besserprüfung an, auch Beitragsüberprüfungsoption genannt. Dann kann eine Kundin, die beispielsweise als Schülerin mit mittlerem Risiko eingestuft wurde, vom Versicherer verlangen, ohne erneute Gesundheitsprüfung in eine Berufsgruppe mit geringem Risiko eingestuft zu werden, in der sie weniger Beitrag zahlt. Zum Beispiel, wenn sie als Juristin oder Controllerin arbeitet. Eine Pflicht, dem Versicherer den Beruf mitzuteilen, gibt es jedoch nicht. Auch etwaige Berufswechsel müssen Kunden nicht melden. Steht die Berufsbezeichnung „Schüler“ im Vertrag, bleibt diese Bezeichnung in der Regel über die gesamte Vertragslaufzeit dort stehen. Das heißt: Stellt ein „Schüler“ mit 50 Jahren einen Leistungsantrag, weil er in seinem Beruf als Polizist oder Manager nicht mehr arbeiten kann, prüft der Versicherer, ob er diesen Beruf noch ausüben kann.
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Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@testPony: Eine Einbeziehung des Verhaltens der Anbieter im Versicherungsfall in eine Beurteilung wäre sicher sehr wünschenswert. Das gilt nicht nur für die Berufsunfähigkeitsversicherungen, sondern für alle Arten von Versicherungsverträgen. Allerdings ist es nicht möglich, das Regulierungsverhalten von Versicherern wissenschaftlich fundiert und belastbar zu bewerten und vergleichend darzustellen. Es gibt dafür keine vollständigen Zahlenwerke und die Versicherer selbst sind nicht verpflichtet, diese Zahlen offen zu legen. Da wir in unseren Untersuchungen wissenschaftliche Methoden anwenden, können wir das Regulierungsverhalten in der Bewertung des Tarifangebotes eines Versicherers insofern leider nicht berücksichtigten.
Leistungs- und Prozessquoten sowie Beschwerdestatistiken stellen immer nur eine Betrachtung der Vergangenheit dar, die keine Aussagekraft für die Zukunft hat. Viele Versicherte werden erst mit 50 plus berufsunfähig. Doch welche Unternehmenspolitik der Versicherer in 20 oder 30 Jahren verfolgt, stellt keine Leistungs- oder Prozessquote dar.
Priorität sollte die Wahl (sehr) guter Bedingungen haben. Was dem Versicherten vertraglich zusteht, kann er im Zweifel vor Gericht einfordern, ohne auf die Kulanz des Versicherers angewiesen zu sein. Und auch die sorgfältige Beantwortung der Gesundheitsfragen ist (sehr) wichtig, damit dem Versicherer nicht ermöglicht wird, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung (aufgrund falscher oder lückenhafter Angaben) zu widerrufen. Zum Thema der Leistung der Versicherer haben wir ein Special veröffentlicht:
www.test.de/Rente-bei-Berufsunfaehigkeit-Wann-Versicherer-wirklich-zahlen-5179611-0/.
Vielen Dank für eine weitere gute Übersicht - und die Ausarbeitung in Ihrem Team.
Wieso haben Sie ein, wie ich meine, ein wichtiges (das Wichtigste?) Kriterium ausgelassen:
Wie viele Gutachten/Einigungen/Vergleiche/Gerichtsverhandlungen/Zahlungsverweigerungen laufen bei den einzelnen Versicherungen? Welche Versicherungssummen wurden "beantragt" vs wie viel wurde "ausgezahlt".
Fragen Sie mich bitte nicht wie man an diese Daten kommt, aber dies ist für mich DAS Kriterium eine Versicherung als gut oder schlecht zu beurteilen und nicht wie das Hochglanzmagazin aufgebaut ist.
@pintarroxo: Welche Kriterien Gegenstand der Untersuchung waren, lesen Sie unter "So haben wir getestet". Nachhaltigkeitskriterien waren nicht darunter.
In unserem Test zu den Investmentfonds finden Sie auch nachhaltige Fonds:
www.test.de/fonds
www.test.de/nachhaltige-fonds
Bitte beachten Sie, dass es sich bei der hier untersuchten Berufsunfähigkeitsversicherung um ein reines Versicherungsprodukt handelt, nicht um die Kombination aus Berufsunfähigkeitsschutz und Geldanlage. Wir empfehlen, die Geldanlage vom Berufsunfähigkeitsschutz zu trennen, wenn möglich.
Liebes Team der Stiftung Warentest,
mich würde interessieren, ob das Thema Nachhaltigkeit bei Ihrem Test eine Rolle gespielt hat, bzw. wieso es das nicht getan hat.
Es wäre toll, wenn solche Tests mit abbilden würden, wie nachhaltig Versicherer insgesamt aufgestellt sind und bei Investment-Bestandteilen z.B. auf ESG-Kriterien geachtet wird.
Vielen Dank!
@fab87: Wir haben das geprüft. Der Schutz kann später ohne erneute Gesundheits- und/oder Risikoprüfung bei bestimmten Anlässen erhöht werden, etwa bei Heirat, Geburt, Einkommenserhöhung, Höherqualifikation, Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit und bei Immobilienerwerb – oder auch ohne Anlass. Wir prüften, ob eine vereinbarte Monatsrente von 1 000 Euro binnen zehn Jahren auf 2 000 Euro erhöht werden kann. Ebenso, ob diese Garantie auch für Verträge mit Risikoausschluss oder Beitragszuschlag gilt und bis zu welchem Alter die Erhöhung gilt. Wir prüften auch, ob eine Vertragsverlängerung bei Anhebung der Regelaltersgrenze möglich ist. Sie finden den Prüfpunkt in unserem Test unter: Bedingungen.