Nur in einem Viertel der Fälle aus unseren Umfragen lief der Abschluss glatt. Wir fanden Probleme und Lösungen.
Norman Panhans gehört zu den Gewinnern. Er hat es vor kurzem geschafft, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Der 28-jährige Industriemechaniker aus Cottbus hat nichts dem Zufall überlassen und sich selbst um den Vertrag gekümmert. Etwa drei Monate hat es gedauert – von der Bedarfsanalyse über die Tarifauswahl und die Anschreiben an die Versicherer bis hin zum Vertragsabschluss.
Viele blieben ohne Schutz
Leider können längst nicht alle einen erfolgreichen Versicherungsabschluss vorweisen, die in den vergangenen Jahren auf unsere Umfragen geantwortet haben. Wir wollten regelmäßig erfahren, was unsere Leser beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung erleben. Wir wissen aus unseren Tests, dass es immer bessere Angebote gibt – aber bekommen unsere Leser diese sehr guten Tarife auch?
Jetzt haben wir die gesammelten Erfahrungen aus der Zeit von 2001 bis heute ausgewertet. Ergebnis: In rund der Hälfte der 409 eingesandten Fälle bekamen unsere Leser bei einem Versicherer keinen Schutz gegen Berufsunfähigkeit. Entweder lehnte der Versicherer den Antrag ab oder unsere Leser akzeptierten das Angebot nicht, weil es zu teuer war oder die Bedingungen nicht ihren Wünschen entsprachen.
Viele Leser nehmen einen neuen Anlauf und nutzen alle Chancen auf den Schutz. Manchmal klappt es doch noch, zum Beispiel bei einem anderen Versicherer.
Die finanzielle Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ist wichtig für alle, die von ihrer Arbeitskraft leben. Die Versicherung zahlt eine monatliche Rente, wenn jemand aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder anderer Gebrechen längere Zeit nicht mehr in der Lage ist, zu mehr als 50 Prozent in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten.
Ohne diese Absicherung kann im schlimmsten Fall der finanzielle Ruin drohen. Denn vom Staat gibt es für alle ab 1961 Geborenen nur eine Rente, wenn jemand fast gar nicht mehr arbeiten kann – unabhängig von seiner Qualifikation und seinem Beruf. Zudem ist die staatliche Erwerbsminderungsrente meist sehr mager Erwerbminderungsrente: Vom Staat wenig Unterstützung.
Versicherungsvertrag mit Ausschluss
Perfekt ist der Vertrag von Norman Panhans nicht. Der 28-jährige musste akzeptieren, dass der Versicherer Erkrankungen der Ohren vom Schutz ausschließt.
Panhans’ Hörvermögen ist auf dem linken Ohr eingeschränkt. Er trägt sogar eine kleine Prothese. Verschlimmert sich sein Leiden, kann er seine Hörfähigkeit auf diesem Ohr verlieren. Würde er deshalb berufsunfähig, bekäme er keine Rente von seiner Versicherung.
Der junge Mann arbeitet im Tagebau in der Nähe von Cottbus als Industriemechaniker. Für seine Arbeit ist es wichtig, dass er sich auf sein Gehör verlassen kann. „Sonst kann es schnell gefährlich werden“, sagt Panhans. Den Ausschluss könne er aber aufgrund der Beschwerden durchaus nachvollziehen, sagt er.
Ausschlüsse in Berufsunfähigkeitsversicherungen sind gängige Praxis. Wer schon ein Leiden hat, kann zwar einen Schutz erhalten, doch Vorerkrankungen sind davon häufig ausgenommen. Knapp 21 Prozent der Leser aus unseren Umfragen erhielten ähnlich wie der junge Mann aus Cottbus nur einen Vertrag mit erschwerten Bedingungen.
Anonyme Anfrage für Diabetiker
Sehr viel häufiger waren die Fälle, in denen unsere Leser gar keine Police bekamen. Mehr als die Hälfte der Versuche, von denen sie uns berichteten, endeten ohne einen Abschluss.
So wie bei Thomas Breuer. Der 22-jährige Student weiß seit drei Jahren, dass er an Diabetes Typ 1 leidet. Er muss regelmäßig Insulin spritzen. Fit ist er trotzdem. Er hat letztes Jahr seinen ersten Marathonlauf in Köln geschafft. Hilfe bei der Vorbereitung erhielt er in einem Diabetiker-Laufprogramm.
Breuer hat bei insgesamt zehn Versicherern ein Angebot für eine Berufsunfähigkeitsversicherung eingeholt. Geholfen hat dabei ein Versicherungsmakler. Der Vorteil: Über den Makler konnte Breuer anonym Angebote einholen, ohne dabei Gefahr zu laufen, im Hinweis- und Informationssystem (HIS) des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zu landen.
Versicherer melden an dieses System Kunden aus allen Sparten, die sie aufgrund von Risiken problematisch finden. Wer später erneut Anfragen stellt, läuft Gefahr, gleich abgelehnt zu werden. Denn jeder Versicherer, der dem Versicherungsverband angehört, kann die schwarze Liste einsehen und Kunden aussortieren, die für ihn aufgrund einer Erkrankung oder eines riskanten Hobbys teuer werden könnten.
Keine Chance trotz Maklerhilfe
Genützt hat Breuer die anonyme Risikovoranfrage nichts. Acht Versicherer lehnten gleich ab. Allianz und Alte Leipziger prüften seinen Fall, letztlich machte aber nur die Alte Leipziger ein Angebot. Das nahm Breuer jedoch nicht an: Er sollte einen Risikozuschlag von 100 Prozent zahlen, also den doppelten Beitrag. Gleichzeitig wollte das Unternehmen den jungen Mann nur versichern, bis er 49 Jahre alt ist.
Diese Laufzeit ist viel zu kurz. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte möglichst bis zum Renteneintritt von derzeit 67 Jahren laufen.
Doch mit Krankheiten wie Diabetes haben Kunden oft generell keine Chance auf eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit. Gleiches gilt etwa auch bei rheumatischer Arthritis oder nach einem Herzinfarkt Vertragsabschluss schwierig.
Besonders drastisch reagieren die Versicherer, wenn es um psychische Erkrankungen geht. Mittlerweile sind sie der Hauptgrund, warum Menschen nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten können. Kunden, die eine Therapie gemacht haben, bekommen meist keinen Vertrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung.
Ablehnung bei psychischen Leiden

„Uns wurde von mehreren Versicherern mitgeteilt, dass bereits eine einzige Sitzung beim Psychologen zur Ablehnung führt“, sagt Finanztest-Leser Richard Sedlmaier*. Für seine 23-jährige Tochter wollte er – ebenfalls über einen Makler – eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen.
Da seine Tochter im Rahmen ihres Studiums einen längeren Aufenthalt in Südamerika plante, absolvierte sie drei Termine bei einer befreundeten Psychologin, um sich gegen ihre Spinnenphobie helfen zu lassen. Mit Erfolg: Sedlmaier schickte uns ein Bild, das seine Tochter lächelnd mit einer Vogelspinne auf der Schulter zeigt. Dennoch: Keiner der angeschriebenen Versicherer wollte ein verbindliches Angebot schicken.
Neuer Versuch in fünf Jahren
Sedlmaier ist trotzdem entspannt: „Sind fünf Jahre vergangen, versuchen meine Tochter und ich es erneut. Denn nach Angaben meines Maklers können wir dann darauf verzichten, den Psychologenbesuch anzugeben, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.“
Die Auskunft ist richtig. Oft müssen Interessenten in den Anträgen nur Beschwerden und Behandlungen aus den vergangenen fünf Jahren angeben. Mitunter fragen die Versicherer aber auch zehn Jahre zurück. Die Praxis ist von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich. Makler werden meist wissen, bei welchem Versicherer Kunden wie lange zurück Auskünfte über ihre Gesundheit geben müssen.
Kunde und Makler müssen alles wahrheitsgemäß angeben. Wer lügt, Krankheiten verschweigt oder einfach vergisst, läuft später Gefahr, dass der Versicherer im Fall einer Berufsunfähigkeit nicht zahlt. Wichtig: Kommt es zum Streit, haftet nicht der Makler, sondern der Kunde für die Angaben. Daher sollte er alles sorgfältig kontrollieren.
Versicherer fragen beim Arzt nach
Die Versicherer fragen auch bei Ärzten nach. Mitunter kann daher ein Gespräch mit dem Haus- oder Facharzt sinnvoll sein, bevor dieser dem Versicherer Auskunft über die Behandlungen des Kunden gibt. Denn es kann vorkommen, dass Ärzte in den Behandlungsbogen Dinge eintragen, die zu Problemen führen – selbst wenn das gar nicht absichtlich passiert. Arzt und Patient sollten auf jeden Fall bei ihren Angaben auf demselben Stand sein.
Die Ärzte eines Finanztest-Lesers hatten in seinen Akten notiert, dass es Beschwerden der Halswirbelsäule (HWS) gab, die mehr als drei Monate andauerten. Der Leser berichtet aber, dass er aufgrund von Beschwerden der Lendenwirbelsäule (LWS) beim Arzt gewesen war. Im Antrag habe er dies vergessen anzugeben, da er nach einigen Tagen keine Beschwerden mehr hatte.
Die unterschiedlichen Angaben wurden dem Mann im vergangenen Jahr zum Verhängnis, als er aufgrund von HWS-Beschwerden berufsunfähig wurde. Nun wirft ihm der Versicherer Betrug vor und will ihm die Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung verweigern.
Das zeigt, wie wichtig es ist, bei seinen Ärzten genau nachzufragen, um Unklarheiten zu beseitigen. Die Kunden sollten genau wissen, was die behandelnden Ärzte bei Versicherungsunternehmen angeben.
Gesundheitszustand stark verbessert
Der Diabetiker Thomas Breuer setzt darauf, dass ihm aktuelle Angaben seines Arztes helfen. Denn seit er weiß, dass er Diabetes Typ I hat, achtet er viel stärker auf seine Gesundheit. Seine Werte haben sich verbessert, sodass er hofft, doch noch zu einem Vertragsabschluss zu kommen.
Klappt das nicht, bleiben ihm nur andere Angebote der Versicherer zur Invaliditätsabsicherung. Dazu zählen zum Beispiel die Erwerbsunfähigkeits- und die Schwere-Krankheiten-Versicherung oder die Grundfähigkeitsversicherung.
Der Vorteil: In manchen Fällen ist die Annahmepolitik der Versicherer nicht so streng wie bei der Berufsunfähigkeitsversicherung. Der Nachteil: Breuer würde je nach Police oft nur eine Zahlung erhalten, wenn er bestimmte Krankheiten bekommt oder bestimmte Fähigkeiten wie Gehen, Stehen oder Sprechen verliert. Mehr dazu im Test Berufsunfähigkeitsversicherung: Altnative Policen besser als nichts, Finanztest 7/2012.
Riskante Hobbys und Berufe

Versicherer lehnen Kunden aber nicht nur aufgrund von Krankheiten ab, sondern auch, wenn sie riskante Hobbys haben oder in einem sehr risikoreichen Beruf arbeiten.
So werden etwa Bau- und Gerüstarbeiter, Kanalbauer oder Künstler von Versicherern oft abgelehnt oder aber sie müssen sehr hohe Beiträge zahlen. Dann ist ein Schutz für sie kaum noch zu finanzieren.
Ein Leser berichtete uns, dass er als Hobby Bergsport angab. Daraufhin sollte er bei einigen Versicherern bis zu 50 Prozent Beitragsaufschlag zahlen. Eine Frau, die in ihrer Freizeit Judo trainiert, sollte bei allen angeschriebenen Versicherern einen Zuschlag von 25 Prozent akzeptieren. Letztendlich fand sie aber doch noch ein Angebot, das ihren Wünschen entsprach und ihren Sport außen vor ließ.
Völlig ohne Probleme
Ganz ohne Probleme gelang der Abschluss bei Claudia Wegner. Die 29-jährige Juristin aus Berlin hat sich von einem Versicherungsmakler helfen lassen und ohne Probleme eine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommen – völlig ohne Einschränkungen. Im vergangenen Jahr hat sie ihren Schutz noch aufgestockt und eine höhere Berufsfähigkeitsrente vereinbart. Auch das ging ohne Probleme vonstatten.
So ein reibungsloser Ablauf wie bei Wegner wäre weit mehr als den knapp 25 Prozent der Leser aus unserer Umfrage zu wünschen, die nur Positives berichteten. Nachdem vor Jahren die gesetzliche Unterstützung für Berufsunfähige zusammengestrichen wurde, sollte zumindest jeder privat vorsorgen können.
* Name von der Redaktion geändert.
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